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»Ja, Herr«, antwortete sie leise.

Es befanden sich viele andere im Lager, von deren Schicksal ich nun im nachhinein erfuhr. Zum Beispiel Max und Kyle Hobart und die beiden ehemaligen Erdenmädchen Ginger und Evelyn, die zusammen mit den Männern beim Stamm der Sleen versklavt gewesen waren. Grunt hatte den beiden Hobarts die Freiheit erkauft und die Mädchen gleich mit übernommen, die den Hobarts als wahre Sklavinnen zugetan waren. Einen befreundeten Jäger sah ich ins Lager zurückkehren, Cotanka von den Wismahi; quer vor ihm auf seiner Kaiila lag ein erlegter Tabuk, und ich mußte daran denken, daß die Gelbmesser noch viel Fleisch zusammentragen mußten, um über den Winter zu kommen. Zur Begrüßung lief dem jungen Jäger ein blondes Sklavenmädchen entgegen; sie war während des Kampfes um das Sommerlager als Lockmädchen losgeschickt worden.

»Wasnapohdi!« rief ich einer vorbeigehenden Sklavin zu, die ein zusammengerolltes Kailiaukfell auf der Schulter trug.

Entzückt lief sie zu mir und kniete nieder.

»Bist du froh über deinen neuen Herrn?« fragte ich.

»Oh!« rief sie atemlos. »Er ist wirklich mein Herr! Tief in meinem Herzen wußte ich seit Jahren, daß ich nur ihm gehörte! Jetzt endlich bin ich voll und ganz seine Sklavin! Ich bin so glücklich!«

Ihr neuer Herr war ein junger Mann aus der Napoktanbande, Waiyeyeca, ›Mann-der-viel-findet‹, der sie vor langer Zeit, als beide noch Kinder waren, schon einmal besessen hatte. Inzwischen war er ein vielversprechender junger Krieger und sie eine ausgereifte, liebesbedürftige Sklavin. Wer Wasnapohdi im Arm halten durfte, überlegte ich, war in der Tat ein Mann, der viel gefunden hatte.

»Ich hatte große Angst, daß er mich nicht kaufen würde«, fuhr sie fort. »Mein ehemaliger Herr Grunt hatte den Preis wirklich hoch angesetzt.«

»Was hast du ihm denn gebracht?« fragte ich, obwohl ich die Antwort wußte.

»Vier Häute des gelben Kailiauk«, antwortete sie.

Ich tat erstaunt und pfiff durch die Zähne.

»Mein Herr war nicht gerade froh, soviel bezahlen zu müssen, aber nun ist alles in Ordnung.«

»Ich verstehe«, sagte ich. Zweifellos hatte Grunt den Preis so hoch angesetzt, um den jungen Mann vor der Versuchung zu bewahren, seinen Besitz leichtfertig weiterzuveräußern. Dies war aber eine Vorsicht, die ich für überflüssig hielt. Ich nahm nicht an, daß Waiyeyeca seine Kindheitssklavin jemals fortschicken würde.

Ganz in der Nähe stieß ein Mädchen einen Schmerzensschrei aus. Es war die weißhäutige rothaarige Sklavin, die von Mahpiyasapas Frau mit einer Peitsche beim Wassertragen beaufsichtigt wurde. Die schwerbrüstige Rothaarige, die von ihrem Herrn Mahpiyasapa den Namen Natusa erhalten hatte, schaute mich an. Mein Gesicht blieb ausdruckslos. Es war kein Zufall, daß dieses rothaarige Mädchen zu Mahpiyasapa gekommen war. Als Beuteanteil hatte Canka fünf gelbe Kailiaukhäute aus dem Besitz der Gelbmesser erhalten. Diese hatte er Mahpiyasapa überlassen, in einerseits als Geschenk, doch gewissermaßen auch als Ausgleichszahlung für sein Beharren, Winyela zu behalten, die Grunt ursprünglich für Mahpiyasapa in das Ödland gebracht hatte. Indem er die fünf Häute annahm, hatte Mahpiyasapa Canka die Ausübung seines Kriegerrechts verziehen, die Winyelas hübschen Hals in Cankas Kragen gebracht hatte.

Rein zufällig hatte ich unter Gelbmessersklaven das Mädchen entdeckt, das nun den Namen Natusa trug. Ich hatte dafür gesorgt, daß sie meinem Beuteanteil zugeschlagen wurde, und sie dann Grunt geschenkt. Grunt verkaufte sie erfreut an Mahpiyasapa weiter und erhielt dafür die fünf gelben Kailiauk-Häute, die Mahpiyasapa ursprünglich von Canka in Empfang genommen hatte. Auf diesem Wege hatte Canka sozusagen mit seinem Häuptling reinen Tisch gemacht und dabei gleichzeitig einen einwandfreien Besitztitel an Winyela erworben. Grunt bekam seine fünf Häute, und Mahpiyasapa besaß eine Sklavin mit der im Ödland seltenen roten Haarfarbe, wie er sie letztes Jahr bei Grunt bestellt hatte. Mahpiyasapa war sichtlich zufrieden mit diesem Arrangement. Es war im Lager kein Geheimnis gewesen, daß er Winyelas Brüste als zu klein empfunden hatte.

Vor meinem Zelt erwartete mich Mira. Sie kniete vor mir nieder. »Aus dem Zelt des schwarzen Gasts ist eine Nachricht eingetroffen«, sagte sie. »Akihoka hat ausgerichtet, der schwarze Gast habe auf das Übersetzungsgerät gedeutet.«

»Ich verstehe«, antwortete ich. Das Übersetzungsgerät vermittelte zwischen der kurischen und der goreanischen Sprache.

»Ich glaube, der schwarze Gast möchte dich sprechen«, sagte Mira.

»Ja«, antwortete ich.

»Aber warum, Herr?« fragte sie. »Was hast du mit dem schwarzen Gast zu schaffen? Und warum befand sich ein Übersetzungsgerät in deinem Gepäck?«

Ich lächelte.

»Wem gehöre ich?« fragte sie.

»Neugier steht einer Sklavin nicht zu«, sagte ich.

»Verzeih mir, Herr!«

»Ich gehe zum Zelt des schwarzen Gasts«, sagte ich. »Wir werden uns unterhalten.«

45

Cuwignakas Messer fuhr über seinen Unterarm, dann über den meinen und schließlich über Hcis Haut.

»Du kannst zwar kein Mitglied der Sleensoldaten oder der Kampfgefährten sein«, hatte Hci gesagt, »denn du bist kein Kaiila und kennst unsere Tänze und Geheimnisse nicht, auch nicht den Inhalt unserer Medizinbeutel.«

»Aber etwas anderes können wir tun«, hatte Cuwignaka hinzugefügt.

»Laßt es uns tun«, hatte Hci gesagt.

Cuwignaka hielt seinen Arm an den meinen, und ich drückte den meinen gegen Hcis Arm, und Hci berührte seinerseits Cuwignakas Unterarm. Auf diese Weise schloß sich der Kreis des Blutes.

»Es ist geschehen«, sagte Cuwignaka.

»Brüder«, sagte ich.

»Brüder«, sagte Hci.

»Brüder«, sagte Cuwignaka.

46

Ich fesselte Mira die Hände und hievte sie auf den Rücken einer Kaiila.

»Meinst du, man wird mich in Port Kar töten?« fragte sie angstvoll.

»Ich nehme es nicht an«, erwiderte ich, »aber an deiner Stelle würde ich mich offen und detailliert äußern.«

Sie erschauderte. »Das werde ich tun.«

Gestern nacht hatte ich dem Mädchen die wahre Identität ihres Herrn offenbart. Entsetzt hatte sie sich vor mir gewunden, waren doch ihre schlimmsten Vermutungen wahr geworden. Sie, eine ehemalige Agentin der Kurii, war in die Hände eines Mannes gefallen, der den Priesterkönigen gedient hatte, der mit Samos aus Port Kar befreundet war, der vielen als Tarl Cabot, vielen aber auch als Bosk aus Port Kar bekannt war.

»Wenn du rückhaltlos mitmachst«, hatte ich dem entsetzten Mädchen gesagt, »darfst du vielleicht weiterleben – als Sklavin.«

Ich befestigte Vorräte an der Kaiila, auf dem das Mädchen saß. In den Bündeln, die ich links und rechts verknotete, befand sich auch das Übersetzungsgerät.

Wir standen auf einer Anhöhe unweit des Siegeslagers. Es war fast Morgen. Einige Gestalten waren uns aus dem Lager gefolgt. Der Abschied dauerte nicht lange.

Ich bestieg meine eigene Kaiila und ritt in westlicher Richtung los.

Den Tarn, den ich im Tarnland gefangen und gezähmt hatte, ließ ich zurück. Die Kaiila konnten ihn sicher besser gebrauchen als ich. So wie das Aufkommen der Kaiila bei den Stämmen zu einer sozialen und kulturellen Revolution geführt hatte, würde nun wohl auch der Tarn Veränderungen auslösen. Einerseits bereitete mir der Gedanke Kummer, die geschickten Kaiilakämpfer auf dem Tarnrücken zu erleben. Andererseits schien mir die Beherrschung des Tarn in gewisser Weise die Gewähr zu bieten, daß die Lage im Ödland weiter stabil blieb. Sollten nämlich die Stämme, die nicht über Tarns verfügten, den tarnreitenden Wilden weichen müssen, so mochte diese Verdrängung langfristig die Stabilität der Ihanke gefährden.

Ich zügelte meine Kaiila und schaute zurück. Viele meiner Freunde standen auf der Anhöhe am Lager und schauten mir nach.

Zarendargar war nicht darunter.

Vor zwei Tagen hatte er mich in sein Zelt gerufen. Dort fand ich in Zarendargars Gesellschaft den achten Kur vor, der keine Fesseln trug.