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Das Geschoß war tatsächlich ein aufgeplatzter Behälter mit einem komplizierten mechanischen Innenleben; die einzelnen metallischen Teilchen waren zu klein, um ohne Mikroskop identifiziert zu werden.

„Es ist keine Waffe", bemerkte O'Neill.

Er untersuchte den zersplitterten Behälter näher. Zuerst wußte er nicht, ob sein mechanischer Inhalt zufällig - durch den Aufprall - oder absichtlich seine Arbeit aufgenommen hatte. Aus dem Riß fielen zahllose Metallteile. O'Neill bückte sich und untersuchte sie Die Teile bewegten sich. Mikroskopische Maschinen, kleiner als Ameisen, kleiner als Stecknadelköpfe, und sie arbeiteten mit voller Kraft, zielbewußt - produzierten etwas, das wie winzige Stahlplättchen wirkte.

„Sie bauen an irgend etwas", erklärte O'Neill verblüfft. Er stand auf und suchte weiter. An der gegenüberliegenden Seite des Felsspaltes stieß er auf einen zweiten Behälter, der mit seiner Arbeit schon weiter war. Offenbar war er schon vor längerer Zeit ausgestoßen worden.

Er hatte seine Aufgabe fast vollendet. So winzig sie auch war, schien die Konstruktion vertraut. Der Apparat hatte eine genaue, miniaturene Nachbildung der zerstörten Fabrik erschaffen.

„Nun", sagte O'Neill nachdenklich, „jetzt stehen wir wieder da, wo wir angefangen haben. Ich weiß nicht, ob dies nun gut oder schlecht ist."

„Ich schätze, daß sich etwas Ähnliches derzeit auf der ganzen Erde abspielt", bemerkte Morrison. „Überall haben sie bereits mit ihrer Arbeit begonnen."

O'Neill kam ein Gedanke. „Vielleicht gelingt es einigen von ihnen, die irdische Anziehungskraft zu überwinden. Stellen

Sie sich vor - bald wird es im ganzen Universum diese Autofacs geben."

Hinter ihnen fuhr die Röhre fort, ihre metallenen Sporen in den Himmel zu schießen.

Was menschlich ist

Jill Herricks blaue Augen füllten sich mit Tränen. In sprachlosem Entsetzen starrte sie ihren Mann an. „Du... du bist schrecklich", jammerte sie.

Lester Herrick setzte seine Arbeit fort, schichtete die Berichte und die Grafiken sorgfältig zu kleinen Stößen auf.

„Schrecklich", erklärte er, „ist ein Werturteil. Es enthält keinerlei Tatsacheninformationen." Er griff nach einem Mikrofilm mit einem Bericht über eine centaurische parasitäre Lebensform und spulte ihn in den Schreibtischleser ein. „Es ist lediglich eine Meinung. Ein gefühlsmäßiger Ausdruck, nichts weiter."

Jill rauschte zurück in die Küche. Lustlos bewegte sie ihre Hände und gab damit dem Herd das Zeichen, mit der Arbeit zu beginnen. In der Wand erwachten die Versorgungsröhren zum Leben und beförderten Nahrungsmittel von den unterirdischen Vorratsräumen hinauf in die Küche, damit der Herd das Abendessen zubereiten konnte.

Ein letztesmal wandte sie ihr Gesicht ihrem Mann zu. „Nicht einmal für kurze Zeit?" fragte sie. „Nicht einmal..."

„Nicht einmal für einen Monat. Wenn er kommt, kannst du es ihm erklären. Wenn du nicht den Mut dazu hast, dann werde ich das übernehmen. Ich kann im Moment kein Kind gebrauchen, das hier durch unsere Wohnung rennt. Ich habe einfach zuviel Arbeit. Dieser Bericht über Beteigeuze XI muß in zehn Tagen fertig sein." Lester steckte eine Filmspule über die auf Fomalhaut gefundenen versteinerten Werkzeuge in das Beobachtungsgerät. „Was ist überhaupt mit deinem Bruder los? Warum kann er sich denn nicht selber um sein Kind kümmern?"

Jill tupfte über ihre geröteten Augen. „Verstehst du denn nicht? Ich will Gus bei uns haben! Ich habe Frank gebeten, daß er ihn zu uns kommen läßt. Und jetzt sagst du..."

„Ich werde froh sein, wenn er alt genug ist, um der Regierung übergeben zu werden." Lesters schmales Gesicht nahm einen verärgerten Ausdruck an. „Zum Teufel damit. Jill, ist das Abendessen inzwischen fertig? Du hast es doch schon vor zehn Minuten angefordert. Was macht dieser verdammte Herd denn wieder?"

„Es ist fast fertig." Der Herd ließ eine rote Signaldiode aufglühen. Der Robdiener hatte sich aus der Wand hervorgeschoben und wartete geduldig darauf, daß er die Mahlzeit servieren konnte.

Jill setzte sich und schneuzte sich heftig die kleine Nase. Im Wohnzimmer arbeitete Lester gelassen weiter. Es war seine Arbeit. Sein Forschungsgebiet. Tag für Tag war er damit beschäftigt. Und er kam voran; er hatte keine Zweifel daran, daß er Fortschritte machte. Sein hagerer Körper war wie eine gespannte Feder über den Mikrofilmleser gebeugt, und seine kalten grauen Augen nahmen in fiebriger Konzentration die Informationen auf, analysierten, taxierten, und geschickt bediente er den komplizierten Apparat.

Jills Lippen zitterten vor Enttäuschung und Zorn. Gus... der kleine Gus. Wie konnte sie es ihm nur beibringen? Erneut traten ihr die Tränen in die Augen. Niemals wieder würde sie mit dem dicken kleinen Kerl zusammensein können. Er durfte sie nicht besuchen - weil sein kindliches Gelächter und Spiel Lester störten. Ihn von seinen Forschungsarbeiten ablenkten.

Der Herd gab grünes Licht. Das Essen glitt heraus, in die Hände des Robkellners. Leise Glockenklänge ertönten und riefen zu Tisch.

„Ich habe es schon gehört", brummte Lester. Er schaltete den Leser aus und stand auf. „Ich schätze, er wird kommen, während wir essen."

„Ich kann Frank anrufen und fragen..."

„Nein. Das ist nicht nötig." Ungeduldig nickte Lester dem

Robkellner zu. „In Ordnung. Stell die Teller auf den Tisch." Seine Lippen bildeten einen schmalen, zornigen Strich. „Verdammt, trödel nicht herum! Ich möchte so schnell wie möglich an meine Arbeit zurückkehren!"

Jill hielt die Tränen zurück.

Der kleine Gus kam in das Haus geschlendert, als sie gerade mit der Mahlzeit fertig waren.

Jill stieß einen Freudenschrei aus. „Gussie!" Sie rannte auf ihn zu und schloß ihn in die Arme. „Ich bin so froh, daß du da bist!"

„Paß auf meinen Tiger auf“, sagte Gus. Er ließ seine graue Katze auf den Teppich nieder, und sie huschte davon, unter die Couch. „Jetzt versteckt sie sich."

Lesters Augen glühten, während er den Jungen betrachtete und dann seinen Blick auf das graue Schwanzstück heftete, das unter der Couch hervorsah. „Warum bezeichnest du sie als Tiger? Sie ist doch nichts anderes als eine räudige Katze."

Gus wirkte verletzt. Er runzelte die Stirn. „Er ist ein Tiger. Sein Fell ist gestreift."

„Tiger sind gelb und ein ganzes Stück größer. Du solltest dir angewöhnen, die Dinge bei ihrem richtigen Namen zu nennen."

„Lester, bitte... " begann Jill.

„Sei still", verlangte ihr Mann barsch. „Gus ist alt genug, um diese kindischen Illusionen hinter sich zu lassen und die Welt mit vernünftigen Augen zu betrachten. Warum greift der Psychtester da nicht ein? Eliminiert man denn heutzutage nicht mehr diesen Unsinn?"

Gus lief zur Couch und nahm seinen Tiger in den Arm. „Laß ihn in Ruhe!"

Lester betrachtete nachdenklich die Küche. Ein seltsames, kaltes Lächeln spielte um seinen Mund. „Besuch mich doch irgendwann einmal in meinem Labor, Gus. Da kann ich dir einen ganzen Haufen Katzen zeigen. Wir brauchen sie für unsere Forschungsarbeiten. Katzen, Meerschweinchen, Kaninchen... "

„Lester!" keuchte Jill. „Wie kannst du nur!"

Lester lachte heiser. Abrupt verstummte er und kehrte an seinen Schreibtisch zurück. „Du kannst jetzt aufräumen. Ich muß endlich diese Berichte fertigstellen. Und vergiß nicht, es Gus zu sagen."

Erregung erfaßte Gus. „Was sollst du mir sagen?" Seine Wangen röteten sich. Seine Augen glänzten. „Was ist es? Etwas für mich? Ein Geheimnis?“

Jills Herz krampfte sich zusammen. Seufzend legte sie ihre Hand auf die Schulter des Kindes. „Komm mit, Gus. Wir setzen uns draußen in den Garten, und dann werde ich dir alles erzählen. Nimm... nimm deinen Tiger mit."