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Archimonde beobachtete, wie sich seine Legionen vor den Zauberattacken und den anstürmenden Nachtelfen zurückzogen. Er beobachtete, wie sich die Landschaft vor ihm mit den waldgrünen Uniformen des Feindes füllte. Der Dämonenkommandant spürte ihren Triumph und hörte ihre Siegesrufe.

Wie leicht sich diese Kreaturen täuschen lassen, dachte er. Sie glauben wirklich, dass sie den Sieg errungen haben.

Der riesige Dämon wandte sich ab und folgte seinen fliehenden Dienern langsam und voller Selbstbewusstsein.

„Ahhh…“

Malfurion zuckte zusammen, als er diesen Laut aus Krasus’ Mund vernahm. Einen Moment später spürte er, dass es dem Magier schwerfiel, ihn festzuhalten. Der Druide sah nach unten. Sie flogen in so großer Höhe, dass er trotz des Beistands der magischen Feder schwer gestürzt wäre.

Er hielt sich so gut es ging an Krasus’ Armen fest und rief: „Was ist los?“

„Es… es fühlt sich an, als habe mir jemand mein schlagendes Herz aus der Brust gerissen! Ich… muss sofort landen.“

Der Nachtelf warf einen Blick auf die Landschaft. Er sah Bäume und anderes Grün. Ein Gebiet fiel ihm besonders auf, es wirkte ebenerdiger als der Rest. „Schafft Ihr es bis zu diesem Punkt?“, fragte er und zeigte in die entsprechende Richtung.

„Ich… werde es versuchen.“

Aber Krasus flog taumelnd und unsicher, und das Gebiet, das Malfurion ausgesucht hatte, verschwand schon bald zu seiner Rechten. Stattdessen flogen sie jetzt auf ein Waldstück zu, dessen Bäume vermutlich ihren Fall bremsen würden, ihnen aber auch die Knochen brechen konnten.

Krasus grunzte schmerzerfüllt und stieg ein wenig höher. Die Bäume glitten unter ihnen hinweg. Eine Ebene lag vor ihnen. Sie sanken ihr entgegen, zuerst langsam, dann viel zu schnell.

„Du… du musst dich selbst retten, Malf…“

Plötzlich ließ der Magier ihn los.

Wertvolle Sekunden verstrichen, bevor Malfurion erkannte, was er versuchen konnte. Er streckte seine Gedanken nach dem Gras aus.

Das Grün unter ihm wurde rasch größer und dichter. Die Grashalme pressten sich so eng aneinander, das sie wie eine Matratze wirkten. Als der Nachtelf darauf stürzte, fingen sie ihn auf und nahmen dann wieder ihre natürliche Form an. Jeder Knochen in Malfurions Körper knirschte, aber er überstand den Sturz unverletzt.

Er tastete nach seiner Schulter. Avianas Geschenk war verschwunden. Er atmete tief durch und dankte seiner Reaktionsschnelligkeit, die eine Katastrophe verhindert hatte.

Wie ein Falke, den der Pfeil eines Jägers getroffen hat, flog Krasus strauchelnd weiter. Malfurion konnte ihn nicht mehr unterstützen, sondern musste hilflos mit ansehen, wie der Drachenmagier abstürzte und hart im hohen Gras niederging.

Im Moment des Aufschlags zerfielen Krasus’ Flügel zu Staub. Haltlos stürzte er ins Gras und verschwand aus dem Blickfeld des Druiden.

„Meister Krasus! Krasus!“ Der Nachtelf kam auf die Beine und lief zu dem Punkt, an dem er seinen Gefährten vermutete.

Doch als er dort eintraf, fand er niemanden. Malfurion blieb ratlos stehen. Er war sich sicher, dass er am richtigen Ort suchte.

Dann hörte er ein kurzes Stöhnen aus südlicher Richtung. Malfurion lief durch das hohe Gras und bog es auseinander, um nach dem Ursprung des Geräuschs zu fahnden.

Wenig später erblickte er Krasus’ reglose Gestalt.

Er kniete neben dem Magier nieder und begann, nach äußeren Verletzungen zu suchen. Als er nichts fand, drehte er ihn auf die Seite. Etwas rutschte unter der Kleidung des Gefährten hervor.

Es war Krasus’ Feder. Sie wirkte braun und verdorrt. Der Druide berührte sie vorsichtig mit dem Zeigefinger und zuckte überrascht zurück, als sie zerfiel. Ihre Überreste verschwanden zwischen den Grashalmen.

Krasus stöhnte erneut. Malfurion legte ihn vorsichtig auf den Rücken und untersuchte ihn auf eventuelle Brüche. Doch trotz seines schweren Sturzes, schien er unverletzt zu sein. Seine einzige Wunde war wohl die, die ihn bereits während des Fluges gequält hatte.

Der blasse Magier öffnete die Augen. „Ich bin es Leid… in einem solchen Zustand aufzuwachen…“

„Vorsichtig, Krasus. Ihr solltet Euch noch nicht bewegen.“

„Bald schon werde ich mich gar nicht mehr bewegen… Malfurion, ich glaube, ich sterbe.“

„Was meint Ihr damit? Wieso? Was ist mit Euch geschehen?“

„Nicht mit mir… mit einem anderen. Ich bin mit Korialstrasz verbunden… und er mit mir. Ich glaube, dass er angegriffen wurde. Er ist dem Tode nahe… und wenn er stirbt, gibt es auch für mich keine Hoffnung mehr.“

Malfurion sah Krasus an und dachte verzweifelt darüber nach, wie er ihn retten konnte. „Kann ich irgendetwas tun?“

„Vielleicht… wenn du ihn… wenn du ihn heilen könntest… Aber er ist weit weg von hier… und er ist ein Drache. Das wäre sehr schwierig. Ich – “

Er brach ab. Malfurion fand keine Lösung. All die Fähigkeiten, die Cenarius ihn gelehrt hatte, halfen nichts, wenn sich das Ziel meilenweit entfernt befand.

Doch dann entdeckte er, halb verborgen unter den zerrissenen Gewändern des Zauberers, die Drachenschuppe. „Krasus… was ist damit?“

„Sie hat… uns eine Weile geholfen. Ein wenig von ihm… und ein wenig von mir. Das hat gereicht.“

„Das ist also seine Schuppe“, sagte Malfurion zu sich selbst. „Seine Schuppe.“

Es war ein waghalsiges, beinahe unmögliches Vorhaben, aber es war auch das einzige, was ihm einfiel. Er berührte die Schuppe und ließ seine Finger darüber gleiten. Er spürte die Macht, die darin lag. In Gedanken setzte er die verschiedenen Elemente der Druidenlehre zusammen und verband Dinge miteinander, die Cenarius nie verbunden hatte. Aber bestimmte Grundsätze galten überall… hoffte er.

„Ich glaube, ich habe eine Idee, Krasus.“

Doch der Magier antwortete nicht. Seine Augen waren geschlossen. Im ersten Moment befürchtete der Nachtelf, er sei bereits gestorben. Er beugte sich vor und lauschte nervös auf Krasus’ Atem, der flach, aber regelmäßig ging. Malfurion entspannte sich ein wenig.

Er durfte nicht länger warten. Krasus hatte vielleicht nur noch Minuten zu leben.

Der Druide legte beide Hände auf die Schuppe und öffnete seinen Geist. Das Gras kannte ihn bereits und reagierte auf seinen Ruf. Der Wind fuhr durch seine Haare, und die Erde erwachte und erwartete neugierig sein Ansinnen.

Bevor er sie jedoch um etwas bat, musste er zuerst feststellen, ob er sich überhaupt mit dem Drachen Korialstrasz verbinden konnte. Mit geschlossenen Augen versetzte sich der Druide in die Schuppe und suchte nach einer Verbindung zu ihrem ursprünglichen Besitzer.

Was er fand, verwirrte ihn. Krasus und Korialstrasz waren so eng miteinander verwoben, dass er sie für einen Augenblick verwechselte. Doch dann erkannte er seinen Fehler und lenkte seine Gedanken auf den roten Drachen. Er hoffte, dass noch immer eine Verbindung zwischen Korialstrasz und der Schuppe existierte.

Zu seiner Überraschung gelang es ihm mit Leichtigkeit, dieses Band zu finden. Sein Geist wurde über Meilen hinweggerissen, bis er eine karge Berglandschaft erreichte. Die Landschaft und die Art der Fortbewegung erinnerten Malfurion an seinen Versuch, die Drachen jenseits der Barriere zu erreichen. Dieses Mal musste er jedoch nicht so weit reisen und zum Glück auch nicht den smaragdfarbenen Traum beschreiten.

Plötzlich wurde Malfurion von einem entsetzlichen Gefühl der Verlustangst getroffen. Beinahe hätte er das Bewusstsein verloren. Er fürchtete, mitten in Krasus’ und Korialstrasz’ Todeskampf zu geraten und wappnete seinen Geist. Dann tastete sich der Nachtelf erneut vor und berührte die ersterbenden Gefühle des Drachen.

Es hatte einen Kampf gegeben, einen furchtbaren Kampf. Im ersten Moment dachte Malfurion, die Brennende Legion habe angegriffen. Doch dann erkannte er aus den fragmentarischen Gedanken des Roten, dass andere – schwarze – Drachen seine Gegner gewesen waren.