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Mitglied der Kommunistischen Partei von Neuseeland; er hat den dortigen Umsturz vorbereitet. Diese Information ist im Grunde kein Geheimnis, aber auf der anderen Seite ist es auch nicht erforderlich, darüber zu reden." Er brach ab und spielte mit seiner Uhrkette. „Vermutlich wäre es besser, wenn Sie vergessen würden, daß wir davon gesprochen haben. Natürlich, sobald Sie ihn sehen, ihm von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen, werden Sie erkennen, daß er ein Weißer ist. So wie ich. Wie viele von uns."

„Die Rasse", stellte Tso-pin fest, „hat nichts zu tun mit der Loyalität zum Führer und zur Partei. Mr. Pethel hier ist ein Beispiel dafür."

Auf dem Bildschirm wirkt er nicht wie ein Abendländer. „Im Fernsehen... " begann er.

„Das Bild", unterbrach Tso-pin, „wird durch geschickte technische Manipulationen erzeugt. Aus ideologischen Gründen. Die meisten Personen in den höheren Positionen sind darüber informiert." Er warf Chien einen tadelnden Blick zu.

Also sind sie sich alle einig, durchfuhr es Chien. Was wir jeden Abend sehen, ist nicht die Wirklichkeit. Bleibt die Frage: Wie unwirklich ist es dann? Teilweise? Oder völlig künstlich?

„Ich werde mich darauf vorbereiten", erklärte er unterwürfig. Und er dachte: Das war ein Versehen. Sie waren nicht darauf vorbereitet - jene Leute, die Tanya Lee repräsentiert -, daß ich schon so bald eine Einladung bekommen würde. Was ist mit dem Antihalluzinogen? Ob sie es mir noch zukommen lassen können? Vermutlich ist die Zeit zu knapp.

Seltsamerweise fühlte er sich erleichtert. Er würde mit Seiner Hoheit zusammentreffen und ihn als Menschen sehen können - so wie jeder andere auch. Er würde einen anregenden und amüsanten Abend mit einigen der einflußreichsten Parteimitglieder von ganz Asien verbringen. Ich glaube, dachte er, daß die Idee mit dem Phenothiazin völlig unnötig war. Und seine Erleichterung wuchs.

„Ah, hier ist sie endlich", sagte Pethel plötzlich und holte einen weißen Umschlag aus seiner Aktentasche hervor. „Ihre Einladungskarte. Donnerstag morgen fliegen Sie mit einer Sino-Rakete zur Villa des Führers; dort wird Sie dann der Protokollbeamte instruieren, wie Sie sich zu verhalten haben. Vorgeschrieben ist ein Frack mit weißer Binde, aber die Atmosphäre wird sehr entspannt sein. Meistens werden eine ganze Anzahl Trinksprüche ausgebracht." Er fügte noch hinzu: „Ich habe selbst schon an zwei von diesen Feiern teilgenommen. Mr. Tso-pin" - er lächelte steif - „hat noch nicht diese Ehre gehabt. Aber, wie es so schön heißt, jeder, der warten kann, bekommt schließlich doch, was er will. Ein Ausspruch Ben Franklins."

„Nach meiner Meinung", bemerkte Tso-pin, „ist die Einladung für Mr. Chien ein wenig frühzeitig erfolgt." Philosophisch zuckte er die Achseln. „Aber nach meiner Meinung wird ja niemals gefragt."

„Noch etwas", wandte sich Pethel an Chien. „Es ist möglich, daß Sie in irgendeiner Beziehung enttäuscht sein mögen, wenn Sie Seiner Hoheit persönlich gegenüberstehen. Sorgen Sie dafür, falls Sie so empfinden sollten, daß Sie sich dies nicht anmerken lassen. Wir alle sind es gewohnt -und auch so erzogen worden - in ihm mehr als einen Menschen zu sehen. Aber am Tisch ist er" - Pethel fuhr sich durch das Haar - „nun, ein Naturereignis. Natürlich ohne daß unser Respekt vor ihm schwindet. Er mag zum Beispiel in den Augen eines gewöhnlichen Sterblichen nicht ganz vornehm wirken; möglicherweise erzählt er einige unanständige Witze oder er trinkt zuviel... Um ehrlich zu sein, niemand weiß im voraus, was geschehen wird, aber gewöhnlich ziehen sich diese Feiern hin bis zum frühen Morgen. Deshalb wäre es vernünftig, wenn Sie die Dosis Am phetamine annehmen würden, die Ihnen der Protokollbeamte offerieren wird."

„Oh?" sagte Chien. Das war neu für ihn und interessant.

„Das erhöht das Stehvermögen. Und man verträgt dann mehr Alkohol. Seine Hoheit ist ein sehr trinkfester Mann; oft ist er noch auf den Beinen und schwankt nicht einmal, während alle anderen bereits aufgegeben haben."

„Ein bemerkenswerter Mann", warf Tso-pin ein. „Ich glaube, seine... seine liebenswerten Schwächen beweisen, daß er ein hervorragender Mensch ist. Und stets auf der Höhe der Ereignisse; er ist das Idealbild eines Renaissancemenschen wie zum Beispiel Lorenzo di Medici."

„Daran denkt man unwillkürlich", bestätigte Pethel. Er musterte Chien mit solcher Aufmerksamkeit, daß die Angst des gestrigen Abends zurückkehrte. Stolpere ich von einer Falle in die andere? fragte sich Chien. Dieses Mädchen - war es vielleicht in Wirklichkeit eine Agentin der Gepol, die mich testen und eine illoyale, parteifeindliche Neigung aus mir herauslocken sollte?

Ich glaube, entschied er, ich sorge am besten dafür, daß mich dieser beinlose Hausierer, der mit den Heilkräutern handelt, nicht abfängt, wenn ich nach der Arbeit nach Hause gehe. Von jetzt an werde ich für den Heimweg einen ganz anderen Weg nehmen.

Er hatte Erfolg. An diesem Tag entging er dem Hausierer, und auch am nächsten und übernächsten Tag.

Am Donnerstag morgen allerdings rollte der Hausierer hinter einem geparkten Lastwagen hervor und stellte sich ihm in den Weg.

„Meine Medizin", fragte der Hausierer, „hat meine Medizin Ihnen geholfen? Ich weiß, daß sie geholfen hat, ich bin mir sogar ganz sicher; die Formel stammt noch aus der Sung-Dynastie. Ich weiß Bescheid. Nicht wahr?"

„Lassen Sie mich vorbei", verlangte Chien.

„Würden Sie so freundlich sein und mir eine Antwort geben?" Der Tonfall war nicht das anpreisende Gejammer eines Straßenhausierers, der seinem kärglichen Geschäft nachging. Ganz deutlich hörte Chien diese Stimme, hörte sie laut und klar... wie jene Stimmen der imperialistischen Marionettentruppen, die es schon so lange nicht mehr gab.

„Ich weiß, was Sie mir gegeben haben", erklärte Chien. „Und ich möchte nichts mehr davon haben. Sollte ich meine Meinung ändern, so kann ich mir das Mittel in jeder Apotheke kaufen. Danke." Er wollte weitergehen, aber der Wagen, auf dem der beinlose Hausierer hockte, versperrte ihm noch immer den Weg.

„Miss Lee hat mit mir gesprochen", sagte der Hausierer laut.

„Hmm", machte Chien. Er bog um den Wagen herum und beschleunigte seine Schritte, entdeckte ein Hovertaxi und winkte es zu sich.

„Heute abend also werden Sie in der Jangtse-Villa mit dem Führer speisen", fuhr der Hausierer fort und rollte angestrengt Atem holend hinter ihm her. „Nehmen Sie das Mittel - jetzt!" Auffordernd hielt er ihm ein kleines Päckchen entgegen. „Bitte, Parteigenosse Chien; um Ihretwillen, für uns alle. Damit wir wissen, mit wem wir es zu tun haben. Großer Gott, vielleicht ist es eine außerirdische Lebensform; das ist unsere größte Sorge. Verstehen Sie denn nicht, Chien? Was bedeutet Ihre gottverdammte Karriere im Vergleich dazu? Wenn wir es nicht herausfinden..."

Das Taxi kam neben dem Bürgersteig zum Stillstand; die Tür glitt auf. Chien stieg ein.

Das Päckchen flog an ihm vorbei, landete auf der Türschwelle des Wagens und rollte dann auf den Fahrzeugboden, und es war feucht vom Morgenregen.

„Bitte", rief der Hausierer. „Es kostet Sie nichts; heute be kommen Sie es umsonst. Nehmen Sie es ruhig, nehmen Sie es vor dem Abendessen. Und lassen Sie die Finger von den Amphetaminen; sie wirken stimulierend auf den Thalamus und blockieren die Adrenalindämpfer, zu denen auch Phenothiazin gehört..."

Die Wagentür schloß sich hinter Chien. Er lehnte sich zurück.

„Wohin, Genosse?" fragte der Robotpilot.

Er nannte ihm die Koordinatenziffer seines Konap.

„Dieser Einfaltspinsel eines Hausierers hat es doch fertiggebracht, mein sauberes Inneres mit seinem schmierigen Tand zu beschmutzen", beschwerte sich das Fahrzeug. „Hören Sie - es liegt direkt neben Ihren Füßen."

Chien entdeckte das Päckchen - es sah ganz normal aus. Ich schätze, durchfuhr es ihn, auf diese Weise kommt man immer zu den Drogen; plötzlich sind sie da. Einen Moment lang saß er da und hob es schließlich auf.