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Crysania erwiderte sein Lächeln, aber es war kein Lächeln des Verstehens. Es war ein Lächeln des Duldens, als sei dieses Gespräch über Politik und Familie unter ihrer Würde.

Sie hatten die Tür zum Wirtshaus erreicht. »Außerdem«, fügte Tanis leise hinzu, »vermisse ich Laurana. Es ist komisch, nicht wahr? Wenn sie in der Nähe ist und wir mit unseren Aufgaben beschäftigt sind, verbringen wir manche Tage einfach damit, uns schnell anzulächeln oder uns kurz zu berühren, und dann verschwinden wir wieder in unseren Welten. Aber wenn ich weit weg von ihr bin, ist es so, als ob ich plötzlich erwachte und feststellte, daß mein rechter Arm abgeschnitten ist. Wenn ich schlafen gehe, denke ich zwar nicht an meinen rechten Arm, aber wenn er weg wäre...«

Tanis verstummte plötzlich, kam sich närrisch vor. Aber Crysania hatte ihm offenbar überhaupt keine Beachtung geschenkt. Ihr glattes Marmorgesicht war, wenn das möglich war, noch kälter geworden, so daß das Silberlicht des Mondes im Gegensatz dazu warm schien. Tanis stieß kopfschüttelnd die Tür auf. Ich beneide Caramon und Flußwind wirklich nicht, dachte er grimmig.

Die warmen, vertrauten Klänge und Gerüche des Wirtshauses überspülten Tanis, und lange Zeit verschwamm alles. Da war Otik, älter und dicker, auf einen Stock gestützt. Da waren Leute, die er seit Jahren nicht mehr gesehen hatte, die zuvor nie viel mit ihm zu tun gehabt hatten, aber jetzt schüttelten sie eifrig seine Hand. Da war die alte Theke, immer noch glänzend poliert, und irgendwie schaffte er es, auf einen Gossenzwerg zu treten...

Und dann war da ein riesenhafter Mann, in Felle gehüllt, und Tanis wurde in die herzliche Umarmung seines Freundes gezogen. »Flußwind«, flüsterte er heiser und hielt dabei den Mann aus den Ebenen fest.

»Mein Bruder«, sagte Flußwind in Que-Shu, der Sprache seines Volkes. Die Menge im Wirtshaus jubelte wild, aber Tanis hörte nichts, weil eine Frau mit feuerroten Haaren und Sommersprossen ihre Hand auf seinen Arm legte. Tanis, immer noch Flußwind umklammernd, schloß Tika in ihre Umarmung ein, und lange Zeit standen die drei Freunde zusammen, verbunden durch Leid und Schmerz und Ruhm.

Flußwind brachte sie wieder zur Vernunft. Dieses öffentliche Zurschaustellen von Gefühlen nicht gewohnt, gewann der hochgewachsene Barbar seine Fassung wieder und trat zurück, blinzelte schnell und sah stirnrunzelnd zur Decke, bis er seine Beherrschung wiedererlangt hatte. Tanis, dessen rötlicher Bart tränenfeucht war, drückte Tika noch einmal schnell an sich, dann sah er sich um.

»Wo ist der große Ochse von deinem Ehemann?« fragte er fröhlich. »Wo ist Caramon?«

Es war eine einfache Frage, und Tanis war auf die Antwort gänzlich unvorbereitet. Die Menge verfiel in Schweigen; es schien, als ob jemand sie in ein Faß eingeschlossen hätte. Tika murmelte etwas Unverständliches, beugte sich nach unten, zog einen Gossenzwerg vom Boden hoch und schüttelte ihn so lange, bis seine Zähne im Mund zu klappern anfingen.

Verwirrt sah Tanis Flußwind an, aber der Mann aus den Ebenen zuckte nur mit den Schultern und zog seine dunklen Augenbrauen hoch.

Der Halbelf wollte Tika nach dem Grund fragen, aber da spürte er eine kalte Berührung am Arm. Crysania! Er hatte sie völlig vergessen! Er errötete und stellte sie nachträglich vor. »Darf ich Crysania von Tarinius, Verehrte Tochter Paladins, vorstellen?« sagte er förmlich. »Crysania, dies sind Flußwind, Stammeshäuptling der Barbaren, und Tika Waylan Majere.«

Crysania öffnete ihren Reiseumhang und zog ihre Kapuze zurück. Dabei blitzte das Platinmedaillon, das sie um den Hals trug, im hellen Kerzenlicht des Wirtshauses auf. Die weißen Lammwollroben der Frau waren durch die Falten ihres Umhangs zu sehen.

Ein ehrfürchtiges Gemurmel ging durch die Menge. »Eine heilige Klerikerin!« – »Hast du ihren Namen verstanden? Crysania! Im Rang steht sie gleich...« – »Elistans Nachfolgerin...«

Crysania neigte den Kopf. Flußwind verbeugte sich, sein Gesicht war feierlich, und Tika schob Raf eilig hinter die Theke, dann machte sie einen tiefen Knicks.

Als Crysania Tikas Ehenamen hörte, sah sie fragend zu Tanis, der als Antwort nickte.

»Ich fühle mich geehrt«, sagte Crysania mit ihrer klangvollen, kühlen Stimme, »zwei kennenzulernen, deren mutige Taten als Beispiel für uns alle leuchten.«

Tika errötete. Flußwinds strenges Gesicht änderte seinen Ausdruck nicht, aber Tanis sah, wieviel das Lob der Klerikerin dem tiefreligiösen Barbaren bedeutete. Was die Menge betraf, so jubelte sie stürmisch über die ihnen zugewiesene Ehre. Otik führte seine Gäste zu einem für sie bereitstehenden Tisch und strahlte die Helden an, als hätte er den ganzen Krieg zu ihren Gunsten arrangiert.

Als Tanis Platz genommen hatte, fühlte er sich zuerst unbehaglich. Aber er konnte sich mit Flußwind ohne Angst, belauscht zu werden, unterhalten. Zuerst mußte er jedoch herausfinden, wo Caramon war.

Wieder wollte er fragen, aber Tika, die sich wie eine Mutterhenne um Crysania kümmerte, sah, wie er den Mund öffnete, drehte sich um und verschwand in die Küche.

Tanis schüttelte verwirrt den Kopf, aber bevor er nachdenken konnte, hatte Flußwind ihm Fragen gestellt. Bald waren sie in ein Gespräch vertieft.

»Alle glauben, der Krieg sei vorbei«, sagte Tanis seufzend. »Und das bringt uns in eine schlimmere Gefahr als zuvor. Bündnisse zwischen Elfen und Menschen, die in finsteren Zeiten stark waren, beginnen in der Sonne zu schmelzen. Laurana ist jetzt in Qualinesti, um dem Begräbnis ihres Vaters beizuwohnen, und versucht außerdem, ein Einverständnis zwischen ihrem halsstarrigen Bruder Porthios und den Rittern von Solamnia herbeizuführen. Der einzige Hoffnungsschimmer, den wir haben, ist Porthios’ Frau, Alhana Sternenwind.« Tanis lächelte. »Ich hätte es niemals für möglich gehalten, daß diese Elfin nicht nur duldsam gegenüber anderen Menschen ist, sondern sie auch noch gegenüber ihrem unduldsamen Gatten wärmstens unterstützt.«

»Eine seltsame Ehe«, bemerkte Flußwind, und Tanis nickte zustimmend. Die Gedanken beider Männer waren bei ihrem Freund, dem Ritter Sturm Feuerklinge, der nun tot war – ein Held des Turms des Oberklerikers. Beide wußten, daß Alhanas Herz dort in der Dunkelheit mit Sturm begraben war.

»Gewiß keine Liebesheirat.« Tanis zuckte die Schultern. »Aber es kann wohl eine Ehe sein, die hilft, die Ordnung in der Welt wiederherzustellen. Nun, was ist mit dir, mein Freund? Dein Gesicht ist düster und mitgenommen von neuen Sorgen, so wie es auch vor neuer Freude erstrahlt. Goldmond hat Laurana über die Zwillinge benachrichtigt.«

Flußwind lächelte kurz. »Du hast recht. Mir tut jede Minute weh, die ich fort bin«, sagte der Mann aus den Ebenen mit seiner tiefen Stimme, »obwohl dich wiederzusehen die Bürde meines Herzens erleichtert. Aber ich ließ zwei Stämme am Rande des Krieges zurück. Bis jetzt habe ich es geschafft, sie am Verhandeln zu halten, und es gab noch kein Blutvergießen.

Aber die Unzufriedenen arbeiten hinter meinem Rücken gegen mich. Jede Minute, die ich nicht da bin, gibt ihnen die Gelegenheit, alte Fehden wieder zu entfachen.«

Tanis drückte seinen Arm. »Es tut mir leid, mein Freund, aber ich bin dankbar, daß du gekommen ist.« Dann seufzte er wieder und warf Crysania einen Blick zu, da ihm klar wurde, daß er nun vor neuen Problemen stand. »Ich hatte gehofft, du wärst in der Lage, dieser Dame deine Führung und deinen Schutz anzubieten.« Seine Stimme sank zu einem Murmeln herab. »Sie ist auf der Reise zu dem Turm der Erzmagier im Wald von Wayreth.«

Flußwinds Augen weiteten sich vor Beunruhigung und Mißbilligung. Der Barbar mißtraute Magiern und allem, was mit ihnen zusammenhing.

Tanis nickte. »Ich sehe, du erinnerst dich an Caramons Geschichten über jene Zeit, als er und Raistlin dorthin reisten. Und sie waren eingeladen. Diese Dame geht ohne Einladung, um den Rat der Magier über...«