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»Einmal«, sagte Bloketu.

Dies überraschte mich nicht. Im Verlauf des Nachmittags hatten wir so manchen Jäger zurückkommen und mit ihr plaudern sehen. Bloketu war eine Schönheit – und eine Häuptlingstochter.

»Iwoso arbeitet langsam«, sagte Bloketu.

»Gar nicht!« protestierte Iwoso.

»Du bist faul und umständlich, Bloketu«, sagte Cuwignaka. »Das ist doch allgemein bekannt. Du kokettierst doch lieber mit den Jägern herum, als deine Arbeit zu tun.«

»Oh!« rief Bloketu. Iwoso hatte den Kopf gesenkt und lächelte.

»Es genügt eben nicht, nur schön zu sein«, fuhr Cuwignaka fort.

»Wenigstens hältst du mich für schön«, sagte Bloketu ein wenig besänftigt.

»Das genügt aber nicht«, stellte Cuwignaka fest. »Wenn du meine Frau wärst, würdest du hart arbeiten. Und wenn nicht, würdest du das schnell spüren. O ja, ich würde dich tüchtig rannehmen, außerhalb des Zeltes und drinnen noch mehr.«

»Oh!« rief Bloketu zornig. »Aber ich bin die Tochter eines Häuptlings!«

»Du bist eine Frau.«

»Komm, Iwoso, gute Zofe! Wir wollen gehen. Wir brauchen uns das Gerede dieses dummen Mädchens nicht anzuhören.«

»Du würdest eine ausgezeichnete Sklavin abgeben, Bloketu«, sagte Cuwignaka. »Es wäre wahrscheinlich sehr angenehm, dich in einen Sklavenkragen zu stecken.«

Mit funkelnden Augen schaute Iwoso ihn an. Dann senkte sie wieder den Kopf. Ich verstand diese Reaktion nicht.

»Oh, oh!« rief Bloketu, vor Zorn fast sprachlos.

»Halt!« sagte ich zu Cuwignaka. »Hci kommt.«

Durch das hohe Gras ritt der junge Sleensoldat herbei, Sohn Mahpiyasapas, des Isbu-Häuptlings. »Du bist zu dicht an der Herde«, sagte Hci zu Cuwignaka. Ich war ziemlich sicher, daß das nicht stimmte, und ließ mich dabei von den Bodenerschütterungen, von dem aufwirbelnden Staub und der Richtung der Spuren leiten.

»Hci, man hat mich beleidigt«, wandte sich Bloketu an den jungen Mann und deutete auf Cuwignaka. »Bestraf ihn!«

»Sie?« fragte Hci.

»Sie!« berichtigte sich Bloketu und kehrte damit zu der im Stamm vorgeschriebenen Anrede für Cuwignaka zurück.

»Was hat sie denn gesagt?« wollte Hci wissen.

»Daß ich faul und umständlich sei!« rief Bloketu. »Und daß sie mich in ihrem Zelt schon an die Arbeit schicken würde.«

»Ach?« fragte Hci. Sein Blick war auf die hübsche Iwoso gerichtet.

»Sie ist nur meine Zofe«, sagte Bloketu.

»Wo ist ihr Kragen?« wollte Hci wissen.

»Ich habe ihr keinen gegeben.«

»Sie ist kein Kind mehr und sollte den Kragen und die Kleidung einer Sklavin tragen.«

Iwoso senkte ärgerlich den Blick.

»Frau der Gelbmesser«, sagte Hci bitter.

Sie schaute zu ihm empor.

»Ein Krieger der Gelben Messer hat mir dies angetan«, sagte der junge Mann und deutete auf die lange, ausgerissene Narbe an seiner linken Kinnseite.

»Da hat er gut getroffen!« sagte Iwoso nachdrücklich.

»Danach lebte er nicht mehr lange«, erwiderte Hci und wandte sich wieder Bloketu zu.

»Töte sie!« verlangte Bloketu und deutete auf Cuwignaka.

»Ich bin Krieger«, sagte Hci. »Ich mische mich nicht in Frauenstreitigkeiten ein.«

»Oh!« rief Bloketu ärgerlich.

Ich lächelte vor mich hin. Nach meiner Auffassung hatte Hci die Angelegenheit richtig geregelt. Es wäre gewiß unter seiner Würde gewesen, in einer solchen Frage mitzureden. Als Sleensoldat hatte er am Tag der Jagd Wichtigeres zu bedenken als die verletzte Eitelkeit einer Frau.

»Die Herde ist zu nahe«, wiederholte Hci. »Ihr müßt alle von hier verschwinden.«

Wir machten Anstalten, seinem Befehl nachzukommen.

»Getrennt«, forderte Hci.

Wieder begannen sich mir die Nackenhaare zu sträuben.

»Dort«, sagte Hci und wies nach Südwesten, »liegt ein erlegter Stier, dreißig Winter alt, ein Bruchhorn.«

»Der bringt weder gutes Fleisch noch gutes Leder«, sagte Bloketu ratlos.

»Kümmere dich darum, Bloketu!« forderte Hci.

»Ja, Hci«, antwortete sie. Bloketu und Iwoso spornten ihre Kaiila an, die die Lastengestelle hinter sich her schleppten. Ich sah zu, wie das Gras hinter den Stangen wieder hochfederte. Schon in wenigen Minuten würde nur noch ein erfahrener Spurensucher, auf abgebrochene Halme achtend, die Richtung des Abmarschs feststellen können.

»Dort drüben«, sagte Hci zu uns und deutete in ostsüdöstliche Richtung, »befindet sich eine Senke. Darin liegt ein anderer toter Stier, nicht mehr als sechs Winter alt, ein Glatthorn.«

»Jawohl, Hci«, sagte Cuwignaka gehorsam. Ein Glatthorn ist ein junges Kailiaukmännchen. Seine Hörner sind vom Alter und von ausgedehnten Kämpfen noch nicht angebrochen. Die Glätte der Hörner ist übrigens keine reine Naturerscheinung. Die Stiere polieren sie selbst, indem sie sie an Hängen und Bäumen schaben. Manchmal treten sie mit den Vorderhufen Erde von den Oberkanten von Uferhängen und benutzen das freigelegte härtere Material als Politurmittel. Dieses Polieren hat anscheinend den Zweck, die Hörner zu reinigen und zu schärfen – was für die gesamte Kailiaukrasse von Vorteil zu sein scheint: die Schärfe der Hörner erhöht die Wirksamkeit des Trägertiers beim Kampf, während die Sauberkeit nach dem Kampf Infektionen verhindert.

»Wenn ihr angekommen seid«, fuhr Hci fort, »werden eure Kaiila müde sein. Ihr bindet die Transportgestelle los und laßt die Tiere grasen. Macht sie ganz in der Nähe eurer Arbeit fest!«

»Ja«, sagte Cuwignaka ärgerlich.

»Und jetzt geht!« befahl Hci und hob den Arm.

»Jawohl, Hci!« sagte Cuwignaka.

Als der junge Sleensoldat fortritt, schwitzte ich am ganzen Leib. »Was sollte denn das bedeuten?« fragte ich.

»Das Fleisch auf unseren Gestellen«, antwortete Cuwignaka, »soll vernichtet werden.« »Ich verstehe das nicht«, sagte ich. »Wir gehen in die Senke«, sagte Cuwignaka. »Na schön, wie du willst«, lenkte ich ein.

6

Die Abenddämmerung war nahe.

»Dies wird unsere fünfte Fleischladung«, sagte ich.

»O ja«, antwortete Cuwignaka verbittert.

»Moment!« rief ich.

Cuwignaka hob ebenfalls den Kopf. Wir befanden uns in einer langen, ziemlich flachen Senke, deren Hänge an der Stelle, wo wir den Glatthorn bearbeiteten, ziemlich steil aufragten, links etwa zwanzig Fuß, rechts sogar dreißig Fuß hoch.

Ich spürte ein Beben in der Erde unter unseren Füßen.

»Sie kommen«, sagte Cuwignaka. Hastig beugte er sich zu den Lederfesseln nieder, die zwischen den Vorderbeinen unserer Kaiila gespannt waren, um ihnen eine Flucht unmöglich zu machen, und nahm den Tieren das gewundene Leder ab. Wir hatten die Kaiila bereits von den beiden Transportgestellen befreit.

»Wie viele sind es?« fragte ich.

»Zweihundert, vielleicht dreihundert«, sagte Cuwignaka und stieg leichtfüßig auf den Rücken seiner Kaiila.

Deutlich konnten wir es hören. Es wehte durch die Senke herbei: das dumpfe Dröhnen, verstärkt durch den schmalen Lehm- und Felskorridor, in dem wir uns befanden.

»Steig auf!« rief Cuwignaka. »Beeil dich!«

Ich blickte auf das Fleisch. Beinahe im gleichen Augenblick erschien an der nächsten Biegung des Einschnittes ein Kailiaukbulle, dahinstürmend, mit der Schulter gegen die Schluchtwand prallend, beinahe ausgleitend auf dem weichen Boden, die roten Augen weit aufgerissen, etwa zweitausendfünfhundert Pfund schwer.

Ich sprang zur Seite, und das Ungeheuer galoppierte an mir vorbei. Ich hätte es beinahe berühren können. Meine Kaiila schrie auf und versuchte mit wirbelnden Hufen die Seite der Senke zu ersteigen, ehe ich sie herumziehen konnte, sich aufbäumend, abgleitend, stürzend und zur Seite rollend.

Ein zweiter bellender Kailiauk stürmte vorbei.

Ich ergriff die Zügel meiner Kaiila. Die Senke war voller Staub. Der Boden bebte unter unseren Füßen. Das Dröhnen wurde zu einem ohrenbetäubenden Donnern, das zwischen den Erdwällen widerhallte und überall zu sein schien. Cuwignakas Kaiila schrie und stieg auf die Hinterhand. Zum Glück behielt er das Tier im Griff. Als meine Kaiila wieder auf die Beine kam, stieg ich auf und drückte es zur Seite, fort von den herbeigaloppierenden Pte. So flohen Cuwignaka und ich nur wenige Meter vor der Tierhorde, die wie ein einziger zorniger Angreifer mit gesenkten Hörnern durch die Senke flutete.