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«Oh! das dient zum Beweise, daß der Herr für uns ist, Felton, «versetzte Mylady,»sie haben das Gitter mit einem Brette verschlossen.«

«So ist es gut! Gott hat sie wahnsinnig gemacht, «sprach Felton.

«Aber was habe ich zu thun?«fragte Mylady.

«Nichts, nichts, verschließt nur dieses Fenster wieder. Legt Euch schlafen, oder legt Euch wenigstens ganz angekleidet in Euer Bett. Sobald ich fertig bin, klopfe ich an die Scheibe. Aber könnt Ihr mir auch folgen?«

«O gewiß!«

«Eure Wunde?«

«Macht mir Schmerzen, hindert mich aber nicht zu gehen.«

«Haltet Euch also auf das erste Zeichen bereit.«

Mylady schloß das Fenster, löschte ihre Lampe aus und kauerte sich, wie ihr Felton empfohlen hatte, in ihr Bett. Inmitten der Klagen des Sturmes hörte sie das Knirschen der Feile an den Stangen, und bei dem Schimmer jedes Blitzes gewahrte sie den Schatten Feltons hinter den Scheiben.

Sie verbrachte eine Stunde ohne zu athmen, keuchend, mit Schweiß auf der Stirne, unter furchtbarer Angst bei jeder Bewegung, die sie in der Flur hörte.

Es gibt Stunden, welche ein Jahr dauern.

Nach Verlauf einer Stunde klopfte Felton abermals. Mylady sprang aus ihrem Bett und öffnete. Zwei ausgebrochene Stangen bildeten eine Oeffnung, durch welche ein Mensch schlüpfen konnte.

«Seid Ihr bereit?«— fragte Felton. — »Ja; soll ich etwas mitnehmen?«—»Geld, wenn Ihr habt!«—»Glücklicher Weise hat man mir das, was ich besaß, gelassen.«—»Desto besser, denn ich habe das meinige aufgebraucht, um eine Barke zu miethen.«—»Nehmt, «sagte Mylady und legte Felton einen Sack Gold in die Hände.

Felton nahm den Sack und warf ihn an den Fuß der Mauer.

«Wollt Ihr nun kommen?«sprach er.

«Hier bin ich!«

Mylady stieg auf einen Stuhl und schlüpfte mit dem ganzen obern Theile ihres Körpers durch das Fenster. Sie sah, daß der junge Offizier auf einer Strickleiter über dem Abgrunde hing.

Zum ersten Male erinnerte sie eine Regung von Angst daran, daß sie ein Weib war.

Die gähnende Leere machte ihr bange.

«Ich dachte es mir, «sagte Felton.

«Es ist nichts, «sprach Mylady,»ich werde mit geschlossenen Augen hinabsteigen.«

«Habt Ihr Vertrauen zu mir?«sagte Felton.

«Könnt Ihr noch fragen?«

«Reicht mir Eure zwei Hände, kreuzt sie; so ist es gut.«

Felton band ihr die zwei Faustgelenke mit seinem Taschentuche zusammen und umwickelte das Taschentuch mit einem Stricke.

«Was macht Ihr?«fragte Mylady erstaunt.

«Legt Eure Arme um meinen Hals und fürchtet Euch nicht.«

«Aber Ihr werdet durch mich das Gleichgewicht verlieren, und wir stürzen Beide hinab.«

«Seid unbesorgt; ich bin ein Seemann!«

Man hatte keine Sekunde, um sich zu besinnen. Mylady legte ihre beiden Arme um Feltons Hals und ließ sich aus dem Fenster gleiten.

Felton fing an die Sprossen langsam, eine nach der andern, hinabzusteigen. Trotz des Gewichtes der zwei Körper wiegte sie der Orkan in der Luft.

Plötzlich hielt Felton inne.

«Was giebt es?«fragte Mylady. — »Still!«sagte Felton,»ich höre Tritte!«—»Wir sind entdeckt!«

Es wurde wieder einen Augenblick still.

«Nein, «sprach Felton,»es ist nichts.«—»Aber was ist denn das für ein Geräusch?«—»Es kommt von der Patrouille, welche auf dem Rundengang geht.«—»Wo ist der Rundengang?«—»Gerade unter uns.«—»Sie wird uns entdecken.«—»Wenn keine Blitze kommen, nicht.«—»Sie wird unten an die Leiter stoßen.«—»Glücklicherweise ist diese um sechs Fuß zu kurz.«—»Mein Gott! hier kommen sie!«—»Schweigt!«

Alle Beide blieben zwanzig Fuß über der Erde unbeweglich und ohne zu athmen aufgehängt. Während dieser Zeit gingen die Soldaten lachend und plaudernd unter ihnen hin.

Es war für die Flüchtlinge ein furchtbarer Augenblick.

Die Patrouille zog weiter. Man hörte, wie sich das Geräusch ihrer Tritte immer mehr entfernte und das Gemurmel ihrer Stimmen immer schwächer wurde.

«Nun sind wir gerettet, «sprach Felton.

Mylady stieß einen Seufzer aus und wurde ohnmächtig.

Felton fuhr fort hinabzusteigen. Als er unten an der Leiter angelangt war, und keine Stütze mehr für seine Füße fühlte, klammerte er sich mit den Händen an, und als er die letzte Sprosse erreicht hatte, ließ er sich an den Faustgelenken herabhängen und berührte die Erde. Er bückte sich, hob den Goldsack auf und nahm ihn zwischen die Zähne.

Dann nahm er Mylady in seine Arme und entfernte sich rasch, in entgegengesetzter Richtung von der, welche die Patrouille eingeschlagen hatte. Bald verließ er den Rundengang, stieg durch die Felsen hinab und ließ, am Ufer des Meeres angelangt, einen scharfen Ton seiner Pfeife hören.

Ein ähnliches Signal antwortete, und fünf Minuten nachher sah er eine Barke mit vier Mann erscheinen.

Die Barke kam so nahe als möglich zum Ufer heran, aber sie hatte hier nicht genug Tiefe, um den Rand erreichen zu können. Felton ging bis an den Gürtel in das Wasser, da er seine kostbare Beute Niemand anvertrauen wollte.

Zum Glück fing der Sturm an sich ein wenig zu legen. Das Meer war jedoch immer noch aufgeregt. Die kleine Barke hüpfte, wie eine Nußschale über die Wellen hin.

«Zur Schaluppe!«sagte Felton,»und rasch vorwärts.«

Die vier Männer fingen an zu arbeiten, aber die See ging zu hoch, als daß die Ruder eine starke Wirkung hätten äußern können.

Doch man entfernte sich wenigstens vom Schlosse. Das war die Hauptsache. Die Nacht hatte Wasser und Land in tiefe Finsterniß gehüllt, und bereits war es unmöglich, das Ufer von der Barke aus zu unterscheiden, man hätte also noch viel weniger die Barke vom Ufer aus unterscheiden können.

Ein schwarzer Punkt schwankte auf dem Meere.

Das war die Schaluppe.

Während die Barke mit aller Kraft ihrer vier Ruderer vorrückte, band Felton den Strick und das Sacktuch los, womit die Hände Myladys zusammengeknüpft waren.

Nachdem er ihre Hände gelöst hatte, nahm er Seewasser und sprengte es ihr ins Gesicht.

Mylady stieß einen Seufzer aus.

«Wo bin ich, «sagte sie.

«Gerettet!«antwortete der junge Offizier.

«Oh! gerettet! gerettet!«rief sie.»Ja, hier ist der Himmel, hier ist das Meer! Die Luft, die ich athme, ist die Freiheit. Ach! Dank, Felton, tausend Dank!«

Der junge Mann drückte sie an sein Herz.

«Aber, was habe ich denn an den Händen?«fragte Mylady:»es scheint, man hat sie mir in einen Schraubstock gepreßt.«

Mylady hob die Arme auf; die Faustgelenke waren in der That gequetscht.

«Ach!«seufzte Felton, die schönen Hände anschauend und schüttelte schmerzlich den Kopf.

«Oh! es ist nichts, es ist nichts!«rief Mylady;»ich erinnere mich nun wieder.«

Mylady suchte mit den Augen um sich her.

«Er ist da, «sprach Felton und stieß mit dem Fuß an den Goldsack.

Man näherte sich dem Schiffe. Der Matrose von der Wache rief die Barke an. Die Barke antwortete.

«Was für ein Schiff ist das?«fragte Mylady. — »Das, welches ich für Euch gemiethet habe.«—»Wohin wird es mich bringen?«—»Wohin Ihr wollt, nur müßt Ihr mich in Portsmouth an das Land setzen.«—»Was wollt Ihr in Portsmouth machen?«fragte Mylady. — »Die Befehle von Lord Winter vollziehen, «antwortete Felton mit düsterem Lächeln. — »Welche Befehle?«—»Ihr begreift nicht?«—»Nein, erklärt Euch, ich bitte.«—»Da er mir mißtraute, wollte er Euch selbst bewachen, und schickte mich ab, um für ihn Euren Deportations-Befehl von Buckingham unterzeichnen zu lassen.«—»Aber wenn er Euch mißtraute, wie konnte er Euch diesen Auftrag anvertrauen?«—»Konnte er glauben, daß ich wußte, was ich trug, da er mir nichts gesagt hatte, und ich das Geheimniß von Euch erfuhr?«—»Das ist richtig. Und Ihr geht nach Portsmouth?«—»Ich habe keine Zeit zu verlieren; morgen ist der 23. und Buckingham geht morgen mit der Flotte ab.«—»Er geht morgen ab! Wohin?«—»Nach La Rochelle.«—»Er darf nicht abgehen!«rief Mylady, ihre gewöhnliche Geistesgegenwart verlierend. — »Seid ruhig, «erwiderte Felton,»er wird nicht abgehen.«