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»Die Unterschiede sind da, Ladonna«, entgegnete Par-Salian und lächelte müde. »Es sind die scharfen, klaren Umrisse, die zu verschwimmen beginnen. Bedeutet das, daß die Schwarzen Roben meine Entscheidung akzeptieren?«

»Es scheint, wir haben keine Wahl«, sagte Ladonna. »Wenn du versagst...«

»Dann genieße meinen Niedergang«, sagte Par-Salian sarkastisch.

»Das werde ich«, antwortete die Frau, »um so mehr, als es wahrscheinlich das Letzte sein wird, was ich in diesem Leben genieße. Leb wohl, Par-Salian.«

»Leb wohl, Ladonna«, erwiderte er.

»Eine kluge Frau«, bemerkte Justarius, als sich die Tür hinter ihr schloß.

»Eine Rivalin, die deiner wert ist, mein Freund.« Par-Salian kehrte zu seinem Platz hinter dem Schreibtisch zurück. »Ich werde es mit Genuß beobachten, wie ihr beide um meine Stellung kämpft.«

»Ich hoffe aufrichtig, daß du die Gelegenheit dazu hast«, sagte Justarius. Seine Hand war an der Tür. »Wann willst du den Zauber ausführen?«

»Früh am Morgen«, antwortete Par-Salian mit schwerer Stimme. »Er nimmt tagelange Vorbereitungen in Anspruch. Ich habe bereits lange Stunden daran gearbeitet.«

»Wie sieht es mit Unterstützung aus?«

»Niemand, nicht einmal ein Lehrling. Ich werde zum Schluß erschöpft sein. Kümmere dich bitte um die Auflösung der Versammlung.«

»Gewiß. Und der Kender und die Gossenzwergin?«

»Bring die Gossenzwergin in ihre Heimat zurück. Was den Kender betrifft«, Par-Salian lächelte, »so kannst du ihn hinschicken, wohin er möchte – abgesehen von den Monden natürlich. Was Schätze angeht, bin ich mir sicher, daß er sich eine ausreichende Menge aneignet, bevor er aufbricht. Überprüfe unauffällig seine Beutel, aber wenn es nichts Wichtiges ist, laß ihn behalten, was er findet.«

Justarius nickte. »Und Dalamar?«

»Der Dunkelelf dürfte bereits aufgebrochen sein. Er wird seinen Meister nicht warten lassen wollen.« Par-Salians Finger trommelten auf den Schreibtisch, seine Stirn furchte sich. »Es ist ein seltsamer Charme, über den Raistlin verfügt! Ich spürte ihn auch und kann nicht verstehen...«

»Vielleicht kann ich es«, unterbrach ihn Justarius. »Wir wurden alle in unserem Leben einmal ausgelacht. Wir sind alle auf Geschwister eifersüchtig gewesen. Wir haben Schmerzen gespürt und gelitten, so wie er. Und wir haben uns alle nach der Macht gesehnt, um unsere Feinde zu zerschmettern! Wir bemitleiden ihn. Wir hassen ihn. Wir fürchten ihn – alles, weil ein wenig von ihm in jedem von uns steckt, obgleich wir uns das selbst nur in tiefer Nacht eingestehen.«

»Wenn wir uns das überhaupt eingestehen. Diese elende Klerikerin! Warum mußte sie darein verwickelt werden?« Par-Salian umklammerte seinen Kopf mit zitternden Händen.

»Leb wohl, mein Freund«, sagte Justarius. »Ich werde vor dem Laboratorium warten, falls du Hilfe brauchen solltest, wenn alles vorbei ist.«

»Ich danke dir«, flüsterte Par-Salian.

Justarius humpelte aus dem Arbeitszimmer. Er schloß jedoch die Tür zu hastig, so daß der Saum seiner roten Roben hängen blieb und er gezwungen war, die Tür wieder zu öffnen, um sich zu befreien. Als er sie erneut schloß, hörte er Par-Salian weinen.

15

Tolpan, Bupu und Caramon hatten ihr Mahl beendet.

»Nun«, sagte Tolpan fröhlich. Er schob seinen leeren Teller zurück. »Mir geht es viel besser. Wie steht es mit dir, Caramon? Laß uns auf Erkundung gehen!«

»Erkundung!« Caramon warf ihm einen so entsetzten Blick zu, daß Tolpan überrascht war. »Bist du verrückt? Ich würde nicht für den ganzen Reichtum auf Krynn meinen Fuß vor die Tür setzen!«

»Wirklich?« fragte Tolpan eifrig. »Warum nicht? Was ist denn draußen?«

»Ich weiß nicht.« Der große Mann schauderte. »Aber es muß furchtbar sein.«

»Ich habe keine Wachen gesehen...«

»Nein, und dafür gibt es auch einen Grund«, knurrte Caramon. »Wachen sind hier nicht notwendig. Wenn du hinausgehst, läufst du wahrscheinlich in die Arme eines Leichnams!«

Tolpans Augen öffneten sich weit. Er sah auf seine Schuhe und murmelte: »Ja, ich glaube, du hast recht, Caramon. Ich habe vergessen, wo wir sind.«

»Das hast du wohl«, sagte Caramon streng. Er rieb seine schmerzenden Schultern und stöhnte. »Ich bin todmüde. Ich muß ein wenig schlafen. Du und Bupu legt euch auch hin. Alles klar?«

»Ja«, sagte Tolpan.

Bupu, die zufrieden rülpste, hatte sich vor dem Feuer in einen Teppich eingerollt.

Caramon beäugte den Kender argwöhnisch. »Versprich mir, daß du diesen Raum nicht verläßt, Tolpan Barfuß. Versprich es mir so, wie du es Tanis versprechen würdest, wenn er hier wäre.«

»Ich verspreche es so, wie ich es Tanis versprechen würde, wenn er hier wäre«, sagte Tolpan feierlich.

»Gut.« Caramon seufzte. Die Matratze des Bettes, auf das er sich gelegt hatte, sackte unter dem Gewicht des großen Mannes auf den Boden. »Ich vermute, sie werden uns wecken, wenn sie entschieden haben, was sie tun wollen.«

»Willst du wirklich in die Zeit zurück, Caramon?« fragte Tolpan, setzte sich auf sein eigenes Bett und tat so, als schnüre er seine Stiefel auf.

»Ja sicher. Keine große Sache«, murmelte Caramon schläfrig. »Jetzt schlaf ein bißchen und... danke, Tolpan. Du warst... eine große Hilfe...« Seine Worte gingen in ein Schnarchen über.

Tolpan verhielt sich vollkommen still und wartete, bis Caramons Atem regelmäßig wurde. Das dauerte nicht lange, weil der große Mann seelisch und körperlich erschöpft war. Als der Kender auf Caramons blasses Gesicht sah, plagten ihn einen Augenblick Gewissensbisse.

»Er wird nie erfahren, daß ich gegangen bin«, sagte Tolpan zu sich, während er an Caramons Bett vorbeischlich. »Und ich habe ihm nicht wirklich versprochen, nirgendwohin zu gehen. Ich habe es Tanis versprochen. Und Tanis ist nicht da, darum zählt dieses Versprechen nicht. Außerdem bin ich überzeugt, er wäre gern auf Erkundung mitgegangen, wenn er nicht so müde gewesen wäre.« Er öffnete die Tür und streckte seinen Kopf aus dem Türrahmen. Er sah den Korridor hinunter, dann hinauf. Nichts. Kein Leichnam in Sicht. Ein wenig enttäuscht seufzte er, dann glitt er aus der Tür und schloß sie leise hinter sich.

Der Gang war kalt und leer. Andere Türen gingen von ihm ab, alle waren verschlossen. Es gab kein Licht. Offensichtlich mußten sich die Magier selbst darum kümmern, wenn sie nach Einbruch der Dunkelheit umherwanderten.

»Ich husche schnell in eines der Zimmer und borge mir eine Kerze aus«, sagte Tolpan zu sich. »Außerdem ist das eine gute Möglichkeit, Leute zu treffen.« Vorsichtig drehte er am nächsten Türgriff. »Oh, verschlossen!« sagte er und holte sein Einbrecherwerkzeug hervor. »Ich hoffe, das Zimmer ist nicht magisch verschlossen«, murmelte er. Magier taten das manchmal, das wußte er – aber hier im Turm der Erzmagier würde man es vielleicht nicht als lohnenswert ansehen.

Tatsächlich ließ sich das Schloß mühelos öffnen. Tolpans Herz klopfte vor Aufregung. Er schob die Tür leise auf und spähte hinein. Der Raum wurde nur vom schwachen Glühen eines sterbenden Feuers erleuchtet. Er lauschte. Er konnte niemanden hören, und so ging er leise hinein. Seine scharfen Augen fanden das Bett. Es war leer.

»Dann wird es sie nicht stören, wenn ich mir ihre Kerze ausborge«, sagte sich der Kender. Er fand einen Kerzenstumpf und zündete ihn an einer glühenden Kohle an. Dann gab er sich dem Entzücken hin, die Besitztümer des Bewohners zu untersuchen.

Ungefähr zwei Stunden später, und nachdem er viele andere Zimmer untersucht hatte, machte sich Tolpan ermüdet auf den Rückweg; seine Beutel platzten fast von den faszinierendsten Gegenständen, die er aber am nächsten Morgen ihren Eigentümern zurückgeben wollte. Er hatte die meisten Dinge von den Tischen aufgehoben, auf die sie offensichtlich sorglos hingeworfen worden waren. Nicht wenige hatte er auf dem Boden gefunden oder aus den Taschen der Roben geborgen, die wahrscheinlich zum Waschen bestimmt waren.