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Den beiden Nathrezim war es tatsächlich gelungen, die Toten zu erwecken, die von ihren Dämonenkriegern so brutal ermordet worden waren. Der Orc dachte an die Untoten-Geißel und deren dunkle Zauber. Was diese Kreaturen hier taten, war schlimmer als alles, was die Teufelswächter und Verdammniswachen anrichten konnten.

Brox stellte sich vor, wie er sich gefühlt hätte, wären seine ermordeten Kameraden plötzlich in den Reihen der Feinde aufgetaucht. Das war ein Sakrileg, eine Beleidigung der Geister. Eine unbezähmbare Wut stieg in ihm auf. Brox dachte an Rhonin und die Nachtelfen. Möglicherweise waren sie entkommen, doch es trieben sich so viele wandelnde Tote in der Stadt herum, dass sie vielleicht gerade um ihr Leben kämpften… oder es bereits verloren hatten. Und wenn sie es verloren hatten, würden sie sich wahrscheinlich bald den Reihen der Untoten anschließen. Brox konnte sich nicht länger zurückhalten. Er erhob sich aus seinem Versteck, stieß seinen Schlachtruf aus und stürmte seinen Feinden entgegen.

Sein Schrei hallte durch die Stille. Es bereitete ihm Freude, als er sah, dass die Dämonen erschrocken zusammenzuckten. Ihre Verblüffung verlangsamte ihre Reflexe. Darauf hatte der Orc gezählt.

Die Axt, die Malfurion und der Halbgott für ihn erschaffen hatten, schnitt widerstandslos in die gepanzerte Brust des ersten Teufelswächters. Dessen Eingeweide quollen hervor. Noch während er zusammenbrach, trennte Brox bereits den Unterarm seines zweiten Feindes ab.

Die Schreckenslords unterbrachen ihre Zauber nicht. Sie verließen sich auf die anderen Dämonen. Allerdings hatten sie noch nie gegen Orcs gekämpft – zumindest nicht in dieser Zeit –, und ihr fehlendes Wissen war ein Vorteil für Brox. Er prallte gegen eine Verdammniswache und warf sie mit seinem beträchtlichen Gewicht um. Elegant wich er deren Schwertstoß aus.

Brox schlug nach seinem geflügelten Gegner und parierte den Hieb eines zweiten Feindes. Er halbierte den Dämon. Mit dem nächsten Schlag zertrümmerte er den Schädel des ersten Gegners.

Jetzt endlich schaute einer der beiden Zauberer auf. Er unterbrach sein Tun und zeigte mit einer Hand auf Brox.

Verzweifelt warf sich der Orc zur Seite. So sorgte er dafür, dass der Zauber die hinter ihm befindliche Verdammniswache traf. Die geflügelte Gestalt schrie und krümmte sich zusammen. Ihre Brust blähte sich auf und zerplatzte.

Ein Hieb traf den Orc von hinten. Brox schüttelte sich benommen. Der letzte noch lebende Teufelswächter stand über ihm. Der Nathrezim lief auf ihn zu. Schadenfreude leuchtete in seinem dämonischen Gesicht.

„Du wirst gut für uns kämpfen“, zischte er. „Viele deiner Freunde töten…“

Der Gedanke, dass er als Toter Tyrande und den anderen entgegenstolpern würde, entsetzte Brox. Er war bereit, den Tod zu akzeptieren – aber nicht diese Parodie des Sterbens.

„Nein!“ Brox richtete sich auf, wohl wissend, dass er keine Chance gegen die Waffen des Teufelswächters oder die Zauber des Nathrezim hatte.

Im gleichen Moment heulte der zweite Totenbeschwörer plötzlich auf. Seine Laute brachen jedoch ebenso plötzlich wieder ab, als er in blauen Flammen aufging.

Die beiden Dämonen fuhren herum und verschafften so Brox seine Chance. Er stürzte sich auf den zweiten Totenbeschwörer und riss die Axt hoch. Die scharfe Klinge trennte dessen Haupt vom Körper.

Eine Klinge stach in seine Seite. Brox grunzte schmerzerfüllt und wandte sich dem Angreifer zu. Seine Axt zertrümmerte dessen Schwert. Der Teufelswächter wollte sich zurückziehen, doch der Orc tötete ihn mit einem Schlag.

Schwer atmend sah er sich um. Aus den Trümmern eines umgestürzten Baumes trabte Rhonin auf seinem Nachtsäbler vor.

„Ich dachte, du könntest ein wenig Ablenkung gut gebrauchen.“ Der Zauberer betrachtete die Leichen. „Wenn ich mich unerwünscht eingemischt haben sollte, kannst du mir das ruhig sagen.“

Brox schnaufte. „Ein guter Krieger schätzt jeden Verbündeten, Mensch. Dieser Krieger dankt dir.“

„Ich sollte dir danken. Schließlich hast du die Totenbeschwörer gefunden. Der Anblick der lebenden Leichen hat mich zu sehr an die Schrecken der Untoten-Geißel erinnert.“

Brox suchte mit Blicken nach den Untoten, fand jedoch keinen.

„Keine Sorge, Brox“, beruhigte ihn Rhonin. „Als die Nathrezim fielen, verging auch ihr Zauber. Die Toten haben ihre Ruhe wieder gefunden.“

„Gut.“

„Du bist verwundet.“

Der Orc grunzte nur. „Ich war schon oft verwundet.“

Rhonin grinste. „Na ja, dann wirst du reiten. Jarod und die anderen warten bestimmt hinter dem Tor auf uns. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der ehrenwerte Captain sich weit von uns entfernen würde. Er hat schon Krasus und Malfurion verloren. Er wird Ravencrest nicht noch einmal mit leeren Händen gegenübertreten.“

Unter anderen Umständen hätte Brox das Angebot nicht angenommen. Bei seinem Volk galt es als beschämend, Anzeichen von Schwäche zu zeigen.

Doch er spürte, dass er mit seiner Stärke am Ende war. Ein guter Krieger brachte nicht diejenigen in Gefahr, die ihm geholfen hatten. Der Orc stieg auf den Nachtsäbler und überließ Rhonin die Zügel.

„Es beginnt…“, murmelte der Zauberer. „Sie experimentieren mit einer Armee aus Untoten. Wahrscheinlich arbeiten sie auch an anderen Orten damit.“

Im dichten Nebel war der Weg beschwerlich. Brox bemerkte einen toten Nachtelf. Seine Kleidung ließ darauf schließen, dass er in der Stadt gelebt hatte. Er regte sich nicht. Der Anblick erleichterte und bedrückte den Orc gleichermaßen.

„Du verstehst, was ich damit sagen will, nicht wahr, Brox?“

Der Orc verstand es. Jeder, der den letzten Krieg gegen die Brennende Legion und das schreckliche Nachspiel überlebt hatte, hätte es verstanden. In ihrer Zeit hatten alle die Horrorgeschichten über die Pestländer und die untoten Horden, die sie durchstreiften, gehört. Viele hatten miterleben müssen, wie Freunde und Familienangehörige von den Toten auferstanden und von ihnen angegriffen worden waren.

Die Untoten-Geißel hielt die Welt in ihren Klauen, wollte sie in ein riesiges Pestland verwandeln. Quel’Thalas war beinahe verloren, viele Gegenden Lordaerons ebenfalls. Die Untoten durchstreiften fast alle Länder.

Hier, in tiefster Vergangenheit, waren Rhonin und Brox gerade den ersten Anzeichen der Geburt dieser Geißel begegnet… und trotz ihres kleinen Sieges wussten sie, dass sie diesen Teil der Zukunft nicht mehr würden ändern können.

15

Die Stimme in Illidans Kopf flüsterte Dinge, die er anfangs für undenkbar hielt. Ja, er war eifersüchtig auf seinen Bruder, aber er würde ihm trotzdem niemals ein Leid zufügen. Eher hätte er sich den eigenen Arm abgeschlagen.

Und doch… der Gedanke hatte auch etwas Tröstliches, bot er ihm doch eine Möglichkeit, den Verlust von Tyrande in gewisser Weise wettzumachen. Im tiefsten Inneren glaubte Illidan nämlich immer noch, dass die Priesterin erkennen würde, wie weit er seinem Bruder überlegen war.

Der dichte Nebel, der sich von Zin-Azshari ausdehnte, hob nicht gerade seine Laune. Lord Ravencrest, auf den er in diesem Moment zuging, wirkte ebenfalls unzufrieden. Dazu hatte er auch allen Grund, denn trotz der Fortschritte, die sie errungen hatten, waren Malfurion und Krasus immer noch verschwunden. Und auch Rhonin war noch nicht von der Mission zurückgekehrt, an der er unbedingt hatte teilnehmen wollen. Illidan war davon überzeugt, dass die Nachtelfen ohne die anderen Zauberer überleben konnten. Aber wenigstens den Mensch wünschte er sich zurück. Rhonin war der Einzige, der ihm noch etwas beibringen konnte.

Illidan verbeugte sich tief vor seinem Herrn. „Mylord.“

„Erhebe dich, Zauberer. Du musst für deine Männer und dich selbst die Vorbereitungen zum Aufbruch treffen.“

„Aber Meister Rhonin…“

„Ist vor wenigen Minuten zurückgekehrt und hat mir Bericht erstattet. Seine Schilderungen haben mich davon überzeugt, dass wir sofort aufbrechen sollten. Wir müssen endlich die Dämonen vernichten und die Hauptstadt wieder einnehmen.“