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»Sei gegrüßt, Iwoso«, sagte Cuwignaka. »Wie schön du geworden bist!«

Seine Worte galten einem Mädchen, das am Steigbügel einer Kaiila-Reiterin stand. Sie war mit den Isanna gekommen, neben der Kaiila ihrer Herrin gehend. Sie trug ein ziemlich einfaches Hemdkleid mit knielangen Hosen und Mokassins. In das geflochtene Haar war ein rotes Tuch eingebunden. Glasperlen umspannten ihren Hals. Sie war sehr hübsch. Dasselbe ließ sich von dem Mädchen im Kaiilasattel sagen, womöglich war sie noch lieblicher anzuschauen als das zu Fuß gehende Mädchen. Doch wurde ihre Schönheit durch die Pracht ihrer Aufmachung noch verstärkt: Ihr Kleid aus weichgegerbtem, beinahe weißem Leder wies zahlreiche Fransen und komplizierte Muster aus gelben und roten Perlen auf. Hosen und Mokassins waren entsprechend verziert. Das lange, schimmernde, geflochtene Haar war von einer Silberschnur durchwirkt. Zwei goldene Bänder umschlossen ihr linkes Handgelenk. Sie trug zwei Perlenhalsbänder und ein anderes Band, an dem in regelmäßigen Abständen kleine Röhrchen und Figuren aus Silber und Gold befestigt waren. Auf ihrer Stirn hing eine dünne Silberkette mit kleinen Silbertropfen.

»Du auch, Bloketu«, fügte Cuwignaka hinzu und schaute zu dem berittenen Mädchen auf.

»Sprich nicht mit meiner Zofe«, sagte das Mädchen im Sattel.

»Iwoso ist eine Angehörige des Gelb-Messer-Stammes«, erklärte Cuwignaka. »Sie wurde im Alter von zwölf Jahren gefangengenommen. Bloketu ist Watonkas Tochter.«

»Ich verstehe«, sagte ich. Obwohl Iwoso keinen Kragen trug, hatte ich bereits geschlossen, daß sie nicht zu den Isanna gehörte, sondern allenfalls bei ihnen lebte – dies verrieten mir die Schlichtheit ihres Kleides und die Tatsache, daß sie die Isanna zu Fuß begleitete und dem berittenen Mädchen zu dienen schien.

»Iwoso bekleidet bei den Isanna eine hohe Stellung«, sagte Cuwignaka. »Wie du siehst, trägt sie nicht einmal einen Kragen.«

»Ja«, sagte ich. Der Name Iwoso bedeutete übrigens ›Schmollende Lippen‹, was nun wirklich nicht auf ihre Lippen zutraf. Wahrscheinlich reflektierte dieser Name weniger auf ihr Äußeres als auf eine frühere Stimmung. ›Bloketu‹ der Name des berittenen Mädchens, Tochter des Isanna-Häuptlings Watonka, bedeutete übrigens ›Sommer‹.

»Was haben wir denn hier?« fragte Watonka in diesem Augenblick.

»Ich kenne sie nicht«, sagte Bloketu, ohne sich dazu herabzulassen, Cuwignaka anzuschauen.

»Du erinnerst dich bestimmt an mich«, sagte Cuwignaka. »Wir lernten uns bei den Sommertänzen vor langer Zeit kennen. Ich hieß Petuste und suchte dir Blumen. Wir ritten zusammen Kaiila.«

»Vielleicht erinnert sich meine Zofe an dich«, sagte das Mädchen. ›Petuste‹ das bedeutete ›Feuerscheit‹. Und darin lag eine gewisse Logik, war er doch der Bruder Cankas, ›Feuerstahls‹. Bis zu diesem Augenblick hatte ich Cuwignakas früheren Namen nicht gekannt.

»Erinnerst du dich an sie, Iwoso?« wandte sich die Berittene an das Mädchen neben sich.

»Nein«, antwortete Iwoso.

»Iwoso!« rief Cuwignaka entrüstet.

»Du siehst«, sagte Bloketu aus der Höhe ihres Sattels, »man erinnert sich nicht.«

»Wer ist sie denn?« wollte Watonka wissen.

»Eine Schande der Isbu«, antwortete Mahpiyasapa. Er war noch immer wütend auf Canka, der es richtig gefunden hatte, seine Siegerrechte auszuspielen und der hübschen Winyela seinen Kragen umzulegen.

»Offensichtlich ist sie nichts anderes als eine Isbu-Frau«, sagte ein Mann aus der Gefolgschaft Watonkas.

»Verschwinde!« sagte Canka zornig zu Cuwignaka. »Du beschämst uns.«

»Das ist ihr Bruder«, sagte Hci zu einem Isanna. »Er hat so eine Schwester und durfte doch für die Kampfgefährten als Blotanhunka reiten.«

»Ach?« fragte der Mann.

»Nimm dich in acht, Hci!« sagte Canka warnend.

»Wovor?« fragte dieser zurück. »Sage ich denn nicht die Wahrheit?«

Zornig ballte Canka die Fäuste.

»Was hältst du von einem Mann, der sich eine Frau nimmt, die ins Land gebracht wurde, um an seinen Häuptling verkauft zu werden?« wandte sich Mahpiyasapa an Watonka.

»Ein solcher Mann hätte Strafe verdient«, antwortete der Häuptling. »Anschließend müßte die Frau dem Häuptling überlassen werden.«

»Ich habe nur meine Rechte wahrgenommen«, sagte Canka.

»Gib den Befehl, und ich und die Sleensoldaten bestrafen ihn«, erbot sich Hci. »Laß uns sein Zelt und seine Waffen vernichten. Dann bringen wir dir die Frau nackt und gefesselt.«

»Ich werde darüber nachdenken«, sagte Mahpiyasapa.

»Ich habe meine Rechte nicht überschritten«, sagte Canka.

»Überlaß mir die Frau!« forderte Mahpiyasapa.

»Nein«, antwortete Canka. »Sie gehört mir.«

»Vielleicht nehme ich sie mir«, sagte Mahpiyasapa. »Ich werde darüber nachdenken.«

»Sie gehört mir.«

Mahpiyasapa zuckte die Achseln. »Wenn ich sie haben will, nehme ich sie mir.«

Zornig machte Canka kehrt und verließ die Gruppe.

»Hüte dich vor einem zornigen jungen Mann!« sagte Watonka zu Mahpiyasapa. Hci blickte hinter Canka her.

»Vielleicht kommst du uns mal besuchen, um mit uns zu nähen«, sagte Bloketu hochmütig zu Cuwignaka.

Cuwignaka antwortete nicht.

»Ist sie nicht hübsch, Iwoso?« fragte Bloketu.

»Ja«, sagte Iwoso.

»Ob sie wohl zu den Frauen gehört, die Kriegern zu Gefallen sein muß?« fragte Bloketu.

Cuwignaka musterte sie zornig. Deutlich war zu erkennen, daß er nichts dagegen gehabt hätte, der hochmütigen Bloketu beizubringen, was es bedeutete, Männern zu gefallen.

»Mag sein!« sagte Iwoso lachend.

Auch dies war sehr schmerzlich für Cuwignaka. Er, ein Kaiila-Angehöriger, mochte es nicht, von einem Mädchen verspottet zu werden, das letztlich doch nur Sklavin war.

»Man hat dir befohlen zu verschwinden«, sagte Hci zu Cuwignaka. »Muß eine Schwester ihrem Bruder nicht gehorchen?«

»Er ist mein älterer Bruder«, sagte Cuwignaka. »Deshalb gehe ich jetzt.« Er machte kehrt; ich folgte ihm. Hinter uns klang das Lachen der beiden Mädchen.

»Es ist falsch«, sagte ich, »sich in die Begegnung zwischen Isanna und Isbu zu drängen.«

»Ganz und gar nicht«, widersprach Cuwignaka. »Wie oft findet denn ein solches Treffen statt? Wer möchte das schon verpassen? Außerdem wollte ich die weißen Sklavinnen und Bloketu und Iwoso sehen.«

»Du magst solche Frauen?« fragte ich.

»Ja«, erwiderte Cuwignaka. »Ich würde sie gern in meinem Besitz haben. Ich möchte sie in meinem Zelt nackt vor mir sehen und sie Gehorsam lehren.«

»Und Bloketu und Iwoso?«

»Wenn sie Sklavinnen wären, würde ich ihnen das gleiche Schicksal zugedenken.«

»Iwoso ist doch bereits Sklavin.«

»Ja«, antwortete Cuwignaka, »gewissermaßen schon. In Wahrheit ist sie aber beinahe frei. Sie ist die Zofe eines Mädchens.«

»Das stimmt«, sagte ich. »Iwoso trug nicht einmal einen Halskragen.«

»Wohin gehst du?« fragte ich und mußte mich beeilen, mit Cuwignaka Schritt zu halten.

»Um zuzusehen, wie der Stamm gefällt wird.«

»Wo findet das statt?« Ich wußte nicht, was hier vorging.

»Dieses Jahr ist er nur drei Pasangs vom Lager entfernt.«

»Ich verstehe das nicht«, sagte ich.

»Dieses Jahr«, sagte Cuwignaka, »werde ich nach der Jagd am großen Tanzfest teilnehmen. Ich werde allen zeigen, daß ich ein Mann bin.«

»Bei diesem Tanz wird der Stamm benutzt?«

»Natürlich!«

»Sollten wir nicht unsere Kaiila holen?« fragte ich.

»Es ist besser, wenn Leute wie wir zu Fuß gehen«, sagte Cuwignaka.

»Aber andere werden beritten kommen.«