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»Ich werde tun, was mir gefällt«, antwortete Bloketu.

»Ja, Bloketu«, sagte Iwoso.

»Du hast Angst vor ihm, nicht wahr?«

»Ja. Ich hätte schreckliche Angst, zu ihm in sein Zelt ziehen zu müssen.«

»Interessant.«

»Du bist frei, die Tochter eines Häuptlings«, sagte Iwoso. »Deshalb verstehst du meine Angst nicht. Ich bin eigentlich nur eine Sklavin.«

»Ich werde tun, was mir beliebt!«

»Bitte zwinge mich nicht, seinem Begehren nachzugeben!«

»Mach mich nicht wütend, Zofe!« fauchte Bloketu, »sonst schicke ich dich vielleicht für die Nacht zu ihm! Bedenke, daß du noch nicht wichtig bist.«

Iwoso antwortete nicht. Bloketus letzte Formulierung verstand ich nicht. Wieso war Iwoso noch nicht wichtig? Ich schloß daraus, daß etwas geschehen könnte, das Iwoso zu einer wichtigen Person machen würde. Sobald dieses Ereignis eingetreten war, brauchte sie sich vermutlich wegen Hci oder anderer Kaiila-Krieger keine Sorgen mehr zu machen.

»Warum sollte Iwoso einmal wichtig werden?« fragte Cuwignaka in diesem Augenblick und arbeitete weiter an der Tierhaut, die vor ihm gespannt war. Die Frage erschien mir angemessen. Auch wenn sie als Zofe einer Häuptlingstochter arbeitete, war Iwoso im Grunde nur eine Sklavin.

»Es ist nicht wichtig«, sagte Bloketu.

»Es hat mit den Gelbmessern zu tun, nicht wahr?« fragte Cuwignaka.

»Vielleicht«, antwortete Bloketu lächelnd. Sie mußte sehr eitel sein, eine Eigenschaft, die Cuwignaka erkannt zu haben schien.

»Wenn Iwoso Bedeutung erlangen soll«, fuhr Cuwignaka fort, »wirst du sicher in entsprechendem Maße noch bedeutender werden.«

»Mag sein.«

»Und wenn du eine wichtige Position bekleidest«, sagte Cuwignaka verwirrt, »dann würde dein Vater Watonka sicher in eine noch wichtigere Stellung aufsteigen?«

»Vielleicht.«

»Aber was kann man Bedeutsameres sein als Häuptling der Isanna?« fragte Cuwignaka ratlos.

»Darf ich etwas sagen, Herrin?« fragte Iwoso.

»Ja.«

»Wenn man es schafft, Frieden zwischen unseren Völkern zu stiften, den Kaiila und den Gelbmessern«, sagte sie, »dann würde man doch vom Prestige her eine sehr wichtige Stellung innehaben.«

»Stimmt«, sagte Cuwignaka.

»Eine solche Tat«, fuhr Iwoso fort, »wäre mit dem Erringen von hundert Coups vergleichbar, mit der Rolle eines Oberhäuptlings der Kaiila.«

»Das stimmt in der Tat«, sagte Cuwignaka und lehnte sich neben der angepflockten Tierhaut zurück.

Bloketu schien erleichtert zu sein. Vage machte ich mir klar, daß Iwoso eine sehr kluge junge Frau zu sein schien.

»Und ich habe die Hoffnung«, fuhr die Zofe fort, »in dieser Angelegenheit ein wenig helfen zu können, bei diesem Friedensschluß zwischen unseren Völkern.«

»Deine Motive sind edel, Mädchen«, sagte Cuwignaka. »Ich hoffe, du hast Erfolg.«

»Danke«, antwortete Iwoso.

Das ganze Gespräch erfüllte mich mit Unbehagen, aber ich vermochte nicht genau zu sagen, was mir daran seltsam vorkam.

Cuwignaka griff nach seinem Gerbmesser und konzentrierte sich wieder auf seine Arbeit.

»Wir wollen zu den Zelten der Isanna zurückkehren, Herrin«, sagte Iwoso drängend. Bisher hatte ich nicht oft gehört, daß sie Bloketu als Herrin anredete. Sie schien es eilig zu haben, uns zu verlassen.

»Waren wir nicht hergekommen, um dieses hübsche Mädchen zu besuchen?« fragte Bloketu. »Dabei wurden wir von Hci gestört.« Anscheinend hatte sie ihre Überlegenheit gegenüber Cuwignaka noch nicht genug ausgekostet. Ich wußte nicht, warum sie ihn so sehr haßte.

»Vertrödelt mit mir nicht eure Zeit«, sagte Cuwignaka, ohne von seiner Arbeit aufzuschauen.

»Du scheinst sehr fleißig zu sein – was machst du da, hübsches Mädchen?« fragte Bloketu.

»Ich gerbe Leder«, antwortete Cuwignaka. »Eine Arbeit, die eigentlich dir anstünde!«

»Freches Mädchen!« rief Bloketu.

»Ich lasse mich nicht gern verspotten.«

»Du bist sehr berühmt«, verkündete die Häuptlingstochter. »Alle Kaiila kennen dich. Ebenso die Staubfuß-Krieger, mit denen wir Handel treiben.«

Cuwignaka brummte gereizt vor sich hin. Natürlich hatte sich seine Geschichte im Ödland herumgesprochen. Zum Beispiel treiben die Staubfüße Handel mit mehreren fremden Stämmen, die wiederum mit anderen Ödland-Bewohnern in Berührung kommen. So sind die Staubfüße und die Flieher zwar ebenso verfeindet wie Kaiila und Flieher, doch handeln die Staubfüße mit den Sleen, die ihrerseits mit Gelbmessern und Fliehern Geschäfte machen. Auf diesen Wegen konnte sich Cuwignakas Geschichte auch bei feindlichen Stämmen herumgesprochen haben.

»Was man vermutlich aber nicht weiß«, fuhr Bloketu fort, »ist, wie hübsch und fleißig du bist.«

»Hübschheit allein genügt nicht, auch wenn du anscheinend recht gut zurechtkommst«, erwiderte Cuwignaka.

»Wir wollen gehen, Herrin«, sagte Iwoso.

»Halt den Mund!« fauchte Bloketu. »Cuwignaka, was meinst du damit!«

»Bei den Kaiila ist allgemein bekannt«, sagte Cuwignaka, lehnte sich zurück und schaute das Mädchen an, »daß du zu kaum etwas taugst.«

»Oh?« rief Bloketu. Offenbar war sie erschrocken, plötzlich dem herausfordernden, offenen Blick des knienden Mannes ausgesetzt zu sein.

»O ja.«

»Den meisten Männern scheint das aber nichts auszumachen«, nahm Bloketu ihren Hochmut zusammen.

»Das liegt daran, daß du die Tochter eines Häuptlings bist.«

»Nein, weil ich schön bin!«

»Wer hat dir das gesagt?«

»Viele Männer.«

»Da muß es dunkel gewesen sein.«

»Nein!«

»Man sagt dir so etwas, weil du Watonkas Tochter bist, weil die Männer sich eine Kaiila vom Häuptling erhoffen.«

»Nein!«

Cuwignaka zuckte die Achseln, und ich mußte lächeln. Sehr schnell hatte er das Ruder herumgerissen und das Mädchen in die Defensive getrieben. Schon bei einem so einfachen Wortwechsel war er ihr geistig überlegen.

»Alle sagen, daß ich schön bin!« rief Bloketu ärgerlich.

»Hab’ ich es dir jemals gesagt?«

»Indirekt schon. Draußen auf der Prärie hast du gesagt, es genüge nicht, nur schön zu sein.«

»Ach? Na, das mag schon sein. Bei den Kaiila, wo es viel zu tun gibt, genügt es bestimmt nicht, einfach nur schön zu sein.«

»Und damit gibst du zu, daß ich schön bin!« sagte sie triumphierend.

»Habe ich gesagt, ich spräche von dir?«

»Nein!«

»Vielleicht meinte ich dich also gar nicht.«

»Oh!« rief das Mädchen außer sich.

»Aber man sollte mal darüber nachdenken.«

»Findest du mich schön?«

»Vielleicht.«

»Vielleicht?«

Cuwignaka stand auf. Er trat vor Bloketu hin und schaute auf sie nieder; immerhin war er einen Kopf größer als sie. »Ja, Bloketu«, sagte er, »du bist schön.«

»Jetzt sagst du die Wahrheit!« rief sie.

»Ich werde dir noch andere Wahrheiten sagen. Du bist schön als freie Frau, doch als Sklavin, deinem Herrn ergeben, wärst du noch tausendmal schöner!«

»Ich bin die Tochter eines Häuptlings!«

»Nur gut, daß du dem Stamm der Kaiila angehörst«, sagte Cuwignaka. »Sonst könnte ich nämlich Lust bekommen, auf den Kriegspfad zu gehen und dich als nackte Beute zu entführen.«

»Oh!«

»Ich begehre dich, Bloketu«, sagte Cuwignaka. »Mich verlangt nach dir mit einer Sehnsucht, wie sie ein Mann gegenüber einer Frau nicht stärker empfinden kann.«

Das Mädchen machte kehrt und floh entsetzt. Sie hatte sich nicht träumen lassen, zum Ziel solcher Leidenschaften werden zu können.

Hastig folgte ihr die Zofe Iwoso.

Cuwignaka blickte hinter den beiden Mädchen her. »Hübsch sind sie, nicht wahr?« fragte er.

»Ja.«

»Ob sie wohl gute Sklavinnen abgäben?«

»Ich glaube schon.«

»Wen hältst du für die schönere, Iwoso oder Bloketu?«

»Bloketu«, antwortete ich.

»Ich auch.«

»Teile eures Gesprächs haben mich beunruhigt«, sagte ich. »Besonders die Bemerkung, daß Watonka noch mehr Bedeutung gewinnen könnte.«