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Selbst die Dämonenlords taten gut daran, die Herrscherin der Nachtelfen nicht zu unterschätzen.

Zwei Teufelsbestien bewachten die äußere Tür. Die Tentakel der hundeartigen Dämonen zuckten der Leibgarde entgegen.

Sofort bildeten die Teufelswächter eine schützende Wand zwischen Azshara und den Hunden. Teufelsbestien entzogen Lebewesen Magie, so wie Insekten Blut saugten, und Azshara hatte große magische Kräfte, auch wenn sie nicht so aussah. Für die Kreaturen wäre sie ein Festmahl gewesen.

Varo’then zog bereits seine eigene Waffe, als Azshara sanft seine Wange berührte und sagte: „Nein, geliebter Captain.“

Sie winkte die Wächter zur Seite und ging auf die Teufelsbestien zu. Sie ignorierte die gefährlichen Tentakel, kniete vor den beiden nieder und lächelte.

Eines der Monster rieb sofort seinen ausgestreckten Kopf an ihrer Hand. Der andere Dämon öffnete sein Maul und zeigte Reihen scharfer Zähne. Seine Zunge hing an der Seite heraus. Beide benahmen sich in Azsharas Gegenwart wie drei Tage alte Nachtsäbler.

Die Königin streichelte die Häupter der beiden Monster und drückte sie dann zur Seite. Die Teufelsbestien gehorchten, setzten sich vor der Wand auf die Hinterpfoten und sahen aus, als erhofften sie sich eine kleine Leckerei.

Der Captain steckte seine Waffe wieder weg. Nein, niemand tat gut daran, seine geliebte Königin zu unterschätzen.

Die Tür öffnete sich, als Azshara an den Teufelsbestien vorbei schritt. Varo’then, der unmittelbar hinter ihr ging, sah, wie Mannoroth über seine Schulter blickte, als er die Neuankömmlinge bemerkte. Der Captain glaubte, große Sorge im Mienenspiel des Dämons zu erkennen. Mannoroth schien sich nicht gerade auf die Ankunft des großmächtigen Beraters zu freuen.

Als die Nachtelfen den Raum betraten, erkannten sie, dass Archimonde bereits eingetroffen war.

Zum ersten Mal schien Azshara ein wenig die Fassung zu verlieren. Ihr kurzer, erschrockener Laut überraschte Varo’then fast so sehr wie der Dämon selbst.

Archimonde war groß wie Mannoroth, aber damit endete die Ähnlichkeit auch schon. Er sah wesentlich besser aus, erinnerte fast schon an die Nachtelfen, über die er sich erhob. Seine Haut war blauschwarz, und Varo’then begriff nach einem Moment, dass er mit den Eredar-Hexenmeistern verwandt sein musste. Er war wie sie gebaut und verfügte sogar über einen ähnlichen, wild peitschenden Schwanz. Sein Körper war völlig unbehaart, sein Kopf gewaltig, seine Ohren ragten lang und spitz nach oben. Seine dunkelgrünen Augen lagen im Schatten einer tiefen Stirn. Er trug Plattenpanzer auf seinen Schultern, seinen Schienbeinen, Unterarmen und seiner Hüfte, sonst fast nichts. Die Linien und Kreise, die auf seinen Körper tätowiert waren, erstrahlten in einem magischen Licht.

„Ihr seid Königin Azshara“, sagte er mit glatter und angenehm modulierter Stimme. Mannoroth klang weitaus gutturaler, Hakkar zischender. „Sargeras gefällt Eure Loyalität.“

Die Nachtelfe errötete leicht.

Sein ruhiger Blick fiel auf Captain Varo’then. „Und der Großmächtige freut sich stets über einen guten Krieger.“

Varo’then berührte mit einem Knie den Boden. „Ich fühle mich geehrt.“

Archimonde schien sein Interesse an den beiden Nachtelfen bereits zu verlieren, denn er wandte sich wieder den Zauberern zu. Ein schwarzer Riss hing in der Mitte des Musters, das sie erschaffen hatten, ein Riss, durch den sich der riesige Dämon gequetscht hatte.

„Haltet durch. Er wird gleich kommen.“

„Wer?“, stieß Azshara hervor. „Sargeras?“

Archimonde schüttelte gleichgültig den Kopf. „Nein, ein anderer.“

Varo’then warf einen Blick auf Mannoroth, der ebenfalls verwirrt wirkte.

Die Ränder des Risses verschwammen plötzlich. Die Hochwohlgeborenen, die das Portal geöffnet hatten, begannen zu zittern, als der Druck stärker wurde. Einige stöhnten auf, brachen aber zu ihrem eigenen Glück nicht zusammen.

Und dann erschien eine Gestalt in den Tiefen des Portals. Sie war kleiner als die Dämonen, strahlte jedoch große Macht aus. Sie stand auf einer Stufe mit Archimonde und Azshara, das erkannte Varo’then bereits, bevor sie den ersten Fuß in seine Welt setzte.

Besser gesagt, den ersten Huf.

Auf zwei Ziegenbeinen bewegte sich der Fremde auf die Dämonen und Nachtelfen zu. Die untere Hälfte seinen Körpers war die eines Tiers. Der unbekleidete Oberkörper war zwar extrem muskulös und so purpurn, dass er beinahe schwarz erschien, erinnerte jedoch stark an den eines Nachtelfen. Das schmale Gesicht wurde von langem blauschwarzem Haar umrahmt. Große, gewundene Hörner standen in deutlichem Kontrast zu den eleganten spitzen Ohren. Der Fremde trug nur einen Lendenschurz, keine sonstige Kleidung.

Erst jetzt bemerkte der Soldat die Augen. Es war eindeutig, dass es sich bei den schwarzen, von roten Linien durchzogenen Kristallen um künstliche Gebilde handelte. Augen, die Varo’then kannte, denn nur ein Wesen hatte solche je besessen.

Captain Varo’then starrte es an, doch den Namen des Wesens sprach Königin Azshara aus, nachdem sie das schmale Gesicht ungläubig betrachtet hatte.

„Lord… Xavius?

4

Die Nachtelfen-Streitmacht, die Lord Ravencrest zusammengezogen hatte, war von beeindruckender Größe. Doch das tröstete Malfurion nicht, als er darauf wartete, dass der Adlige den Abmarsch befahl. Der junge Nachtelf blickte nach rechts, wo sein Bruder und seine Begleiter ebenfalls auf ihren Reittieren warteten. Rhonin und Krasus waren in ein Gespräch vertieft, während Brox mit der Geduld eines erfahrenen Kriegers zum Horizont spähte. Vielleicht verstand der Orc als Einziger, welcher unmöglichen Aufgabe sie tatsächlich gegenüberstanden. Brox hielt die Axt, die Malfurion und Cenarius ihm gegeben hatten, fest in beiden Händen. Er schien den endlosen Strom der Feinde bereits vor sich zu sehen.

Obwohl der Orc großes Kriegswissen besaß, hatten Ravencrest und seine Generäle sich kein einziges Mal an ihn gewandt, um von seiner Erfahrung zu profitieren. Brox hatte die Dämonen bereits bekämpft, doch niemand fragte ihn nach ihren Schwächen, ihren Stärken oder all den anderen Dingen, die in einer Schlacht entscheidend sein konnten. Krasus und Rhonin hatten zwar einiges erzählt, aber ihre Informationen waren von ihrem magischen Wissen geprägt. Doch wenn es um körperlichen Einsatz ging, war Brox derjenige, mit dem man hätte reden müssen.

Wir sind so hochmütig, dass es unser Untergang werden könnte… Malfurion runzelte die Stirn über seinen eigenen Pessimismus, doch das Gefühl verflog, als er eine Person entdeckte, die auf ihn zuritt.

„Malfurion!“, rief Tyrande mit besorgter Miene. „Ich hatte schon befürchtet, ich würde dich in all dem Chaos nie finden.“

Ihr Gesicht war ihm so vertraut wie sein eigenes, denn er hatte es längst in sein Gedächtnis eingebrannt. Tyrande war eine Kindheitsfreundin, die jetzt zur Sehnsucht geworden war. Ihre Haut war violett und glatt, und ihr blaues Haar glänzte metallisch. Ihr Gesicht war runder als das vieler Nachtelfen, was ihre Schönheit noch unterstrich. Ihre Gesichtszüge wirkten verletzlich, aber auch entschlossen, und ihre Silberaugen schienen Malfurion magisch anzuziehen. Ihre Lippen waren weich und stets bereit zu einem Lächeln.

Die Novizenpriesterin von Elune – Mutter Mond – trug nicht ihr übliches Gewand, sondern Kleidung, die besser zum Lärm eines Schlachtfeldes, als zur Stille des Tempels passte. Ihr fließendes weißes Gewand war einer Rüstung aus übereinander liegenden Platten gewichen, die ihr große Bewegungsfreiheit ließ. Die Panzerung bedeckte Tyrandes Körper von den Zehen bis zum Hals. Darüber trug sie einen feinen Umhang, der die Farbe des Mondlichts hatte. In ihrer Armbeuge trug die junge Priesterin einen geflügelten Helm, mit dem sie ihr Haupt schützen würde.

Auf Malfurion wirkte sie wie die Priesterin eines Kriegsgottes. Tyrande schien seinen Gesichtsausdruck richtig zu deuten, denn sie sagte rechtfertigend: „Deine neue Berufung füllt dich wohl so sehr aus, dass du die Elemente von Mutter Mond vergessen hast. Weißt du nicht mehr, dass sie auch die Kriegerin der Nacht ist, die die Tapferen vom Schlachtfeld holt und sie zur Belohnung als Sterne durch die Dunkelheit reiten lässt?“