Выбрать главу

«Ich Euch Buckingham überantworten! was sagt Ihr da?«

«Sie haben Augen, «rief Mylady,»und werden nicht sehen; sie haben Ohren, und werden nicht hören!«

«Ja, ja, «sprach Felton, indem er mit den Händen über seine schweißbedeckte Stirne strich, als wollte er den letzten Zweifel entfernen;»ja, ich erkenne die Stimme, die in meinen Träumen mit mir spricht; ja, ich erkenne die Züge des Engels, der mir allnächtlich erscheint und meiner schlaflosen Seele zuruft:»»Schlage; rette England, rette Dich, denn Du wirst sterben, ohne Gott entwaffnet zu haben!««Sprecht, sprecht!«rief Felton,»denn ich kann Euch jetzt verstehen.«

Ein Blitz furchtbarer Freude, aber rasch wie der Gedanke, sprang aus den Augen Myladys hervor.

So flüchtig auch dieses mörderische Zucken gewesen war, so entging es doch Felton nicht, und er bebte, als ob dieser Blitz die Abgründe des Herzens dieser Frau erleuchtet hätte.

Felton erinnerte sich plötzlich der Bemerkungen von Lord Winter, der Verführungskünste Myladys, ihrer ersten Versuche bei ihrer Ankunft. Er wich einen Schritt zurück, ließ den Kopf sinken, hörte aber nicht auf, sie anzuschauen, als ob er von diesem seltsamen Geschöpf verzaubert wäre und seine Augen sich nicht von ihr trennen könnten.

Mylady war nicht die Frau, um sich in dem Sinne dieses Zögerns zu täuschen. Unter den scheinbaren Aufregungen verließ ihre eisige Kaltblütigkeit sie nicht. Ehe ihr Felton geantwortet hatte und sie sich genöthigt sah, das Gespräch wieder aufzunehmen, das so schwer in demselben Tone der Begeisterung fortzusetzen war, ließ sie ihre Arme zurücksinken, als ob weibliche Schwäche über den Enthusiasmus der Begeisterten obsiegte.

«Aber nein, «sprach sie,»mir kommt es nicht zu, die Judith zu sein, welche Bethulien von diesem Holofernes befreien wird. Das Schwert des Ewigen ist zu schwer für meinen Arm. Laßt mich also der Schande durch den Tod entfliehen, laßt mich meine Zuflucht zum Märtyrthum nehmen. Ich verlange von Euch nicht die Freiheit, wie dies eine Schuldige thun würde, nicht die Rache, wie es eine Heidin thäte. Ich bitte Euch, ich flehe Euch auf meinen Knieen an: laßt mich sterben, und mein letzter Seufzer soll eine Segnung für meinen Retter sein.«

Bei dieser sanften, flehenden Stimme, bei diesem schüchternen, niedergeschlagenen Blicke näherte sich Felton.

Allmählig hatte die Zauberin das magische Gewand angethan, das sie nach Belieben an- und ablegte, das heißt die Schönheit, die Sanftmuth, die Thränen und vor Allem den unwiderstehlichen Reiz mystischer Wollust, einer Wollust, die verzehrender wirkt, als jede andere.

«Ach, «sprach Felton,»ich kann weiter Nichts als Euch beklagen, wenn Ihr mir beweist, daß Ihr ein Opfer seid. Aber Lord Winter erhebt schreckliche Anschuldigungen gegen Euch. Ihr seid Christin, Ihr seid meine Religionsschwester. Ich fühle mich zu Euch hingezogen, ich, der ich nie einen andern Menschen geliebt habe als meinen Wohlthäter, ich, der ich im Leben nur Verräther und Gottlose gefunden habe! Aber Ihr, Madame, die Ihr in Wahrheit so schön, und dem Anscheine nach so rein seid, Ihr habt also, da Euch Lord Winter auf diese Weise verfolgt, große Frevel verübt?«

«Sie haben Augen, «wiederholte Mylady mit einem Ausdrucke unsäglichen Schmerzes,»und werden nicht sehen; sie haben Ohren, und werden nicht hören.«»Aber so sprecht doch, «rief der junge Offizier,»sprecht, sprecht!«

«Euch meine Schmach und meine Schande anvertrauen!«rief Mylady, mit Schamröthe im Gesicht;»denn oft ist das Verbrechen des Einen die Schande des Andern. Euch meine Schande anvertrauen, einem Manne, ich die Frau! Oh, «fuhr sie fort, und legte dabei verschämt die Hand auf die schönen Augen.»Oh! nie, nie werde ich dies über mich vermögen!«

«Vertraut mir als einem Bruder!«rief Felton.

Mylady schaute ihn lange mit einem Ausdrucke an, den der Offizier für Zweifel hielt, während er nichts Anderes, als Beobachtung und hauptsächlich Absicht zu blenden war. Nun faltete Felton flehend die Hände.

«Wohl!«sprach Mylady,»ich will mich einem Bruder anvertrauen, ich will es wagen.«

In diesem Augenblicke hörte man die Tritte von Lord Winter, aber diesmal begnügte sich der furchtbare Schwager Myladys nicht damit, wie am Tage vorher, an der Thüre vorüber zu gehen und sich wieder zu entfernen, sondern er blieb stehen und wechselte zwei Worte mit der Wache. Die Thüre öffnete sich und er trat ein.

Während die zwei Worte gewechselt wurden, war Felton rasch zurückgewichen, und als Lord Winter erschien, stand er einige Schritte von der Gefangenen entfernt.

Der Baron trat langsam ein, und ließ seinen forschenden Blick von der Gefangenen auf den jungen Offizier überschweifen.

«Ihr seid schon sehr lange hier, John, «sagte er.»Hat Euch diese Frau ihr Verbrechen erzählt? Dann begreife ich die Dauer der Unterhaltung.«

Felton bebte und Mylady fühlte, daß sie verloren war, wenn sie dem aus der Fassung gebrachten Puritaner nicht zu Hülfe kam.

«Ah, Ihr fürchtet Eure Gefangene dürfte Euch entkommen, «sprach sie.»Ei, so fragt doch Euren Kerkermeister, welche Gnade ich mir so eben von ihm erbeten habe.«

«Ihr habt Euch eine Gnade erbeten?«sprach der Baron argwöhnisch.

«Ja, Mylord, «erwiderte der junge Mann verwirrt.

«Und welche Gnade? Laßt hören!«fügte Lord Winter bei.

«Ein Messer, das sie mir eine Minute, nachdem sie es empfangen, durch das Gitter der Thüre zurückgeben will, «antwortete Felton.

«Es ist also irgend Jemand hier verborgen, den diese anmuthreiche Person erstechen will?«versetzte Lord Winter mit spöttischem, verächtlichem Tone.

«Ich bin hier, «antwortete Mylady.

«Ich habe Euch die Wahl zwischen Amerika und Tyburn gelassen, «entgegnete Lord Winter.»Wählt Tyburn, Mylady. Glaubt mir, der Strick ist sicherer, als das Messer.«

Felton fühlte einen Schauer durch das Mark seiner Knochen. Wahrscheinlich bemerkte Lord Winter diese Bewegung.

«Ihr habt Recht, «sprach Mylady,»und ich habe bereits daran gedacht;«dann fügte sie mit dumpfer Stimme bei:»ich werde noch einmal daran denken.«

Felton erbleichte und machte einen Schritt vorwärts, denn er erinnerte sich, daß Mylady, als er eintrat, einen Strick in der Hand gehalten hatte.

«Traue nicht, John, «sagte der Baron.»John, mein Freund, ich habe mich auf Dich verlassen. Nimm Dich in Acht, Du bist von mir unterrichtet. Sei übrigens guten Muths, mein Kind! In drei Tagen werden wir von diesem Geschöpfe befreit sein, und an dem Orte, wohin ich sie schicke, wird sie Niemand mehr schaden.«

«Du hörst ihn!«rief Mylady, die Stimme erhebend, so daß der Baron glaubte, sie wende sich an den Himmel, während Felton begriff, daß es ihm galt.

Felton ließ das Haupt sinken und träumte.

Der Baron nahm den Offizier beim Arme und drehte sogleich den Kopf über seine Schulter zurück, um Mylady nicht aus dem Gesichte zu verlieren, bis er das Zimmer verlassen hätte.

«Ach, ich bin noch nicht so weit vorgerückt, als ich glaubte, «sagte die Gefangene, als die Thüre wieder geschlossen war.»Der Baron hatte seine gewöhnliche Albernheit in eine ihm sonst unbekannte Klugheit verwandelt; das ist die Rachgier, die den Menschen bildet. Felton zögerte noch. Ach, das ist kein entschlossener Mensch, wie dieser verdammte d'Artagnan.«

Mylady wartete jedoch mit Ungeduld, denn sie vermuthete mit Recht, der Tag würde nicht vorüber gehen, ohne daß Felton wieder käme. Eine Stunde nach der so eben erzählten Scene hörte sie leise an der Thüre sprechen. Bald öffnete sich die Thüre und sie erkannte Felton.