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Seine Antwort überraschte Malfurion. „Aber du hast doch gerade gesagt – “

„Was die Narren hören wollen – was der gute Captain Varo’then oder die Hochwohlgeborenen glauben… was ich selbst einst glaubte. Sargeras wird die Welt für seine Anhänger reinigen… und dann wird er sie vernichten, weil er das Leben in jeglicher Form hasst. So einfach ist das.“

„Meinst du nicht eher, so blutrünstig und irrsinnig ist das?“

Der Satyr hob die Schultern. „Alles eine Sache der Perspektive…“

Malfurion hatte genug gehört. Seine Hand tastete nach einer Gürteltasche.

Plötzlich griffen kräftige Arme nach ihm und hielten ihn fest. Der Druide versuchte sich zu wehren, aber seine Angreifer waren zu stark.

Es waren Satyrn, die ihn jetzt zu Xavius brachten, der breit grinste. Seine schrecklichen Augen schienen den Nachtelfen zu verhöhnen.

„Als mich der ruhmreiche Lord Sargeras auf diese Welt zurückschickte, verlangte er von mir vor allem anderen, ihm den zu bringen, der das erste Portal zerstört und damit seine Ankunft verhindert hat.“

Malfurion antwortete nicht, rang nur stumm mit seinen Gegnern.

Xavius beugte sich vor. Sein fauliger Atem strich über das Gesicht des Nachtelfen. „Aber er hat nicht gesagt, in welchem Zustand ich dich zu ihm bringen soll. Also fragte ich mich, ob ich dich ihm einfach so überlassen soll?“ Er kicherte. „Nein, sagte ich mir. Mein Herr wünscht, dass Malfurion Stormrage so sehr leidet, wie es nur möglich ist, und meine Pflicht ist es, diesen Wunsch zu erfüllen.“

Zu Malfurions Entsetzen ging der Gehörnte zurück zu Tyrande, deren Schlaf seltsam tief zu sein schien. Er beugte sich zu ihr hinab, bis sein Mund fast den ihren berührte.

„Lass sie in Ruhe!“, schrie der Druide.

Xavius drehte den Kopf und sah Malfurion an. „Ja, dachte ich, er muss leiden… aber wie? Er ist ein entschlossener junger Mann, der sich selbst opfern würde… aber was ist mit anderen? Was ist mit denen, die er liebt?“

Seine Klauenhand streichelte das Haar der Priesterin. Malfurion wand sich im Griff der Satyrn. Am liebsten hätte er seine Hände um Xavius’ Hals gelegt. Er hatte noch nie ein anderes Wesen gehasst – abgesehen von den Dämonen –, doch in diesem Moment hätte er dem ehemaligen Berater ohne Reue die Kehle zerquetscht.

Seine Wut amüsierte Xavius. Er sagte: „Ich habe schon bald bemerkt, dass es zwei Personen gibt, die Malfurion besonders mag. Die eine ist wie ein Bruder für ihn… um genau zu sein, es ist sein Bruder, sogar sein Zwilling. Als Kinder waren sie unzertrennlich, mittlerweile haben ihre Interessen und Sehnsüchte sie in verschiedene Richtungen getrieben, aber natürlich liebt Malfurion seinen Bruder noch – auch wenn Illidan Neid für den empfindet, dem sie den Vorzug gegeben hat…“

„Du hast mich. Lass die beiden in Ruhe.“

„Was wäre das denn für eine Strafe?“, fragte Xavius und erhob sich. Sein Gesicht nahm einen grausamen Zug an. „Was wäre das denn für eine Rache? Wie groß wird dein Schmerz sein, wenn du nicht nur einen von beiden verlierst, sondern beide.“ Er lachte. „Dein Bruder ist bereits verloren, auch wenn er das selbst noch nicht erkannt hat. Diese Person hier hätte ich beinahe übersehen… deshalb danke, dass du unsere Aufmerksamkeit auf sie gerichtet hast.“

Die anderen Satyrn stimmten in das Lachen ihres Anführers ein. Malfurion verfluchte sich, weil er Tyrande gebeten hatte, ihm und Krasus zu helfen. Er trug Schuld, dass sie in die Gewalt dieser Ungeheuer geraten war.

„Nein, bei Elune! Das werde ich nicht zulassen!“

„Elune…“ Xavius sprach den Namen angewidert aus. „Es gibt nur einen Gott… und sein Name ist Sargeras.“

Er schnippte mit den Fingern, und die Satyrn zwangen den Druiden in die Knie. Xavius ging auf ihn zu. Seine Hufe schlugen laut gegen den Fels. Jeder Schritt hallte in Malfurions Kopf wider.

Doch plötzlich hörte er eine Stimme, die ihm so vertraut wie seine eigene war.

Bruder?

„Illidan?“, stieß er hervor.

„Ja“, antwortete Xavius, der glaubte, die Frage sei an ihn gerichtet. Er nahm wohl an, sein Gefangener wolle erfahren, was er dem Zauberer angetan hatte. „Er war erstaunlich zugänglich. Er liebt sie so sehr wie du, Malfurion… und er kommt nicht darüber hinweg, dass sie dich erwählt hat.“

Illidan liebt Tyrande? Der Druide wusste, dass sein Bruder sie mochte, aber nicht in diesem Ausmaß. Und sie liebt… mich?

Erst jetzt fiel ihm wieder ein, dass sein Bruder in seinen Gedanken war. Dessen Wut und Scham über die Enthüllung brandeten über Malfurion hinweg. Die Intensität der Gefühle erschreckte den Druiden.

Xavius missverstand seine Reaktion. „Ist das eine Überraschung? Ist es nicht wundervoll zu wissen, dass dich jemand liebt? Und ist es nicht furchtbar zu wissen, dass sie deshalb ebenso furchtbar gequält werden wird wie du?“

Illidan! Malfurion wandte sich an seinen Bruder. Illidan, Tyrande ist in Gefahr!

Nicht etwa Sorge, sondern Verachtung schlug ihm von seinem Bruder entgegen. Wieso wendet sie sich dann nicht an dich, den mächtigen ruhmreichen Herrscher über die Natur? Welche Hilfe kann sie schon von einem albernen Amateur erwarten, den seine Augenfarbe zu falschen Hoffnungen und Träumen verführte?

Illidan, man wird sie foltern! Sie wird zu Tode gefoltert werden!

Sein Zwilling antwortete nicht. Er schien sich zurückgezogen zu haben. Die Verbindung war noch vorhanden, aber sehr schwach.

Illidan!

Der Anblick des Satyrs riss Malfurion aus seinen Gedanken. Die Blicke aus den unnatürlichen Augen bohrten sich in seinen Geist, als wollten sie unbedingt herausfinden, was dort vor sich ging.

„Ich kann kaum glauben, dass du für mein Schicksal verantwortlich bist“, zischte Xavius. „Wenn du mein Todfeind bist, dann habe ich Sargeras’ Bestrafung mehr als verdient.“

Er schnippte abermals mit den Fingern. Ein halbes Dutzend Satyrn tauchte zwischen den Bäumen auf. Xavius zeigte auf Tyrandes leblosen Körper, während sein Blick in Richtung des Schlachtenlärms wanderte. „Sie werden bald hier sein. Lasst uns verschwinden, bevor es hier… unangenehm wird.“

Xavius kehrte zu Tyrande zurück. Drei Satyrn, die einmal Hochwohlgeborene gewesen waren, hoben ihre Hände und begannen einen Zauber. Malfurion erkannte sofort, dass sie ein Portal erschaffen wollten. Auf diese Weise konnten sie Zin-Azshari schnell und gefahrlos erreichen.

Dort würde es keine Hoffnung mehr für Malfurion und Tyrande geben.

Illidan! Ein letztes Mal schrie er den Namen seines Bruders, erhielt aber keine Antwort. Er war allein.

Die Schlacht kam näher. Ein schwarzer Riss entstand zwischen den drei Satyrn.

Xavius griff nach Tyrande. Sein Grinsen war breiter und boshafter als je zuvor. „Ihr wird es in der Gesellschaft des großen Sargeras gefallen“, sagte er sarkastisch. „Bevor sie stirbt…“

Das Portal erreichte seine volle Größe. Xavius hob die Priesterin mühelos hoch. Doch dann… bohrte sich warnungslos ein gefiederter Pfeil in seine Schulter!

23

Die dunklen Gedanken überwältigten Illidan. Er hatte Rhonins Befehl befolgt und seinen Bruder gefunden, doch dieser hatte ihn nur an seine Fehlschläge und Schwächen erinnert. Was machte es da schon, dass sein Bruder und die Frau, die er liebte, in irgendeiner schrecklichen Gefahr schwebten? Wichtig war nur, dass Malfurion Tyrande für sich gewonnen hatte, ohne überhaupt zu verstehen, dass er Teil eines Wettbewerbs gewesen war. Sein naiver Bruder war über den größten aller Preise gestolpert, während Illidan, der so hart dafür gekämpft hatte, nur ein gebrochenes Herz bekommen hatte.

Ein kleiner Teil von ihm bettelte darum, den beiden trotzdem helfen zu dürfen. Zumindest Tyrande musste gerettet werden. Immerhin war sie in die Fänge der Brennenden Legion geraten.