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Plötzlich kam Hector angerudert, hilflos und mit gerötetem Gesicht, verfolgt von zwei atemlosen Stewards. Die Partygäste lachten schallend, als Hector vorbeitrudelte, und nahmen dann ihre Unterhaltung wieder auf. Leoh streckte die Hand aus, aber der Watchman war bereits vorbeigesegelt und verschwand erneut in der Menge.

Leoh runzelte die Stirn. Er haßte große Partys. Zu viele Leute, zuwenig Aktivität. Auf Partys redeten die Leute unablässig, ohne wirklich etwas zu sagen. Sie schlugen sich die Bäuche voll, obwohl sie eigentlich keinen Hunger hatten. Sie hörten stundenlang Unbekannten zu, die sie nie wiedersehen würden. Es war eine kolossale Zeitvergeudung.

Oder ödet es dich nur deswegen an, fragte er sich, weil dich niemand hier kennt? Die scheinen sich auch ohne den berühmten Erfinder der Duellmaschine recht gut zu amüsieren.

Leoh driftete zu der durchsichtigen Außenwand des Satelliten und betrachtete den Planeten, eine riesige Kugel, die in goldenes Sonnenlicht gebadet war. Dann schwebte er weiter, bis er eine gute Aussicht auf den Sternhimmel fand. Der Acquataine Cluster war ein Schmuckkästchen aus roten und goldenen und orangenen. Sternen, so dichtgepackt, daß man kaum den schwarzen Hintergrund des Alls sehen konnte.

So viel Schönheit im Universum, dachte Leoh.

»Professor Leoh?«

Leoh schreckte aus seinen Tagträumen auf und sah einen kleinen Mann mit Vollmondgesicht und beginnender Glatze neben sich schweben. Er streckte ihm die Hand hin.

»Ich bin Lal Ponte«, sagte er, als Leoh die Hand ergriff. »Es ist mir eine Ehre.«

»Mir ist es eine Ehre«, erwiderte Leoh mit der üblichen acquatainischen Grußfloskel.

»Sie suchen vermutlich nach Sir Harold, und ich weiß, daß der Premierminister sich gerne mit Ihnen unterhalten würde. Da die beiden gerade zusammen sind, darf ich Sie vielleicht hinbringen?« Ponte hatte eine piepsende Tenorstimme.

Leoh nickte. »Besten Dank. Gehen Sie bitte voraus.«

Ponte startete ins Innere des Satelliten und schlängelte sich geschickt durch Grüppchen von Gästen — viele von ihnen auf dem Kopf stehend. Leoh folgte ihm. Wie ein Frachter, der von einem Schlepper bugsiert wird. Er grinste bei dem Gedanken an seine massige Gestalt, wie sie hinter dem schmächtigen Acquatainier herzuckelte.

Leoh durchforstete sein Gedächtnis. Lal Ponte: der neue Minister des Inneren. Bis vor ein paar Wochen war Ponte noch ein unbedeutender Hinterbänkler gewesen. Aber bei den hektischen Premierministerwahlen, als vier Kandidaten das Parlament in vier fast gleichstarke Fraktionen spalteten, war er in den Brennpunkt des politischen Interesses gerückt, nachdem er ein Dutzend entscheidender Stimmen für General Martine zusammengekratzt hatte. Sein Lohn war der Kabinettsposten.

Ponte glitt stracks in einen riesigen Menschenklumpen hinein, ziemlich im Zentrum des Satelliten. Leoh folgte ihm schwerfällig und gewichtig, stieß an Schultern und Ellbogen, kassierte finstere Blicke und unwillige Bemerkungen und entschuldigte sich wie ein Zuspätgekommener im Theater, der über viele Beine steigen muß, um zu seinem Platz zu gelangen.

»Wer ist der alte Kerl?« hörte er eine weibliche Stimme flüstern.

»Ach, Albert, da bist du ja!« rief Spencer, als sie zum Zentrum der Gruppe vordrangen. Darauf machten die Gäste sofort Platz, und das Gemurmel bekam einen anderen Tonfall.

»General Martine«, sagte Spencer zu dem neuen Premierminister, »Sie kennen natürlich Albert Leoh, den Erfinder der Duellmaschine und führenden Wissenschaftler des Commonwealth.«

»Ahs« und »Ohs« erklangen.

Martine war schlank und groß und steckte in einer weißen, goldbetreßten Uniform, die ihm ausgezeichnet stand. Sein längliches, ernstes Gesicht wurde von traurigen Hundeaugen und einer Patriziernase beherrscht. Er nickte und setzte ein höfliches Lächeln auf. »Selbstverständlich. Sie sind der Mann, der Keraks Killer geschlagen hat. Es ist mir eine Ehre, Professor.«

»Besten Dank für die Einladung«, entgegnete Leoh. »Und meine Glückwünsche zu Ihrer Wahl.«

Martine nickte würdevoll.

»Ich habe den Premierminister davon zu überzeugen versucht«, sagte Spencer mit einer für Ansprachen reservierten Stimme und Lautstärke, »daß es für Acquatainia sehr von Vorteil wäre, dem Commonwealth beizutreten. Er scheint jedoch gewisse Vorbehalte zu haben.«

Martine hob den Blick und spähte an der Menge vorbei zu der transparenten Hülle des Satelliten und zu dem Planeten.

»Acquatania ist traditionell unabhängig vom Commonwealth geblieben«, erklärte er. »Wir brauchen keine Handelsvergünstigungen oder politischen Pakte. Wir sind eine reiche und starke und glückliche Nation.«

»Aber jetzt werden Sie von Kerak bedroht«, gab Leoh zu bedenken.

»Mein lieber Professor«, erwiderte Martine, reckte sich zu seiner vollen Größe und blickte auf Leoh herab, »ich bin seit meiner Jugend Berufssoldat. Vor einer Generation hatte ich die Ehre, zu dem Sieg über Kerak beitragen zu dürfen. Ich weiß, wie man militärischen Bedrohungen begegnet.«

Ein ganzes Stück entfernt schwebte Hector — jetzt mit einem Stabilisator ausgerüstet — in der Nähe einer Luftschleuse und musterte forschend die Gesichter einer Gruppe von Nachzüglern. Da war sie!

Er ließ sich fallen, katapultierte dabei drei schmuckbehängte acquatainische Industrielle in die Arme ihrer aufgeputzten und mikroberockten Begleiterinnen, trat einem bärbeißigen Colonel auf die Zehen und drängte sich durch die Neuankömmlinge zu Geri Dulaq vor.

»Du bist gekommen«, seufzte er und ergriff ihre Hände.

Bei ihrem Lächeln wurden ihm die Knie butterweich. »Ich hatte gehofft, daß du hier sein würdest, Hector.«

»Ich… na ja…« Er grinste wie ein Idiot, »ich bin da.«

»Das freut mich wirklich.«

Sie standen an der Schleuse und blickten sich an, während ein Strom von Neuankömmlingen an ihnen vorbeidrängte.

»Hector, sollten wir nicht Platz machen?« schlug Geri vor.

»Wie? Ach so, klar…« Er führte sie zu einem verschwitzten Steward (ein Mitglied der Posse, die Hector quer durch den Satelliten gejagt hatte) und ließ sich von ihm einen Stabilisator geben.

»Du brauchst so einen Gürtel, wenn du frei schweben willst. Andernfalls hast du gewisse, äh, Schwierigkeiten mit dem Manövrieren.«

Der Steward knirschte mit den Zähnen und funkelte ihn wütend an.

Geri heftete ihre großen braunen Augen auf Hector. »Zeigst du mir, wie es funktioniert? Ich bin völlig unbegabt in solchen technischen Dingen.«

Hector wäre am liebsten in die Luft gesprungen und hätte einen dreifachen Salto geschlagen, doch er unterdrückte den Impuls und sagte nur: »Oh, das ist ganz einfach…« Er warf dem schweißüberströmten Steward einen Blick zu und fügte hinzu: »Wenn man den Trick einmal heraus hat.«

»Aber als Sie Kerak besiegten«, sagte Spencer mit einiger Schärfe, »standen Ihnen die Szarno Confederation und einige andere Sternen-Nationen zur Seite. Jetzt sind alle Ihre Verbündeten verschwunden. Sie stehen Kerak ganz allein gegenüber.«

Martine seufzte ungeduldig. »Ich wiederhole, Sir Harold, Acquatainia ist stark genug, jeden kerakischen Angriff auch ohne Unterstützung der Star Watch abzuwehren.«

Leoh schüttelte den Kopf, schwieg aber.

La Ponte, der wie ein Satellit seinen Regierungschef umkreiste, mischte sich ein. »Der Premierminister plant ein starkes Verteidigungssystem, ein Netz von festungsmäßig ausgebauten Planeten und eine so starke Raumflotte, daß Kerak nie einen Angriff wagen würde.«

»Und nehmen wir mal an«, konterte Spencer, »daß Kerak angreift, bevor diese Abwehrlinie steht? Oder aus einer ganz anderen Richtung angreift?«