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»Er ist Karjuk, Herr«, flüsterte sie, »ehemals aus dem Lager der hellen Felsen. Jetzt ist er der Wächter des Volkes.«

»Es heißt, er verließ das Lager und wurde Wächter, weil ein stolzes Mädchen aus dem Lager der kupfernen Klippen seine Geschenke ablehnte.«

Sie senkte den Kopf.

»Wie bist du Sklavin geworden?« fragte Imnak.

»Ich war zu gut für die Männer«, antwortete sie.

Mehrere rothäutige Jäger, die uns begleitet hatten, begannen zu lachen.

»Ich bin von den kupfernen Klippen fortgelaufen, um einer Verbindung zu entgehen, die ich nicht wollte«, sagte sie. »Ich wurde gefangen und zur Sklavin gemacht.«

»Bist du immer noch zu gut für die Männer?« fragte Imnak,

»Nein, Herr.«

»Du hast dem Volk Schande gemacht«, sagte Imnak streng. »Was für eine Frau bist du überhaupt?«

»Eine Frau, die zu den Füßen von Männern knien und sie lieben will«, sagte sie.

»Weißt du, was mit jemandem geschieht, der dem Volk Schande macht?« fragte er.

»Bitte nein, Herr!«

»Ergreift sie!« wandte sich Imnak an zwei rothäutige Jäger. Sie packten sie an den Armen und zerrten sie hoch.

»Sie werden mich im Schnee aussetzen!« rief sie Karjuk zu.

»Willst du die verstoßen?« fragte Karjuk.

»Natürlich«, sagte Imnak.

»Aber sie hat kräftige Beine«, gab Karjuk zu bedenken.

Das Mädchen strampelte zwischen den beiden Jägern. Sie ließen ihre Arme los, und sie warf sich vor Karjuk auf die Knie.

»Zum Schlittenziehen taugt sie vielleicht«, sagte ein Mann.

»Mag sein.«

»In den Fellen stellt sie sich vielleicht auch nicht ungeschickt an«, meinte ein anderer.

»Behalte mich, Herr!« flehte das Mädchen Karjuk an.

»Niemand will dich haben«, sagte Imnak.

»Bitte, Herr!« schluchzte das Mädchen.

»Du bist zu gut für mich«, sagte Karjuk.

»Nein, nein Herr!« rief sie. »Ich bin nur eine Sklavin!«

»Und sehr hübsch«, sagte Karjuk.

»Es würde mich freuen, wenn ich dem Herrn gefiele!«

»Reden wir mal über etwas Wichtiges«, sagte Karjuk. »Kannst du nähen und kochen.«

»Ja, Herr!«

»Kannst du einen guten Sleenbraten machen?«

»Ja, Herr! Ich weiß zwar, daß du hoch über solchen Dingen stehst, aber ich kann dir auch in den Fellen großartige Wonnen versprechen, Dinge, die ich hier als Vergnügungssklavin gelernt habe.«

Karjuk zuckte die Achseln. »Es würde nichts schaden, dazuzulernen«, sagte er.

»Behalte mich, Herr!« flehte sie.

»Schau mich an, Mädchen!« forderte er.

Sie gehorchte.

»Ich behalte dich«, fuhr er fort, »aber du mußt dir klarmachen, daß du meine Sklavin bist. Voll und ganz!«

»Ja, Herr!«

»Und wenn du mir nicht gefällst, schicke ich dich aufs Eis hinaus!«

»Ja, Herr.«

»Dann steh auf! Wir müssen unseren Schlitten beladen.«

Sie gehorchte und folgte ihm aus dem Raum.

»Imnak!« sagte ich tadelnd. »Du hast das alles arrangiert.«

»Das wäre nicht unmöglich«, antwortete er. »Aber jetzt müssen wir uns wirklich beeilen. Die Zeit wird knapp. In zwei Ahn gibt es diese Station nicht mehr.«

Im Korridor nahm ich einem der rothäutigen Jäger sein Bolzengewehr ab.

»Wohin willst du?« erkundigte sich Imnak.

»Zu Zarendargars Gemach«, sagte ich. Ich schob einen Explosivpfeil in die Kammer und ließ den Bolzen zuschnappen. »Warum?« wollte er wissen.

Ich zuckte die Achseln. »Er hat bestimmt keinen schönen Tod«, sagte ich.

Mit der Waffe in der Hand begab ich mich zu dem zentralen Raum, in dem Zarendargar geherrscht hatte.

Am Eingang angekommen, öffnete ich die Tür mit dem Fuß und hob die Waffe, um auf die Gestalt zu schießen, die auf der blutigen Plattform liegen mußte.

Aber dann zuckte ich zusammen. Mit einem großen Satz sprang ich in den Raum. Die Waffe erhoben, drehte ich mich einmal im Kreis und suchte die Wände ab, die Stangen, die unter der Kuppel ihr Gewirr bildeten.

Ich bebte am ganzen Leib.

Zarendargar war verschwunden,

»Ich lasse alle Räume und Korridore absuchen!« rief Imnak. Er hastete davon.

Langsam näherte ich mich dem pelzbedeckten, blutüberströmten Podest. An der Kante hatte ich vor dem Gehen ein Glas Paga gestellt. Vor einer Stahlwand sah ich die zerschmetterten Überreste eines solchen Glases. Auf dem Podest jedoch stand ein zweites Glas, gefüllt mit Paga.

Ich lachte laut los. Dann bückte ich mich und ergriff das zweite Glas. Mit einer prostenden und zugleich grüßenden Gebärde hielt ich es dem Raum entgegen. Dann stürzte ich den Paga hinunter und schleuderte das Glas an die Metallwand. Das Glas barst klirrend, und die Bruchstücke vermengten sich mit den Resten des ersten Glases.

Ich machte kehrt und verließ den Raum. Draußen war Imnak bemüht, eine Durchsuchung der Station zu organisieren.

»Dazu ist keine Zeit mehr«, sagte ich.

»Aber das Ungeheuer…«, wandte er ein.

»Wir haben dazu keine Zeit mehr! Wir müssen los!«

»Du hast recht, Tarl, der mit mir jagt.« Seine rothäutigen Jäger um sich scharend, eilte er davon.

Die Schnee-Sleen waren angeschirrt. Einen Augenblick lang zögerte ich an der Schwelle des Raumes, in dem Zarendargar geherrscht hatte, Halb-Ohr, der Kriegsgeneral der Kurii. Ich schaute noch einmal auf die blutige Plattform, auf die Stahlwand, auf die Scherben der beiden Gläser.

Dann machte ich hastig kehrt und eilte durch den Korridor. Die Fahrt über das Eis mußte beginnen.

35

»Schaut!« rief Imnak.

Ich stoppte den Schlitten und drehte mich um. Andere folgten meinem Beispiel. Viele schrien vor Staunen und Angst auf.

Hinter uns hingen dünne Vorhänge chromatischen Lichts, gelb, rot und rosa, am schwarzen Winterhimmel, schimmernd und flackernd und viele Pasangs hoch.

»Dazu haben wir gar nicht die Jahreszeit«, sagte ein Jäger.

Die Männer schrien eingeschüchtert auf. Kinder legten Arme vor die Gesichter.

Einen kurzen Augenblick erschien in jenem hohen, flirrenden Panorama, gebrannt in Licht, der Riesenkopf eines Kur. Sein linkes Ohr war halb abgerissen. Amüsiert zogen sich die Lippen von den Zähnen zurück. Dann war der schreckliche Kopf verschwunden.

Im nächsten Augenblick sahen wir, die wir gut eine Ahn von der Station weg waren, einen Lichtfleck am Horizont aufzucken, der uns halb geblendet vor Schmerzen aufschreien ließ.

Einen schrecklichen Augenblick lang war der Himmel mehr als taghell. Von einer Helligkeit, wie sie die meisten Angehörigen des Volkes in diesen nördlichen Regionen nie erlebt hatten, eine Grelle, wie sie über dem weißen Land der flammenden Tahari oder dem grünen Regendschungel von Ost-Cartius liegen mochte.

Doch schon war das Licht am Himmel wieder verschwunden, die Polarnacht war zurückgekehrt, bis auf eine gelbschimmernde Rauchsäule, die hoch über dem fernen Eis stand.

»Hinlegen!« rief ich. »Hinter die Schlitten!«

Sekunden später traf die Schockwelle der Explosion ein. Eissplitter und körniger Schnee wurden von ihr mitgerissen. Die heftige Böe zerrte an unseren Fellen. Ich hielt den Schlitten fest, damit er nicht umstürzte. Arlene schrie vor Entsetzen, als sich das Fahrzeug zur Seite neigte. Doch nur etwa sieben Sekunden lang hielt der unheilvolle Sturm an, dann war die Erschütterung vorbei.

Ich gab dem Sleen einen Schlag auf die Schnauze und zerrte ihn an seinem Geschirr hoch. Dann drehte ich den Schlitten wieder in die Richtung der ehemaligen Kur-Station und stellte mich auf die hinteren Streben, um einen besseren Ausblick zu haben.

Auch Arlene, die an den Schlitten gekettet war, versuchte etwas zu erkennen. Meine anderen Mädchen, Audrey, Barbara, Constance, Belinda und das Mädchen, das einmal Lady Rosa gewesen war, waren an den Schlitten anderer Jäger festgemacht. Arlene war sehr stolz gewesen, mit mir reisen zu dürfen. Die Mädchen waren bemüht, mir zu gefallen, um in meiner Gunst den ersten Platz einzunehmen. Es würde mir Spaß machen, die Mädchen gegeneinander auszuspielen.

Ich lächelte.

Die weiblichen Bedürfnisse werden von den meisten goreanischen Männern erbarmungslos ausgebeutet. Es war ein hübsches Spiel.