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Er reichte Jill das Aufnahmegerät des Videorecorders, und sie nahm es entgegen.

„Zweifellos wird Ihre Aussage von dem Gericht anerkannt werden. Das Gericht wird uns dann die Erlaubnis geben, so zu handeln wie wir es für richtig halten. Wenn alles korrekt verläuft, hoffen wir, die Dinge wieder so einzurichten, wie sie ursprünglich waren."

Schweigend blickte Jill den Mann an, der ihr gegenüber an der Wand stand und seinen Mantel und seinen Spazierstock umklammert hielt. „Ursprünglich?" fragte sie. „Was meinen Sie damit?"

„Wie damals, vor der Veränderung."

Jill drehte sich zu Douglas herum. Sanft legte sie das Aufnahmegerät des Videorecorders zurück auf den Tisch. „Von welcher Veränderung sprechen Sie überhaupt?"

Douglas wurde blaß. Er preßte die Lippen zusammen. Alle Augen waren auf Jill gerichtet. „Die Veränderung, die mit ihm vorgegangen ist." Er deutete auf den Mann.

„Jill!" stieß Frank hervor. „Was ist denn eigentlich mit dir los?" Rasch schritt er auf sie zu. „Was, zum Teufel, tust du? Du weißt verdammt gut, welche Veränderung wir meinen!"

„Das ist komisch", sagte Jill nachdenklich. „Ich habe keine

Veränderung bemerkt."

Frank und Direktor Douglas sahen sich an. „Ich begreife das einfach nicht", murmelte Frank wie betäubt.

„Mrs. Herrick..." begann Douglas.

Jill ging zu dem Mann hinüber, der noch immer reglos an der Wand stand. „Können wir jetzt gehen, Liebling?" fragte sie und ergriff seinen Arm. „Oder gibt es noch einen Grund, warum mein Mann hierbleiben sollte?"

Der Mann und die Frau wanderten schweigend durch die dunkle Straße.

„Komm", bat Jill schließlich. „Gehen wir nach Hause."

Der Mann blickte sie an. „Es war ein schöner Nachmittag", bemerkte er, atmete tief ein, füllte seine Lunge mit Sauerstoff. „Ich glaube, es wird Frühling. Meinst du nicht auch?"

Jill nickte.

„Ich war mir nicht ganz sicher. Es riecht gut. Nach Pflanzen und Erde und nach Dingen, die wachsen."

„Ja."

„Müssen wir nach Hause gehen? Oder ist es weit?"

„Nicht sehr weit."

Forschend sah der Mann sie an, und sein Gesicht wies einen ernsten Ausdruck auf. „Ich bin dir sehr zu Dank verpflichtet, mein Schatz", sagte er.

Jill nickte.

„Ich möchte meine Schuld abtragen. Ich muß zugeben, daß ich nicht erwartet habe..."

Jill wandte sich abrupt um. „Wie lautet dein Name? Dein richtiger Name?"

Die grauen Augen des Mannes blitzten auf. Er lächelte fein, und es war ein freundliches, sanftes Lächeln. „Ich fürchte, du wärst nicht in der Lage, ihn auszusprechen. Die Laute können von der menschlichen Zunge nicht geformt werden... "

Jill schwieg, während sie weitergingen, hing ihren Gedanken nach. Um sie herum flammten die Lichter der großen Stadt auf.

„Woran denkst du?" fragte der Mann.

„Ich dachte darüber nach, daß ich dich auch in Zukunft gerne Lester nennen würde", erwiderte Jill. „Falls du nichts dagegen hast."

„Ich habe nichts dagegen", sagte der Mann. Er legte seinen Arm um ihre Schulter und zog sie fest an sich. Zärtlich blickte er auf sie hinunter, während sie durch die zunehmende Dunkelheit schritten, vorbei an den hell leuchtenden Straßenlampen, die rechts und links von ihnen in die Höhe ragten. „Alles, was du willst. Alles, was dich glücklich macht."

Oh, wenn man ein Blobel ist!

Er schob eine Platinmünze im Wert von zwanzig Dollar in den Zahlschlitz, und einen kurzen Moment später war der Analytiker betriebsbereit. Freundlich leuchteten seine Augen, und er drehte sich in seinem Stuhl, griff nach einem Schreibstift und einem großen gelben Notizblock, die vor ihm auf dem Schreibtisch lagen, und sagte: „Guten Morgen, Sir. Bitte beginnen Sie."

„Guten Morgen, Doktor Jones. Ich vermute, Sie sind nicht jener Doktor Jones, der die berühmte Freud-Biographie verfaßt hat; schließlich liegt das schon über ein Jahrhundert zurück." Er lachte nervös; da er ein Mann war, der in bescheidenen Verhältnissen lebte, war er es nicht gewöhnt, mit einem der neuartigen vollhomöosthatischen Psychoanalytikern zusammenzuarbeiten. „Äh", fuhr er fort, „soll ich frei assoziieren oder Ihnen zunächst einiges über mein Leben erzählen, oder wollen Sie etwas anderes wissen?"

„Vielleicht", schlug Dr. Jones vor, „klären Sie mich zu Beginn unseres Gespräches darüber auf, wer Sie sind und weshalb Sie mich aufgesucht haben."

„Ich heiße George Munster und wohne im Flur 4, Gebäude WEF-395 des 1996 erbauten Kondominiums von San Francisco."

„Sehr erfreut, Sie kennenzulernen, Mr. Munster." Dr. Jones reichte ihm die Hand, und George Munster schüttelte sie. Er stellte fest, daß die Hand sich angenehm warm und ausgesprochen weich anfühlte. Allerdings war der Händedruck durchaus männlich fest.

„Sehen Sie", fuhr Munster fort, „ich bin ein ehemaliger GI, ein Kriegsveteran. Deshalb habe ich auch das Kondominium-Apartment in WEF-395 bekommen; Veteranen werden bei der Zuteilung bevorzugt."

„Ah, ja", nickte Dr. Jones und tickte leise, während er die

ablaufende Sprechzeit registrierte. „Der Krieg mit den Blo-bels."

„Ich habe drei Jahre lang in diesem Krieg gekämpft", erklärte Munster und strich nervös sein langes, schwarzes, allmählich schütter werdendes Haar zurück. „Ich haßte die Blobels und meldete mich deshalb freiwillig; damals war ich erst neunzehn und besaß eine gute Stellung - aber der Kreuzzug zur Vertreibung der Blobels aus dem Sonnensystem war mir wichtiger als alles andere."

„Hm", machte Dr. Jones tickend und nickend.

George Munster erzahlte weiter. „Ich habe gut gekämpft. Um ehrlich zu sein, ich erhielt sogar zwei Tapferkeitsmedaillen und wurde im Tagesbefehl ausdrücklich gelobt. Man ernannte mich zum Korporal. Weil ich ganz allein auf mich gestellt einen Beobachtungssatelliten voller Blobels zerstörte; die genaue Anzahl ließ sich später leider nicht mehr feststellen, denn - wie allgemein bekannt ist - können sich die Blobels beliebig vereinen und wieder teilen, was äußerst verwirrend sein kann." Er verstummte unter dem Ansturm der Gefühle. Allein wenn er sich an den Krieg erinnerte oder über ihn sprach, geriet er völlig aus dem Gleichgewicht. Er legte sich auf die Couch zurück, entzündete eine Zigarette und versuchte, wieder ruhig zu werden.

Die Blobels stammten ursprünglich aus einem anderen Sonnensystem; vermutlich war ihre eigentliche Heimat Proxima Centauri. Vor einigen tausend Jahren hatten sie sich auf dem Mars und auf Titan niedergelassen, wo sie ideale Lebensbedingungen vorgefunden hatten. Sie waren die Weiterentwicklung der einzelligen Amöben, ziemlich groß und mit einem hochorganisierten Nervensystem ausgestattet, aber trotz allem im Grunde noch Amöben mit Pseudopodien, die sich durch Zellteilung fortpflanzten und eine Reihe anderer Eigenschaften besaßen, die sie bei den ter-ranischen Kolonisten unbeliebt machten.

Der Krieg selbst hatte ökologische Ursachen gehabt. Es war die Absicht der Auslandshilfeabteilung der UNO gewesen, die Marsatmosphäre zu verändern, um die Lebensbedingungen für die irdischen Siedler günstiger zu gestalten. Allerdings hatte diese Veränderung den Fortbestand der Blobelkolonie gefährdet, und so hatte der Konflikt seinen Anfang genommen.

Und, dachte Munster, es war eben unmöglich, nur die Hälfte der Atmosphäre eines Planeten zu verändern; die Braunsche Bewegung ließ sich da nicht übertölpeln. Binnen zehn Jahren hatte der atmosphärische Umwandlungsprozeß seinen Abschluß gefunden und die Gesundheit der Blo-belsiedler - zumindest behaupteten sie es - in starkem Maße geschädigt. Im Gegenzug hatte dann eine Flotte der Blobels die Erde angeflogen und eine Anzahl technisch äußerst komplizierter Satelliten in den Orbit gebracht, die vermutlich dazu dienen sollten, auch die Atmosphäre der Erde umzuwandeln. Allerdings war es zu dieser Umwandlung nie gekommen, denn das Kriegsbüro der UNO hatte selbstverständlich sofort reagiert und die Satelliten durch Killerraketen zerstört... und schon war der Krieg im Gange.