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Der Dämonenkommandant riss sich zusammen. Sargeras ließ kein Versagen zu. Archimonde sandte seine Gedanken aus und befahl jeder Verdammniswache und jedem Eredar, sich auf die herannahenden Clans zu konzentrieren. Er war sicher, dass selbst Drachen nicht der Macht seiner Zauberer widerstehen konnten. Also wandte er seine Aufmerksamkeit wieder der Schlacht zu. Die Drachen überließ er den Nathrezim und den Hexenmeistern. Schließlich waren die Leviathane Geschöpfe dieser Welt und daher an ihre Gesetzmäßigkeiten gebunden. Auf die Legion traf das nicht zu. Sie bestand nicht aus weltlichen Wesen. Schon deshalb waren sie in diesem Krieg den Drachen überlegen. Und nichts würde ihren glorreichen Sieg mehr verhindern können.

Tyrandes Schwestern waren bis zu einigen Hügeln zurückgedrängt worden, auf denen ein paar tote Eichen standen. Der unerwartete Gegenangriff der Dämonen hatte die Nachtelfen völlig aus der Bahn geworfen. Die Schwestern versuchten zwar, die Kämpfer zu motivieren, aber ihnen fehlte es selbst an Hoffnung.

Die neue Hohepriesterin musste zu Fuß kämpfen, nachdem sich ihr Nachtsäbler todesmutig den Klingen entgegengeworfen hatte, die für seine Herrin bestimmt gewesen waren. Tyrande hatte die Dämonen getötet und widmete sich jetzt einer Schwester, die bei dem Angriff schwer verletzt worden war. Sie zog die blutüberströmte Frau auf die Äste eines Baumes und hoffte, dass sie dort kein Angreifer bemerken würde.

Aus dieser Höhe wirkte der Kampf hoffnungslos. Tyrande sah eine wahre Dämonenflut, die ihr Volk von allen Seiten bedrängte. Überall wurden Nachtelfen bestialisch ermordet.

„Elune, Mutter Mond“, murmelte sie. „Gibt es denn nichts, das du für deine Kinder tun kannst? Die Welt wird hier enden, wenn wir verlieren.“

Aber anscheinend hatte die Göttin alles gegeben, was sie zu geben bereit war, denn der Tod ließ nicht von den Nachtelfen ab. Tyrande kümmerte sich um ihre Schwester, fragte sich aber gleichzeitig, ob das überhaupt noch wichtig war.

Plötzlich überkam sie das seltsame Gefühl, beobachtet zu werden. Die Hohepriesterin unterbrach ihren Heilzauber. Sie blickte über ihre Schulter, war sicher, dass sie einen Schatten aus den Augenwinkeln gesehen hatte. Doch als sie genauer hinschaute, fand sie nur ein paar tote Bäume.

Sie wollte schon wieder zu ihrer Arbeit zurückkehren, als etwas ihre Aufmerksamkeit erregte. Tyrande blickte zum Himmel. Ihre Hoffnung kehrte zurück.

Drachen flogen über sie hinweg. Drachen aller Clans.

„Gepriesen sei Elune!“, stieß sie hervor.

Entschlossen und hoffnungsvoll wandte sie sich wieder ihrem Heilzauber zu. Mutter Mond hatte ihre Gebete also doch noch einmal erhört. Sie hatte den Nachtelfen eine Unterstützung geschickt, gegen die selbst die Brennende Legion machtlos war. Was musste man jetzt noch fürchten?

Die Drachen verteilten sich am Himmel, wie es Neltharion befohlen hatte. Unterschiedliche Farben fanden sich zusammen, um die Eigenheiten und Fähigkeiten der einzelnen Clans möglichst gleichmäßig aufzuteilen. Neben dem Erdwächter hielten sich Alexstrasza, Ysera, Malygos und die bronzefarbene Gefährtin des Zeitlosen auf. Hätte Neltharion die rote Königin angesehen, wäre ihm aufgefallen, dass ihre Blicke die Umgebung absuchten, als hoffe sie, dort jemanden zu finden. In seinem Wahnsinn war dem Schwarzen aber noch nicht einmal aufgefallen, dass ihr jüngster Gefährte fehlte.

Die Nachtelfen und Dämonen am Boden hatten die Drachen bemerkt. Neltharion grinste. Sein Publikum war bereit.

„Jetzt werden unsere Feinde die Drachenseele zu spüren bekommen!“, donnerte er.

Die kleine Scheibe leuchtete so hell, dass jeder Drache außer Neltharion sich abwenden musste. Der Erdwächter ignorierte das Brennen in seinen Augen, so hingerissen war er von dem Anblick.

Die Drachenseele schlug zu.

Ein Blitz wie aus purem Gold schoss aus ihr hervor. Es war ein Blitz, der reiner als die Sonne und die Sterne war, reiner als das Licht des Mondes. Er fegte über die Dämonenhorden hinweg und vernichtete die Brennende Legion, wo auch immer er sie traf.

Die Dämonen heulten. Die Dämonen kreischten. Sie flohen vor dem tödlichen Licht, liefen schneller davon, als sie je zuvor gelaufen waren. Die Furcht, die ihnen noch vor kurzem fremd gewesen war, holte sie jetzt mit aller Macht ein.

Die Nachtelfen standen so still, dass sie wie aus Stein gemeißelt wirkten. Selbst die arrogantesten Adligen starrten ungläubig auf das Schauspiel vor ihren Augen. Die Macht, die sie dort erblickten, verdeutlichte ihnen, wie lächerlich die Magie des Brunnens war.

Nur Rhonin stand kopfschüttelnd zwischen ihnen. „Nein… nein… nein.“

Illidan beobachtete den unvorstellbaren Vernichtungszug voller Neid. Er begriff, dass all das, was er erlernt hatte, nichts war im Vergleich zur Magie der Drachen.

Auf der anderen Seite der Schlacht erzitterte Archimonde, als seine mächtige Armee hinweggefegt wurde. Er spürte bereits Sargeras’ Wut und wusste, dass sein Herr ihn, nicht etwa Mannoroth oder die Hochwohlgeborenen, dafür zur Verantwortung ziehen würde.

Die Brennende Legion wehrte sich, auch wenn es sinnlos war. Die Eredar und Nathrezim schleuderten der Scheibe und dem Erdwächter ihre dunkle Magie entgegen. Sie warfen Sprüche, um die Drachenseele einzuschmelzen und Neltharion das Fleisch von den Knochen zu reißen. Dann griffen sie die restlichen Drachen an und versuchten, sie zu vernichten.

„Es ist so weit!“, brüllte der Erdwächter. Es fiel ihm schwer, seinen Wahnsinn zu verbergen. „Verbindet euch!“

Die anderen Leviathane vereinten sich im Geiste. Da sie bereits einen Teil ihrer selbst in die Drachenseele gepflanzt hatten, fiel es ihnen leicht, noch mehr Energie hineinzuleiten.

Spöttisch lächelnd warf Neltharion den Hexenmeistern die Kräfte der Scheibe entgegen.

Die Eredar zerfielen zu Staub. Ihre Schreie waren kurz, aber voller Entsetzen. Schreckenslords fielen aus dem Himmel, als das Licht sie bis auf die Knochen verbrannte. Die Hexenmeister starben auf hundert verschiedene Arten, die Scheibe warf ihre eigenen Zauber auf sie zurück.

Schließlich flohen selbst die Furchtlosesten voller Panik. Dieser Macht hatten sie nichts entgegenzusetzen. Auch ihre Furcht vor Sargeras hielt sie jetzt nicht mehr zurück.

Als die Teufelswächter, die Verdammnisgarde und die anderen sahen, wie ihre Brüder den Drachen zum Opfer fielen, schwand auch ihr Mut. Archimondes Armee löste sich auf. Seine Drohungen verhallten ungehört. Selbst, als er einige Dämonen erschlug, liefen die anderen einfach weiter.

Lord Ravencrest stellte sich im Sattel seines Nachtsäblers auf. „Der Sieg ist unser!“, brüllte er. „Für Kalimdor und Azshara!“

Die Soldaten nahmen seinen Ruf auf. Die Streitmacht warf sich dem Feind entgegen. Der Sieg schien zum Greifen nah.

Nur Rhonin zögerte. Nur er kannte die Wahrheit. Aber wie sollte er anderen davon erzählen? Hatte die Drachenseele nicht genau das getan, wofür man sie angeblich erschaffen hatte?

Er sah sich nach Krasus um, dem Einzigen, der außer ihm die Bedrohung verstand und vielleicht sogar wusste, was zu tun war.

Aber von seinem ehemaligen Lehrer fehlte jede Spur.

Neltharion brüllte triumphierend, als die winzigen Dämonen unter ihm flohen. Er hatte die Macht der Drachenseele und damit auch seine eigene Überlegenheit bewiesen.

Doch dann störte eine Gestalt, deren Verrat er bereits spürte, seinen Augenblick des Triumphs.

„Neltharion“, sagte Alexstrasza angespannt. „Die Dämonen fliehen. Die Seele hat ihre glorreiche Aufgabe erfüllt. Jetzt sollten wir die Verbindung lösen und sie von allen Seiten angreifen.“

„Nein!“ Er sah sie drohend an, gab sich keine Mühe mehr, seinen lodernden Wahnsinn zu verbergen. „Nein! Ab jetzt bestimme ich, was getan wird. Ich, nicht du, Alexstrasza!“