Die ersten Teufelsbestien hatten die Barriere gerade überwunden, als von allen Seiten Krieger auf Nachtsäblern auftauchten. Ihre Panther töteten die ersten Dämonen, bevor sie überhaupt realisiert hatten, dass sie angegriffen wurden. Die Reiter sangen, während sie zustachen.
Malfurion erkannte erst jetzt, dass dies nicht Jarod Shadowsongs Soldaten waren. Die Rüstung der Reiter war silberner und für einen weiblichen Körper gedacht. Der Gesang, den er hörte, richtete sich an die Nachtkriegerin, die kämpferische Inkarnation von Mutter Mond.
Sie wurden von den Schwestern der Elune gerettet.
Zum ersten Mal sah Malfurion die ruhigen, sanften Priesterinnen in ihrer Kriegerinnenrolle. Die meisten trugen lange, gebogene Schwerter, während andere kurze Speere schwangen, die an beiden Enden zugespitzt waren. Ein paar benutzten Kurzbögen, die nicht länger als ihr Unterarm waren, aber mit denen man Pfeile in hoher Geschwindigkeit abschießen konnte.
Die Dämonen fielen unter dem Ansturm. Eine Priesterin schwang ihre Klinge mit der Leichtigkeit eines ausgebildeten Soldaten und enthauptete einen gehörnten Krieger. Zwei Nachtsäbler nahmen sich einen anderen Hund vor und schlugen so lange nach ihm, bis nur noch ein blutiger Kadaver übrig war.
Zwischen den beeindruckenden Kriegerinnen entdeckte Malfurion Tyrande.
Er wollte sie rufen, doch in diesem Augenblick sprang ihm ein Dämon entgegen. Der riesige Teufelswächter schlitzte ihn beinahe auf, doch dank seiner guten Reflexe konnte sich der Druide gerade noch zur Seite werfen. Er schlug auf und murmelte einen Zauber.
Das Erdreich unter den Füßen seines Gegners nahm eine feuchte, sandartige Konsistenz an. Der Teufelswächter sank bis zur Hüfte ein, konnte sich dann jedoch oben halten. Mit seiner freien Hand krallte er sich in den Boden und versuchte, sich aus dem Treibsand zu stemmen.
Malfurion ließ ihm diese Chance nicht. Er trat nach der Klinge in der Hand des Dämons. Der monströse Krieger wand sich und versuchte, nach seinen Beinen zu greifen. Malfurion stolperte, als sein Gegner seinen Fuß zu packen bekam. Er spürte, wie er in Richtung des Treibsandlochs gezogen wurde und legte seine Hand um den Griff des Schwertes.
Er holte aus und spaltete mit einem Schlag den Schädel des Teufelswächters.
Der Dämon versank. Malfurion richtete sich auf und sah, dass die Schlacht nicht gut für ihn und die seinen verlief. Die Schwestern hatten zwar die Oberhand gewonnen, aber einige befanden sich in akuter Gefahr.
Er hatte den Gedanken noch nicht vollendet, da wurde eine Priesterin auch schon von einer Teufelsbestie aus dem Sattel gerissen. Die Bestie durchbiss ihren Nacken, als bestünden die Knochen nur aus Stoff. Eine andere Schwester stürzte zu Boden, als ein Dämon seine Waffe durch die geöffneten Kiefer ihres Nachtsäblers stieß. Die Spitze der Klinge trat zwischen den Schulterblättern heraus. Ein zweiter Dämonenhund tötete die Priesterin nur wenige Sekunden später.
Malfurion war entsetzt, als sein Blick zu Tyrande zurückschweifte. Sie konzentrierte sich auf den Kampf gegen einen Teufelswächter und bemerkte nicht, dass der Hundemeister mit seiner Peitsche ausholte.
Er hatte wohl auf ihre Kehle gezielt, doch eine zufällige Bewegung ihres Reittiers verhinderte das. Stattdessen wickelte sich der Riemen um ihre Arme und presste sie an ihren Körper. Der Skelettkrieger zog Tyrande von ihrem Panther. Trotz ihrer Rüstung schien sie für ihn nicht schwerer als eine Puppe zu sein.
„Nein!“, schrie Malfurion und sprang vor.
Krasus, der gerade einen Zauber begonnen hatte, versuchte ihn zurückzuhalten. „Druide, du bist hier sicherer – “
Doch der Nachtelf interessierte sich nur für Tyrande. Er dachte nicht mehr an seine Fähigkeiten, sondern lief ihr durch den tobenden Kampf entgegen. Als er nahe genug herangekommen war, warf er sich nach vorne – allerdings nicht in die Richtung, in der sich Tyrande befand.
Er prallte gegen den gewichtigen Hundemeister, konnte ihn zwar nicht umwerfen, aber doch seine Konzentration stören. Die Peitsche löste sich von der Priesterin, die sanft im Gras landete.
„Narr!“, bellte der Hundemeister und ergriff den Druiden bei den Schultern. „Ich bin Hakkar… und du bist niemand!“
Er sah die Waffe nicht, die Malfurion aus dem Gürtel zog. Die schmale Klinge bohrte sich in den Ellenbogen des Dämons.
Hakkar heulte auf und ließ seine Beute los. Er zog den Dolch aus seinem Arm. Dickflüssiges Dämonenblut troff von der Klinge. Der Hundemeister setzte sie jedoch nicht gegen Malfurion ein, sondern warf sie achtlos zur Seite und griff nach seiner Peitsche. Mit erhobenem Arm ging er auf den Druiden zu.
„Sssseine Befehle lauten, dich wenn möglich lebend gefangen zu nehmen… ich glaube aber, dasss wird nicht möglich ssssein.“
Hakkar schlug zu. Malfurion krümmte sich zusammen, als Blitze über seinen Körper zuckten. Es fühlte sich an, als würde er bei lebendigem Leib verbrannt.
Doch ein Teil von ihm blieb trotz der Schmerzen ruhig. Dieser Teil konzentrierte sich auf Cenarius’ Lehren und hielt sich von der Pein fern. Das Feuer der Peitsche verging. Der Hundemeister traf ihn ein zweites und ein drittes Mal, aber er spürte nichts davon.
Malfurion wusste, dass die Angriffe früher oder später seinen Körper zerstören würden, auch wenn er den Schmerz nicht spürte. Die Lehren seines shan’do verhinderten das nicht, sie gaben ihm nur die Möglichkeit, sich zu verteidigen – falls er sich überhaupt verteidigen konnte.
„Vielleicht lassse ich dich doch ein wenig leben“, zischte Hakkar und schlug ein weiteres Mal zu. „Ein bissschen Leben genügt für die Folter… nur ein bissschen.“
Der riesige Dämon hob erneut die Peitsche.
Malfurions Blick richtete sich auf den Himmel. Die Wolkendecke unterstützte seine Bemühungen. Zuerst benötigte er jedoch die Hilfe des Windes, der die Wolken in Bewegung setzte. Ihnen gefiel die Störung nicht, und aus lauter Wut färbten sie sich rasch schwarz. Obwohl es Malfurion widerstrebte, schürte er ihren Zorn. Insgeheim zählte er auf ihre Eitelkeit. Schließlich gab es hier jemanden, der es wagte, seine eigenen Blitze zu schleudern.
Hakkar hielt seine Ruhe für das Eingeständnis seiner Niederlage. Seine Augen flackerten, als er weit ausholte. „Ein Schlag noch. Nur ein Schlag…“
Die Wolken grollten und erbebten.
Zwei gewaltige Blitze schossen aus dem Himmel und trafen den Dämon.
Hakkars Aufschrei erschütterte Malfurion bis ins Mark. Der Hundemeister wurde in helles Licht getaucht. Er riss die Arme empor, als wolle er umarmen, was ihn zerstörte. Seine schwarz verbrannte Peitsche entfiel seinen zitternden Fingern.
Die Teufelsbestien auf dem Schlachtfeld sahen auf und begannen zu jaulen.
Schließlich verging das himmlische Licht… und die aschgraue Leiche des Dämonenlords sackte haltlos zu Boden.
Die monströsen Hunde heulten noch ein letztes Mal, dann leuchteten ihre Körper auf, so wie sie es getan hatten, als Hakkar sie beschwor. Schließlich verschwanden sie. Nur ihr Klagen hallte noch für einen Moment über die Lichtung.
Ohne Hakkar und seine Teufelsbestien verloren auch die anderen Dämonen ihren Kampfeswillen. Als der letzte erschlagen worden war, eilte Krasus zu Tyrande.
Sie saß halb benommen im Gras. Als sie Malfurion sah, begann sie jedoch zu lächeln. Der Anblick ließ ihn seine eigenen Schmerzen vergessen.
„Tyrande, es ist ein Wunder, dass du hier bist…“
„Kein Wunder. Ich habe jemanden geheilt, der mir von einer Teufelsbestie hinter den Linien erzählte. Er beschrieb auch den Dämon, der sie anführte.“ Sie blickte kurz zu Hakkars Überresten. „Ich wollte dich und die anderen warnen, doch ihr wart bereits auf dem Weg hierher. Vielleicht hat Elune mein Denken gelenkt, denn ich ahnte, dass ihr in Gefahr wart.“
„Also hast du dich an die Schwestern gewandt. Nur wenige Soldaten könnten es mit ihnen aufnehmen.“