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Der Wald bewegte sich! Die Bäume traten dichter heran!

Tolpan versuchte, einen Warnschrei auszustoßen, aber ein dünner Ast ergriff seinen Arm...

»Hilfe«, schrie Tolpan, zappelte sich frei und stach mit seinem Messer auf den Zweig ein.

Es folgte ein Fluchen und dann ein Schmerzensschrei. Der Zweig ließ seinen Griff los, und Tolpan atmete schwer. Was immer ihnen gegenüberstand, es lebte, es atmete...

»Angriff!« kreischte der Kender und taumelte nach vorn. »Caramon! Hilfe! Caramon...«

Zwei Jahre zuvor wäre der große Krieger sofort auf den Beinen gewesen, seine Hand um den Schwertknauf geschlossen, hellwach und für die Schlacht bereit. Aber Tolpan, der sich kriechend zum Feuer zurückbewegte, sah Caramons Kopf in trunkener Zufriedenheit auf einer Seite liegen.

»Crysania!« kreischte Tolpan, der nun weitere dunkle Umrisse aus dem Wald kriechen sah. »Wach auf! Bitte, wach auf!«

Er konnte jetzt die Wärme des Feuers spüren. Weiterhin die bedrohlichen Schatten im Auge behaltend, griff Tolpan nach unten und packte ein glühendes Holzscheit. Er hob es hoch und schleuderte es nach vorne.

Eine der Kreaturen setzte zum Sprung auf ihn an. Tolpan schlug mit seinem Messer zu, trieb sie zurück. Aber als sie ins Licht seines Holzscheites trat, konnte er sie erkennen.

»Caramon!« kreischte er. »Drakonier!«

Crysania war nun aufgewacht; Tolpan sah sie sich aufsetzen und sich in verschlafener Verwirrung umsehen.

»Das Feuer!« schrie Tolpan ihr verzweifelt zu. »Geh dicht zum Feuer!« Über Bupu stolpernd, stieß der Kender Caramon an. »Drakonier!« kreischte er wieder.

Ein Auge von Caramon öffnete sich, dann das andere, und beide blickten verschwommen um sich.

»Caramon! Den Göttern sei Dank!« keuchte Tolpan erleichtert.

Caramon setzte sich auf. Er spähte im Lager umher, völlig verwirrt, war aber immer noch Krieger genug, um sich nebelhaft der Gefahr bewußt zu sein. Er erhob sich unsicher, ergriff den Knauf seines Schwertes und rülpste. »Was ist?« murmelte er und versuchte etwas zu erkennen.

»Drakonier!« schrie Tolpan, hüpfte umher und fuchtelte mit dem flammenden Scheit und dem Messer mit solcher Heftigkeit herum, daß er es tatsächlich schaffte, seine Feinde in Schach zu halten.

»Drakonier?« murmelte Caramon und starrte ungläubig um sich. Dann erhaschte er ein Reptiliengesicht im Licht des sterbenden Feuers. Seine Augen öffneten sich weit. »Drakonier!« knurrte er wütend. »Tanis! Sturm! Kommt zu mir! Raistlin, deine Magie! Die knöpfen wir uns vor.« Er riß sein Schwert aus der Scheide, stürzte sich mit einem Kriegsschrei nach vorn – und fiel flach auf sein Gesicht.

Bupu hing an seinem Fuß.

»O nein!« stöhnte Tolpan.

Caramon lag auf dem Boden, blinzelte und schüttelte staunend den Kopf, versuchte zu verstehen, was ihn umgeworfen hatte. Bupu, die so grob geweckt wurde, begann vor Angst und Schmerz zu heulen, dann biß sie Caramon in den Knöchel.

Tolpan machte sich daran, dem gefallenen Krieger zu helfen – zumindest Bupu von ihm wegzuziehen —, als er einen Schrei hörte. Crysania! Verdammt! Er hatte sie vergessen! Er wirbelte herum und sah die Klerikerin im Kampf gegen einen der Drachenmänner.

Tolpan stürzte vor und stach wild auf den Drakonier ein. Kreischend ließ er von Crysania ab und fiel zurück, sein Körper verwandelte sich vor Tolpans Füßen in Stein.

Tolpan zerrte Crysania zu Caramon zurück, der versuchte, die Gossenzwergin von seinem Bein abzuschütteln.

Die Drakonier kamen näher. Tolpan sah sich um und erkannte, daß sie von den Kreaturen umzingelt waren. Aber warum griffen sie nicht an? Worauf warteten sie?

»Ist mit dir alles in Ordnung?« fragte er Crysania.

»Ja«, antwortete sie. Trotz ihrer Blässe wirkte sie ruhig. Tolpan sah, wie sich ihre Lippen bewegten – wahrscheinlich in einem stummen Gebet. »Hier«, sagte er und gab ihr das brennende Scheit in die Hand. »Ich vermute, du wirst gleichzeitig kämpfen und beten müssen.«

»Elistan hat es getan. Ich kann es ebenfalls«, erwiderte Crysania; ihre Stimme bebte nur ganz leicht.

Befehle wurden aus dem Schatten geschrien. Die Stimme war nicht die eines Drakoniers. Tolpan konnte sie nicht einordnen. Er wußte nur, daß allein ihr Klang ihn erschauern ließ. Aber ihm blieb keine Zeit, darüber nachzudenken. Die Drakonier mit ihren heraushängenden Zungen setzten zum Sprung an.

Crysania schlug ihnen mit dem Holzscheit unbeholfen entgegen, aber es reichte aus, um die Drakonier zögern zu lassen.

Tolpan versuchte immer noch, Bupu von Caramon wegzureißen. Aber es war ein Drakonier, der ihnen unabsichtlich zu Hilfe eilte. Tolpan zurückschiebend, legte der Drachenmann eine Klauenhand auf Bupu.

Gossenzwerge sind auf ganz Krynn wegen ihrer Feigheit und völligen Unzuverlässigkeit im Kampf bekannt. Aber wenn sie in eine Ecke gedrängt werden, können sie kämpfen wie tollwütige Ratten.

Bupu hörte auf, an Caramons Knöchel zu nagen, und grub ihre Zähne in die Schuppenhaut des Beines des Drakoniers.

Der Drakonier gab einen entsetzlichen Schrei von sich. Er hob sein Schwert, und Bupus Ende schien gekommen zu sein, als Caramon den Arm der Kreatur durchschnitt. Bupu setzte sich zurück, leckte sich die Lippen und sah sich gierig nach einem neuen Opfer um.

»Hurra, Caramon!« jubelte Tolpan wild, sein kleines Messer stieß hier und dort so schnell wie eine Schlange zu. Crysania schlug mit ihrem Holzscheit auf einen Drakonier ein und schrie dabei Paladins Namen. Die Kreatur stürzte zu Boden.

Nun standen nur noch zwei oder drei Drakonier herum, die Tolpan erkennen konnte, und der Kender begann, sich in Hochstimmung zu fühlen. Die Kreaturen direkt außerhalb des Feuerscheins beäugten Caramon, wie er auf die Füße taumelte. Er gab wie in alten Zeiten eine bedrohliche Figur ab. Seine Schwertklinge glänzte in den roten Flammen.

»Mach sie fertig, Caramon!« kreischte Tolpan mit schriller Stimme. »Schlag ihre Köpfe zusammen...« Die Stimme des Kenders erstarb, als sich Caramon langsam zu ihm umwandte; ein seltsamer Blick lag in seinem Gesicht.

»Ich bin nicht Caramon«, sagte er leise. »Ich bin sein Zwillingsbruder Raistlin. Caramon ist tot. Ich habe ihn umgebracht.« Er sah das Schwert in seiner Hand an, dann ließ er es fallen, als ob es ihn gestochen hätte. »Was tue ich hier mit dem kalten Stahl in meinen Händen?« fragte er barsch. »Wie kann ich mit Schwert und Schild zaubern?«

Tolpan würgte, warf den Drakoniern einen beunruhigten Blick zu. Er konnte sehen, wie sie listige Blicke austauschten. »Du bist nicht Raistlin! Du bist Caramon!« schrie er verzweifelt, aber es hatte keinen Sinn. Das Gehirn des Mannes war immer noch in Zwergenspiritus getaucht. Caramon, dessen Geist völlig zerrüttet war, schloß die Augen, hob die Hände und stimmte einen Singsang an.

Das grinsende Gesicht eines Drakoniers tauchte vor Tolpan auf. Stahl blitzte auf, und der Kopf des Kenders schien vor Schmerz zu explodieren...

Tolpan lag auf dem Boden. Warme Flüssigkeit lief über sein Gesicht, ließ ihn auf einem Auge nichts mehr sehen, tröpfelte in seinen Mund. Er schmeckte Blut. Er war müde... sehr müde...

Aber der Schmerz war furchtbar. Er würde ihn nicht schlafen lassen. Er hatte Angst, seinen Kopf zu bewegen, und so lag er ganz still da und beobachtete die Welt mit einem Auge.

Er hörte die Gossenzwergin wie ein gequältes Tier schreien, und dann hörten die Schreie plötzlich auf. Er hörte einen tiefen Schmerzensschrei, ein ersticktes Aufstöhnen, und ein riesiger Körper stürzte neben ihm zu Boden. Es war Caramon, Blut strömte aus seinem Mund, seine Augen waren weit aufgerissen und starr.

Tolpan konnte keine Traurigkeit empfinden. Er konnte überhaupt nichts empfinden, nur diesen fürchterlichen Schmerz in seinem Kopf. Ein großer Drakonier stand über ihm mit dem Schwert in der Hand. Er wußte, daß die Kreatur ihn töten wollte. Tolpan kümmerte es nicht. Mach mit dem Schmerz ein Ende, bat er. Mach es schnell.