Выбрать главу

Hector öffnete die Tür. Er und Leoh gingen aus dem Zimmer und ließen Odal allein zurück. Nach ein paar Minuten kam der Mann im dunklen Anzug zurück.

»Ich habe gerade mit dem Führer am Tri-Di gesprochen und die Genehmigung für eine kleine Planänderung erhalten.«

»Eine Planänderung, Minister Kor?«

»Nach Ihrem Duell morgen heißt Ihr nächster Gegner Dr. Leoh«, sagte Kor. »Er ist der nächste, der sterben muß.«

Dicht und undurchdringlich wirbelten die Nebel um Fernd Massan. Blind starrte er durch die nutzlose Sichtscheibe seines Helms, dann griff er über den Kopf und brachte den Infrarot-Detektor vor seinem Blickfeld an.

Ich hätte nie geglaubt, daß eine Halluzination so realistisch sein kann, dachte Massan.

Seit Odals Herausforderung war ihm die Umwelt fast unwirklich erschienen. Eine Woche lang hatte er mechanisch gelebt und gehandelt, sich dabei wie ein Unbeteiliger gefühlt, wie ein Zuschauer, der seinen eigenen Körper aus einiger Entfernung beobachtete. Die Zusammenkunft seiner Freunde und Kollegen letzte Nacht, am Vorabend des Duells — diese schweigende Gruppe von Leuten mit Leichenbittermienen —, all das war ihm ganz unwirklich vorgekommen.

Aber jetzt, in diesem künstlichen Trauma, jetzt schien er kraftvoll lebendig zu sein. Jede Empfindung war dicht, geballt, stimulierend. Er spürte das Blut in seinen Adern pochen. Er wußte, daß Odal irgendwo draußen in diesem Nebel steckte. Und der Gedanke, sich mit diesem Killer zu messen, erfüllte ihn mit einer merkwürdigen Befriedigung.

Massan hatte viele Jahre im Auftrag seiner Regierung auf den reichen, aber unwirtlichen Hochgravitationsplaneten des Acquataine Clusters verbracht. Dies war die Umgebung, die er sich ausbedungen hatte: erdrückende Schwerkraft; extrem hoher Luftdruck; eine Atmosphäre aus Ammoniak und Wasserstoff, mit freiem Schwefel und sonstigen wertvollen, aber tödlichen Chemikalien angereichert; Ozeane aus flüssigem Methan und Ammoniak; »fester Boden«, der aus rasch zerfallendem, erodierendem Eis bestand; extreme Winde, die einen Eisberg um den halben Planeten wirbeln konnten; Finsternis; Gefahr; Tod.

Er steckte in einer Schutzausrüstung, die halb gepanzerte Raumkombination, halb Transportmaschine war. Ein internes Flüssigkeitspolster ließ ihn die vierfach höhere Schwerkraft einigermaßen ertragen, trotzdem war der Anzug plump und klobig, und man konnte sich nur langsam damit vorwärts bewegen, trotz der unterstützenden Servomotoren.

Die Waffe, die er gewählt hatte, war denkbar einfach: eine kleine Sauerstoffkapsel. Aber in einer Wasserstoff/Ammoniak-Atmosphäre wirkte Sauerstoff wie ein hochbrisanter Sprengstoff. Massan trug mehrere dieser »Bomben« am Gürtel. Odal ebenfalls. Aber der Trick dabei ist dachte Massan, sie unter diesen extremen Bedingungen zielgenau zu werfen; die korrekte Entfernung, die korrekte Wurfbahn. Nicht einfach zu erlernen, jedenfalls nicht ohne jahrelange Übung.

Die Bedingungen des Duells waren einfach: Massan und Odal befanden sich auf einem zerklüfteten Eisberg, der in einer tückischen Strömung in dem Methan/Ammoniak-Ozean entlanggewirbelt wurde. Das Eis zerfiel rasch. Das Duell sollte enden, wenn der Eisberg geschmolzen war.

Massan stelzte durch das zerklüftete Terrain. Die Greifer und Laufrollen seines Schutzanzugs paßten sich automatisch dem unebenen Gelände an. Er konzentrierte sich auf den Infrarot-Detektor, der vor seiner Sichtscheibe hing.

Ein kopfgroßer Eisbrocken kam mit der steilen Flugbahn, wie sie typisch für hohe Gravitation ist, durch die trübe Atmosphäre gesegelt und krachte gegen die Schulter von Massans Anzug. Der Aufprall war so stark, daß Massan einen Moment das Gleichgewicht verlor, bevor die Servos kompensieren konnten. Massan zog den Arm aus dem Ärmelteil und betastete von innen das Schultergelenk. Verbogen, aber nicht durchschlagen. Ein Leck wäre verhängnisvoll, tödlich gewesen. Dann erinnerte er sich: Natürlich, ich kann nur getötet werden durch eine direkte Aktion meines Gegners. Das ist eine der Spielregeln. Trotzdem tastete er sorgfältig den Schultersaum ab, um sich zu überzeugen, daß er nicht leckte. Die Duellmaschine und ihre Regeln schienen so entrückt und unwesentlich, verglichen mit diesem heulenden Inferno.

Eifrig durchkämmte er den Eisberg, entschlossen, Odal aufzuspüren und zu töten, bevor ihr schwimmendes Eiland sich aufgelöst hatte. Gewissenhaft erkundete er jeden Vorsprung, jede Spalte, jeden Hang, arbeitete sich langsam von einem Ende des Eisbergs zum anderen vor. Hin und zurück, kreuz und quer, und mit den Infrarot-Sensoren tastete er die gesamten 360 Grad um sich herum ab.

Es war zeitraubend. Sogar mit den Servomotoren und den Rückstoßdüsen kam er auf dem Eis und gegen die heftigen Böen nur mühsam voran. Aber Massan kämpfte sich weiter und unterdrückte die wachsende Angst, daß Odal überhaupt nicht hier sein mochte.

Und dann nahm er einen flüchtigen Schatten auf seinem Detektor wahr. Etwas, oder jemand, war hinter einen Eisvorsprung geschlüpft, ziemlich an der Kante des Eisbergs.

Langsam und vorsichtig arbeitete sich Massan zum Fuß der Eisklippe vor. Er löste eine der Sauerstoffbomben vom Gürtel und packte sie mit der rechten Greifklaue. Vorsichtig schob er sich am Fuß der Eisklippe entlang und stand schließlich auf einem schmalen Vorsprung zwischen der Klippe und der brodelnden See. Niemand war zu sehen. Er stellte seine Detektoren auf maximale Reichweite und ließ seinen Blick an der steilen Eiswand emporwandern.

Da war er! Die schattenhaften Umrisse eines Mannes schoben sich auf den Detektorschirm. Und im gleichen Moment hörte Massan ein gedämpftes Brausen, dann ein rumpelndes, polterndes Geräusch, das rasch lauter und bedrohlicher wurde. Ein weiterer Blick zur Klippe zeigte ihm eine kleine Eislawine, die auf ihn zurutschte, rollte, polterte. Dieser Teufel hat oben auf der Klippe eine Bombe ausgelöst!

Massan versuchte auszuweichen, aber es war schon zu spät. Der erste Eisbrocken prallte harmlos von seinem Helm ab, aber die folgenden brachten ihn in so dichter Folge aus dem Gleichgewicht, daß die Servos nicht mehr schnell genug kompensieren konnten. Hilflos torkelte er ein paar Augenblicke, während immer mehr Eis auf ihn herabrauschte, dann stürzte er von dem schmalen Vorsprung in die kochende See.

Ruhig bleiben! befahl er sich. Keine Panik! Der Anzug ist schwimmfähig. Die Servos halten dich aufrecht. Durch einen Unfall kannst du nicht getötet werden. Odal muß dir persönlich den Gnadenstoß geben.

Am Rückenteil seines Anzugs befand sich ein Hilfstriebwerk. Wenn er sich korrekt orientierten konnte, würde ein Druck auf die Kontrolltaste an seinem Gürtel die Raketen zünden und ihn auf den Eisberg zurücktragen. Er drehte etwas den Kopf im Helm und versuchte in dem Infrarot-Detektor die Entfernung zu dem Eisberg abzuschätzen. Es war schwierig, weil der Anzug in der brodelnden Strömung wie ein Korken tanzte.

Am Ende entschloß er sich, die Raketen zu zünden und notwendige Kurskorrekturen während des Flugs vorzunehmen. Doch er konnte seine Hand nicht bewegen.

Er versuchte es, aber sein gesamter rechter Arm war verklemmt. Er konnte ihn keinen Millimeter bewegen. Das gleiche galt für den linken Arm. Etwas, oder jemand, hielt ihn an den Armen fest. Er konnte sie nicht einmal aus den Ärmelteilen herausziehen.

Massan warf sich hin und her und versuchte die Fessel abzuschütteln. Ohne Erfolg.

Dann wurde der Detektorschirm von der Sichtscheibe abgehoben. Er spürte leichte Erschütterungen an seinem Helm. Die Sauerstoffschläuche! Jemand machte sich daran zu schaffen.

Er schrie und versuchte sich freizukämpfen. Sinnlos. Mit einem Zischen lösten sich die Luftschläuche vom Helm. Massan spürte seinen Pulsschlag am ganzen Körper, während er sich krampfhaft wehrte.