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Aber wo war Malfurion? Im ersten Moment konnte der hagere Zauberer den Druiden nicht entdecken, doch dann fand er ihn im hinteren Teil der Streitmacht. Malfurion saß ruhig auf seinem Reittier. Sein Gesicht wirkte konzentriert, seine Augen waren geschlossen. Krasus spürte zuerst nichts, doch dann bemerkte er einen Druck in der Erde, der sich rasch auf die Brennende Legion zu bewegte. Mit seinen magischen Sinnen folgte er dem Zauber. Er wollte wissen, was geschehen würde.

In den ersten Reihen der Horde schossen plötzlich Wurzeln aus dem Boden. Baumwurzeln, Graswurzeln… alle möglichen Arten von Geflecht. Krasus bemerkte, dass Malfurion sie nicht nur aus dem Boden wachsen ließ, er ließ sie auch weitaus größer werden, als das normalerweise der Fall gewesen wäre.

Ein gehörnter Krieger stolperte und stürzte in die Klinge eines wartenden Nachtelfs. Eine Teufelsbestie knurrte und schnappte nach den Wurzeln, in denen sich ihre Tatzen verfangen hatten. Keiner der Nachtelfen hatte Probleme mit den Wurzeln. Das knorrige Holz teilte sich sogar, um den Soldaten den Weg zu erleichtern.

Nur noch die Hälfte der Dämonen kämpfte, der Sieg war also nahe. Trotzdem traute Krasus diesem Eindruck nicht. Misstrauisch beobachtete er die Schlacht, fand jedoch nichts, was seine Sorge bestätigt hätte.

Nichts außer einem einsamen geflügelten Dämon, der zwischen den Wolken verschwand. Krasus wob rasch einen Zauber, als er ihn bemerkte.

Nebel legte sich wie ein Umhang um die Verdammniswache, drückte die Flügel gegen den Körper, presste sie zusammen. Der Dämon wehrte sich, ohne etwas ausrichten zu können. Einen Augenblick später stürzte er seinen Mitstreitern als tödliches Geschoss entgegen.

Krasus gratulierte sich nicht zu seiner entschlossenen Tat. Stattdessen ritt er auf Lord Ravencrest zu und versuchte, dessen Aufmerksamkeit zu erregen. Doch der Adlige ritt im gleichen Moment zur Seite, um einigen Soldaten Befehle zu erteilen.

Der Drachenmagier blickte zum Himmel empor. Sie hatten immer noch eine Chance. Wenn die Nachtelfen die Gefahr schnell genug erkannten, ließ sich die Katastrophe noch abwenden.

Sein Körper begann zu kribbeln. Krasus verlor die Kontrolle über seine Gliedmaßen. Er sackte auf seinem Panther zusammen. Nur die Breite des Tiers verhinderte seinen Sturz. Erst jetzt begriff er, dass er in seiner Sorge vergessen hatte, auf Angriffe der Eredar-Hexenmeister zu achten.

Krasus kämpfte gegen die Magie, während er seinen Blick in den Himmel richtete. Die Wolken schienen dunkler und schwerer zu werden, sanken langsam dem Boden entgegen.

Nein, das war nur eine Illusion, so viel war ihm klar. Krasus wehrte sich gleichzeitig gegen den Zauber und gegen das Bild, das die Dämonen in den stürmischen Himmel projiziert hatten. Die angeschwollenen Wolken verschwanden und enthüllten die Wahrheit.

Und aus dem Himmel stürzte die Brennende Legion auf die Streitmacht herab.

6

Malfurion spürte sofort, als der Zauber seine volle Wirkung entfesselte, dass etwas nicht stimmte. Die Pflanzen unterstützten ihn gerne, denn für sie waren die Dämonen Monstrositäten. Mit seiner Hilfe dehnten sie sich immer weiter aus. Einfache Wurzeln wurden zu wirbelnden Tentakeln, die den Soldaten in ihrem Kampf gegen die Legion beistanden.

Doch an einem anderen Ort, der jenseits des Schlachtfelds lag, erspürten Malfurions geschärfte Sinne die Aura eines Schutzzaubers. Er öffnete die Augen nicht, sondern streckte seine Sinne aus und entdeckte, dass die Quelle des Zaubers nicht etwa vor ihm lag, sondern weit über ihm. In den Wolken.

Der Druide benutzte die Fähigkeiten, zu denen Cenarius ihm verholfen hatte, um in die Wolken emporzusteigen und nach dem zu suchen, was dort verborgen bleiben wollte.

Und im Geiste sah Malfurion Hunderte fliegende Dämonen.

Es waren hauptsächlich Teufelswachen. Malfurion nahm an, dass man sie aus unterschiedlichen Teilen der Horde zusammengezogen hatte. Mit ihren verzerrten Gesichtern und furchtbaren Waffen boten sie einen schrecklichen Anblick. Der Kampf gegen sie würde schwer werden.

Hinzu kamen Dutzende Eredar-Hexenmeister, die sich zwischen ihnen bewegten. Sie hatten keine Flügel, sondern benutzten ihre magischen Kräfte, um zu schweben. Malfurion bemerkte, dass einige die Tarnung aufrecht erhielten, während andere nach Schwachstellen in den Linien der Nachtelfen suchten.

Das alles war schon erschreckend genug, aber als Malfurion sah, was hinter den Teufelswachen und Hexenmeistern auftauchte, setzte sein Herz einen Schlag aus. Brennende Steine rasten mit tödlicher Präzision durch die Wolken, so als habe man sie von einem gewaltigen Katapult abgeschossen. Der Druide konzentrierte sich stärker, während er versuchte, den Sinnen der Hexenmeister zu entgehen. Dann erst sah er, worum es sich bei den Geschossen wirklich handelte.

Höllenkreaturen.

Malfurion riss die Augen auf. „Achtung, der Himmel!“, schrie er so laut er konnte. „Sie greifen aus dem Himmel heraus an!“

Lord Stareye sah ihn kurz an, kräuselte die Nase und wandte sich wieder den dezimierten Dämonentruppen zu. Malfurion trieb sein Reittier vor und fasste eine Schildwache am Arm.

„Du musst die anderen warnen! Die Dämonen greifen aus den Wolken an!“

Doch der Soldat sah ihn nur irritiert und verständnislos an. Die Illusion war immer noch intakt. Jeder, der zum Himmel blickte, musste glauben, der Druide habe den Verstand verloren.

Schließlich fand Malfurion doch jemanden, der ihn verstand. Sein Blick traf auf Krasus, und er sah, dass der blasse, rätselhafte Magier ebenso verzweifelt versuchte, sich mitzuteilen. Er zeigte jedoch nicht etwa auf Ravencrest, sondern auf Illidan. Malfurion nickte. Er verstand sofort, was der Magier wollte. Jemand musste diejenigen warnen, die etwas gegen die Bedrohung unternehmen konnten.

„Illidan!“, schrie Malfurion und richtete sich im Sattel auf. Sein Zwillingsbruder sah ihn nicht, konzentrierte sich zu sehr auf seine Zauber.

Malfurion sammelte seine Kräfte und bat den Wind um Hilfe. Der Wind gewährte sie ihm. Der Druide lenkte ihn mit seinen Fingern und strich sich zweimal über die Wange.

Sein Bruder berührte einen Moment später die eigene Wange, wo ihn der Wind gestreichelt hatte. Illidan blickte über seine Schulter und entdeckte seinen Bruder.

Malfurion deutete zum Himmel und gestikulierte warnend. Illidan hätte sich beinahe abgewandt, doch Malfurion starrte ihn wütend an. Dann endlich blickte sein Bruder zum Himmel.

Im gleichen Augenblick fielen die ersten Dämonen aus der Illusion heraus.

Die Eredar wurden sichtbar und schlugen ohne Zögern zu. Ihre Zauber legten sich über die Nachtelfen. Schwere Tropfen fielen auf die Schultern der Soldaten, die im ersten Moment die Gefahr nicht bemerkten, aber zu schreien begannen, als sich die Säure durch ihre Rüstungen ins Fleisch fraß. Aus den vereinzelten Tropfen wurde dichter Regen. Die Nachtelfen wanden sich schreiend am Boden.

Malfurion sprach erneut mit dem Wind und bat ihn, den Regen von seinem Volk wegzulenken. Gleichzeitig begannen Illidan und die Mondgarde ihre ersten Zauber zu werfen.

Ein Hexenmeister explodierte schreiend, eine Teufelswache folgte ihm. Doch als die Magier der Nachtelfen versuchten, weitere Zauber einzusetzen, stießen sie auf einen unsichtbaren Schild.

Der starke Wind, den der Druide gerufen hatte, wehte den Regen davon, aber der Schaden ließ sich nicht mehr rückgängig machen. Die Linien der Verteidiger waren voller Lücken.

Dann stürzten die Teufelskreaturen aus dem Himmel.

Die erste Welle erreichte nicht den Boden. Zwei der Angreifer explodierten, während andere von komprimierter Luft emporgeschleudert wurden und zwischen den Wolken verschwanden. Blaue Blitze durchbohrten drei Dämonen.