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Und er mußte sein Gesicht auch nicht sehen, um zu wissen, daß sie kämpfen würden. Er wußte es einfach, wußte es mit der gleichen Sicherheit, mit der er gewußt hatte, daß er einem Satai gegenüberstand. Sie hätten miteinander reden können, hätten es, allen Regeln der Satai zufolge, tun müssen, aber sie würden es nicht tun. Sie würden kämpfen. Dieser Mann war mehr als irgendein Satai, mehr als irgendein Fremder. Er war sein Feind.

Sie würden kämpfen, und einer würde den anderen töten. Es gab keine andere Lösung.

Der Satai machte einen Schritt über die Felskante hinaus und sprang mit weit ausgebreiteten Armen in die Tiefe. Er prallte mit dumpfem Geräusch auf dem verbrannten Boden auf, federte elegant in den Knien und fand mit einem raschen Schritt sein Gleichgewicht wieder. Seine Begleiter folgten ihm nach kurzem Zögern auf die gleiche Weise.

Skar spannte sich. Seine überanstrengten Muskeln protestierten gegen die plötzliche Belastung, aber er wischte den Schmerz mit einem wütenden Gedanken zur Seite und zwang sich mit aller Willensanstrengung in jenen Zustand der Beinahe-Trance, den nur ein Satai erreichen konnte und der es ihm ermöglichte, verborgene Kraftquellen in seinem Körper anzuzapfen und für kurze Zeit zum Berserker zu werden. Für eine Sekunde - eine einzige Sekunde - war er verwundbar, mehr noch, gelähmt gewesen, starr und hilflos. Ein Pfeil, ein rascher Schritt und ein blitzartig geführter Schwertstreich, und es wäre vorbei gewesen.

Aber der andere hatte darauf verzichtet, obwohl er Satai wie er war und wissen mußte, was er tat.

Ein neues Gefühl der Stärke und Zuversicht durchströmte Skar, eine warme, ungeheuer kraftvolle Welle ähnlich der, die er fühlte, wenn er seine tägliche Ration an Gift nahm; und doch wieder ganz anders. Mit einem Mal wußte er, daß Vela einen Fehler gemacht hatte, ihren vielleicht einzigen und ersten Fehler überhaupt, und doch einen Fehler, der ihnen eine Chance gab. Sie hatte um seine Gefährlichkeit gewußt und versucht, Feuer mit Feuer zu bekämpfen, ihm, dem Satai, eine gleichstarke Kampfmaschine in den Weg zu stellen.

Hätte sie es nicht getan, wäre er jetzt vielleicht schon tot.

Es war nicht das plötzliche Auftauchen der Männer, das ihn noch einmal aus seiner Lethargie gerissen hatte. Der Mantel aus Erschöpfung und Schwäche war zu dicht gewesen, seine körperliche und vor allem seelische Müdigkeit zu tief. Die Söldner allein hätten dieses letzte Aufbegehren nicht bewirken können. Er hätte gekämpft, mit aller Kraft, die er noch hatte, und er hätte verloren. Es war allein der Satai, einzig das Erscheinen dieses Mannes, das Skar aufpulverte, einer Gefahr zu begegnen, die ohne das Auftreten des anderen niemals entstanden wäre.

Der Satai machte einen Schritt in seine Richtung und blieb stehen.

Skar spreizte leicht die Beine, ballte die Hände vor dem Leib zu Fäusten und beugte sich ein wenig vor. Kraft durchströmte ihn, Kraft und noch etwas anderes: Zorn. Er hätte es Vela vergeben können, daß sie ihn gezwungen hatte, hierherzukommen. Obwohl er sich darum bemüht hatte, hatte er sie niemals gehaßt; nicht wirklich. Die Auseinandersetzung zwischen ihm und der Errish war etwas anderes: ein Kampf, erbarmungslos und mit letzter Konsequenz geführt, aber ein Kampf auf einem anderen Niveau, ein Kräftemessen zwischen ihm und ihr, das er trotz allem noch mit einem gewissen Abstand betrachten konnte. Der Satai änderte alles. Sie hatte mehr getan, als einen zweiten Satai unter ihren Willen zu zwingen. Sie hatte an den Grundfesten seiner Welt gerüttelt, hatte alles, woran er glaubte und wofür er lebte, beschmutzt, besudelt. Satai waren mehr als Krieger, mehr als Freunde. Der Gedanke, daß ein Satai die Hand gegen einen anderen erheben würde, war unvorstellbar; Blasphemie.

»Calo!« sagte er, ein kurzer, trockener Laut, keiner bekannten Sprache entspringend und doch mehr bedeutend als alle Worte der Welt: Herausforderung, Drohung und Respektbezeugung zugleich.

Der andere neigte kaum merklich den Kopf.

Skar sah, wie sich die Gestalten der Angreifer und der beiden Sumpfleute gleichermaßen strafften. Mit einem Mal schien der Krater von knisternder Spannung erfüllt zu sein. Aber es war nicht die Anspannung, die einem Kampf voranzugehen pflegte. Ihre Aufmerksamkeit galt jetzt nur mehr ihm. Ihm und dem anderen Satai. Er hatte die Herausforderung angenommen, sie würden kämpfen. Vielleicht das erste Mal seit einem Jahrtausend, daß sich zwei Satai im Kampf auf Leben und Tod gegenüberstanden. Es war unvorstellbar, etwas, das einfach nicht sein durfte. Und doch geschah es. Skar bewegte sich auf den anderen zu, hob die Arme in Brusthöhe und drehte die leeren Handflächen nach außen.

»Ich bin unbewaffnet«, sagte er ruhig.

Wieder nickte der andere. Behutsam löste er den mächtigen dreieckigen Schild vom Arm, legte ihn vor sich auf den Boden und zog den Morgenstern aus dem Gürtel. Das leise Klirren, mit dem die stachelbewehrte Kugel auf dem Boden aufschlug, klang in Skars Ohren wie boshaftes Hohngelächter.

Er starrte die Waffen sekundenlang an, als begriffe er nicht, was der Satai tat, hob dann den Kopf und blickte auf den Griff des Tschekal, der aus dem Gürtel des Satai ragte. Der Riese zog die Waffe mit einer bedächtigen Bewegung aus dem Gürtel, sah Skar abschätzend an und gab einem der Soldaten einen Wink. Die schlanke Klinge in seiner Hand glitzerte wie ein Strahl eingefangenen Sonnenlichts.

Der Soldat trat vor, näherte sich Skar in eindeutig unterwürfiger, fast ängstlicher Haltung und hielt ihm ein schlankes, in saubere weiße Tücher eingeschlagenes Schwert hin.

Skars Finger zitterten, als er danach griff. Er wußte, was er finden würde, wußte es, noch bevor er das Tuch zurückschlug und sich der letzte Sonnenstrahl auf der schlanken Klinge aus Sternenmetall brach, auf der Klinge eines Tschekal - seines eigenen Tschekal, der Waffe, die er dem Stadtkommandanten von Ikne ausgeliefert hatte! Fassungslos starrte er die Klinge in seinen Händen an. Für einen Moment zuckte ein ungeheuerlicher Verdacht durch seinen Schädel, ein Gedanke, der so bizarr und erschreckend war, daß er voller Grauen davor zurückschreckte, ihn verjagte und im tiefsten Winkel seines Denkens vergrub.

Der schwarzgepanzerte Satai hob die Waffe, berührte mit der flachen Seite der Klinge die Stirnpartie seines Helmes.

Skar erwiderte die Bewegung.

Alles geschah gleichzeitig, zu rasch, als daß er die verschiedenen Eindrücke noch einzeln und hintereinander verarbeiten konnte. Die Söldner teilten sich in drei gleichstarke Gruppen und griffen Gowenna und die Sumpfleute an. Das Tschekal des Satai verwandelte sich in einen flirrenden Kreis, sein Körper in einen verschwommenen schwarzen Schemen, und der Krater war von einem Augenblick zum anderen von Schreien und dem Klirren aufeinanderprallender Waffen erfüllt.

Skar wich mit einem verzweifelten Satz zur Seite, parierte einen aufwärts geführten Hieb und versuchte zu kontern, stach zu und zog sich zurück, alles in einer einzigen, fließenden Bewegung, wich aus, fing einen Tritt mit dem Unterarm ab und trat seinerseits nach dem Knie des anderen.

Der Satai sprang zurück; sie trennten sich. Dieses erste, nur mit halber Kraft durchgeführte Aufeinanderprallen hatte weniger als drei Sekunden gedauert. Keiner von ihnen war verwundet worden oder nur wirklich ernsthaft in Gefahr gewesen; der wirkliche Kampf hatte noch nicht begonnen. Sie hatten sich abgetastet, Schnelligkeit und Stärke des anderen geprüft, mehr nicht, aber auch der entscheidende Gang würde nicht viel länger dauern. Skar wußte, daß es kein langes Hin und Her geben würde, kein minutenlanges Klirren aufeinanderkrachender Waffen und Körper, keine Verletzungen, keine Schmerzen. Der Tod würde rasch kommen, in Sekunden, ein schneller, sauberer Hieb, ein Tritt, den der andere vielleicht nicht einmal mehr spüren würde. Aber er wußte auch, daß er verlieren würde. Der andere war ihm überlegen. Er war jünger, stärker, schneller; nicht ganz so erfahren wie er, aber ausgeruht und im Vollbesitz seiner Kräfte.