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»Wie ich sehe, kleiner Bruder, willst du auch mitziehen.«

»Natürlich!«

»Komm nicht zu nahe an die Herde heran!«

»Nein, keine Sorge!«

Cankas Warnung machte mich ein wenig nervös. Bisher hatte ich angenommen, daß allein die Jäger sich in Gefahr begaben. Aber natürlich war nicht ausgeschlossen, daß die Herde oder Gruppen von Kailiauk Haken schlugen oder im Kreis liefen, womit sie dann in die Nähe der Transportgestelle und Frauen geraten konnten. In einem solchen Fall mußte man sofort die Haltegurte der Gestelle durchschneiden, aufsteigen und so schnell wie möglich verschwinden. Gewiß, am gefährdetsten waren natürlich die Jäger, die zwischen die dahinlaufenden Ungeheuer reiten und ihren Todesstoß anbringen mußten, wenn sie knapp außerhalb der Reichweite der Dreizack-Hörner waren, beinahe dicht genug heran, um das Tier zu berühren.

»Du und Tatankasa, ihr werdet dort draußen allein sein. Ich kann mich nicht in eurer Nähe aufhalten.«

»Ich verstehe nicht, was du meinst«, sagte Cuwignaka.

»Nimm dich vor Hci in acht!« sagte Canka warnend.

»Gewiß«, bestätigte Cuwignaka, und mir sträubten sich die Nackenhaare.

»Hast du einen meiner Pfeile gesehen?« fragte Canka. »Einer fehlt.«

»Nein«, antwortete Cuwignaka.

»Ich muß ihn verlegt haben.«

»Ja.«

»Ich muß an meinen Platz«, sagte Canka.

»Ich wünsche dir eine gute Jagd«, sagte Cuwignaka. »Sei vorsichtig! Oglu waste!«

»Oglu waste!« gab Canka zurück und ritt weiter.

Agleskala machte seine dritte und letzte Runde durch das Lager und schrie seine Botschaft hinaus. »Wir werden Fleisch erringen!«

Mehrere Reiter fielen in diese Worte ein.

»Wir werden Fleisch erringen!« rief auch Cuwignaka fröhlich.

Die Reihe der Sleensoldaten, die vor Beginn der Morgendämmerung von keinem Jäger überholt werden durfte, verließ das Lager. Ihr folgten die Jäger aus den Reihen der Isbu, Casmu, Isanna, Wismahi und Napoktan, jeweils in Fünferreihen. Von den Hufen ihrer Kaiila stieg Staub auf. Dann kamen die Frauen mit Kaiila und Transportgestellen, deren schleifende Stangen Spuren in den Staub malten. Dieser Gruppe schloß sich Cuwignaka an, und ich folgte ihm.

5

»Bitte«, sagte Wasnapohdi, »hilf mir!«

Wir halfen ihr dabei, den mächtigen Stier im Gras auf den Bauch zu drehen, indem wir die Beine auswärts zogen. Weibliche Tiere, die leichter waren, wurden im allgemeinen auf der Seite liegend gehäutet und dann gewendet, manchmal mit Hilfe von Kaiila und Seilen, die an den Beinen festgemacht waren.

Wasnapohdi bohrte das Messer in den Nacken und vollführte den ersten Schnitt, von dem aus die Haut allmählich zurückgeschlagen werden sollte, um auf jeder Seite die Schulterteile freizulegen. Danach konnte dann die Haut auf übliche Weise durch die Mitte geschnitten werden.

Die Jäger hatten dem Tier bereits die Leber genommen – eine Delikatesse, die gewöhnlich roh verzehrt wird.

»Wie macht sich Winyela?« fragte ich und schaute auf das Mädchen, das mit gesenktem Kopf abseits im Gras kniete.

»Ihr ist übel«, antwortete Wasnapohdi.

Ich näherte mich dem Mädchen. In ihrer Nähe roch es nicht besonders angenehm.

»Wie geht es dir?« fragte ich.

»Alles in Ordnung«, erwiderte sie. »Nicht mehr lange, dann werde ich weiterhelfen.«

»Du bist eine Frau, Winyela«, sagte Wasnapohdi, die über ihrer Arbeit schwitzte. »Du mußt dies lernen.«

»Ich versuche es gleich noch einmal«, sagte Winyela.

»Dort drüben liegt eine Kuh«, sagte Wasnapohdi, die auf dem Rücken des Tiers kniete und das blutige Messer hob. »Einer von Cankas Pfeilen hat das Tier getötet. Ich lasse sie an dem Tier arbeiten. Sollte sie sich ungeschickt anstellen, kann er sie rücksichtsvoll behandeln, da es sich um sein eigenes Beutestück handelt.«

»Glaubst du, er wird sie rücksichtsvoll behandeln?« fragte ich.

»Nein«, sagte Wasnapohdi und wandte sich wieder ihrer Arbeit zu.

»Ich habe keine Angst«, stellte Winyela fest.

»Ach?« machte ich.

»Nein. Was immer ich auch tue, Canka wird mich niemals bestrafen.«

»Wie kommst du darauf?«

»Er mag mich.«

»Und du ihn?« fragte ich.

»Ich liebe ihn«, sagte sie. »Sehr sogar, mehr als alles andere auf der Welt.«

»Kühne Sklavin!«

»Gleichwohl«, sagte Wasnapohdi ächzend und bewegte das Messer, »solltest du nicht überrascht sein, die Peitsche zu spüren.«

»Das würde mir Canka niemals antun!«

Ich lächelte. Das Mädchen schien noch nicht zu begreifen, was es bedeutete, Sklavin zu sein. Wußte sie nicht, daß sie der absoluten Disziplin unterlag und daß jeder Herr ihr seinen Willen aufzwingen konnte? Die Herrschaft über Sklaven ist keine willkürliche oder unausgegorene Angelegenheit. Sie stellen ein Besitztum dar. Sie dienen. Wenn nicht, werden sie bestraft.

»Vielleicht bin ich zu hübsch, um geschlagen zu werden«, sagte Winyela.

»Darauf würde ich mich nicht verlassen«, äußerte Wasnapohdi gereizt.

»Jedenfalls glaube ich, daß Canka mich mag«, sagte Winyela.

»Hilf mir lieber, das geschnittene Fleisch auf das Transportgestell zu legen!« sagte Wasnapohdi.

»Muß ich es dazu berühren?«

»Ja.«

»Das möchte ich lieber nicht.«

»Vielleicht wird Canka dich nicht schlagen«, sagte Wasnapohdi, »aber ich versichere dir, ich hätte keine Skrupel in dieser Richtung. Beeil dich! An die Arbeit, sonst besorge ich mir einen Knochen und gerbe dir die Haut.«

»Wasnapohdi kann manchmal ziemlich vulgär sein«, sagte Winyela zu mir und stand auf.

»Gehorchst du endlich?« fragte Wasnapohdi.

»Ja«, sagte Winyela und hob stolz den Kopf.

Und prompt wurde ihr ein zehn Pfund schwerer blutiger Fleischbrocken in die widerstrebenden Hände geschoben.

»Und später«, befahl Wasnapohdi, »wirst du die Kuh dort drüben zerteilen. Ich zeige dir, wie man das macht.«

»Das brauchst du nicht«, sagte Winyela. »Ich habe schon gesehen, wie es geht.«

Und sie wandte sich um und brachte das Fleisch zum Transportgestell. Ich nahm Wasnapohdi einen anderen Brocken ab und folgte ihr.

»Sei kein Dummkopf!« sagte ich zu dem Mädchen, als wir unsere Lasten abluden. »Laß dir von Wasnapohdi helfen. Sie ist deine Freundin.«

»Ich schaffe das allein«, beharrte Winyela. »Und wenn es mir nicht gut gelingt, ist es auch egal.«

»Dessen solltest du dir nicht zu sicher sein.«

»In Cankas Zelt kann ich tun und lassen, was ich will.«

»Vielleicht sollte man dich daran erinnern, daß du Sklavin bist«, sagte ich.

»Das ist absurd! Ich weiß natürlich, daß ich Sklavin bin!«

»Aber weißt du das auch im Herzen, in deinem innersten Feuer?«

Verwirrt sah sie mich an. »Canka wird mich niemals schlagen«, sagte sie und zog ein Stück Leder über das Fleisch, um es vor den Fliegen zu schützen.

Ich sah mich um. Von hier vermochte ich mindestens ein Dutzend erlegte Tiere auszumachen, die wie dunkle Hügel auf der Ebene lagen. Hier und dort waren Frauen am Werk und verstauten Fleisch auf ihren Transportgestellen.

»Cuwignaka und ich müssen weiterarbeiten«, sagte ich.

»Ich wünsche dir auch alles Gute, Sklave«, sagte sie.

»Ich dir auch, Sklavin.« Und ich kehrte zu Cuwignaka zurück.

»Komm, Winyela!« rief Wasnapohdi. »Das Fleisch muß verstaut werden!«

»Ich komme!« antwortete Winyela.

»Ah, was für ein hübsches Mädchen!« rief Bloketu, die Tochter Watonkas, des Häuptlings der Isanna-Kaiila. »Aber warum trägt sie das Kleid einer Weißen?«

»Vielleicht ist sie eine weiße Sklavin?« fragte Iwoso.

»Sei gegrüßt, Bloketu. Und du ebenfalls, Iwoso«, sagte Cuwignaka grinsend.

»Du hast schon viel Fleisch verarbeitet«, stellte Bloketu anerkennend fest.

»Wir waren schon viermal im Dorf«, sagte Cuwignaka.

Ich stellte fest, daß Bloketu und Iwoso davon angemessen beeindruckt waren.

»Wievielmal wart ihr schon im Dorf?«