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Säuerlich versetzte Poole: „Wieso wollen Sie Geld von mir, wenn Sie gar keine elektrischen Ameisen behandeln?"

„Für unsere bisherigen Bemühungen", erklärte eine der Schwestern. „Bis zu dem Zeitpunkt, als wir die tatsächliche Lage erkannten."

„Schicken Sie mir die Rechnung", stieß Poole in wütendem, hilflosem Zorn hervor. „Oder besser - schicken Sie sie

meiner Firma."

Mit großer Anstrengung gelang es ihm, sich aufzusetzen; unsicher stieg er aus dem Bett und taumelte auf die Tür zu. „Ich bin froh, wenn ich hier herauskomme", knurrte er, während das Schwindelgefühl langsam wich. „Und vielen Dank für Ihren menschlichen Beistand."

„Nichts zu danken, Mr. Poole", erwiderte der Arzt. „Das heißt... eigentlich sollte ich nur Poole sagen."

In der Wartungsstation wurde ihm die fehlende Hand ersetzt.

Sie faszinierte ihn; bevor er zuließ, daß die Techniker sie implantierten, untersuchte er sie lange Zeit. Äußerlich wirkte sie vollkommen organisch - und tatsächlich war dies auch so. Echte Haut bedeckte echtes Fleisch, und in den Adern und Kapillaren floß richtiges Blut. Doch darunter befanden sich Drähte und Stromkreise, miniaturisierte Schaltungen... und er sah hinein in den Handstumpf und entdeckte Widerstände, Motoren, komplizierte Ventile, und alle waren sie winzig klein. Technische Wunderwerke. Und - die Hand kostete vierzig Dollar. Einen Wochenlohn also, wie ihn die Tri-Plan durchschnittlich an ihre Angestellten zahlte.

„Geben Sie dafür auch eine Garantie?" fragte er die Techniker, die soeben die Hand an seinen Armstumpf anfügten.

„Neunzig Tage auf alle Teile und auf die Verarbeitung", erklärte einer der Techniker. „Außer sie wird ungewöhnlich beansprucht oder absichtlich beschädigt."

„Das klingt ein wenig zweideutig", bemerkte Poole.

Der Techniker - wie alle seine Kollegen ein Mann - musterte ihn scharf und fragte: „Sie haben sich als Mensch ausgegeben?"

„Unwissentlich", bestätigte Poole.

„Und nun tun Sie es wissentlich?"

„Genau", nickte Poole.

„Wissen Sie, warum Sie nie etwas gemerkt haben? Sie hätten es merken müssen... immer dann, wenn es in Ihrem Innern klickte und summte. Aber Sie haben nie Verdacht geschöpft, weil Sie programmiert sind, es nicht zu bemerken. Das gleiche Problem stellt sich auch jetzt, wenn Sie versuchen wollen, herauszufinden, wer Sie erbaut hat und für wen Sie agieren."

„Ich bin ein Sklave", sagte Poole. „Ein mechanischer Sklave."

„Aber Sie haben doch viel Spaß gehabt."

„Ja, es war ein schönes Leben", entgegnete Poole. „Und ich habe hart dafür gearbeitet."

Er zahlte der Wartungsstation die vierzig Kredits und probierte seine neue Hand aus, testete sie, indem er nach Münzen und anderen Dingen griff, und ging dann davon. Zehn Minuten später saß er bereits in einem Taxi und befand sich auf dem Weg nach Hause. Es war ein anstrengender Tag gewesen.

Zu Hause, in seinem Ein-Zimmer-Apartment, angekommen, schenkte er sich ein Glas Jack Daniels Purple Label ein - ein ausnehmend guter, sechzig Jahre alter Tropfen -ließ sich in einen Sessel fallen und begann das Glas zu leeren, während er aus seinem einzigen Fenster hinüber zu dem gegenüberliegenden Gebäude blickte.

Soll ich ins Büro gehen? fragte er sich. Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht? Ich muß mich entscheiden. Jesus, dachte er, wenn man Bescheid weiß, macht es einen fertig. Ich bin ein Ausgestoßener, erkannte er. Ein totes Ding, das einen lebenden Menschen darstellt. Aber - er fühlte sich lebendig. Obwohl... jetzt hatte sich alles verändert. Vor allem er. Und auch sein Verhältnis zu Dancemann und zu Sarah, zu allen anderen Tri-Plan-Beschäftigten war anders geworden.

Ich muß mich umbringen, sagte er sich. Aber wahrschein lich bin ich so programmiert, daß ich nicht einmal das fertigbringe; für meinen Besitzer wäre das ein erheblicher finanzieller Verlust. Und das würde ihm gewiß nicht gefallen.

Programmiert. Irgendwo in meinem Innern, dachte er, befindet sich eine Matrix, eine Sperre, die mich von bestimmten Gedanken, bestimmten Handlungen abhält. Und die mich zwingt, anders zu reagieren. Ich bin nicht frei. Ich war es nie, aber nun weiß ich es; das macht einen Unterschied.

Er ließ das Fenster undurchsichtig werden, schaltete die Deckenlampe an und zog sich langsam aus. Er hatte aufmerksam zugesehen, als die Techniker der Wartungsstation seine neue Hand angefügt hatten; nun wußte er besser Bescheid, wie sein Körper konstruiert war. An jedem Oberschenkel befand sich eine Reparaturklappe; die Techniker hatten sie geöffnet, um die darunterliegenden Schaltkreise zu überprüfen. Wenn ich programmiert bin, sagte er sich, dann ist es möglich, daß sich die Matrix dort befindet.

Das Labyrinth der Schaltungen ließ ihn seine Hoffnungen begraben. Ich brauche Hilfe, erkannte er. Einmal nachdenken... wie lautete der Videokode des BBB-Class-Computers, der von der Firma benutzt wird?

Er griff nach dem Videofon und wählte die Nummer des Computers, der sich in Boise, Idaho, befand.

„Für die Benutzung dieses Computers wird eine Gebühr von fünf Kredits pro Minute verlangt", ertönte eine mechanische Stimme aus dem Lautsprecher des Videos. „Halten Sie bitte Ihre Kreditkarte vor den Bildschirm."

Poole gehorchte.

„Sobald der Summton erklingt, sind Sie mit dem Computer verbunden", fuhr die Stimme fort. „Stellen Sie bitte Ihre Fragen so schnell wie möglich und nehmen Sie zur Kenntnis, daß die Antworten binnen Mikrosekunden erfolgen, während Ihre Fragen..." Er drehte leiser, schaltete den Ton aber schnell wieder ein, als auf dem Bildschirm das Freizeichen des Computers erschien. Von diesem Moment an war aus dem Computer ein riesiges Ohr geworden, das ihm zuhörte

- genau wie fünfzigtausend anderen Fragestellern auf der ganzen Erde.

„Sieh mich genau an", instruierte er den Computer. „Und dann sage mir, wo ich den Programmierungsmechanismus finden kann, der meine Gedanken und mein Verhalten bestimmt." Er wartete. Von dem Bildschirm des Videofons blickte ihn ein großes, aufmerksames, viellinsiges Auge an. Er drehte sich in seinem Ein-Zimmer-Apartment, zeigte sich dem Auge von allen Seiten.

„Entfernen Sie Ihre Brustplatte", erklärte der Computer. „Drücken Sie auf das Brustbein und schieben Sie die Platte nach oben."

Er folgte der Aufforderung. Dann lag ein Teil seines Brustkastens frei; benommen legte er die Platte auf den Boden.

„Ich erkenne eine Anzahl Kontrollmodule", fuhr der Computer fort, „aber ich kann nicht genau sagen, welches... " Er verstummte, während sich sein Auge auf dem Videoschirm forschend bewegte. „Ich erkenne eine Lochstreifenkontrolle, die über Ihrem Herzmechanismus angebracht ist. Sehen Sie sie?" Poole neigte den Kopf und sah den Lochstreifen ebenfalls. „Ich werde jetzt die Verbindung unterbrechen", erklärte der Computer. „Sobald ich die mir zur Verfügung stehenden Daten überprüft habe, werde ich wieder Kontakt mit Ihnen aufnehmen und Ihnen die Antwort mitteilen. Guten Tag." Der Bildschirm erlosch.

Ich werde den Lochstreifen herausreißen, sagte Poole zu sich selbst. Er war winzig... nicht größer als zwei Garnspulen, mit einem Abtastkopf, der zwischen den beiden Spulen befestigt war. Der Lochstreifen bewegte sich nicht. Vermutlich aktivieren sie sich nur, dachte er, wenn es bestimmte Situationen erforderlich machen. Sie aktivieren sich und verändern meine Gehirntätigkeit. Und das schon mein gan

zes Leben lang.

Er griff in seine Brust hinein und berührte eine der Spulen. Ich brauche sie nur herauszureißen, dachte er, und...

Der Videoschirm wurde wieder hell. „Kreditkarte Nummer 3-BNX-882-HQR446-T", schnarrte die Computer stimme. „Hier spricht BBB-307DR und übermittelt Ihnen die Antwort auf Ihre vor sechzehn Sekunden gestellte Frage. Datum: 4. November 1992. Die Lochstreifenrolle oberhalb Ihres Herzmechanismus dient nicht der Programmierung, sondern es handelt sich dabei um eine Konstruktion zur Erzeugung einer künstlichen Realität. Alle Sinnesempfindungen, die von Ihrem Zentralen Nervensystem aufgenommen werden, stammen von diesem Gerät, und jeder Eingriff wäre gefährlich und könnte zu einem totalen Versagen führen." Der Computer fügte noch hinzu: „Alles deutet daraufhin, daß Sie nicht über einen Programmspeicher verfügen. Damit ist die Frage beantwortet. Guten Tag." Die Verbindung wurde unterbrochen, das Gerät erlosch.