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„Ich wollte nicht respektlos erscheinen, Tyrande. Ich habe dich nur noch nie in solcher Kleidung gesehen. Das weckt die Sorge in mir, dass dieser Krieg uns alle für immer verändern wird… so wir ihn überleben.“

Ihr Gesichtsausdruck verlor seine Härte. „Es tut mir Leid. Ich bin wohl so unsicher, dass ich mich hinter Ärger verstecke. Hinzu kommt, dass die Hohepriesterin beschlossen hat, dass ich die Novizen in den Kampf führen soll.“

„Was soll das heißen?“

„Dass wir die Streitmacht nicht nur als Heiler begleiten. Die Hohepriesterin hatte eine Vision, in der die Schwestern neben den Soldaten und der Mondgarde kämpften. Sie sagt, wir alle müssten bereit sein, neue Aufgaben zu übernehmen, sonst würden wir die Dämonen niemals besiegen.“

„Das ist vielleicht leichter gesagt als getan“, erwiderte Malfurion und verzog das Gesicht. „Es fällt unserem Volk nicht leicht, Veränderungen zu akzeptieren. Du hättest hören müssen, was geschah, als Krasus vorschlug, die Zwerge und Tauren um Hilfe anzurufen.“

Ihre Augen weiteten sich. „Es grenzt doch schon an ein Wunder, dass sie ihn und Rhonin mithelfen lassen. Versteht er das nicht?“

„Ja, aber er ist so stur wie ein Nachtelf, vielleicht sogar noch starrköpfiger.“

Er brach ab, als sich sein Bruder zu ihnen gesellte. Illidan warf ihm einen kurzen Blick zu, bevor er seine Aufmerksamkeit voll und ganz Tyrande widmete.

„Du siehst wie eine mächtige Kriegerkönigin aus“, sagte er. „Selbst Azshara könnte nicht besser aussehen.“

Tyrande errötete, und Malfurion wünschte sich, er hätte ihr auch ein Kompliment gemacht, an das sich die Priesterin erinnern würde, wenn die Streitmacht aufbrach.

„Du erinnerst mich an die Kriegerin der Nacht“, fuhr Illidan elegant fort. „Ich habe gehört, dass du einige deiner Schwestern anführen sollst.“

„Die Hohepriesterin hat gesagt, meine Fähigkeiten hätten sich in der letzten Zeit stark verbessert. Sie meint, dass sie in all den Jahren ihrer Priesterschaft nur wenige Schülerinnen hatte, die sich so schnell steigern konnten.“

„Das überrascht mich nicht.“

Malfurion wollte ihr ein ähnliches Kompliment machen, doch im gleichen Moment ertönte ein Horn. Ein zweites folgte, dann ein drittes und viertes. Die einzelnen Regimenter meldeten ihre Bereitschaft.

„Ich muss zu den Schwestern zurückkehren“, erklärte Tyrande. An Malfurion gewandt sagte sie: „Ich bin nur gekommen, um dir alles Gute zu wünschen.“

Sie sah Illidan an. „Und dir natürlich auch.“

„Mit deinem Segen werden wir zum Sieg reiten“, antwortete Malfurions Bruder.

Erneut errötete Tyrande. Ein weiteres Horn ertönte. Sie setzte rasch ihren Helm auf, gab ihrem Panther die Sporen und ritt davon.

„Sie sieht kampfbereiter aus als du und ich“, sagte Malfurion.

„Ja. Sie wird mal einen Mann sehr glücklich machen, nicht wahr?“

Malfurion drehte sich zu seinem Bruder um, doch der ritt bereits zu Lord Ravencrest. Als Leibzauberer musste Illidan sich in der Nähe des älteren Nachtelfen aufhalten. Malfurion und den anderen war befohlen worden, in Rufweite zu bleiben, sie mussten jedoch nicht mit Ravencrest reiten. Der Herrscher von Black Rook verteilte seine besten Waffen lieber. Die Eredar wussten schließlich, dass sie sich auf den Druiden und die Zauberer konzentrieren mussten, wenn sich ihnen die Gelegenheit dazu bot.

Jarod Shadowsong und drei Soldaten ritten auf ihn zu. „Wir brechen auf. Du musst mit uns kommen.“

Malfurion nickte und folgte dem Captain zurück zu den anderen. Rhonin und Krasus wirkten missmutig. Brox hatte seine Haltung nicht verändert, aber seine Lippen bewegten sich, als würde er beten.

„Ein Nachtmarsch“, erklärte Krasus, während er die letzten Sonnenstrahlen hinter dem Horizont verschwinden sah. „Wie vorhersehbar. Archimonde wird das nicht entgehen. Dein Volk versucht zwar, sich anzupassen, aber es fällt immer wieder in die alten Verhaltensmuster zurück.“

„Wir sind so viele, dass wir die Dämonen zurückwerfen werden“, antwortete Captain Shadowsong zuversichtlich. „Lord Ravencrest wird die Monster aus unserem schönen Land werfen.“

„Darin liegt unsere Hoffnung.“

Das letzte Horn ertönte, dann bewegte sich die Elfenstreitmacht auf Zin-Azshari zu. Trotz seiner Zweifel spürte Malfurion Stolz, als er die endlosen Reihen der Soldaten sah. Die Banner von drei Dutzend großen Clans flatterten über der Streitmacht und zeugten von einer Allianz, die das ganze Reich einschloss. Die Infanterie bewegte sich im Gleichschritt wie Ameisen, die auf dem Weg zu einem Festmahl waren. Nachtsäbler sprangen zu Hunderten in großen Sätzen vorwärts. Ihre behelmten Reiter sahen sich misstrauisch um.

Die meisten Soldaten trugen Schwerter, Lanzen und Bögen. Hinter ihnen rollten Belagerungsmaschinen – Ballisten, Katapulte und ähnliches – durch die Landschaft. Sie wurden von dunklen Panthern gezogen. Es waren hauptsächlich Lord Ravencrests Soldaten, die diese Maschinen bedienten, denn im Allgemeinen mochten Nachtelfen nichts Mechanisches. Nur Ravencrest schien über die nötige Weitsicht zu verfügen, die sein Volk in diesem Krieg benötigte.

Der Druide war besorgt, weil der Adlige die Zwerge und Tauren nicht um Hilfe gebeten hatte, aber letzten Endes würde das keinen Unterschied machen. Ravencrest glaubte zwar immer noch an Azsharas Unschuld, aber er würde auch so dafür sorgen, dass die Brennende Legion unterging.

Schließlich hatten sie keine andere Wahl.

Angetrieben von Ravencrest und ihrer eigenen Siegessicherheit brachten die Nachtelfen an diesem ersten Abend eine große Distanz hinter sich. Ihr Kommandant ließ die Streitmacht schließlich zwei Stunden nach Sonnenaufgang anhalten. Sofort bauten die Soldaten ihr Lager auf. Wachen bezogen an der Vorderseite Posten, um einen möglichen Überraschungsangriff der Dämonen zu verhindern.

Hier war das Land noch unberührt von dem Schrecken der Brennenden Legion. Im Süden erstreckte sich ein Wald, im Norden sah man sanfte grüne Hügel. Der ältere Nachtelf schickte Späher in beide Richtungen, aber sie kehrten ergebnislos zurück.

Malfurion fühlte sich zu dem Wald hingezogen. Als die Gelegenheit günstig war, trennte er sich von seinen Begleitern und lenkte sein Reittier den Bäumen entgegen.

Jarod Shadowsong bemerkte sofort, was er vor hatte. Der Captain ritt hinter ihm her und rief: „Du musst zurückkehren! Du darfst dich nicht von den anderen trennen. Denk daran, was das letzte Mal passiert – “

„Mir wird nichts zustoßen, Jarod“, antwortete Malfurion ruhig. Er spürte, dass dieser kleine Wald sogar von den dämonischen Mördern, die ihn und seine Begleiter zu verfolgen schienen, abgeschirmt war. Er konnte nicht erklären, warum er das wusste, aber er war sich sicher, dass dem so war.

„Du kannst nicht allein – “

„Das bin ich nicht. Allein. Du bist ja bei mir.“

Der Soldat biss die Zähne zusammen und folgte dem Druiden mit resignierendem Kopfschütteln in den Wald. „Bitte… nicht so lang.“

Malfurion versprach nichts, sondern tauchte tiefer in den Wald ein. Das Gefühl der Sicherheit und der Vertrautheit überwältigte ihn beinahe. Die Bäume hießen ihn willkommen, schienen ihn sogar zu erkennen.

Und dann begriff er, weshalb er sich an diesem Ort so zu Hause fühlte.

„Willkommen zu Hause, mein thero shan… mein ehrenwerter Schüler.“

Captain Shadowsong sah sich nach der sonoren Stimme um, die nach Wind und Donner klang. Malfurion blieb einfach nur ruhig stehen, denn er wusste, dass sich der Besitzer der Stimme irgendwann zu erkennen geben würde.

Der Wind nahm zu. Der Offizier hielt seinen Helm fest, während der Druide seinen Kopf zurücklegte, um die Brise besser spüren zu können. Die Böen wurden immer stärker und rissen Blätter vom Boden empor. Doch das schien nur den Captain zu stören. Die Nachtsäbler streckten die Nasen in die Luft und atmeten den frischen Wind ein.