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In der von mir gewählten Situation haben sich viele Krieger mit Ruhm und Ehren bedeckt.

Verwirrt betrachtet Hector das Waffenarsenal. Es mußte noch aus Keraks Mittelalter stammen. Wahrscheinlich hatte Odal monatelang damit geübt, vielleicht sogar jahrelang. Kann gut sein, daß er seine fünf Helfer überhaupt nicht braucht dachte Hector.

Unbeholfen legte er den Harnisch an. Der Brustpanzer schien zu groß zu sein, und mit den Beinröhren kam er irgendwie nicht zurecht. Der Visierhelm saß ihm wie eine vorsintflutliche Öldose auf dem Kopf und drückte ihm Nase und Ohren platt. Er mußte die Augen zusammenkneifen, um durch den schmalen Visierschlitz sehen zu können. Zuletzt gürtete er sich das Schwert um und entdeckte für die anderen Waffen Befestigungen am Sattel. Den Schild konnte er kaum heben, und nur mit erheblicher Mühe gelang es ihm, sich und die diversen Einzelteile in den Sattel zu hieven.

Und dort blieb er stocksteif sitzen. Langsam kam er sich fast lächerlich vor. Wenn es nun regnet? Aber natürlich würde es nicht regnen.

Nach endlosem Warten erschien Odal auf einem mächtigen Streitroß. Sein Harnisch war schwarz wie das All, sein Pferd ebenfalls. Natürlich, dachte Hector.

Jenseits der Wiese salutierte Odal gravitätisch mit der Lanze. Hector versuchte es ihm nachzutun und verlor dabei fast seine Lanze.

Dann senkte Odal die Lanze und zielte — so schien es Hector zumindest — direkt auf die Rippen des Watchman. Er spornte sein Streitroß zu einem leichten Trab. Hector tat das gleiche, und sein Vierbeiner verfiel in einen holprigen Galopp. Die beiden Streiter preschten über die Wiese aufeinander zu, wobei Hector vollauf damit beschäftigt war, nicht aus dem Sattel zu rutschen.

Und plötzlich waren da sechs schwarzgewappnete Gestalten, die alle auf Hector einstürmten.

Dem Watchman drehte sich der Magen um. Instinktiv versuchte er seinen Vierbeiner herumzureißen. Aber das Biest galoppierte stur geradeaus. Die kerakischen Krieger kamen unaufhaltsam näher, zu sechst nebeneinander, mit sechs bedrohlich eingelegten Lanzen.

Unvermittelt vernahm Hector Hufgetrappel neben sich. Durch einen Seitenschlitz in seinem Helm sah er mindestens zwei weitere Berittene, die gemeinsam mit ihm Odals Truppe entgegenstürmten.

Leohs Plan war aufgegangen. Der Transceiver, durch den Dulaq von seinem Krankenbett aus an die Maschine angeschlossen worden war, ermöglichte es jetzt fünf Star-Watch-Offizieren, Hector zu Hilfe zu kommen, obwohl sie in Wirklichkeit in einem Raumkreuzer hoch über dem Planeten saßen.

Die Chancen waren jetzt ausgeglichen. Die fünf zusätzlichen Watchmen waren die härtesten, erfahrensten, aggressivsten Einzelkämpfer, die die Star Watch innerhalb eines Tages hatte mobilisieren können.

Zwölf mächtige Streitrösser prallten frontal aufeinander, zwölf kräftige Männer ließen mit ohrenbetäubendem Krachen Eisen auf Eisen klirren. Lanzenteile stieben durch die Luft, Menschen und Tiere stürzten.

Hector wurde im Sattel nach hinten gerissen, brachte es aber irgendwie fertig, nicht herunterzufallen. Andererseits konnte er sein Gleichgewicht nicht richtig wiederfinden. Staub und Waffengeklirr erfüllten die Luft. Ein Schwert zischte an seinem Kopf vorbei und prallte an seinem Schild ab.

Unter Aufbietung aller Kräfte riß Hector sein eigenes Schwert heraus und drosch auf den nächstbesten Berittenen ein. Es war zufällig ein Watchman, doch der Hieb prallte harmlos von dessen Helm ab.

Es war alles so verwirrend. Die auskeilenden, schnaubenden Tiere. Brüllende und kämpfende Männer. Ein schwarzgewappneter Reiter mit hocherhobener Streitaxt griff Hector an. Ein mächtiger Hieb, und der Schild des Watchman zersplitterte. Erneut holte er aus — Hector versuchte sich zu ducken, verlor völlig das Gleichgewicht und plumpste scheppernd zu Boden, während die Axt an der Stelle die Luft zerschnitt, wo sich noch vor einer Sekunde sein Kopf befunden hatte.

Irgendwie verdrehte sich sein Helm. Hector konnte sich nicht entscheiden, ob er blind daran herumfummeln oder sein Schwert weglegen und mit beiden Händen den Helm zurechtrücken sollte. Das Problem löste sich von selbst durch einen schmetternden Schlag auf seinen Hinterkopf. Der Hieb ließ ihn einen Salto schlagen und riß ihm den Helm vom Kopf.

Halb betäubt rappelte sich Hector wieder auf. Erst nach mehreren Sekunden ging ihm auf, daß eine Kampfpause eingetreten war.

Der aufgewirbelte Staub legte sich, und er stellte fest, daß alle kerakischen Streiter am Boden lagen — bis auf einen. Der schwarzgewappnete Krieger nahm seinen Helm ab und warf N ihn beiseite. Es war Odal. Aber war er es wirklich? Spielt eigentlich keine Rolle, überlegte Hector. Es kommt allein auf Odals Geist an.

Mit gespreizten Beinen, das Schwert in der Hand, stand Odal da und beobachtete unsicher die anderen Star Watchmen. Drei von ihnen waren zu Fuß, zwei saßen noch im Sattel. Der kerakische Major schien genauso verwirrt zu sein wie Hector. Der Schock, einer zahlenmäßig gleichen Streitmacht gegenüberzustehen, hatte sein Selbstvertrauen schwer erschüttert.

Vorsichtig näherte er sich Hector, das Schwert vor sich ausgestreckt. Die anderen Watchmen sahen untätig zu, wie Hector langsam zurückwich, wobei er mehrmals auf dem unebenen Boden ins Stolpern geriet.

Odal machte einen Ausfall und zielte auf Hectors Arm. Der Watchman parierte im letzten Augenblick. Eine Finte zum Kopf und ein Stoß zur Brust; Hector mißlang die Parade, aber sein Harnisch rettete ihn. Odal griff ungestüm an. Finte, Parade, Ausfall — ein Klirren, und Hectors Schwert flog durch die Luft.

Einen kurzen Moment lang erstarrten alle. Dann stürzte sich Hector unbewaffnet auf den völlig verdutzten Odal und rang ihn zu Boden, wo er ihm das Schwert entriß und es wegschleuderte. Aber Odal versetzte ihm mit der linken Hand einen Faustschlag gegen die Schläfe und schleuderte ihn auf den Rücken. Beide Männer sprangen auf und suchten nach herumliegenden Waffen.

Odal griff sich eine gefährlich aussehende zweischneidige Streitaxt. Einer der berittenen Star Watchmen reichte Hector einen riesigen Pallasch. Er packte das Schwert mit beiden Händen, verlor aber beinahe das Gleichgewicht, als er es über dem Kopf schwingen wollte.

Mit hocherhobenem Pallasch stürmte Hector auf Odal zu, der ihn verbissen, atemlos und schweißüberströmt erwartete. Der Pallasch war ziemlich schwer, selbst für einen beidhändigen Griff. Und Hector übersah bis zum Schluß, daß sein eigener zerbeulter Visierhelm vor ihm auf dem Boden lag.

Odal wiederum hatte sich Hectors Angriff und seinen beabsichtigten Schwertstreich genau ausgerechnet. Er würde den Hieb unterlaufen und dem Watchman mit der Streitaxt die Brust spalten. Dann wollte er sich um die anderen kümmern. Mit dem Tod ihres Anführers würde das Duell vermutlich enden. Aber natürlich wäre Hector nicht wirklich tot; Odal konnte jetzt nur noch hoffen, das Duell zu gewinnen.

Hector griff genau nach Plan an, aber sein Timing war viel schlechter als von Odal erwartet. Gerade als der Watchman zu dem Hieb mit dem mächtigen Pallasch ansetzte, stolperte er über den Helm. Odal duckte sich und sah dann Hector kopfüber nach vorne stürzen, beide Beine wild rudernd in der Luft. Der schwere Pallasch hatte sich selbständig gemacht.

Verdutzt schrak Odal zurück, wurde aber trotzdem von dem wildgewordenen Schwert mit voller Kraft über dem Handgelenk getroffen. Odal ließ die Streitaxt fallen und griff unwillkürlich mit der Linken nach dem verletzten Arm. Blut quoll zwischen seinen Fingern hervor.

Verbittert schüttelte Odal den Kopf, wandte dem hingeschlagenen Hector den Rücken und ging davon.

Die Szene verblaßte allmählich, und Hector saß wieder in der Kabine der Duellmaschine.

Leoh riß die Tür auf und drängte sich in die Kabine.

»Lebst du noch, Junge?«

Blinzelnd kehrte Hector wieder in die Wirklichkeit zurück. »Ich glaube schon…«

»Alles gut abgelaufen? Sind die Watchmen zu dir durchgekommen?«

»Glücklicherweise! Es wäre trotzdem fast schiefgegangen.«

»Aber du hast überlebt.«

»Bis jetzt.«

Am anderen Ende der Maschine stand Odal und massierte sich den Arm, während Kor ihn anfuhr: »Wie sind die auf unser Geheimnis gekommen? Wo ist die undichte Stelle? Wer hat geredet?«

»Das ist jetzt unwichtig«, erwiderte Odal gelassen. »Wesentlich ist doch, daß sie unseren Trick nicht nur entdeckt, sondern ihn sogar irgendwie kopiert haben.«

Kors haarloser runder Schädel — der Odal kaum bis ans Kinn reichte — war dunkelrot angelaufen.

»Diese scheinheiligen Heuchler!« fauchte er. »Werfen uns Betrug vor, und dann tun sie genau das gleiche.«

»Ganz abgesehen von der moralischen Bewertung unserer Handlungsweise«, erwiderte Odal trocken, »ist es jetzt offensichtlich sinnlos, telepathisch meine Helfer anzukoppeln. In der zweiten Runde trete ich dem Watchman allein gegenüber.«

»Können Sie sich darauf verlassen, daß die das gleiche tun?«

»Ja. Sie haben meine Helfer außer Gefecht gesetzt und uns dann ungestört unseren Zweikampf austragen lassen.«

»Und Sie haben ihn nicht schlagen können?«

Odal runzelte die Stirn. »Ich wurde durch einen unglücklichen Zufall verwundet. Hector ist ein sehr… ungewöhnlicher Gegner. Ich komme nicht dahinter, ob er tatsächlich so tölpelhaft ist, oder ob er Theater spielt, um mich zu verunsichern. Auf jeden Fall ist er völlig unberechenbar.« Im stillen fügte er hinzu: Ist er vielleicht auch ein Telepath?

Kors graue Augen blickten hart und ausdruckslos. »Sie wissen natürlich, wie der Führer reagiert, wenn es Ihnen nicht gelingt, diesen Watchman zu töten. Es genügt nicht, ihn im Duell zu schlagen. Er muß sterben. Die Aura der Unbesiegbarkeit muß aufrechterhalten werden.«

»Ich werde mein Bestes tun«, versicherte Odal.

»Er muß sterben.«

Die Glocke, die das Ende der Pause anzeigte, schlug an. Odal und Hector kehrten in ihre Kabinen zurück. Jetzt hatte Hector die Wahl der Waffen und der Umweltbedingungen.