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»Atem anhalten!« rief ich. Dann hob ich mein Pfeilgewehr, zielte auf die Tür und drückte den Knopf. Rauchend raste der gefährliche Pfeil auf die Stahltür zu und durchstieß die Außenschicht. Ich warf mich nahe dem Mädchen und Drusus zu Boden, und schon ertönte ein ohrenbetäubendes Dröhnen. Ich winkte die anderen hoch, und schon liefen wir durch Qualm und Gas auf den Ausgang zu. Die Tür lag verdreht vor uns. halb aus den Angeln gerissen, halb zerschmolzen. Wir sprangen geduckt durch die Öffnung. Das Mädchen schrie auf, als heißes Metall ihre Wade streifte. Schon waren wir im Korridor. Etwa acht Kurii verstellten uns den Weg.

Gelassen nahm Drusus die Waffe. Ein Bolzen machte sich zischend auf den Weg. Der erste Kurii erstarrte und platzte auseinander. Ein zweiter wurde zur Seite geschleudert. Ein weiterer wischte sich zornbrüllend Blut und verbranntes Fleisch aus dem Gesicht; er konnte nichts mehr sehen. Über unseren Köpfen fauchte ein Pfeil und explodierte im Metall hinter uns. Ich schoß und erledigte einen weiteren Kur. Die sechs verbleibenden Kurii, von denen einer einen Arm halb abgerissen nachschleppte, verschwanden um eine Ecke.

»Schnell!« rief ich.

Wir liefen los und wandten uns an der nächsten Biegung nach links. Wir wollten den Kurii nicht noch einmal begegnen.

Kaum hatten wir den ursprünglichen Korridor verlassen, als wir metallisches Dröhnen vernahmen. Zurückblickend sahen wir, daß man den Gang versperrt hatte.

»Wir müssen laufen!« sagte ich.

Niemand begegnete uns, als wir eine Treppe in Angriff nahmen. Am oberen Ende stolperte das Mädchen und rollte einige Stufen hinab. Sie schluchzte. Ich nahm sie in die Arme.

»Hast du die Ungeheuer gesehen?« fragte sie.

»Das waren die Wesen, denen du gedient hast.«

»Nein!« rief sie.

»Aber jetzt dienst du anderen Herren, hübsche Sklavin«, fügte ich hinzu.

Sie sah mich entsetzt an.

Ich warf sie mir über die Schulter und stieg die Treppe vollends hinauf.

»Wer da!« rief ein Mann. Doch schon wirbelte er getroffen zur Seite, und wir rannten weiter.

Hinter uns schloß sich dröhnend eine weitere Stahltür. Die Sirene begann wieder durch die metallenen Gänge zu gellen.

»Vielleicht gibt es die Sprengeinrichtung gar nicht«, sagte Drusus.

»Ich weiß inzwischen, wo sie sich befindet«, sagte ich. »Man hat uns genarrt!«

»Wo denn?«

»Außerhalb der Reichweite der Sklaven, außerhalb des Bereichs der Überwachungsanlage!« rief ich. »An einem Ort, den niemand betritt, den niemand sieht!«

»Wir waren aber bereits am Ende der Sklavenschienen.«

»Wo enden alle Sklaven schienen?« fragte ich.

»Alle?« fragte er.

»Ja.«

»In der Mitte der Anlage«, sagte er.

»An Zarendargars Raum«, sagte ich.

»Ja«, sagte er.

»Ich habe diesen Raum gesehen«, fuhr ich fort. »Er enthält Bildschirme, wird aber selbst nicht überwacht.«

»Ja«, sagte er. »Ja!«

»Wo könnte der schreckliche Mechanismus wohl liegen – natürlich im Gemach des hoben Kur selbst!«

»Wir haben unser Ziel verfehlt«, sagte Drusus.

Ich nickte.

Das gemeinsame Projekt zweier Männer, die aus verschiedenen und gegeneinander gerichteten, doch seltsam ähnlichen Kasten stammten, war fehlgeschlagen.

»Was tun wir jetzt?« fragte er.

»Wir müssen versuchen, an Zarendargar heranzukommen«, sagte ich achselzuckend.

»Hoffnungslos«, meinte er.

»Natürlich. Aber wir müssen versuchen, seinen Raum zu stürmen. Machst du mit?«

»Natürlich!«

»Aber du gehörst zur Kaste der Attentäter.«

»Wir sind eben sehr vielseitig.«

»Davon habe ich gehört.«

»Glaubst du, nur Krieger sind Männer?«

»Nein.«

»Dann wollen wir weiter!«

»Ich dachte, du wärst zu schwach, um Attentäter zu sein.«

»Ich war einmal stark genug, mich gegen die Vorschriften meiner Kaste aufzulehnen und meinen Freund zu verschonen, obwohl ich befürchten mußte, deswegen das Leben zu verlieren.«

»Vielleicht bist du in der schwarzen Kaste deshalb der Stärkste«, sagte ich.

Er zuckte die Achseln.

»Wir müssen uns gut überlegen, was wir jetzt tun«, fuhr ich fort. »Der direkte Zugang zum Kommandoraum Zarendargars ist sicher schwer bewacht. Deshalb wollen wir uns im Bogen anschleichen und noch mehrere Etagen hinaufsteigen. Vielleicht können wir aus der darüberliegenden Ebene unser Ziel erreichen.«

»Für einen Krieger bist du nicht ganz ohne Grips«, sagte er.

»Auch wir haben unsere Inspirationen«, gab ich zurück.

Wir erstiegen noch zwei Treppen. Dann setzten wir zu einem weit ausholenden Bogen nach rechts an. Wir suchten eine weitere Treppe, die noch entlegener war und die uns noch höher bringen würde.

Kaum hatten wir die zweite Ebene erreicht, als wir einen lauten Ruf vernahmen: »Halt!«

Drusus wirbelte herum und verschoß aus der Hüfte einen Bolzen. Männer liefen auseinander. Das Geschoß prallte von einer Wand ab und explodierte in ihrer Nähe. Wir huschten um eine Ecke. Vier Pfeile fauchten vorbei und explodierten fünfzig Meter entfernt in Serie. Schritte näherten sich aus einer anderen Richtung. Verzweifelt sahen wir uns um. Ich griff dem Mädchen ins Haar und zerrte sie mit. So liefen wir auf den nächsten Gang zu.

»Dies ist ein Außenkorridor«, sagte Drusus, »mit Türen, die ins Freie führen.«

Wir hasteten los. Schritte tönten durch den Gang, den wir eben verlassen hatten. Plötzlich tauchten etwa zweihundert Meter vor uns weitere Männer auf.

Wir blieben nicht stehen.

Ich schaute zurück. Die Verfolger schienen vorsichtig geworden zu sein. Anscheinend waren sie nicht bereit, uns in diesen Tunnel zu folgen. Auf ähnliche Weise wagten sich die Männer vor uns nicht näher heran. Gleichwohl schienen wir in der Falle zu sitzen.

Ratlos verhielten wir den Schritt.

»Hierher, Tarl, der mit mir jagt’« tönte eine vertraute Stimme.

»Imnak!« rief ich.

Wir betraten einen breiten Raum mit einer der kompakten Türen, die ins Freie führten. Ein großes Rad befand sich in der Türöffnung. Es war sehr kalt, denn draußen herrschten arktische Temperaturen. Ein Mann drehte sich um.

»Ram!« rief ich.

»Imnak hat mich befreit«, sagte er.

Mein Blick fiel auf mehrere Pfeilgewehre, ja, eine ganze Kiste gefüllt mit diesen Waffen, daneben mehrere Fässer Munition.

»Oh, Herr!« rief Arlene und klammerte sich an mich. »Ich hatte ja solche Angst um dich!« Ich drückte sie an mich, doch schon stürmte Constance herbei, die einmal Dame Constance von Lydius gewesen war. Audrey und Barbara knieten zu meinen Füßen. Tina stand bei Ram, und Poalu wich nicht von Imnaks Seite. Außer diesen Mädchen befanden sich fünfzehn weitere Sklavinnen im Raum. Die einzigen Männer waren Imnak, Drusus, Ram und ich. Außer den Waffen waren noch etliche Pelze und Vorräte aufgestapelt. »Ich habe alles genommen, was ich kriegen konnte«, sagte Imnak. »Frauen, Waffen und Vorräte.«

»Aber du hast die Anlage nicht verlassen«, sagte ich.

»Ich habe auf dich gewartet. Und auf Karjuk.«

»Karjuk? Der ist doch ein Verbündeter der Kurii«, sagte ich.

»Wie könnte das sein?« fragte Imnak. »Er gehört zum Volk.«

»Wir haben den Sprengsatz nicht gefunden«, sagte ich zu Imnak. »Ich glaube, er befindet sich im Gemach Zarendargars, des hohen Kur hier in der Station, aber darauf kommt es nicht mehr an. Es ist sowieso alles verloren.«

»Du darfst Karjuk nicht vergessen.«

Ich blickte Imnak an.

»Er gehört zum Volk«, erinnerte er mich.

»Wo hast du die neue Sklavin gefunden?« wollte Arlene wissen und musterte mißtrauisch das schlanke Mädchen, das ich mitgebracht hatte.

»Ich bin keine Sklavin«, sagte das bleiche, aristokratische schwarzhaarige Mädchen schroff,

Arlene blickte mich erschrocken an.

»Technisch gesehen ist sie noch keine Sklavin«, sagte ich zu Arlene. »Aber im Grunde ihres Herzens ist sie bereits eine echte Sklavin.« Das Mädchen wich einen Schritt zurück. »Man darf sie also schon entsprechend behandeln.«