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Borel . . . Der Name kam mir bekannt vor. Dann fiel es mir ein. Der Mann hatte Daras Respekt und Zuneigung genossen. Er war ihr Fechtlehrer gewesen, ein Meister der Klinge. Allerdings ein Dummkopf. Er verspielte meinen Respekt, als er sich seiner Rüstung begab. Kämpfen ist kein Spiel, und ich hatte keine Lust, mich einem eingebildeten Dummkopf auszuliefern, der anderer Meinung war. Und erst recht keinem fähigen Dummkopf, wenn ich überdies noch am Ende meiner Kräfte war. Wenn schon nicht im Kampf, so mochte er mich auf jeden Fall mit seiner Ausdauer besiegen.

»Jetzt werden wir eine Sache klären, die mich seit langer Zeit beunruhigt«, sagte er.

Ich erwiderte mit einem passenden unfeinen Wort, riß meinen Schwarzen herum und galoppierte den Weg zurück, auf dem ich gekommen war. Er nahm sofort die Verfolgung auf.

Auf dem Ritt durch die Senke wurde mir klar, daß mein Vorsprung nicht ausreichte. In wenigen Sekunden würde er mich einholen und mich niederstrecken oder mir den Kampf aufzwingen. Meine Möglichkeiten waren zwar ziemlich beschränkt, doch ein wenig mehr wollte ich aus der Situation schon machen.

»Feigling!« brüllte er. »Du kneifst vor dem Kampf! Ist das der große Krieger, von dem ich schon soviel gehört habe?«

Ich hob die Hand und öffnete die Spange meines Mantels. Der obere Rand der Senke lag zu beiden Seiten auf Höhe meiner Schultern, dann meiner Hüfte.

Ich ließ mich nach links aus dem Sattel rollen, stolperte und fand das Gleichgewicht. Der Schwarze galoppierte weiter. Ich trat nach rechts und blickte dem anderen entgegen.

Meinen Mantel faßte ich mit beiden Händen und schwang ihn rückwärts im Kreis herum, ehe Borels Kopf und Schultern vor mir auftauchten. Der Stoff hüllte ihn mitsamt der gezogenen Klinge ein, seinen Kopf verdeckend, seine Armbewegungen hemmend.

Ich trat energisch zu. Dabei zielte ich auf seinen Kopf, erwischte ihn aber nur an der linken Schulter. Er wurde aus dem Sattel gedrückt, und sein Pferd galoppierte ebenfalls weiter.

Ich zog Grayswandir und sprang hinter ihm her. Ich erwischte ihn, als er eben seinen Mantel zur Seite streifte und sich aufzurichten versuchte. Ich spießte ihn an Ort und Stelle auf und sah den erstaunten Ausdruck auf seinem Gesicht, als die Wunde zu brennen begann.

»Oh, gemeines Tun!« rief er. »Ich hatte von dir Besseres erwartet!«

»Wir halten hier nicht die Olympischen Spiele ab«, sagte ich und wischte mir die Funken vom Mantel.

Dann fing ich mein Pferd wieder ein und stieg in den Sattel. Dies kostete mich mehrere Minuten. Meinen Ritt fortsetzend, erreichte ich höheres Terrain. Von dort vermochte ich Benedict auszumachen, der die Schlacht lenkte, und in einer weit zurückliegenden Senke Julian an der Spitze seiner Truppen aus Arden, die von Benedict offenbar in Reserve gehalten wurden.

Ich ritt weiter dem vorrückenden Unwetter entgegen, überragt von dem halb schwarzen, halb buntschillernden kreisenden Himmel. Nach kurzer Zeit erreichte ich mein Ziel, den höchsten Berg in dieser Gegend, und begann ihn zu ersteigen. Unterwegs hielt ich mehrmals inne, um zurückzuschauen.

Ich sah Deirdre in schwarzer Rüstung eine Axt schwingen; Llewella und Flora hielten sich bei den Bogenschützen auf. Fiona vermochte ich nicht auszumachen, ebensowenig Gérard. Dann sah ich Random auf dem Rücken eines Pferdes eine schwere Klinge schwingen; er führte einen Angriff auf die hochgelegenen Stellungen des Feindes. In seiner Nähe hielt sich ein grüngekleideter Ritter auf, den ich nicht erkannte. Der Mann setzte seinen Morgenstern mit tödlicher Genauigkeit ein. Auf dem Rücken trug er einen Bogen und an der Hüfte einen Köcher mit schimmernden Pfeilen.

Als ich den Hügelkamm erreichte, klang das Toben des Unwetters lauter herüber. Die Blitze zuckten mit der Gleichmäßigkeit von Neonröhren, und der Regen prasselte herab, ein Fiberglasvorhang, der nun über die Berge vorgerückt war.

Unter mir waren Tiere und Menschen – und nicht wenige Tiermenschen – in die Formationen des Kampfes verstrickt. Eine Staubwolke hing über dem Schlachtfeld. Als ich die Kräfteverteilung abschätzte, hatte ich nicht den Eindruck, daß sich die wachsenden feindlichen Streitkräfte noch weiter zurückdrängen lassen würden. Ich hatte sogar das Gefühl, daß der Gegenangriff unmittelbar bevorstand. Die Männer in den zerklüfteten Stellungen schienen sich bereitzuhalten und nur noch auf den Befehl zu warten.

Ich irrte mich nur um etwa anderthalb Minuten. Dann rückten die Horden vor, den Hang herabbrandend, die eigenen Reihen stärkend, unsere Kämpfer zurückdrängend, nicht innehaltend. Und von der anderen Seite des dunklen Abgrundes kam weitere Verstärkung. Unsere Soldaten begannen einen einigermaßen geordneten Abzug einzuleiten. Der Feind bedrängte sie noch energischer, und als es so aussah, als würde sich die Lage zum Chaos wenden, schien ein Befehl zu kommen.

Ich hörte Julians Horn erklingen, und gleich darauf sah ich ihn auf dem Rücken Morgensterns an der Spitze der Männer aus Arden in den Kampf eingreifen. Dieses Manöver stellte das Gleichgewicht zwischen den beiden Seiten fast wieder her, und der Lärm nahm weiter zu, während der Himmel ungerührt über uns kreiste.

Etwa eine Viertelstunde lang beobachtete ich die Auseinandersetzung, die dazu führte, daß sich unsere Leute langsam zurückzogen. Dann sah ich plötzlich auf einem fernen Hügel eine einarmige Gestalt auf einem wilden gestreiften Pferd. In der Hand schwenkte der Mann eine Klinge; er blickte in die entgegengesetzte Richtung, nach Westen. Mehrere Sekunden lang rührte er sich nicht. Dann senkte er das Schwert.

Aus dem Westen tönten Trompeten herüber, doch zuerst sah ich nichts. Dann kam ein Schwadron Kavallerie in Sicht. Ich fuhr zusammen. Ich dachte einen Augenblick lang, Brand wäre dabei. Dann ging mir auf, daß dort Bleys vorstürmte, um mit seiner Truppe die ungeschützte Flanke anzugreifen.

Und plötzlich zogen sich unsere Kämpfer nicht mehr zurück. Sie hielten die Stellung. Dann drangen sie wieder vor.

Bleys und seine Reiter stürmten herbei, und ich erkannte, daß Benedict den Vorteil wieder auf seiner Seite hatte. Dem Feind drohte die totale Vernichtung.

Im nächsten Augenblick wehte eine kalte Bö aus dem Norden, und ich blickte in diese Richtung.

Das Unwetter war ein gutes Stück vorangekommen; in letzter Zeit schien es sich noch schneller zu bewegen. Und es hatte sich in einem bisher ungeahnten Maße verdüstert, mit helleren Blitzen und lauteren Donnerschlägen. Und der kalte, feuchte Wind nahm an Stärke noch weiter zu.

Ich fragte mich, ob die Erscheinung wie eine Vernichtungswoge über das Schlachtfeld schwappen würde – und dann weiter nichts? Wie stand es mit den Auswirkungen des neuen Musters? Würden diese sich anschließend bemerkbar machen und eine Art Korrektur bilden? Irgendwie zweifelte ich daran. Wenn dieses Toben der Elemente uns vernichtete, dann blieb es wohl dabei – davon war ich überzeugt. Die Kraft des Juwels war erforderlich, damit wir den Angriff über uns dahinrollen lassen konnten, bis die Ordnung wiederhergestellt war. Und was würde noch übrig sein, wenn wir überlebten? Ich konnte es mir nicht vorstellen.

Was hatte Brand also vor? Worauf wartete er? Was wollte er unternehmen?

Wieder blickte ich über das Schlachtfeld . . .

Ein schattiger Winkel auf der Anhöhe, wo der Feind sich neu gruppiert hatte und vor dem neuerlichen Angriff verstärkt wurde – da war etwas.

Ein winziges rotes Blinken. Ich war überzeugt, daß ich es wahrgenommen hatte. Ich starrte weiter hinüber und wartete ab. Ich mußte es noch einmal sehen, mußte seine Position genau bestimmen . . .

Eine Minute verging. Vielleicht auch zwei . . .

Dort! Und noch einmal.

Ich zog das schwarze Pferd herum. Es schien nicht unmöglich zu sein, die nahegelegene Flanke des Feindes zu umgehen und jene angeblich leere Höhe zu ersteigen. Ich galoppierte den Hügel hinab und suchte mir meinen Weg.

Es mußte Brand sein mit dem Juwel. Er hatte sich ein gutes und sicheres Versteck ausgesucht, eine Stelle, von der er nicht nur das gesamte Schlachtfeld im Auge behalten konnte, sondern auch den anrückenden Sturm. Von dort oben konnte er seine Blitze gegen unsere vorrückenden Truppen schicken. Er konnte im richtigen Augenblick das Rückzugsignal geben, mit der entarteten Wut des Unwetters zuschlagen und sie von den Kämpfern ablenken, die er unterstützte. Dies schien mir die einfachste und nützlichste Verwendung zu sein, die er unter diesen Umständen für das Juwel haben konnte.