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»Dann werden wir kämpfen«, sagte Skar bestimmt. Er packte das Schwert fester, wandte sich mit einem entschlossenen Ruck um und deutete auf die Gasse. »Zwei Mann rechts und links, die beiden anderen zu mir! Und beeilt euch!«

Die Soldaten gehorchten widerspruchslos. Es schien für sie das Selbstverständlichste der Welt zu sein, daß der Mann, der noch vor Augenblicken ihr Gefangener gewesen war, jetzt das Kommando übernahm. Zwei der Soldaten postierten sich beiderseits der Gasse, die zwei anderen wichen zusammen mit Skar weiter in den Hof zurück, wobei sie sich bemühten, einen Winkel einzuhalten, in dem ihre Verfolger ihre Wurfbeile nicht zum Einsatz bringen konnten. »Vielleicht kommen sie auch gar nicht«, murmelte einer der Soldaten neben Skar. Er wirkte nervös. Sein Gesicht glänzte vor Schweiß, trotz der Kälte und des eisigen Windes, der auch hier, im Schutz des Innenhofes, noch schmerzhaft zu spüren war. »Vielleicht hat Euer Freund ...« Er brach ab, als ihn Skars Blick traf. Der Mann hatte den Gedanken laut ausgesprochen, gegen den sich Skar bisher mit aller Macht gewehrt hatte. Denn wenn ihre Verfolger - wer immer sie waren - hier auftauchten, konnte das kaum etwas anderes bedeuten, als daß sie Del überwunden und höchstwahrscheinlich getötet hatten. »Verzeiht«, murmelte er.

Skar machte eine wegwerfende Handbewegung. »Schon gut. Aber still jetzt! Vielleicht wissen sie nicht, daß wir auf sie warten.« Er spürte selbst, wie wenig überzeugend seine Worte klangen. Wer immer diesen Hinterhalt gelegt hatte, würde sich die Gegend vorher gründlich angesehen haben. Vielleicht, dachte er dumpf, hat man sogar gewollt, daß wir hierher flohen.

Trotzdem schien der Soldat erleichtert, und Skar spürte erneut, wie sehr sich ihr Verhältnis in wenigen Augenblicken gewandelt hatte. Sie waren nicht mehr Bewacher und er ihr Gefangener, sondern nur mehr Soldaten, die wie Rudeltiere sich ihm unterordneten. Und er wußte, daß sie gut waren. Vorhin, in der Gasse, waren sie überrascht und hilflos gewesen; nicht einmal eine Abteilung Satai hätte sich gegen die unsichtbaren Angreifer verteidigen können. Wenn sich ihr Gegner aber hier hereinwagte und sich zum offenen Kampf stellte, würde die Sache anders ausgehen.

Doch irgend etwas sagte Skar, daß es nicht soweit kommen würde. Ihr Feind hatte gezeigt, daß er es nicht nötig hatte, offen zu kämpfen.

»Jemand kommt«, sagte einer der Soldaten. Skar sah sich nach einer Deckung um und dirigierte die Gardisten mit einer wortlosen Geste in eine flache Nische an der Wand hinter sich. Mehr konnte er im Moment nicht tun. Eine so enge Gasse wie die, durch die sie hierhergekommen waren, wäre normalerweise selbst gegen eine dutzendfache Übermacht zu verteidigen gewesen. Aber sie hatten keinerlei Schußwaffen, weder Bögen noch Armbrüste, während ihre Gegner jeden, der leichtsinnig genug war, sich zu zeigen, mit ihren Beilen erledigen konnten.

Skar ging lautlos über den Hof, bedeutete einem der Soldaten wortlos, den Platz mit ihm zu tauschen, und preßte sich dicht neben der Hausecke an die Wand, das Schwert halb zum Schlag erhoben. Er hörte Schritte. Die Schritte zahlreicher schwerer, metallbeschlagener Stiefel, aber auch die Schritte kleinerer, leichter Füße, wie die von Kindern - oder Frauen. Es mußte ein gutes Dutzend sein. Vielleicht mehr.

Er tauschte einen raschen Blick mit dem Mann auf der gegenüberliegenden Seite, überzeugte sich rasch davon, daß sein Schatten nicht etwa so auf den Boden fiel, daß er ihn verriet und packte sein Schwert fester.

Die Schritte stockten. Metall klirrte leise, dann hörte man ein schabendes Kratzen, als dränge sich ein schwerer Körper an der Wand entlang. Der erste Angreifer konnte jetzt höchstens noch zwei, drei Schritte von ihnen entfernt sein.

»Gut«, sagte Skar laut. »Ihr wißt, daß wir hier sind, und wir wissen, daß ihr dort draußen seid. Was schlagt ihr vor?«

Seine Worte schienen nicht nur die vier Soldaten zu überraschen. Sekundenlang herrschte draußen im Gang verwirrtes Schweigen, dann antwortete eine Stimme: »Satai?«

Skar unterdrückte ein Lächeln. »Spielt das eine Rolle?« gab er zurück.

»Es spielt eine Rolle. Wenn du nicht der Satai bist, dann ruf ihn. Wir haben mit ihm zu reden.«

»Und warum?«

»Weil wir nicht an den anderen interessiert sind. Wir wollen nur den Satai.«

»Dann holt mich.«

Wieder kehrte für einige Augenblicke Stille ein. Skar konnte leise, flüsternde Stimmen hören, ohne jedoch die Worte zu verstehen. Offensichtlich berieten sich die Männer.

Skar warf dem ihm gegenüberstehenden Soldaten einen aufmunternden Blick zu. Sie waren noch lange nicht außer Gefahr, aber ihre Lage schien nicht mehr so ausweglos wie noch vor wenigen Augenblicken zu sein. Ein zu allem entschlossener Gegner hätte den Hof gestürmt, ohne sich auf Reden einzulassen.

»Sei vernünftig, Satai«, war die Stimme nach einer Weile wieder zu vernehmen. »Ihr sitzt in der Falle. Wir können euch auch mit Gewalt herausholen.«

»Das mag sein«, antwortete Skar, wobei er sich Mühe gab, soviel Überheblichkeit wie nur möglich in seine Stimme zu legen. »Aber im Moment sieht es eher nach einem Unentschieden aus. Wir haben Zeit, wißt ihr. Es wird nicht lange dauern, bis unser Verschwinden auffällt. Man wird uns suchen.«

»Bis dahin seid ihr längst tot. Wir geben euch zwei Minuten Zeit, euch zu ergeben. Danach stürmen wir den Hof.«

»Nur zu«, sagte Skar herausfordernd. »Ich freue mich schon auf den ersten, der herauskommt. Und mein Schwert auch.«

Wieder verging Zeit, in der sich die Angreifer zu beraten schienen. In wenig mehr als einer Viertelstunde würde die Nacht vollends hereingebrochen sein. Aber so lange, das spürte Skar, würden sich die Männer dort draußen nicht mehr hinhalten lassen.

»Wir schicken einen Mann zu euch hinein«, drang die schon bekannte Stimme aus der Gasse hervor. »Wir wollen kein unnötiges Blutvergießen, Satai. Wenn du ohne Widerstand mitkommst, lassen wir die Soldaten ziehen.«

Skar sah, wie ein hoffnungsvoller Ausdruck über das Gesicht des Soldaten neben ihm huschte. Aber der Mann wurde sofort wieder ernst, als er seinem Blick begegnete. Das brutale Vorgehen der Angreifer hatte gezeigt, daß sie keinen Wert darauf legten, Zeugen zu hinterlassen.

»Das ist eine Falle, Herr«, zischte eine Stimme an Skars Ohr. »Sie können es sich nicht leisten, auch nur einen von uns am Leben zu lassen.«

Skar nickte. »Ich weiß«, gab er ebenso leise zurück. »Aber wir müssen es wenigstens versuchen. Tretet zurück.« Er räusperte sich, senkte seine Waffe um eine Winzigkeit und trat einen Schritt auf den Hof hinaus. »In Ordnung«, sagte er laut. »Schickt euren Mann herein. Aber nur einen. Und ohne Waffen. Wenn ihr irgendwelche Tricks versucht, stirbt er als erster.«

Eine dunkle Gestalt löste sich aus den Schatten und trat auf den Hof hinaus.

Skar sog überrascht die Luft zwischen den Zähnen ein, als er den Unterhändler sah.

Der Mann war ein Zwerg. Seine Größe mochte kaum mehr als einen Meter betragen, und Skar konnte trotz des lose fallenden Umhangs, der bis auf die Knöchel hinabfiel und seine Gestalt verbarg, erkennen, daß er spindeldürr sein mußte. Das Gesicht lag unter einer dreieckigen Kapuze, die so tief in die Stirn gezogen war, daß nur das Kinn und ein Teil des Mundes unter dem messerscharf gezogenen Schatten sichtbar blieben. Er ging mit raschen, trippelnden Schritten bis in die Mitte des Hofes, drehte sich einmal um seine Achse und wandte sich dann an Skar. Seine Bewegungen wirkten übertrieben schnell und kraftvoll, wie man es oft bei Menschen sah, die körperliche Kleinheit durch entschlossenes Auftreten zu kompensieren suchten und dabei weit genug über das Maß des Nötigen hinausschössen und dadurch das Gegenteil erreichten.

»Ihr seid dieser Satai?« fragte er.