Ich fand heraus, was dieser Scherz zu bedeuten hatte - das heißt, wenn es überhaupt als Scherz gemeint war. Angenommen, irgend jemand wollte nicht, daß wir so schnelle Fortschritte machten - irgend jemand von einer anderen Welt Das ist natürlich dumm. Das heißt - ich glaube, daß es dumm ist.
Aber wenn diese Gedankengänge nicht dumm sind, dann muß die ganze Sache alles andere als dumm sein. Und damit meine ich, daß sie gefahrlich sein muß. Kürzlich bin ich vor meinem Haus zweimal fast überfahren worden - von irgendwelchen verrückten Leuten. Und dann verpaßte ich den Bus zum Flughafen und sah, wie die Maschine gleich nach dem Start abstürzte.
Zwei Dinge würde ich gern wissen - nur spaßeshalber. Erstens
- woher kriegt die Stiftung ihr Geld und warum? Zweitens, und ich werde versuchen, eine Antwort auf diese Frage zu bekommen, wenn ich das nächstemal in Los Angeles bin - war da wirklich ein Hochzeitspaar in Zimmer 2051, das Laszlo Ramos an jenem Morgen irrtümlich weckte - etwa um die Zeit, als Larry zwanzig Stockwerke tief abstürzte?
Der reichste Mann von Levittown
Margery versuchte den Hörer auf die Gabel zurückzulegen, aber das Telefon schrillte sofort wieder. Sie hob den Hörer ab und sagte: »Lassen Sie uns endlich in Ruhe! Wir brauchen nichts!« Blitzschnell warf sie den Hörer auf die Gabel, um die Verbindung zu unterbrechen, dann nahm sie ihn wieder ab.
In diesem Augenblick läutete die Türglocke.
»Jetzt bin ich dran«, sagte ich und legte die Zeitung beiseite. Es sah so aus, als würde ich nie herausfinden, wie es gerade in der Nationalliga stand. Es war der Streifenpolizist Gamelsfelder.
»Ein Mann will Sie sprechen, Mr. Binns. Er sagt, es sei sehr wichtig.« Er schwitzte - ich sah die dunklen Flecken auf seinem Hemd. Ich wußte, was er dachte. Wir hatten eine Klimaanlage und Geld, und er riskierte für ein lausiges Polizistengehalt jeden Tag sein Leben, und was war das überhaupt für ein Land? An diesem Nachmittag hätte er mir das wohl gern gesagt.
»Für ihn mag es vielleicht wichtig sein, aber ich will niemanden sehen. Tut mir leid, Officer.« Ich schloß die Tür.
»Hilfst du mir das Baby wickeln?« fragte Margery.
»Mit Vergnügen, Liebling«, sagte ich fröhlich. Es bereitete mir wirklich Vergnügen - abgesehen davon war es sehr diplomatisch, das zu sagen, denn sie stand kurz vor dem Explodieren. Und außerdem machte ich es gern, weil ich irgend etwas selbst tun und eine nette, einfache Aufgabe erfüllen wollte, zum Beispiel einen Einjährigen mit einem Knie festzuhalten, das ich ihm auf die Brust drückte, während jemand anders seine Füße umklammerte und die Windel in die richtige Position brachte. Es war natürlich sehr nett von Onkel Otto gewesen, mir das Geld zu hinterlassen, aber hatten sie das unbedingt in der Zeitung erwähnen müssen?
Die Türglocke läutete gerade, als ich das Baby anzog. Margery war oben bei Gwennie, die aus Leibeskräften schrie, weil sie einen aufregenden Tag erlebt hatte und weil sie immer schrie, und so stellte ich den Kleinen auf seine fetten Beinchen und machte die Tür auf. Es war schon wieder der Polizist. »Ein paar Telegramme für Sie, Mr. Binns. Ich wollte nicht, daß der Junge sie abliefert.«
»Danke.« Ich warf sie in die Schublade des Telefontischchens. Was hätte es für einen Sinn, sie zu öffnen? Sie stammten von Leuten, die von Onkel Otto und dem Geld gehört hatten und mir was verkaufen wollten.
»Der Bursche ist immer noch da«, sagte Streifenpolizist Gamelsfelder mürrisch. »Ich glaube, es geht ihm schlecht.«
»Wie bedauerlich!« Ich versuchte die Tür zu schließen.
»Und er hat gesagt, ich soll Cuddles sagen, daß Tinker hier ist.«
Ich hielt mich an der Tür fest. »Cud.«
»Das hat er gesagt.« Gamelsfelder sah, daß er mich damit aus der Fassung gebracht hatte, und das gefiel ihm offenbar, denn er lächelte zum erstenmal.
»Wie - wie heißt er?«
»Winston McNeely McGhee«, sagte Officer Gamelsfelder strahlend. »Jedenfalls hat er mir das erzählt, Mr. Binns.«
»Schicken Sie diesen Hurensohn - eh - schicken Sie den Mann herein«, trug ich ihm auf und machte einen Satz, um das Baby von dem Aschenbecher wegzuzerren, in den Margery eine brennende Zigarette gelegt hatte. Winnie McGhee - das genügte, um mir den Tag restlos zu verderben.
Er kam herein und hielt sich den Kopf, als würde der tausend pfund wiegen. Er hatte noch nie gesund ausgesehen, nicht einmal damals, als Margery mich vor dem Altar hatte stehen lassen, um mit ihm durchzubrennen. Es lag an seinem sanften, poetischen Charme, und vielleicht hatte er den immer noch. Jedenfalls sah er wirklich krank aus - so als würde er nur hundert Pfund wiegen, den Kopf nicht mitgerechnet. Der Kopf sah wie ein Ballon aus. »Hallo«, stöhnte er. »Hast du eine Acetylsalicylsäuretablette?«
»Was?« fragte ich. Aber er fand keine Gelegenheit, mir sofort zu antworten, denn in diesem Augenblick raschelte und scharrte es in der Mansarde, und Margerys Kopf tauchte über dem Treppengeländer auf.
»Ich dachte.«, begann sie aufgeregt, und dann sah sie, daß ihre wildesten Vermutungen zutrafen. »Du!« In panischer Hast strich sie mit einer Hand ihr Haar glatt und mit der anderen die Bermudashorts und versuchte gleichzeitig, ohne die Hilfe ihrer Hände, die schäbige Küchenschürze abzuschütteln, die für mich gut genug gewesen war.
McGhee sagte mit schwacher Stimme: »Hallo. Bitte - hast du keine Acetylsalicylsäuretablette?«
»Ich weiß nicht, was das ist«, erwiderte ich schlicht.
Margery kicherte wehmütig. »O Harlan - Harlan.«, sagte sie mit zärtlicher Toleranz und strahlte mich liebevoll an, als sie die Treppe herabkam. Es hätte genügt, um einer Katze den Magen umzudrehen. »Winnie, du vergißt, daß Harlan nichts von Chemie versteht. Würdest du ihm eine Aspirintablette geben, Harlan? Das ist alles, was er will.«
»Danke«, sagte Winnie mit einem erleichterten Seufzer und massierte seine Schläfen.
Ich holte ihm ein Aspirin. Ich hatte mir noch überlegt, ob ich ein bißchen Gift in das Wasserglas schütten sollte, das ich ebenfalls geholt hatte, aber ich fand nichts Passendes im Apothekenkästchen, und außerdem war so was verboten. Ich gebe unumwunden zu, daß mir Winnie McGhee schon immer unsympathisch gewesen war, und das nicht nur, weil er mir die Braut weggeschnappt hatte. Margery war nach sechs Monaten zur Vernunft gekommen, und als sie bei mir aufgetaucht war, mit einer Scheidungsurkunde in der Tasche und von echter Reue erfüllt. Nun, ich habe es nie bedauert, daß ich sie geheiratet habe. Oder zumindest nicht sehr. Aber man kann nicht von mir erwarten, daß ich McGhee mag. Beim Himmel, selbst wenn ich den Mann nie zuvor gesehen hätte, würde ich ihn auf Anhieb hassen, weil er wie ein Poet aussieht und wie ein Wissenschaftler redet und sich wie ein Trottel benimmt.
Ich ging ins Wohnzimmer zurück und brüllte: »Das Baby!«
Margery wandte sich von ihrem Exgatten ab, den sie gerade betörend angelächelt hatte, und stürzte zum Hundenapf. Sie entriß dem Baby den Napf, aber der war nicht mehr ganz voll. Nun versuchte sie dem Kleinen eine ganze Menge Hundebiskuits aus dem Mund zu ziehen, und natürlich kannte er Mittel und Wege, um sich dagegen zu wehren.
»Der beißt!« schrie sie, zog ihren Finger aus dem Mund des Babys und steckte ihn in den eigenen. Dann lächelte sie sanft. »Ist er nicht süß, Winnie? Die Nase hat er natürlich vom Daddy. Aber findest du nicht, daß er meine Augen hat?«
»Bald wird er auch deine Finger haben, wenn du sie ihm immer wieder zwischen die Zähne steckst«, meinte ich.
»Das ist ganz normal«, sagte Winnie. »Immerhin, wenn vierundzwanzig gepaarte Chromosomen den Gamet bilden, ist es offensichtlich, daß die Möglichkeit, von einem Elternteil nichts zu erben, also ganz genauso zu sein wie der andere, nur eine Chance von eins zu 8 388 608 hat. Oh, mein Kopf!«