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»Was für eine Salbe?« fragte Skar scharf.

Tantor lächelte schief. »Zum einen kühlt sie eure Verbrennungen, Satai«, sagte er. »Und zum anderen schützt sie euch gegen die Hitze, wenn ihr in der Stadt seid. Aber nur für eine Weile. Zehn Stunden vielleicht, kaum länger. Danach müßt ihr sie abwaschen, sonst erstickt ihr.«

Skar starrte zuerst den Kessel, dann Tantor böse an. »Deshalb hat dir die Hitze bisher so wenig ausgemacht?«

Tantor grinste.

»Vielleicht sollte ich dich hinauswerfen und zusehen, wie du langsam verschmorst«, fuhr Skar wütend fort. »Warum hast du sie nicht schon am Morgen verteilt?«

»Weil ich nicht genug davon hatte«, antwortete Tantor ungerührt. »Und du kannst sie nur einmal nehmen. Wäschst du sie ab, benötigt dein Körper Tage, um sich ganz zu reinigen. Sie ein zweitesmal in kurzer Zeit anzuwenden, wäre zu gefährlich.«

»Und du?«

»Ich brauche sie nicht«, sagte Tantor. »Ich werde euch nicht nach Combat begleiten.«

»Was heißt das?«

»Das heißt, daß ich hier auf euch warte«, erwiderte Tantor geduldig. »Jemand muß bei den Pferden bleiben, und ich wäre euch bei dem, was ihr vorhabt, ohnehin nur lästig. Außerdem kann es sein, daß ihr jemanden braucht, der eure Wunden versorgt, wenn ihr zurückkommt.« Er stand auf, ging zum Feuer hinüber und nahm den Kessel ächzend vom Dreibein herunter. »Zieht euch aus«, sagte er. »Ganz. Wenn auch nur ein Zentimeter eures Körpers ungeschützt bleibt, holt ihr euch Verbrennungen.«

Skar stand mit einer wütenden Bewegung auf. Um ihn herum begannen sich die anderen zu entkleiden. Er löste die kupferne Spange, die seinen Umhang zusammenhielt, streifte Hemd und Hose ab, schlüpfte aus seinen Stiefeln und ging zu seinem Pferd hinüber. Die Tiere standen dicht zusammengedrängt in einer Ecke des Raumes. Skar sah mit plötzlichem Erschrecken, in welch schlechtem Zustand sich die Tiere befanden. Sie waren erschöpft, erschöpfter noch als ihre Reiter. Die meisten hatten zahlreiche Wunden und Brandblasen. Eines der Packpferde zitterte ununterbrochen. Sein Atem ging rasselnd und mühsam, und es schien sich nur noch mit äußerster Kraft auf den Beinen halten zu können. Er löste den Harnisch von seinem Sattel, wog ihn einen Moment unschlüssig in der Hand und ging dann zu den anderen zurück. Gowenna sah den ledernen Brustpanzer stirnrunzelnd an.

»Das Ding wird dich nur behindern«, sagte sie.

Skar zuckte mit den Achseln. »Solange es auch Pfeile und Schwertspitzen behindert, die auf mich gezielt sind, nehme ich es in Kauf«, sagte er. »Außerdem fühle ich mich einfach wohler damit.« Gowenna schürzte in offenkundiger Mißbilligung die Lippen, sagte aber nichts mehr. Sie drehte sich herum, streifte mit einer entschlossenen Bewegung ihr Kleid ab, schlüpfte aus Unterzeug und Sandalen und trat nackt neben das Feuer.

Skar betrachtete ihren Körper mit unverhohlener Neugier. Sie wirkte fraulicher, als er angenommen hatte, war schlank, aber von der Schlankheit eines Raubtieres, mit glatter, geschmeidiger Haut, unter der sich stahlharte Muskeln verbargen. Ihre Hüften waren für seinen Geschmack ein wenig zu breit, um noch wirklich perfekt proportioniert zu sein. Brust und Leib hätten die einer Götterstatue sein können, wären nicht die Muskeln und Sehnen gewesen, die sich bei jedem Schritt unter der Haut bewegten.

Sie trat dicht an den Kessel heran, schöpfte eine Handvoll der farblosen, zähen Flüssigkeit heraus und begann sie sorgfältig auf der Haut zu verreiben. Skar betrachtete sie für einen Moment mit neuen Augen. Gowenna hatte mehr als Rüstung und Schwert abgelegt. Für wenige Augenblicke hatte sie sich mehr entblößt, als sie selbst ahnte. Sie war von dem Neutrum, als das sie sich ausgab, wieder zu einer Frau geworden, obwohl und vielleicht gerade weil sie es nicht wollte. Die Selbstverständlichkeit, mit der sie sich vor den Augen der Männer entkleidet hatte, gehörte ebenso zu der Rolle, die sie spielte, wie alles andere. Es diente keinem anderen Zweck, als zu demonstrieren, wie egal ihr selbst ihr Geschlecht war. Ihre Schamlosigkeit war von einer Art, die nichts Unmoralisches oder Verwerfliches an sich hatte, sondern einfach die Schamlosigkeit eines Menschen war, der sich seines Körpers bewußt war und wußte, wie dumm und überflüssig Gefühle wie Scham und Prüderie im Grunde waren. Aber sie erreichte damit eher das Gegenteil.

Einer der drei Sumpfmänner half ihr, die Salbe gleichmäßig am ganzen Körper zu verreiben. Sie war gründlich, ließ keinen Quadratzentimeter aus und fettete selbst das Haar Strähne für Strähne mit der öligen Substanz ein. Als sie fertig war, zog sie sich ohne sonderliche Hast wieder an, ließ aber den metallenen Brustpanzer liegen und streifte statt dessen ein dünnes Hemd aus geschmeidigem Leder über.

Skar betrachtete sie noch eine Weile, auch, als sie wieder angezogen und zwischen die anderen zurückgetreten war. Ihre Schönheit hatte ihn mehr überrascht und verwirrt als erregt, aber er empfand auch noch etwas anderes, ein Gefühl, über dessen Ursachen er sich selbst nicht im klaren war, etwas, das er beobachtet hatte, das ihm aufgefallen war, ohne daß er den Gedanken fassen konnte. Irgend etwas war am Anblick Gowennas nicht so gewesen, wie es hätte sein müssen. Aber er vermochte nicht zu sagen, was.

Gowenna schien seinen Blick zu spüren. Sie trat nervös von einem Fuß auf den anderen, sah auf, runzelte die Stirn und wandte sich mit einem wütenden Ruck um.

Skar war als nächster an der Reihe. Er warf seinen Lendenschurz ab, bückte sich nach dem Kessel und rieb sich rasch mit der Salbe ein. Sie war angenehm kühl auf der Haut, und er spürte erst jetzt, als die Schmerzen nach und nach erloschen, wie zerschunden sein Körper war.

Tantor half ihm, die Stelle zwischen seinen Schulterblättern zu versiegeln, verrieb etwas von dem öligen Sirup unter seinen Fußsohlen und zwischen seinen Zehen und überzeugte sich pedantisch davon, daß seine Haut bis auf den letzten Millimeter von der Salbe bedeckt war.

Skar trat zurück, scheuchte den Zwerg mit einer ärgerlichen Geste zur Seite und bewegte prüfend Arme und Hände. Die Salbe fühlte sich klebrig und kühl an, und er spürte, wie sie rasch zu einem dünnen, elastischen Panzer trocknete, als wäre sein Körper plötzlich von einer zweiten, unsichtbaren Haut umgeben. Vielleicht hätte er jetzt Dankbarkeit empfinden sollen, aber er spürte noch immer nichts anderes als Abneigung und Haß gegen den Zwerg. Er wartete, bis die Salbe vollständig getrocknet war, zog sich wieder an und ging zu seinem Pferd zurück, um die Waffen, die er mitnehmen würde, auszuwählen. Keiner von ihnen - mit Ausnahme Gowennas vielleicht - wußte, was sie erwartete. Vielleicht gab es in Combat keine anderen Feinde als Hitze und Feuer, vielleicht würden sie gegen Feinde kämpfen müssen, die nicht aus Fleisch und Blut waren, aber wenn es etwas gab, auf das er sich vorbereiten konnte, so würde er es tun. Er nahm Schwert, Schild und Wurfmesser aus seinem Gepäck, legte aber den metallenen Schild, Gowennas Beispiel folgend, nach kurzem Überlegen wieder zur Seite. Schon das Eisen der Waffen konnte ihre Haut verbrennen, und Schild und Harnisch würden zu glühenden Todesfallen werden, die vielleicht nicht schnell genug abgestreift werden konnten. Er schob zusätzlich ein halbes Dutzend der kleinen, nadelspitz geschliffenen Shuriken in den Gürtel und band sich ein dünnes Seil aus Kijon-H&ni um die Taille, eine mehrfach in sich verdrehte Schnur, wenig dicker als ein Kinderfinger, doch nahezu unzerreißbar. Nach kurzem Zögern löste er seinen Umhang, verstaute ihn sorgfältig in der Satteltasche und nahm statt dessen Handschuhe und Helm hervor. Sein Haar war zwar dick mit Tantors Hexengebräu eingeschmiert und starr wie eine Kappe geworden, aber er stülpte den Helm trotzdem darüber. Sicher war es besser, zuviel zu tun, als plötzlich mit brennendem Haar dazustehen.