Der Rote schwang seinen Schwanz wie einen riesigen Kriegshammer. Drei Verdammniswachen wurden von ihm hinweggefegt. Die anderen griffen mit ihren furchtbaren Klingen an und fügten den Schuppen sogar kleine Schnitte zu.
Auf dem Drachen begannen auch Krasus und Malfurion, sich zur Wehr zu setzen. Der Drachenmagier ließ einen leuchtend orangefarbenen Schild um sie herum entstehen, aber die Dämonen stürzten sich voller Wut darauf und schwächten, was er erschaffen hatte.
Der Nachtelf griff in seine Gürteltasche und nahm kleine Samen heraus, die er den Dämonen entgegenwarf. Dort, wo sie ihre Ziele berührten, platzten sie auseinander und wurden zu Efeu, der sich rasch nach allen Richtungen ausbreitete.
Die Dämonen zogen an den Pflanzen und hackten darauf ein, aber der Efeu wuchs schneller als sie ihn bekämpfen konnten.
Die Pflanzen legten sich um die Kehle eines Dämons und zogen zu. Es gab ein knackendes Geräusch, dann sackte die Verdammniswache zusammen und stürzte in die Tiefe.
Andere Dämonen konnten ihre Gliedmaßen und ihre Flügel nicht mehr bewegen. Zwei fielen schreiend dem Tod entgegen.
Krasus schrie auf, als ein Dämon, der den Schild überwunden hatte, auf seine Schulter einstach. Wütend zischte der Magier ein einzelnes, mächtiges Wort. Der Dämon begann zu jaulen, als sein Fleisch flüssig wie Wachs wurde und durch seine Flammenrüstung tropfte. Seine Knochen fielen in sich zusammen und verschwanden in der Tiefe.
Doch noch immer war die Luft voller Dämonen. Krasus hatte den Eindruck, dass sie absichtlich abgestellt worden waren, um entweder Korialstrasz’ Rückkehr abzuwarten oder die Ankunft eines anderen Drachen. Wären sie Neltharion begegnet, hätten sie ihn vielleicht so lange aufgehalten, dass Krasus ihn hätte besiegen können. Aber das war nicht geschehen.
Korialstrasz konnte sich wegen der Reiter auf seinem Rücken nicht so frei bewegen, wie er es gerne gewollt hätte, aber er setzte seine Fähigkeiten trotzdem mit großem Geschick ein. Ein Dämon kam ihm zu nahe und landete zwischen Korialstrasz’ Gebiss. Der Drache spuckte seine Überreste aus und schüttelte den Kopf.
„Die schmecken ja fürchterlich!“
Krasus sah sich misstrauisch um. Die Brennende Legion griff immer in mehreren Wellen an.
Er entdeckte vier Verdammniswachen, die nebeneinander flogen. Sie trugen etwas zwischen sich, das er im ersten Moment für ein langes und dickes Seil hielt. Als sie näher kamen, erkannte er jedoch, dass es kein Seil, sondern ein dehnbarer Metalldraht war.
Er blickte in die andere Richtung. Auch von dort näherten sich vier Verdammniswachen. Sie schienen sich auf Korialstrasz’ Flügel stürzen zu wollen.
„Malfurion, sieh mal!“
Der Druide folgte der Aufforderung und runzelte die Stirn. „Was haben die damit vor?“
„Wahrscheinlich wollen sie die Drähte um seine Flügel wickeln. Korialstrasz ist abgelenkt. Wir müssen uns etwas einfallen lassen.“
Der Magier bemerkte zwei weitere Gruppen, die sich ebenfalls mit den Drähten bewaffnet hatten. Die Dämonen hatten sich gut vorbereitet.
Die neuen Angreifer kamen immer näher. Die anderen Verdammniswachen kämpften umso heftiger, lenkten von der Bedrohung ab. Krasus und der Nachtelf versuchten sich zwar darauf zu konzentrieren, doch das ließ die Brennende Legion nicht zu.
Eine plötzliche Windböe trieb die höllischen Krieger auseinander. Malfurion atmete tief durch. Der Zauber hatte ihn angestrengt. Aber er hatte Krasus damit genügend Zeit verschafft.
Der Drachenmagier dachte an den Angriff, mit dem der Druide Hakkar getötet hatte. Dann betrachtete er die erste Dämonengruppe. Der Draht, den sie zwischen sich trugen, schwebte bereits über Korialstrasz’ linkem Flügel. Es durfte ihnen nicht gelingen, ihn einzuwickeln, denn mit nur einem Flügel konnte sich der Drache nicht in der Luft halten.
Der Blitz, den Krasus auslöste, traf zwar nur einen der Dämonen, doch der Draht, den sie alle festhielten, übertrug die tödliche Energie auf alle. Die monströsen Angreifer schrien und wanden sich in Krämpfen, dann ließen sie das Metall los und taumelten haltlos in den Nebel hinein.
Eine Gruppe hatte Krasus zwar aufgehalten, aber es gab mindestens fünf weitere, die den gleichen Plan hegten.
„Ich muss euch um einen Gefallen bitten“, rief der rote Drache. „Haltet euch fest, als hinge euer Leben davon ab, denn das tut es.“
Die beiden Reiter gehorchten. Krasus sagte: „Klemm deine Füße unter eine Schuppe, Malfurion! Beeil dich!“
Der Nachtelf befolgte die Anweisung. Im gleichen Moment drehte sich Korialstrasz auf den Rücken.
Die Taktik überraschte die Brennende Legion. Korialstrasz’ gewaltige Lederschwingen fegten einen Dämon nach dem anderen hinweg. Zwei der Gruppen, die Metalldrähte zwischen sich trugen, fielen den Flügeln zum Opfer.
Noch während der Drehung stieß der rote Drache drei rasche Feuerstöße hervor. Zwei Verdammniswachen verbrannten, die anderen konnten ausweichen.
„Vorsicht!“
Ein Geschoss schlug in die Brust des Drachen. Krasus’ Füße rutschten unter der Schuppe weg. Verzweifelt hielt er sich mit den Händen fest. Der Druide konnte ihm nicht helfen. Er benötigte all seine Kräfte, um sich selbst auf dem Drachen zu halten.
Die brennende Höllenbestie löste sich von ihrem Opfer und ließ sich in den Nebel fallen. Die Entfernung zum Boden interessierte sie nicht. Sie wusste, dass sie den Sturz unverletzt überstehen würde.
Die anderen Angreifer nutzten ihren Vorteil und kamen näher. Krasus trat nach einer Klinge, während er sich hoch zog und neuen Halt auf dem Drachen fand. Malfurion warf ein paar Samenkörner, aber die Dämonen hatten die Bedrohung erkannt und wichen ihnen aus. Nur eine Verdammniswache fiel dem Efeu zum Opfer – kein nennenswerter Verlust.
Krasus sah, dass eine Gruppe begonnen hatte, ihren Draht um seinen rechten Flügel zu wickeln. Er richtete seine Finger auf die vier und sprach einen knappen Befehl.
Seine Fingernägel lösten sich und flogen den Dämonen entgegen. Sie wuchsen, bis sie fast einen halben Meter lang waren und durchbohrten die vier Dämonen. Krasus rieb sich die Finger, an denen bereits neue Nägel zu wachsen begannen, und sah zu, wie die Verdammniswachen in den Tod stürzten.
„Korialstrasz!“, rief Krasus. „Wir müssen uns befreien! Auf diesen Kampf dürfen wir uns nicht mehr einlassen!“
Dieses Mal verstand ihn sein jüngeres Ich. Man sah ihm an, dass er den Kampf nicht abbrechen wollte, doch er ordnete sich Krasus unter.
„Das wird vielleicht schwieriger als du denkst“, antwortete er.
Krasus wusste genau, wie schwierig es sein würde. Die Verdammniswachen waren überall, und der Drache durfte sich wegen seiner Reiter nicht zu hektisch bewegen. Das wusste die Brennende Legion.
Aber sie mussten sich befreien. Sie hatten schon zu viel Zeit verschwendet.
Der Leviathan verbrannte eine unvorsichtige Verdammniswache, dann sagte er: „Ich habe eine Idee. Das hat schon einmal geklappt. Haltet euch fest!“
Weder Krasus noch der Nachtelf hatten ihren Griff gelockert. Trotzdem hielten sie sich jetzt noch krampfhafter an den Schuppen fest.
In diesem Moment hörten Korialstrasz’ Schwingen auf zu schlagen.
Der Drache fiel wie ein Stein und ließ die überrumpelten Dämonen über sich zurück. Als sie sich von ihrer Überraschung erholt hatten, war er bereits weit weg.
Immer tiefer fiel der Drache. Er benutzte seine Schwingen nur, um sich zu stabilisieren und nicht ins Trudeln zu geraten. Seine Passagiere klammerten sich mühsam fest.
Krasus befürchtete, dass sein jüngeres Ich den Boden in dem dichten Nebel nicht rechtzeitig sehen würde. Doch dann geschah etwas Seltsames. Der Nebel verschwand einfach. Es sah aus, als habe ein höheres Wesen einen Keil hineingetrieben. Der Himmel war immer noch ein wenig diesig, aber die Sicht war nun so gut, dass Krasus in weiter Ferne die Hügel erkennen konnte.
„Ha!“, brüllte Korialstrasz triumphierend. Er schlug mit den Flügeln und verwandelte seinen Fall in einen sanften, geraden Flug. Von der Brennenden Legion war nichts zu sehen Korialstrasz wartete auch nicht auf sie. Er flog wieder dem ursprünglichen Ziel entgegen. Seine Geschwindigkeit war so gewaltig, dass kein Dämon ihm folgen konnte.