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Xavius’ Körper blähte sich auf wie der eines toten Fischs. Er schrie wutentbrannt auf. Flammen bildeten sich an seiner Hand. Er berührte den Pfeil damit und wollte ihn so in Brand setzen. Erneut schrie er auf, dieses Mal schmerzerfüllt, denn die Wurzeln waren bereits so sehr mit seinem Körper verschmolzen, dass er auch ihren Schmerz spürte.

Seine Klauen verkrampften sich und wurden zu kleinen Zweigen, aus denen grüne Blätter sprossen. Die Hörner des Satyrs begannen zu wachsen und verwandelten sich in große Laub besetzte Äste. Xavius wurde nicht zu einem Baum. Sein Körper versorgte das Holz nur mit Lebenskraft und den notwendigen Vitalstoffen.

„Das ist nicht das Ende, Malfurion Stormrage!“, schrie Xavius. „Das ist nicht das Ende!“

Der Druide ließ sich nicht davon beeindrucken. Er musste sich konzentrieren, um den Zauber trotz der starken Gegenwehr des Satyrs und dem ablenkenden Schlachtenlärm zu vollenden.

„Doch, das ist das Ende“, flüsterte er mehr zu sich selbst als zu Xavius. „Es muss das Ende sein.“

Der Satyr brüllte ihm ein letztes Mal seinen Hass entgegen, dann verschwand sein Körper in dem aufblühenden Baum. Aus Xavius’ Haut wurde Rinde. Sein schreiender Mund verwandelte sich in ein Astloch. Krieger sprangen zur Seite, um den Wurzeln auszuweichen, die sich tief ins Erdreich gruben.

Zwischen all dem Tod und der Zerstörung erblühte jetzt ein Baum, ein Symbol für den Sieg des Lebens über die Verdammnis.

Malfurion brach erschöpft in die Knie. Er wollte sich aufrichten, aber seine Beine gaben unter ihm nach. Er hatte seine ganze Kraft für den Zauber gegen Xavius geopfert. Zwar tobte die Schlacht noch immer um ihn herum, aber er wollte sich nur noch unter den Baum legen und schlafen.

Dann dachte er an Tyrande.

„Tyrande!“ Es erschien dem Nachtelf, als müsse er sich gegen Eisenketten stemmen, um auf die Beine zu kommen. Im ersten Moment sah er nur Soldaten und Dämonen, doch dann entdeckte er die drei Satyrn, die immer noch das Portal geöffnet hielten. Und nur wenige Meter entfernt trug ein vierter Satyr Tyrande darauf zu.

„Nein!“ Er bat den Wind um Hilfe, der aufheulte und sich gegen den Dämon warf. Malfurion stolperte ihm erschöpft entgegen.

Ein Pfeil traf den Satyr in die Brust. Er blieb einen Moment reglos stehen, dann brach er zusammen. Tyrande rutschte aus seinen Armen. Aber der Wind, der wusste, was der Druide wünschte, sorgte dafür, dass sie auf einer Brise sanft zu Boden glitt.

Malfurion bedankte sich bei dem Wind und seinem unbekannten Retter. Dann ging er schwerfällig auf Tyrande zu. Er musste um jeden Schritt ringen, aber die Belohnung, die am Ende des Weges auf ihn wartete, hielt ihn aufrecht.

Im gleichen Moment löste sich ein Satyr aus der Dreiergruppe. Das Portal schimmerte und wurde instabil.

Die gehörnte Gestalt hob Tyrande auf.

Der Nachtelf schrie und warf sich dem Satyr entgegen. Doch sein Sprung war zu kurz, er schlug auf den Boden. Ein Pfeil schoss an ihm vorbei und riss das Ohr des Dämons auf. Blut tropfte auf seine Schulter, aber der Satyr ließ seine Beute nicht los, sondern sprang durch das Portal.

Er und Tyrande verschwanden.

Die beiden letzten Satyrn folgten ihm durch das Tor, das sich bereits aufzulösen begann. Als der letzte Dämon es passiert hatte, löste es sich auf. Nur die karge Landschaft blieb zurück.

Mit dem Portal endete auch Malfurions Hoffnung.

Das war zu viel für ihn. Der Nachtelf brach zusammen. Er ignorierte die Kämpfe, die um ihn herum tobten. Er hatte Xavius ein zweites Mal besiegt und dafür gesorgt, dass der Hochwohlgeborene, der die Brennende Legion nach Kalimdor geholt hatte, nie wieder Böses tun würde… doch all das hatte keine Bedeutung mehr. Tyrande war eine Gefangene der Dämonen.

Tränen liefen über sein Gesicht. Der Himmel verfinsterte sich, aber der Druide bemerkte es nicht. Er hatte versagt. Etwas anderes interessierte ihn nicht mehr.

Versagt.

Die Tropfen, die auf ihn herabfielen, vermischten sich mit seinen Tränen. Ein Sturm brach los, wütete um den Druiden herum und verschonte nur ihn. Die zuckenden Blitze und der laute Donner spiegelten Malfurions düstere Gedanken wider. Ohne Tyrande war nichts mehr von Bedeutung. Das wusste er jetzt.

Der Wind trauerte heulend um die Priesterin. Der neue Baum, der auf dem Hügel entstanden war, bog sich unter den Sturmböen, die über das Land fegten.

Schließlich drang trotz seiner Verzweiflung eine Stimme bis zu ihm durch. Zuerst nahm er sie als störendes Flüstern wahr, dann als Laute, das in seinen Ohren widerhallten. Malfurion presste die Hände auf die Ohren, um das Geräusch auszublenden und in die Schwärze seiner Gedanken zurückzukehren. Aber die Stimme begann seinen Namen zu sagen und wurde mit jedem Mal lauter.

„Malfurion! Malfurion! Du musst dich aus diesem Zustand befreien, bevor du alles und jeden ertränkst!“

Er erkannte die Stimme. Ein Teil von ihm wollte sie ignorieren, aber ein anderer wehrte sich dagegen. Er tauchte aus der Dunkelheit empor, richtete den Blick nach außen, nicht mehr nach innen – und sah die Naturkatastrophe, die sich um ihn herum abspielte.

Der Regen fiel mit solcher Macht, dass ihm nichts widerstehen konnte. Außer dem Druiden blieb nur der neue Baum davon verschont.

„Was – “, stieß Malfurion hervor. Er hatte das Wort noch nicht vollendet, da brach der Sturm auch über ihn herein. Er fiel zu Boden. Regentropfen prasselten gegen seinen Körper.

Eine gewaltige Gestalt schälte sich plötzlich aus dem Regen und dem heulenden Wind hervor. Der Nachtelf sah auf und erblickte einen geflügelten Riesen, der auf ihn zu flog. Er dachte an die Halbgöttin Aviana und fragte sich, ob das die Gestalt war, die sie als Todesbotin annahm. Doch er gehörte nicht zu den Wesen der Lüfte, und der Druide bezweifelte, dass sie ihn holen würde.

Mit donnernder Stimme gab sich der Gigant zu erkennen. „Nachtelf! Bleib wo du bist. Ich kann mich in diesem Chaos nur schwer orientieren und will dich nicht versehentlich zerquetschen.“

Korialstrasz griff mit einer Klaue nach Malfurion und hob ihn empor. Der Drache hatte gewaltig mit dem Sturm zu ringen. Der Nachtelf spürte, dass er nicht völlig bei Kräften wahr. Es war fast schon ein Wunder, dass er den Kampf gegen Neltharion überlebt hatte.

Sie stiegen höher. Malfurion warf einen Blick auf die unter ihm befindliche Landschaft. Beide Armeen flohen. Die Dämonen liefen durch das Gebiet, das Neltharion verwüstet hatte, die Nachtelfen in die entgegen gesetzte Richtung. Beide Seiten kämpften jetzt gegen einen neuen Feind, gegen den Regen, der Erdrutsche auslöste und Wege unterspülte. Ein Teil eines Hügels löste sich vom Rest und begrub einige Teufelswachen. An anderer Stelle rutschte ein Nachtsäbler auf einer Hügelkuppe aus und stürzte mitsamt seinem Reiter in die Tiefe.

Inmitten des tosenden Sturms entdeckte Malfurion eine kleine Gestalt, die sich auf dem Hügel, von dem Korialstrasz ihn emporgetragen hatte, durch den Regen kämpfte. Sie war fast bis zur Hüfte im Schlamm eingesunken. Der Hügel über ihr sah aus, als würde er jeden Moment in Bewegung geraten und sie unter sich begraben.

Die Gestalt hielt einen Bogen in einer Hand.

„Warte!“, rief Malfurion an Korialstrasz gerichtet. „Hilf ihr!“

Der rote Drache ging sofort in den Sinkflug. Das junge Mädchen war so mit dem Kampf gegen die Elemente beschäftigt, dass sie den Drachen erst bemerkte, als dessen Klauen sich um ihren Körper legten. Sie schrie verängstigt auf. Korialstrasz zog sie aus dem Schlick und trug sie empor.

„Ich werde dir nichts tun!“, brüllte er. Das junge Mädchen glaubte ihm nicht, beruhigte sich jedoch etwas. Dann entdeckte sie Malfurion und fragte: „Wo ist die Herrin Tyrande?“

Der Druide schüttelte den Kopf. Sie sah ihn voller Verzweiflung an und begann zu schluchzen. Ihre Hände krampften sich um den Bogen.