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„Nein!“ Malfurion stieß seinen Bruder zur Seite und bat gleichzeitig Wald und Himmel um ihren Beistand.

Eine plötzliche, heftige Windböe traf den Dämonen und schleuderte ihn wie ein Blatt meterweit zurück. Er krachte gegen einen Baum, riss die Rinde auf und stürzte zu Boden.

Wie die Tentakel einer gigantischen Krake krochen die Wurzeln der nahe stehenden Bäume über den benommenen Angreifer. Der Dämon versuchte, sich zu erheben, aber seine Arme und Beine, sein Oberkörper und sein Kopf wurden zu Boden gedrückt. Er wehrte sich dagegen, was jedoch nur dazu führte, dass er seine Waffe verlor.

Als die Wurzeln ihr Opfer im Griff hatten, wichen sie zurück in den Boden – durch den Körper des Dämons.

Der monströse Angreifer zischte noch einmal wütend, dann trennten die Wurzeln seinen Kopf vom Körper. Grüner Schleim floss aus den schrecklichen Wunden. Die Teile des Dämons lagen am Boden wie ein Puzzle, das jemand durcheinander geworfen hatte.

Doch während Malfurion sich noch um den ersten Angreifer kümmerte, ließen sich bereits zwei weitere aus den Bäumen fallen. Illidan fluchte, kam auf die Beine und zeigte auf einen der beiden.

Der Dämon, der sich gerade auf ihn stürzen wollte, drehte sich um und schlug seinem Kameraden mit seiner Keule den Schädel ein.

Malfurion spürte plötzlich, dass etwas nicht stimmte. Die feinen Haare in seinem Nacken richteten sich auf. Er blickte über seine Schulter.

Eine vierbeinige Bestie sprang ihm im gleichen Moment entgegen. Zwei wirbelnde Tentakel mit zahnbewehrten Saugnäpfen bohrten sich in seine Brust. Sein Gesichtsfeld bestand nur noch aus gelben langen Zähnen. Fauliger Verwesungsgestank ließ ihn würgen.

Am Rande seiner Wahrnehmung hörte er, wie Illidans Schrei im hundeartigen Heulen einer Bestie unterging.

Man hatte sie überlistet. Der Frontalangriff war nur eine Finte gewesen, um sie von den Dämonen in ihrem Rücken abzulenken. Die Teufelsbestien hatten nur auf eine günstige Gelegenheit gewartet.

Malfurion schrie, als die Saugnäpfe die Magie aus seinem Körper rissen, so wie ihre Zähne schon bald das Fleisch aus ihm herauszerren würden. Teufelsbestien stellten für Zauberkundige eine besonders große Gefahr dar, denn die Dämonen witterten Magie und saugten sie aus den Körpern heraus, bis nur noch mumifizierte Hüllen übrig blieben. Hinzu kam, dass die Dämonenhunde sich vermehrten, wenn sie genügend Energie zu sich genommen hatten.

Er versuchte, die Tentakel aus seinem Körper zu reißen, aber sie saßen zu fest. Der Nachtelf spürte, wie seine Kräfte schwanden…

… und dann hörte er plötzlich ein Geräusch, das wie Regen klang.

Die Teufelsbestie schüttelte sich. Die Tentakel glitten von seinem Körper ab und peitschten durch die Luft, dann fiel der Dämon zur Seite und begrub beinahe Malfurions Arm unter sich.

Der Nachtelf blinzelte durch seine Tränen hindurch und sah, dass mehr als ein Dutzend scharfer Bolzen im Rücken der Teufelsbestie steckten. Jeder Bolzen hatte eine besonders empfindliche Stelle getroffen. Der Dämon war bereits tot gewesen, bevor er den Boden berührt hatte.

Aus dem Wald tauchten mehr als ein Dutzend Reiter auf, die grau-grüne Rüstungen trugen und auf jenen großen schwarzen Säbelzahnpanthern saßen, die Nachtsäbler genannt wurden. Die gewaltigen Katzen bewegten sich schnell und elegant zwischen den Bäumen hindurch.

„Verteilt euch!“, rief ein junger Offizier, dessen Stimme Malfurion bekannt vorkam. „Sucht die Umgebung nach weiteren Gegnern ab!“

Die Soldaten lenkten ihre Tiere rasch, aber vorsichtig in den Wald hinein. Malfurion verstand ihre Sorgfalt, denn bei Tageslicht waren sie nicht in Bestform. Trotzdem hatten sie erstaunliches Können bewiesen und dem jungen Druiden das Leben gerettet.

Der Offizier brachte seine zischende Katze vor Malfurion zum Stehen. Den Nachtsäblern gefielen die Ritte bei Tageslicht ebenfalls nicht, aber sie gewöhnten sich langsam daran.

„Sieht so mein Schicksal aus?“, fragte der leicht rundliche Nachtelf. Er schien Malfurion förmlich anzustarren, ein Eindruck, der durch die schrägere Augenstellung des Offiziers verstärkt wurde. „Muss ich dich jedes Mal davon abhalten, umgebracht zu werden? Ich sollte seine Hoheit um meinen alten Posten in der Suramar-Wache bitten.“

„Dann wäre das hier vielleicht anders ausgegangen, Captain Shadowsong“, antwortete Malfurion.

Der Soldat stieß frustriert die Luft aus. „Nein, wäre es nicht.

Lord Ravencrest würde mir ohnehin nie erlauben, zur Wache zurückzukehren. Er scheint zu glauben, Mutter Mond selbst habe mich dazu berufen, seine besonders wichtigen Diener zu beschützen.“

„Du kamst zusammen mit mir, einer Novizenpriesterin der Elune, einem rätselhaften Zauberer und einem Drachen zurück nach Suramar, Captain. Natürlich ist das Lord Ravencrest und den anderen Kommandanten aufgefallen. Sie werden dich nie wieder für einen einfachen Wachoffizier halten.“

Shadowsong verzog das Gesicht. „Ich bin kein Held, Meister Malfurion. Du und die anderen, ihr bringt Dämonen mit einem Blinzeln um. Ich versuche nur, euch zu beschützen, damit ihr das auch weiterhin tun könnt.“

Jarod Shadowsong hatte das Pech gehabt, Krasus zu verhaften, als dieser versuchte, nach Suramar zu gelangen. Der Zauberer hatte den Captain um Hilfe gebeten, was schließlich dazu führte, dass er, Malfurion und Korialstrasz aufeinander trafen. Der gute Offizier war leider so pflichtbewusst, dass er seinen Gefangenen durch all diese Ereignisse begleitet hatte. Als Lord Ravencrest darüber nachdachte, wen er mit dem Schutz seiner Zauberer betrauen sollte, hatte diese Tatsache den Ausschlag gegeben. Und so war Jarod Shadowsong zum Kommandanten einer kampfgestählten Truppe aufgestiegen, deren Mitglieder zumeist wesentlich mehr militärische Erfahrung als er selbst gesammelt hatten.

„Dieser Angriff war unnötig“, beschwerte sich Illidan, als er neben seinen Bruder trat. „Ich hatte die Situation unter Kontrolle.“

„Ich befolge nur meine Befehle, Meister Illidan. Ich habe zufällig gesehen, dass du das Lager entgegen den Anweisungen von Lord Ravencrest allein verlassen hast.“ Shadowsong sah erneut Malfurion an. „Und als ich dann erfuhr, wie lange du bereits vermisst wurdest…“

„Hmpf.“ Eine andere Antwort gab Illidan nicht. Ausnahmsweise waren sich die Zwillinge einig. Beide hielten nichts davon, dass Lord Ravencrest ihre ständige Bewachung angeordnet hatte. Das verstärkte nur ihre Fluchtbemühungen. Malfurion suchte das Alleinsein, weil es Teil seiner Magie war. Illidan suchte es, weil ihn die endlosen Ratssitzungen langweilten. Illidan interessierte sich nicht für Schlachtpläne. Er wollte losziehen und Dämonen vernichten.

Nur dass dieses Mal die Dämonen beinahe ihn vernichtet hätten. Weder er noch Malfurion hatten ihre Nähe gespürt. Das war eine unerwartete und besorgniserregende Veränderung. Die Brennende Legion hatte gelernt, ihre Mörder zu tarnen. Sogar der Wald hatte das Böse in seiner Umgebung nicht gespürt. Das konnte in zukünftigen Auseinandersetzungen zum Problem werden.

Ein Soldat ritt auf Shadowsong zu und salutierte vor ihm. „Wir haben die Gegend durchkämmt, Captain. Es sind keine weiteren – “

Ein ohrenbetäubender Schrei hallte durch den Wald.

Malfurion und Illidan fuhren herum und liefen auf die Quelle des Schreis zu. Shadowsong öffnete den Mund, um sie zurückzurufen, schloss ihn dann wieder und spornte sein Reittier an.

Sie mussten nicht weit laufen. Etwas tiefer im Wald stoppte die Gruppe und sah sich mit einem grauenhaften Anblick konfrontiert. Einer der Nachtsäbler lag am Boden. Etwas hatte seinen Körper aufgerissen und seine Eingeweide herausgezogen. Die glasigen Augen der großen Katze starrten blicklos in den Himmel. Das Tier war höchstens seit ein oder zwei Minuten tot.

Doch nicht die Katze hatte den markerschütternden Schrei ausgestoßen, sondern ihr Reiter, der auf sein eigenes Schwert gespießt an einer Eiche hing. Auch seine Brust hatte man aufgerissen – trotz der Rüstung. Vor seinen Füßen lagen Innereien. Sein Blick war ebenso leer wie der des Nachtsäblers.