Выбрать главу

Und jetzt schrecken Sie schon wieder zurück. Aber Sie können mir glauben - das ist ein süßes Kind, und wenn Sie ein normaler Mann sind und auch nur eine Stunde allein mit ihr in einem Zimmer verbrächten, würden Sie Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um sie ins Bett zu kriegen. Dora - wir wollen sie so nennen, wenn sie auch Omikron-Zweibasische Gruppe Siebenleicht schwankende Oothek S Doradus 5314 heißt, wobei die Zahl eine Farbangabe bedeutet, die einer Grünschattierung entspricht -, also, Dora war weiblich, charmant und süß. Ich gebe zu, daß das unglaublich klingt. Sie war, wie Sie es vielleicht ausdrücken würden, eine Tänzerin. Ihre Kunst verlangte Intellekt und Erfahrungen von sehr hohem Standard, natürliche Begabung und endlose Praxis. Sie wurde auf einer schwerelosen Welt ausgeübt, und man kann sie am besten als Kombination einer Schlangenmenschendarbietung und dem klassischen Ballett beschreiben. Vielleicht glich sie dem Sterbenden Schwan der Danilova. Und Doras Kunst wirkte außerdem verdammt sexy. Auf symbolische Art - aber die meisten Dinge, die wir »sexy« nennen, sind symbolisch, abgesehen vom offenen Hosenschlitz eines Exhibitionisten. Am millionsten Tag, als Dora tanzte, keuchten die Leute, die ihr zusahen, und das würden Sie auch tun.

Und jetzt zu dem Problem, daß sie ein Junge war. Ihrem Publikum war es egal, daß sie genetisch betrachtet ein Mann war. Und Sie würde es auch nicht stören, wenn Sie ihr zuschauen könnten, denn Sie wüßten es nicht - es sei denn, Sie würden ein Gewebestück aus ihrem Körper herausschneiden und unter ein Elektronenmikroskop legen, um die XY-Chromosomen zu finden. Für die Leute spielte das keine Rolle. Es interessierte sie nicht. Mit Hilfe einer Technik, die nicht nur sehr kompliziert, sondern in unserer Zeit noch nicht entwickelt worden ist, konnten diese Leute die Begabung und Einsatzfähigkeit eines Babys schon lange vor seiner Geburt eruieren - um genau zu sein, beim zweiten Horizont der Zellteilung, wenn sich das Ei nach der Segmentierung in ein frei schwebendes Keimbläschen verwandelt. Und dann förderte man natürlich diese Fähigkeiten. Würden wir das nicht auch tun? Wenn wir ein musikalisches Kind finden, würden wir ihm ein Stipendium an einer Musikhochschule verschaffen. Und wenn diese Leute ein Kind fanden, das die Fähigkeit besaß, eine Frau zu sein, dann machten sie eine daraus. Da das Geschlecht eines Geschöpfes schon längst nichts mehr mit der Fortpflanzung zu tun hatte, war das relativ einfach, warf keine Probleme auf und wurde nicht oder nur geringfügig kritisiert.

Was »geringfügig« bedeutet? Oh, ungefähr so viel, als würden wir uns darüber aufregen, daß sich ein Zahnarzt dem göttlichen Willen widersetzt, weil er einen Zahn plombiert, oder daß ein Schwerhöriger ein Hörgerät trägt. Finden Sie es immer noch schrecklich? Dann schauen Sie sich doch mal das nächste vollbusige Mädchen, das Ihnen begegnet, genauer an, und stellen Sie sich vor, daß es Dora wäre. Denn Erwachsene, die genetisch betrachtet Männer sind und in somalischer Hinsicht Frauen, gibt es auch in unserer Zeit.

Zufällige Ereignisse im Mutterleib bringen die Pläne des Erbguts oft durcheinander. Der Unterschied zu jener anderen Methode besteht nur darin, daß es bei uns durch Zufall passiert und daß wir es nicht wissen, es sei denn, wir vertiefen uns in ein gründliches Studium.

Aber jetzt habe ich Ihnen genug von Dora erzählt. Es würde Sie nur verwirren, wenn ich noch hinzufügte, daß sie sieben Fuß groß war und nach Erdnußbutter roch. Fangen wir lieber mit der Geschichte an.

Am millionsten Tag schwamm Dora aus ihrem Haus und drang in eine Transportationsröhre ein. Rasch wurde sie im Wasserstrom nach oben gesogen und sprang, von der Gischt getragen, auf den elastischen Boden ihrer - nun, sagen wir mal Trainingshalle. »Oh - Scheiße!« rief sie in reizender Verwirrung, versuchte taumelnd ihr Gleichgewicht wiederzufinden und stieß mit einem Fremden zusammen, den wir Don nennen wollen.

Es war Liebe auf den ersten Blick. Don war gerade auf dem Weg zu einem Institut, um seine Beine erneuern zu lassen, und Liebe war so ungefähr das letzte, woran er gedacht hätte. Aber als er geistesabwesend eine kleine Wanderung über die Landeplätze der U-Boote machte, hielt er plötzlich das schönste Mädchen in den Armen, das er je gesehen hatte, und er wußte, daß sie füreinander geschaffen waren. »Willst du mich heiraten?« fragte er.

Sie sagte leise: »Am Mittwoch«, und das Versprechen war wie eine Liebkosung.

Don war groß, muskulös, bronzebraun und aufregend. Er hieß ebensowenig Don, wie unser Mädchen Dora hieß, aber ein Teil seines Namens lautete Adonis, was auf seine vibrierende Männlichkeit zurückzuführen war, und wir wollen die Abkürzung Don verwenden. Seine persönliche Farbnummer war 5290, in Angström-Einheiten. Er war nur um ein paar Grade blauer als Dora mit ihren 5314, womit in Zahlen ausgedrückt wird, was die beiden intuitiv im ersten Augenblick erkannten, als sie sich sahen - daß sie viel gemeinsam hatten, was Interessen und Geschmack betraf.

Es wäre ein sinnloses Unterfangen, Ihnen berichten zu wollen, was Don alles machte - ich meine jetzt nicht die Arbeit, die er leistete, um Geld zu verdienen, sondern die Taten, die er vollbrachte, um sein Leben sinnvoll zu gestalten, um nicht vor Langeweile verrückt zu werden. Ich will Ihnen nur erzählen, daß er viele Reisen unternahm, in interstellaren Raumschiffen. Damit so ein Schiff funktionierte, mußten einunddreißig männliche und sieben weibliche Menschenwesen gewisse Dinge tun, und Don war einer von diesen einunddreißig. Genauer gesagt, er berechnete Optionen. Dadurch war er oft starken Strahlenströmungen ausgesetzt, die nicht so sehr von der Antriebskraft seiner eigenen Station ausgingen, sondern vom Überschuß der nächsten Station, wo ein weibliches Wesen die Auswahl traf und wo die subnuklearen Partikel, die sie bevorzugte, sich in einem Quantenregen zerstörten. Das ist Ihnen natürlich völlig egal, und ich will damit auch nur betonen, daß Don ständig eine Haut aus leichtem, elastischem, extrem widerstandsfähigem kupferbraunem Metall tragen mußte. Ich habe das bereits erwähnt, aber Sie dachten wahrscheinlich, ich hätte gemeint, daß Don sonnengebräunt war.

Außerdem war er ein kybernetischer Mann. Die meisten seiner Körperteile waren schon vor langer Zeit durch dauerhafte Mechanismen ersetzt worden. Statt eines Herzens pumpte eine Kadmiumzentrifuge das Blut durch seine Adern. Seine Lunge bewegte sich nur, wenn er laut sprach, denn sein Sauerstoff wurde durch eine Kaskade osomotischer Filter aus seinen eigenen Ausscheidungsprodukten erzeugt. In gewisser Weise würde er einem Menschen aus dem zwanzigsten Jahrhundert seltsam erscheinen mit seinen glühenden Augen und den siebenfingrigen Händen. Aber sich selbst und Dora kam er natürlich sehr männlich und großartig vor. Seine Reisen hatten ihn rings um Proxima Centauri geführt, um Procyon und die rätselhaften Welten von Mira Ceti. Er hatte den Planeten von Canopus landwirtschaftliche Schablonen gebracht und war vom bleichen Gefährten des Aldebaran mit warmen, intelligenten Haustieren zurückgekehrt. Ob sie nun blau und heiß oder rot und kalt waren - er hatte tausend Sterne und ihre zehntausend Planeten gesehen. Zwei Jahrhunderte lang war er über die Sternenstraßen geflogen und hatte sich immer nur ganz kurz auf der Erde aufgehalten. Aber das interessiert Sie natürlich auch nicht. Es sind die Personen, die in einer Geschichte die Hauptrolle spielen, nicht ihre Lebensumstände, und Sie wollen ja wissen, wie es diesen beiden Menschen erging. Nun, sie haben es geschafft. Ihre Liebe wuchs und gedieh und trug Früchte am Mittwoch, genau, wie Dora es versprochen hatte. Sie trafen sich im Kode-Raum, wo sie von zwei Freundespaaren umjubelt wurden, und während ihre persönlichen Daten aufgenommen und gespeichert wurden, lächelten sie und flüsterten miteinander und antworteten errötend und schlagfertig auf die scherzhaften Bemerkungen ihrer Freunde. Dann tauschten sie ihre mathematischen Analoga aus und gingen davon. Dora kehrte in ihr Unterwasserhaus zurück und Don auf sein Schiff.