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Malfurion merkte sich dieses weitere Rätsel um den fremden Zauberer und gab seiner Katze die Sporen. Der Weg war nicht einfach, denn sie bewegten sich gegen den Strom, aber dank Malfurions Führung bewältigte ihn der Nachtsäbler, ohne jemanden zu verletzen.

Die Situation wurde unangenehmer, als er sich den Fremden näherte. Aus der Ferne drang Schlachtenlärm zu ihm herüber. Rote und grüne Blitze erhellten den Horizont. Hier wirkten die Soldaten erschöpfter und nervöser. Sie waren bis vor kurzem an der Front gewesen und hatten die Dämonen aufgehalten. Ihre Narben und schrecklichen Wunden zeugten von der Wut, mit der die Brennende Legion über sie hergefallen war.

„Was machst du denn hier?“, fragte ein Offizier, dessen Rüstung blutverschmiert war. Seine Augen tränten. „Alle Zivilisten gehören in den vorderen Teil der Linie. Verschwinde!“

Der Druide setzte zu einer Erklärung an, aber jemand hinter ihm rief bereits: „Er gehört hierher, Captain. Ein Blick in sein Gesicht sollte das deutlich machen.“

„Illidan?“ Malfurion blickte über seine Schulter. Illidan ritt ihm entgegen. Er war unverletzt und grinste. Auf seinem langen Weg durch die Reihen hatte Malfurion niemand sonst grinsen sehen. Es wirkte so deplaziert, dass er fürchtete, sein Bruder habe den Verstand verloren.

„Ich dachte, du seiest tot“, sagte der Magier und schlug Malfurion so kräftig auf die Schulter, dass dieser das Gesicht verzog. Dann wandte er sich an den Offizier. „Noch irgendwelche Fragen?“

„Nein, Meister Illidan.“ Der Soldat salutierte eilig und ging weiter.

„Was ist passiert, Bruder?“, fragte der schwarz gekleidete Zauberer. „Jemand sagte, dein Reittier sei zerfetzt worden, du selbst seiest gefallen…“

„Ich wurde gerettet… Tyrande hat mich in Sicherheit gebracht.“ Noch während Malfurion ihren Namen aussprach, bereute er es bereits.

Sein Bruder grinste weiter, aber die Freundlichkeit verschwand aus seinem Gesicht. „Hat sie das? Ich bin froh, dass sie so nah bei dir war.“

„Illidan…“

„Gut, dass du wieder hierher gekommen bist“, unterbrach ihn sein Bruder, als käme ihm jede weitere Unterhaltung über die Priesterin ungelegen. „Der alte Zauberer will irgendwas organisieren. Er scheint der Meinung zu sein, dass du wichtig bist.“

„Krasus? Wo ist er?“

Das Grinsen des Bruders wirkte jetzt beinahe makaber. „Genau dort, wo du hin willst. An vorderster Front…“

Der Wind heulte. Eine furchtbare Hitze drückte die Nachtelfen nieder, die in der vordersten Verteidigungslinie standen. Ab und zu hörte man einen Schrei aus den Reihen und das triumphierende Heulen eines Dämons.

„Wo ist Illidan?“, fragte Krasus, dessen langer Geduldsfaden allmählich zu reißen drohte. „Die Mondgarde kämpft nicht ohne ihn.“

„Er sagte, er würde gleich kommen“, antwortete Rhonin. „Er wollte zuerst noch mit Ravencrest sprechen.“

„Er wird ohnehin gefeiert werden, wenn wir gewinnen, und niemand wird ihm Vorwürfe machen, wenn wir verlieren – denn in diesem Fall werden wir alle tot sein.“

Rhonin war der gleichen Meinung wie sein ehemaliger Mentor. Illidan wollte in erster Linie seinem Gönner gefallen. Illidan war das genaue Gegenteil seines Bruders. Er war wild, ehrgeizig und ging leichtsinnig mit dem Leben anderer um. Die beiden Magier hatten erfahren, dass zwei Mondgardisten, die sie um Hilfe bitten wollten, nicht mehr zur Verfügung standen. Die Dämonen hatten sie nicht getötet. Sie waren einfach zu Tode erschöpft, weil sie Illidan die ganze Zeit über mit ihrer Kraft versorgt hatten.

Aber obwohl er die anderen Nachtelfen leichtfertig ausnutzte, hatten sie sich ihm untergeordnet. Illidan konnte Zauber weben, zu denen sie selbst nicht in der Lage waren. Außerdem wurde er von Lord Ravencrest unterstützt, und die Nachtelfen waren auch im Angesicht des Weltuntergangs sehr standesbewusst.

Rhonin richtete sich plötzlich auf. „Vorsicht!“

Ein Nebel, der wie ein großer Pilz aussah, schwebte über der Linie. Bevor die Zauberer reagieren konnten, berührten seine Ränder die ersten Soldaten.

Die Kämpfer begannen zu schreien, als auf ihren Gesichtern plötzlich Dutzende roter Pusteln entstanden. Die Pusteln platzten nacheinander auf und wuchsen direkt nach, nur um erneut zu zerplatzen. Sie breiteten sich in Sekundenschnelle über alle ungeschützten Körperteile der Betroffenen aus.

„Jekar iryn!“, zischte Krasus und zeigte auf die Wolke.

Eine Kugel aus blauem Licht bohrte sich in den Nebel und vernichtete ihn so schnell, dass etliche vor der furchtbaren Seuche gerettet wurden. Doch für die bereits Befallenen kam jede Hilfe zu spät. Sie brachen zusammen. Ihre Gesichter erinnerten an ausbrechende Vulkane.

Rhonin blickte erschüttert auf die Toten. „Schrecklich…“

„Wir können nicht mehr länger warten. Wenn die Mondgarde sich uns nicht anschließen will, müssen wir eben allein zuschlagen und hoffen, dass unsere Kräfte reichen.“

Die Magier begannen sich vorzubereiten. Als Rhonin aufsah, bemerkte er jedoch zwei Reiter, die ihnen entgegen ritten. „Das ist Illidan – und Malfurion ist bei ihm!“

„Gepriesen seien die Aspekte.“ Krasus drehte sich zu ihnen um. Als die beiden anhielten, sah er Illidan an. „Du kommst spät. Sammle die Mondgarde und halte dich bereit. Du musst meine Anweisungen genau befolgen.“

Von den meisten anderen hätte sich Illidan einen solch barschen Befehlston nicht gefallen lassen, doch er respektierte die beiden Zauberer, vor allem Rhonin. Er blickte über Krasus’ Schulter hinweg in Rhonins ernstes Gesicht und nickte, bevor er sich abwandte, um die Mondgarde zu sammeln.

„Was habt Ihr vor?“, fragte Malfurion, während er abstieg.

„Die Dämonen müssen hier gestoppt werden“, antwortete Krasus. „Wir müssen unter allen Umständen verhindern, dass sie uns hinter den Mount Hyjal zurückdrängen. Und wir müssen sie angreifen.“

Der Druide nickte und sagte dann: „Archimonde ist dort draußen. Ich bin ihm knapp entkommen.“

„Ich hatte befürchtet, dass er hier ist.“ Krasus betrachtete den Nachtelf. „Und dass du die Begegnung mit ihm überlebt hast, beweist mir, dass ich mit meiner Einschätzung über dich richtig lag.“

„Aber… was könnte ich denn tun?“

„Natürlich das, wozu du ausgebildet wurdest.“

Mit diesen Worten wandte sich Krasus wieder an Rhonin, der sich bereits auf den Angriff gegen die weit entfernten Dämonen vorbereitet hatte. Der ältere Magier und der junge Druide traten neben ihn.

Krasus sah den Menschen an. „Rhonin, wenn es um Magie geht, respektiert Illidan dich mehr als jeden anderen. Deshalb wäre es am besten, wenn du dich mit ihm verbindest.“

„Wie du wünschst.“ Der rothaarige Magier blinzelte. „Erledigt.“

Der Zauberer wandte sich dem Druiden zu. „Malfurion, stelle dir den mächtigsten Zauber vor, den du kennst, aber sage mir bloß nicht, an was du denkst! Es ist mir egal, welche Methoden du einsetzt oder welchen Kontakt du mit den Wesen dieser Welt aufnimmst, solange du deinen Zauber erst auf mein Zeichen vollendest. Wir müssen uns gegen unsere Feinde abstimmen.“

„Ich… ich verstehe.“

„Gut. Dann wollen wir beginnen. Folge meinem Beispiel. Rhonin?“

„Ich bin bereit“, antwortete der jüngere Zauberer. „Ich weiß genau, was ich tun werde.“

Krasus’ Augen weiteten sich. „Ah, noch eine Sache. Malfurion, wechsle deine Ziele in unregelmäßigen Abständen. Greife immer da an, wo du eine Lücke siehst. Verstanden?“

„Ich glaube schon.“

„Mögen die Kräfte des Lichts uns behüten.“

Kaum hatte Krasus den Satz gesprochen, erstarrte er. Seine Augen blickten über die Kluft hinweg, die Nachtelfen und Dämonen voneinander trennte.

Rhonin trat neben Malfurion. „Nutze alles, was du hast, halte nichts zurück. Es geht um alles oder nichts.“

„Sie nähern sich dem Punkt“, sagte Krasus zu seinen Begleitern. „Wenn doch Archimonde in den ersten Rängen…“ Er brach ab.