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»Gut gemacht!« rief Cuwignaka, der in diesem Augenblick im Gras erschien. Er stellte sich mit seiner Lanze zwischen mich und das Raubtier. Mit energischer Bewegung biß der Schnabel den Lanzenschaft durch. Im gleichen Moment erschien auch Hci im hohen Gras; er schwang etliche Seile in den Händen. Cuwignaka und ich wichen zurück. Der Vogel begann mit den Flügeln zu schlagen und raste auf uns zu, fiel dann aber haltlos auf den Bauch ins Gras und ließ Federn in sämtliche Richtungen fliegen. Erst in diesem Augenblick erkannte der Tarn, daß er seine Bewegungsfreiheit eingebüßt hatte. Heftig fuhr er herum. Cuwignaka schlug ihm mit dem Lanzenschaft auf den Schnabel und lenkte ihn ab. Hci lief herbei und hieb mit zusammengerollten Seilen zu. Daraufhin erhob sich der Vogel mit mächtig peitschenden Flügeln in die Luft und riß den Fesselstamm aus der Fanggrube, ohne Rücksicht auf das Grasnarbendach.

»Kräftig ist er! Großartig!« rief Cuwignaka.

Er hatte nicht gewußt, wie stark ein solches Wesen war.

Mit heftigen, mühsamen Flügelschlägen, begleitet von lauten Schreien, auf- und niederwippend und schließlich Höhe gewinnend, kämpfte der Vogel gegen das Gewicht. Etwa hundert Fuß hoch erhob er sich in die Luft, aber der Stamm pendelte schwer unter ihm und zog ihn langsam wieder herab. Cuwignaka und Hci folgten ihm durch das Gras. Ich wischte mir den Schweiß von der Stirn. Ich war bester Laune.

Mit schnellen Schritten kehrte ich zu dem Loch zurück, dessen Dach halb zerstört war, holte zusätzliche Seile und das Mädchen und folgte Cuwignaka und Hci, um ihnen zu helfen.

»Ein ausgezeichneter Fang!« rief ich.

Der Schnabel des Vogels wurde von Seilen zusammengehalten. Das Tier lag auf der Seite. Die Füße waren ebenfalls gefesselt, und auf ähnliche Weise führten Lederschnüre um die Flügel und hielten sie am Körper fest. Schon hatten wir dem Tier einen Sitzgurt verpaßt von der Art, wie ihn die Kinyanpi verwenden, um ihre Knie darunterzuschieben.

Wir hatten den Vogel auf einem von zwei Kaiila gezogenen Lastenschlepper zu dieser Baumgruppe gebracht, in der sich unser Lager befand, etwa einen Pasang von der Fanggrube entfernt, die wir wieder instandgesetzt hatten.

Der Vogel spannte alle Muskeln gegen die Fesseln und lag wieder still.

»Ein ausgezeichneter Fang«, sagte ich.

»Wir müssen es morgen noch einmal versuchen«, meinte Cuwignaka.

»Mit dem Erdloch kommt man allerdings nur langsam voran, Tatankasa, Mitankola«, sagte Hci. »Selbst wenn wir Glück haben, fangen wir bis zum Winter nicht genügend Tarns, um gegen die Kinyanpi anzutreten.«

»Mit der Grube gedenke ich nur zwei oder drei zu fangen«, sagte ich.

»Das dürfte aber nicht genügen«, meinte Hci.

»Für sich gesehen nicht«, räumte ich ein und hob vielsagend die Augenbrauen.

»Ah!« sagte Hci. »Aber das wird sehr schwierig und gefährlich!«

»Ich sehe keinen anderen Weg«, äußerte ich. »Oder du?«

»Nein«, antwortete Hci.

»Machst du mit?«

»Selbstverständlich!«

Dann setzten wir uns vor unserem Zelt nieder, wo Mira auf einigen Blättern Speisen bereitgelegt hatte. Wir kauten die Dörrmasse kalt, da wir an diesem Ort kein Feuer anzünden wollten.

Am Himmel stiegen die drei Monde auf.

35

»Er ist erschöpft, aber immer noch gefährlich!« rief ich. Ich hielt ein Ende des Seils, das sich um den Hals des flatternden Vogels spannte, und Hci zog auf der anderen Seite. »Vorsichtig!« rief ich Cuwignaka zu.

Beruhigende Worte sprechend, näherte er sich dem Vogel.

Wir befanden uns in der Nähe des Tarnlochs. Dies war der zweite Tarn, den wir gefangen hatten. Der erste war uns gestern in die Falle gegangen.

Cuwignaka sprang jäh vor und verschränkte die Arme um den Schnabel des Vogels. Das Tier schüttelte den Kopf und schleuderte den Mann beinahe zur Seite. Mit einem Arm den Schnabel umfassend, wickelte er eine Fessel darum und sicherte sie. Kurze Zeit später hatten wir auch die Flügel festgebunden und fesselten schließlich gemeinsam die Beine.

Bebend lag das Tier auf der Seite. »Es ist bereit für das Transportgestell«, sagte ich.

Dann machte ich kehrt und stieg wieder in das Tarnloch. Das Grasdach war verschwunden, zerfetzt von dem Fesselstamm, den das Tier in die Luft gerissen hatte.

Ich schaute in das Loch. Das Mädchen lag auf dem Bauch, die Hände über den Kopf gelegt.

»Alles in Ordnung?« fragte ich.

»Habe ich dir letzte Nacht nicht gefallen?« fragte sie bedrückt.

»Ja«, antwortete ich verständnislos.

»Trotzdem hast du mich wieder als Köder benutzt.«

»Natürlich. Aber nun ist alles vorbei. Wir haben den Vogel.«

Sie begann hysterisch zu schluchzen.

»Warum regst du dich so auf?« fragte ich, sprang zu ihr in die Grube und nahm sie in die Arme. »Es ist alles vorbei.«

Sie schaute mich mit angstvoll geweiteten Augen an. »Wozu ihr uns zwingen könnt!« japste sie.

»Heute hast du dich nicht übel gehalten«, sagte ich.

Sie drückte sich weinend an mich. »Empfindest du denn nichts für mich?« fragte sie.

»Du bist Sklavin«, erinnerte ich sie.

»Natürlich, Herr! Wie dumm von mir, etwas anderes zu erhoffen.«

»Tatankasa!« rief Cuwignaka in diesem Augenblick. »Komm schnell!«

Ich sprang aus dem Erdloch.

»Dort!« rief Cuwignaka und deutete himmelwärts. »Ein Kinyanpi!«

Ich legte eine Hand über die Augen.

»Es ist kein wilder Tarn. Da ist irgend etwas auf seinem Rücken.«

»Ja«, sagte ich.

»Es muß ein vorgebeugt sitzender Mann sein.«

»Aber warum fliegt er so?«

»Vielleicht versucht er zu verheimlichen, daß der Tarn nicht wild ist«, meinte Cuwignaka.

»Vielleicht ist er verwundet«, sagte Hci und legte einen Pfeil auf seinen Bogen.

»Hat er dich bestimmt gesehen?« fragte ich.

»Unser gefesselter Tarn wurde gesichtet«, sagte Cuwignaka. »Davon bin ich überzeugt. Der Vogel wechselte die Flugrichtung. Inzwischen dürfte er uns auch gesehen haben.«

»Der Tarn kreist«, sagte Hci.

»Den gefangenen Tarn können wir nicht verstecken«, sagte Cuwignaka.

»Unser Plan ist mißlungen. Unsere Hoffnung dahin!« rief Hci.

»Ein Kinyanpi würde aber bestimmt sofort in sein Lager zurückkehren, sobald er unsere Anwesenheit im Tarn-Gebiet entdeckt hat«, sagte ich. »Sein Ziel wäre es, so schnell wie möglich Meldung zu machen und mit anderen zurückzukehren.«

»Warum kreist er noch?« wollte Cuwignaka wissen.

»Keine Ahnung«, antwortete ich.

»Was ist, Herr?« fragte Mira, die verschüchtert aus der Grube gekrochen war. Sie stand ein Stück links hinter mir.

»Wir wissen es nicht genau«, antwortete ich.

»Ich glaube, der Vogel will landen«, sagte Cuwignaka.

»Das ist unglaublich!« rief ich. »Gewiß wird sich kein Kinyanpi gegen drei bewaffnete Krieger stellen!«

»Er will landen«, sagte Cuwignaka.

»Du hast recht«, bestätigte ich.

»Warum zeigt sich der Krieger nicht?« fragte Hci.

»Ich sehe Beine«, sagte Mira.

»Ich beziehe Position, damit ich mich ein wenig hinter dem Vogel befinde, wenn er auf diesem Kurs bleibt«, sagte Hci und justierte seinen Bogen. »Wenn der Krieger dann absteigt, können wir ihn in die Zange nehmen.«

Ich nickte. Der Schild eines Kämpfers schützt nur in eine Richtung.

»Warum sollte er landen wollen?« rätselte Cuwignaka.

»Keine Ahnung«, sagte ich.

Der Vogel raste auf uns zu, hob mehrere Meter entfernt bremsend die Flügel und verharrte einen Augenblick lang in der Luft, ehe er die Krallen senkte und landete.

Vor dem Wind und den aufwirbelnden Staubpartikeln schlossen wir kurz die Augen.

Mira hob die Hand vor den Mund und schrie auf.