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Skar hielt ihrem Blick einen Moment stand, zuckte dann mit den Achseln und trank wirklich. Der Wein war süß und schwer, zu schwer für seinen Geschmack. Aber er tat ihr den Gefallen und leerte den Becher zur Hälfte, ehe er ihn zurückstellte.

»Und nun«, sagte er, »haben wir hoffentlich dem Zeremoniell genüge getan und können zur Sache kommen. Wer seid Ihr und was wollt Ihr von mir?«

»Eure Fragen sind leicht zu beantworten«, sagte die Errish. »Mein Name ist Vela. Und was ich von Euch will? Was will man schon von einem Satai, Skar? Eure Hilfe. Hat Euch Gowenna nicht gesagt, daß ich einen Auftrag für Euch und Euren Kameraden habe?«

Skar schürzte unwillig die Lippen. Als er antwortete, war sein Ton schärfer, als es einer Errish gegenüber angemessen war. »Doch. Aber sie hat leider vergessen zu sagen, welcher Art dieser Auftrag ist. Ich hoffe, Ihr vergeßt es nicht auch. Ich habe nichts gegen einen guten Schluck Wein und eine Unterhaltung, doch meine Zeit ist knapp, und ich habe heute noch etwas vor ...«

»Ach ja, Euer Kampf ...«

Vela lächelte. Sie wirkte jetzt mehr denn je wie ein unschuldiges kleines Mädchen. Und doch war irgend etwas in ihrem Blick, das Skar mißfiel, obwohl er nicht zu sagen vermochte, was.

Aber vielleicht war er auch nur überreizt, mißtrauischer als nötig. Sie war nicht irgendwer, sondern eine Errish, eine Ehrwürdige Frau. Wenn es auf dieser Welt noch einen Begriff gab, der für Vertrauen und Ehrlichkeit stand, dann dieser. Er nahm einen weiteren, vorsichtigen Schluck, sah sich unschlüssig um und ließ sich schließlich auf das Lager sinken, weniger aus Müdigkeit, sondern eher, weil es ihm plötzlich unangenehm war, ruhig dazustehen und ihren forschenden Blick auf sich zu spüren. Skar war sich des Umstandes, nervös zu sein und dies auch zu zeigen, völlig bewußt, und er kannte auch den Grund. Vela. Nicht das, was sie gesagt hatte oder noch sagen würde, auch nicht die seltsamen Umstände ihres Zusammentreffens, sondern nur sie. Ihre bloße Anwesenheit.

Er sah auf, begegnete ihrem Blick und begann unruhig auf der Kante des Lagers hin und her zu rücken. Es war hart und zu niedrig, um bequem zu sein. Er zog die Beine an, ließ sich zurücksinken und lehnte den Kopf gegen die nackte Lehmwand. Sie war feucht und kalt wie alles in diesem Haus, und er setzte sich abrupt wieder auf.

»Ich vergesse nicht, es Euch zu erklären«, sagte Vela nach einigem Zögern. »Aber es ist nicht leicht.« Sie setzte sich auf den Hocker und legte die Hände nebeneinander auf den Tisch. Skar fiel auf, wie braun ihre Haut war. Dunkler, als man es normalerweise bei einer Ehrwürdigen Frau erwartete.

»Laßt Euch Zeit«, murmelte er. »Wir sollten nur bis Sonnenuntergang fertig sein. Dann beginnt mein Kampf.«

»Ah ja, der Kampf«, sagte Vela noch einmal, als erinnere er sie an etwas, das sie längst vergessen hatte. »Del und Ihr müßt in großer Bedrängnis sein, wenn Ihr ein solches Angebot angenommen habt. Kämpft Ihr oft für Geld?«

Skar nickte. »Dann und wann. Habt Ihr mich rufen lassen, um mit mir über meine Art zu leben zu reden?« Er spürte selbst, daß er über das Maß des Notwendigen hinausschoß, aber es war ihm gleich, und Vela schien ihm seinen angriffslustigen Ton nicht übelzunehmen.

»Nein«, antwortete sie. »Ich frage aus einem anderen Grund. Ihr... habt den Kontrakt unterzeichnet, um mit dem Handgeld Eure Schulden bei Cubic bezahlen zu können, nicht?«

Skar wollte auffahren, besann sich aber dann anders und beließ es bei einem finsteren Blick.

»Und wenn?«

Vela zuckte gleichmütig die Achseln. »Ich informiere mich gerne über einen Mann, bevor ich mit ihm rede, Skar. Aber Ihr braucht Euch nicht zu genieren. Cubic ist für seine üblen Tricks bekannt. Ihr seid nicht die ersten, die er so sehr in Schulden verstrickt, daß sie hinterher für ihn kämpfen müssen, wenn sie nicht im Kerker landen wollen. Man kann von einem Mann, dessen Handwerk der Krieg ist, nicht verlangen, daß er die Schliche eines Halsabschneiders wie Cubic durchschaut. Wieviel schuldet Ihr ihm?«

»Warum fragt Ihr?«

»Weil ich Euch auslösen werde, wenn Ihr für mich arbeitet«, antwortete Vela. »Zusätzlich zu Eurem Lohn. Bedingung ist nur, daß Ihr sofort annehmt.«

Skar antwortete nicht. Es gab tausend Fragen, die ihm auf der Zunge langen, aber er zog es vor, Vela reden zu lassen. Aus irgendeinem Grund schien sie sich zu scheuen, direkt auf ihr Anliegen zuzusteuern. Nach dem, was sie bisher gesagt hatte, mußte sie sich wirklich über Del und ihn informiert haben. Wenn sie dennoch zögerte, dann aus einem bestimmten Grund. Skar spürte, daß ihre Worte alles andere als belanglose Konversation waren, trotz ihres freundlichen Tones. Sie ist eine Errish, dachte er. Nichts, was eine Errish sagte oder tat, war belanglos. Nichts. Aber es war schwer, dieses sonnengebräunte Kindergesicht anzusehen und zu glauben, einem gleichwertigen Gegner gegenüberzustehen.

»Nun?«

66 »Euer Angebot klingt verlockend. Was sollen wir tun?«

»Etwas, das gefährlich ist, aber einen Mann wie Euch sicher reizt. Etwas, das noch keiner vor Euch gewagt hat.«

Skar schluckte die bissige Antwort, die ihm auf der Zunge lag, im letzten Moment hinunter. »Ihr liebt es, in Rätseln zu sprechen, wie?«

Vela nickte. »Von Zeit zu Zeit«, gestand sie. »Aber wenn Ihr mir länger zuhört, werdet Ihr mich verstehen. Ihr seid ein gefährlicher Mann, Skar. Man muß sich seine Worte gut überlegen, wenn man mit Euch redet. Zumal wenn man etwas von Euch will.«

Skar seufzte, zog es aber vor, den Mund zu halten und sich in Geduld zu fassen, so schwer es ihm auch fiel. Es war Velas Spiel, und im Moment bestimmte sie die Regeln. Er würde es mitspielen müssen.

»Ihr seid interessiert?«

»Wenn Ihr mir verratet, worum es geht... vielleicht. Obgleich ich mir nicht vorstellen kann, wozu eine Ehrwürdige Frau die Hilfe eines Satai benötigt. Gibt es wirklich etwas, daß Ihr nicht meistern könntet?«

Für einen Moment schien ein Schatten über Velas Gesicht zu huschen, aber sie hatte sich sofort wieder in der Gewalt. »Es gibt etwas«, sagte sie. Ihre Stimme klang anders als bisher. Es war ein Unterton von Ernst und Entschlossenheit darin, der neu war. Neu und irgendwie beunruhigend. Skar spürte plötzlich, daß ihr Gleichmut nur gespielt und sie in Wirklichkeit ebenso wie er aufs äußerste gespannt war. Vielleicht noch mehr.

»Ich möchte, daß Ihr etwas für mich stehlt«, sagte sie schließlich. Skar schwieg einen Moment, griff nach seinem Becher und trank, nicht aus Durst, sondern um Zeit zu gewinnen. Die Antwort war anders, als er erwartet hatte. Sie hatte das Rätsel eher vergrößert. »Ich ... bin kein Dieb«, sagte er vorsichtig.

»Wäre das, was ich brauche, von einem gewöhnlichen Dieb zu beschaffen, so brauchte ich kaum Eure Hilfe«, erwiderte Vela unerwartet scharf. Für einen Moment klang ihre Stimme so, wie man es von einer Errish erwartete: hart, befehlend und - obwohl leise - in einer Art, die jeden Widerspruch, ja selbst den bloßen Gedanken daran, von vornherein ausschloß. »Ihr werdet etwas für mich holen, wenn Euch der Ausdruck lieber ist«, fuhr sie fort. »Es ist schwer, aber Ihr könnt es schaffen. Ich gebe Euch alles, was dazu notwendig ist. Geld, Pferde, Männer und Waffen.«

Skar starrte sie für die Dauer eines Herzschlages durchdringend an. »Und was soll ich tun?« fragte er sarkastisch. »Die Königsjuwelen von Ikne stehlen? Oder reicht der Schatz der Tempelpriester?«

»Weder das eine noch das andere«, erwiderte Vela ruhig. »Ich möchte, daß Ihr nach Combat geht und den Stein der Macht holt.« Es dauerte lange, bis Skar seine Überraschung soweit überwand, daß er wieder einen halbwegs klaren Gedanken zu fassen imstande war. Zwei, vielleicht drei Minuten lang starrte er Vela fassungslos an und versuchte vergeblich das zu glauben, was er gehört hatte.