Wütend wandte ich mich ab und ging hinaus.
Ein Laie hätte vielleicht nicht erkannt, wie viele Wege Haber gefunden hatte, um den Job zu verpatzen. Wahrscheinlich war das ganze Befragungszellenprojekt ein Fehler. Um was von Befragungszellen zu haben, muß man tiefschürfende Gespräche führen und tiefgreifende MF betreiben. Und dafür braucht man bezahlte Donatoren, eine ganze Menge. Und um die zu bekommen, braucht man eine große Befragtengruppe, aus der man sich die Rosinen rauspicken kann.
Das bedeutet, daß man Annoncen in Zeitungen aufgeben und in Funk und Fernsehen Werbung machen und für jede Person, die man engagiert, erst mal zwanzig befragen muß. Um in einer Stadt von der Größe Beiports einen befriedigenden Überblick zu bekommen, muß man etwa fünfzig Donatoren einstellen. Das heißt, daß man mit etwa tausend Leuten reden muß. Und von denen wird jeder nach Hause gehen und mit seiner Frau oder seiner Mutter oder seinen Nachbarn reden.
In einer Stadt wie Chicago oder Saskatoon macht das nichts. Wenn man eine geschickte Technik anwendet, wird der Donator niemals wissen, warum seine Meinung eigentlich erforscht wird -obwohl ein guter Reporter oder Privatdetektiv die Donatoren natürlich interviewen und aus den Sinnes-Impuls-Stimuli seine Schlüsse ziehen kann. Aber in Beiport ist es unmöglich, etwas geheimzuhalten - nicht hier, wo wir nie zuvor eine Filiale hatten, wo jede Menschenseele weiß, was wir machen, weil die Befragung zur neuen Zoneneinteilung an jedem Kaffeehaustisch Gesprächsthema Nummer eins war. Kurz gesagt, wir saßen gründlich in der Tinte.
Wie ich bereits festgestellt habe, ein Amateur hätte das alles übersehen können. Aber Haber dürfte eigentlich kein Amateur sein.
Gerade hatte ich die Trendkarteien gesehen. In weniger als zwei Wochen würde die Volksabstimmung über die Frage stattfinden, welche Privilegien man unserem Klienten bei der neuen Zoneneinteilung zugestehen sollte. Als Haber die Filiale eröffnet hatte, war der Statistik zu entnehmen gewesen, daß man sich mit vier gegen drei Stimmen zu Ungunsten unseres Klienten entscheiden würde. Jetzt, eineinhalb Monate später, hatte er den Prozentsatz auf drei zu zwei verschlechtert, und es wurde immer schlimmer.
Unser Klient würde äußerst unglücklich sein - wahrscheinlich war er bereits äußerst unglücklich, wenn es ihm gelungen war, die seltsamen terrestrischen Situationsberichte zu enträtseln, die wir ihm geschickt hatten.
Und das war ein Klient, dessen Unglück nicht unbedingt wünschenswert war. Im Vergleich dazu waren unsere anderen Kunden kleine Fische. Die Arcturus-Konföderation repräsentierte eine Kultur, die ebenso reich und mächtig war wie alle Erdenregierungen zusammen. Und da sich die Arcturer mit einem solchen Unsinn wie nationalen Regierungen und privaten Unternehmern gar nicht erst abgaben, zumindest nicht auf eine Weise, die wir verstehen könnten, war dieser eine Klient.
.so bedeutend wie eine Vereinigung aller anderen möglichen Klienten.
Die Arcturer hatten festgestellt, daß sie diesen Stützpunkt in Beiport brauchten, und nun mußten die M & B und vor allem ich, Odin Gunnarsen, dafür sorgen, daß sie ihn auch bekamen.
Natürlich war es ein Pech, daß sie vor sechs Monaten die Erde bekämpft hatten.
Im technischen Sinn war der Krieg noch gar nicht beendet. Es war nur ein Waffenstillstand, kein Friede, der die H-Bombenangriffe und Flottengefechte vorerst unterbunden hatte.
Aber wie gesagt, M & B suchten sich immer die schwierigsten Klienten aus.
Außer Haber sahen noch vier andere Konferenzteilnehmer so aus, als ob sie wüßten, was los war. Candace Harmon, der Befragungsintegrationsprogrammierer und zwei sehr junge technische Assistenten. Ich nahm am Kopfende des Konferenztisches Platz, ohne abzuwarten, wohin sich Haber setzen würde, und sagte: »Wir müssen uns beeilen, weil wir Probleme haben und demzufolge keine Zeit für Höflichkeitsfloskeln. Sie heißen Percy?« Das war der Programmierer. Er nickte. »Ihren Namen habe ich nicht verstanden.« Ich wandte mich an den nächsten Mann am Tisch. Er war der Chefkopist, ein hagerer alter Mann mit kahlrasiertem Schädel namens Tracy Spockman. Sein Assistent, einer der technischen Assistenten, die mir bereits aufgefallen waren, hieß Manny Brock, wie sich nun herausstellte.
Ich hatte leichte Jobs für die Schwachköpfe ausgesucht und die klügeren Leute für die Probleme reserviert, die mit der Zeit auftauchen würden, also fing ich mit dem Chefkopisten an. »Spockman, wir eröffnen eine arcturische Einkaufsagentur, und das werden Sie machen. Sie müßten es schaffen. Wenn ich mich recht erinnere, haben Sie ein Jahr lang den Duluth-Laden geleitet.«
Er sog mit ausdrucksloser Miene an seiner Pfeife. »Nun, danke, Mr. Gun-«
»Nur Gunner.«
»Nun, danke, aber als Chefkopist.«
»Darum kann sich Manny kümmern. So wie ich die Duluth-Operation in Erinnerung habe, werden Sie alles so geplant haben, daß er sofort einsteigen kann.« Das hatte er mit ziemlicher Sicherheit getan. Zumindest würde es nicht schaden, noch jemand anderem die Chance zu geben, die verfahrene Situation zu retten. Ich gab Spockman die Seite mit den »verlangten Positionen«, die ich aus einer Zeitung auf dem Seat-Flughafen gerissen und auf der Fahrt hierher mit Notizen versehen hatte, mit einer langen Liste.
»Engagieren Sie die Mädchen, deren Namen ich hier aufgeschrieben habe, mieten Sie ein Büro und verschicken Sie ein paar Briefe. Auf der Liste können Sie sehen, wie ich es haben will. Schreiben Sie alle Grundstücksmakler in der Stadt an, erkundigen Sie sich, ob sie eine Fünftausend-Morgen-Parzelle auf dem Gebiet zusammenkriegen können, das für die Arcturus-Basis vorgesehen ist. Schreiben Sie an alle großen Bauunternehmer und bitten Sie um Kostenvoranschläge. Ich glaube, es werden zusammen fünf Gebäude werden - lassen Sie sich für jedes einen einzelnen Kostenvoranschlag geben. Eines muß exoklimatisiert werden - also lassen Sie sich auch von den Klimaanlagen-, Heizungs- und Installationsunternehmen Kostenvoranschläge machen. Dann schreiben Sie an alle Lebensmittelgroßversandhäuser und fragen, ob sie daran interessiert sind, die Arcturer mit Nahrung zu versorgen. Erkundigen Sie sich in Chicago, was die Arcturer mögen. Ich kann mich nicht mehr genau erinnern - ich glaube, kein Fleisch und viel Grünzeug. Jedenfalls müssen Sie das rausfinden und den Briefen die entsprechenden Informationen beifügen. Elektronikfirmen, Büromöbelfirmen, Autofirmen - das finden Sie alles auf dieser Liste. Ich möchte, daß sich morgen jeder Geschäftsmann in Beiport ausrechnet, wieviel er an einem arcturistischen Stützpunkt verdienen kann. Haben Sie das kapiert?«
»Ich glaube schon, Mr. - Gunner. Ich habe mir auch schon ein paar Gedanken gemacht. Wie steht es mit Schreibwarenhändlern, Anwälten und amtlich zugelassenen Wirtschaftsprüfern?«
»Fragen Sie nicht - handeln Sie. Und jetzt Sie da unten.«
»Henry Dane, Gunner.«
»Henry, was wissen Sie über die Klubs in Beiport? Ich meine spezialisierte Gruppen. Die Arcturer sind ganz versessen auf Schiffahrt und Segeln. Sehen Sie mal, was sie mit den Motorbootklubs und so weiter machen können. Ich habe in der Zeitung gelesen, daß am nächsten Samstag eine Blumenausstellung im Arsenal veranstaltet wird. Es ist ein bißchen knapp, aber quetschen Sie noch einen Stand mit arcturischen Pilzen rein. Wir werden die Ausstellungsstücke einfliegen lassen. Ich habe gehört, daß die Arcturer leidenschaftliche Gärtner sind. Sie lieben alle biologischen Wissenschaften - ein nettes Volk; kann sich so richtig in seine Hobbys reinsteigern.« Ich zögerte und blickte auf meine Notizen. »Hier habe ich auch was von Veteranengruppen aufgeschrieben, aber dafür habe ich kein Händchen. Wenn Ihnen irgendwas zu dem Thema einfallt, geben Sie mir Bescheid. Was ist denn los?«
Er sah mich nachdenklich an. »Es ist nur - ich möchte Candy nicht in die Quere kommen, Gunner.«