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Auf allen vieren zog sich das Tier vom Wasser zurück.

Es fuhr die Krallen aus und kratzte an dem teppichartigen Material, das an der Wand hing. Die Krallen verschafften ihm Halt, und es bewegte sich die Mauer empor, wobei es den Körper streckte und geschmeidig bewegte. Schließlich setzte es sich auf eine Stange im Gewirr unter der Kuppel. Nach kurzem Verweilen schwang sich das Geschöpf mühelos von einer Stange zur nächsten und kehrte dann zu mir zurück. Für ein Tier seiner Größe landete es geradezu katzengleich. Das Geschöpf war gut acht Fuß hoch. Sein Gewicht hätte ich auf etwa neunhundert Pfund geschätzt. Auf allen vieren näherte es sich schließlich dem Tisch mit dem dunklen, eckigen Gebilde.

Es legte einen kleinen Hebel um. Dann stieß es leise, gutturale Laute aus, die einen fragenden Ton hatten. Menschliche Lautbildung war hier nicht im Spiel, so daß es schwierig, wenn nicht gar unmöglich ist, die Laute zu beschreiben. Wenn Sie schon einmal gehört haben, wie große Katzen sich äußern, beispielsweise Bengaltiger oder der schwarzmähnige Löwe, und wenn sie sich darüber hinaus diese Laute mit der Feinheit und Präzision einer ausgebildeten Sprache vorstellen, dann wissen sie ungefähr, was ich da zu hören bekam. Hinzu kamen Laute, die eher an das Schnauben eines Bullen oder das Schnurren des Grizzlybären oder das Zischen einer Schlange erinnerten. Die Laute dieser Ungeheuer treten klar hervor, doch sie passen nicht zu den Geräuschen, die irdische Ohren zu hören gewohnt sind. Sie sind anders, unirdisch, fremdartig. Diese Laute zu hören und zu wissen, daß es sich um eine Sprache handelt, kann zuerst ein wenig einschüchternd sein.

Die Evolution hat Erdenbürger nicht darauf vorbereitet, in einem solchen Wesen Intelligenz zu vermuten.

Das Ungeheuer schwieg.

»Bist du hungrig?« fragte eine Stimme. Diese Laute kamen aus dem schwarzen Kasten auf dem Tisch, bei dem es sich folglich um ein Übersetzungsgerät handelte.

»Eigentlich nicht«, sagte ich.

Nach kurzer Verzögerung tönten Knurrlaute aus dem Übersetzungsgerät. Ich lächelte. Das Ungeheuer zuckte die Achseln. Es trottete zu einer Wand und drückte dort auf einen Knopf.

Eine Metallfläche öffnete sich. Ich hörte einen spitzen Schrei. Gleich darauf huschte ein kleines Tier, ein Lart, aus der Öffnung. Das übrige geschah sehr schnell. Die riesige sechsgliedrige Pranke des Ungeheuers schloß sich um den Lart und hob ihn zum Mund, wo ihm das Rückgrat durchgebissen wurde. Sofort machte sich das riesige Geschöpf ans Fressen, wobei es sorgfältig die Innereien aussortierte.

»Ihr kocht euer Fleisch nicht?« fragte ich.

Das Übersetzungsgerät verwandelte die menschlichen Laute nach kurzer Zeit in die Entsprechungen der kuriischen Sprache.

Das Tier antwortete. Ich wartete ab.

»Manchmal«, lautete die Antwort. »Gekochtes Fleisch schwächt die Kiefer«, fuhr es fort.

»Feuer und gekochtes Fleisch«, sagte ich, »ermöglichen die Entwicklung eines kleineren Kiefers und kleinerer Zähne, wodurch sich ein größerer Gehirnraum bilden kann.«

»Unser Gehirnraum ist größer als der der Menschen«, sagte das Wesen. »Unsere Anatomie käme mit einer weiter vergrößerten Gehirnmasse nicht zurecht. In unserer Geschichte ist es wie bei euch zu einer Auswahl zugunsten des größeren Schädelvolumens gekommen.«

»In welcher Hinsicht?«

»Bei den Tötungen.«

»Ist der Kur kein soziales Wesen?«

»Er ist ein soziales Wesen«, kam die Antwort, »aber nicht so sozial wie die Menschen.«

»Das wäre dann womöglich ein in der Spezies liegender Nachteil«, bemerkte ich.

»Es hat auch seine Vorteile«, sagte das Wesen. »Der Kur kann allein leben. Er geht seiner Wege und braucht die Herde nicht.«

»Aber bestimmt haben sich die Kurii früher schon zusammengefunden.«

»Ja, zum Paaren und zum Töten.« Kauend musterte mich das Ungeheuer. »Aber das ist lange her. Unsere Zivilisation reicht hunderttausend Jahre zurück, nach eurer Zeitrechnung. In der Morgendämmerung unserer Vorgeschichte kamen kleine Horden aus den Erdlöchern und Höhlen in den Wäldern. Das war der Anfang.«

»Wie kann ein solches Tier Zivilisation besitzen?«

»Durch Disziplin.«

»Das ist aber eine schwache Fessel für solche wilden, titanischen Instinkte«, bemerkte ich.

Das Ungeheuer hielt mir einen Lartschenkel hin. »Stimmt«, sagte es. »Wie ich sehe, verstehst du uns gut.«

Ich nahm das Fleisch und kaute darauf herum. Es war frisch, von Blut noch körperwarm.

»Es schmeckt dir, wie?« fragte das Ungeheuer.

»Ja.«

»Siehst du? Du unterscheidest dich gar nicht so sehr von uns.«

»Das habe ich auch nicht behauptet.«

»Ist die Zivilisation für deine Spezies nicht eine ebenso große Errungenschaft wie für die meine?«

»Mag sein.«

»Sind die Fesseln, von denen euer Überleben abhängt, kräftiger als die, die uns im Zaume halten?«

»Vielleicht nicht.«

»Ich weiß nicht viel über die Menschen«, sagte das Wesen. »Doch soweit ich mitbekommen habe, sind die meisten Lügner und Betrüger. Darunter kann ich dich nicht zählen.«

Ich nickte.

»Sie halten sich für zivilisierte Wesen, dabei sind sie nur Tiere mit einer Zivilisation. Da liegt ein großer Unterschied.«

»Das gebe ich zu«, sagte ich.

»Die Menschen von der Erde, die nach meinen Informationen deine Heimat ist, sind die schlimmsten. Sie haben Krämerseelen. Sie sehen Schwäche als Tugend an. Sie sehen in ihrem Mangel an Appetit, in ihrer Unfähigkeit des Fühlens eine Errungenschaft. Wie klein sie doch sind! Je mehr sie ihre eigene Natur verraten, um so lauter beglückwünschen sie sich wegen ihrer Vollkommenheit. Und ein wirtschaftlicher Nutzen geht bei ihnen über alles. Ihre Gier und ihr krankhaftes Streben nach Besitz widern mich an.«

»Nicht alle Erdenmenschen sind so«, sagte ich.

»Es ist eine Nahrungswelt«, sagte das Wesen, »und die Nahrung ist nicht vom Besten.«

»Was ist dir denn das Allerwichtigste?«

»Der Ruhm«, antwortete der Kur und sah mich an. »Kannst du das verstehen?«

»O ja«, sagte ich.

»Wir sind Krieger – wir beide.«

»Wie kommt es, daß sich ein Tier ohne ausgeprägte soziale Instinkte um den Ruhm Gedanken macht?« fragte ich.

»Das ergibt sich vermutlich aus den Tötungen.«

»Tötungen?«

»Noch ehe sich die ersten sozialen Gruppen herausbildeten, versammelten wir uns zur Paarung und zum Töten. Große Kreise, ganze Ringe unserer Artgenossen bildeten sich in den Tälern, um zuzuschauen.«

»Ihr habt um die Paarungspartner gekämpft?« fragte ich.

»Wir kämpften aus Spaß am Töten«, antwortete das Geschöpf. »Die Paarung war jedoch ein Recht des Siegers. Soweit ich erfahren habe, kennen die Menschen zwei Geschlechter, die alle notwendigen Funktionen allein erledigen, wenn es um die Fortführung der Spezies geht.«