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»Ja, ich weiß. Leoh ist jetzt zu unserem treuesten Verbündeten geworden. Die Acquatainier betrachten ihn als ihren Retter. Die Angst, die sie vor Major Per Odal empfanden, ist jetzt verschwunden, und ebenso verschwunden ist ihre Angst vor Kerak. Sie betrachten Leoh als ein Symbol für Sieg und Sicherheit. Und während sie ihm zuprosten und seinen großspurigen Reden lauschen, schlagen wir zu!«

Obwohl Kor nur als elektronisches Bild in diesem Raum gegenwärtig war, konnte Odal seine Gedanken deutlich lesen: größere Gefängnisse, mehr Gefangene, zusätzliche Vernehmungszimmer voll verängstigter, hilfloser Menschen, die sich bei der Erwähnung von Kors Namen zusammenkrümmten.

»Und jetzt«, sagte Kor, »warten neue Aufgaben auf Sie, Major. Nicht ganz so unangenehme wie ein befohlener Selbstmord. Und diese Aufgaben sind hier auf Kerak durchzuführen.«

»Offiziere möchte ich nicht mehr verhören«, bemerkte Odal.

»Das ist mir bekannt«, erwiderte Kor mit einem leichten Stirnrunzeln. »Diese Untersuchungsphase ist abgeschlossen. Aber es gibt noch andere Gruppen, die durchleuchtet werden müssen. Sie haben doch sicher nichts dagegen, Diplomaten zu verhören… Angehörige des Außenministeriums?«

Romis’ Leute? überlegte Odal. Kor muß übergeschnappt sein. Romis würde es nie hinnehmen, daß man seine Mitarbeiter verhaftet.

»Ja, Romis«, beantwortete Kor die unausgesprochene Frage des Majors. »Wer sonst hätte die Stirn, die Verschwörung gegen den Führer anzuführen?«

Oder die Intelligenz, dachte Odal. Laut fragte er: »Wann kehre ich nach Kerak zurück?«

»Morgen früh steht ein Schiff für Sie bereit.«

Odal nickte. Dann bleibt mir nur noch dieser Abend, um mit dem Watchman abzurechnen.

Nervös wanderte Hector in dem engen Regieraum des Tri-Di-Studios umher. Techniker und Regieassistenten saßen über Monitore und Mischpulte gebeugt. Hinter ihnen, nur schattenhaft wahrnehmbar in dem abgedunkelten Raum, drängte sich eine große Schar von Besuchern, mit denen Hector ständig zusammenstieß bei seinen ziellosen Wanderungen.

Hinter dem Regiefenster befand sich das hellerleuchtete Studio, in dem Leoh saß, umringt von einem guten Dutzend von Acquatainias führenden Journalisten und politischen Kommentatoren.

Der alte Mann sah erschöpft aus, aber auch sehr zufrieden. Die Sendung hatte mit der Bandaufzeichnung des Duells gegen Odal begonnen. Jetzt bestürmten die Journalisten Leoh mit Fragen über das Duell, die Maschine, seine wissenschaftliche Laufbahn, sein Privatleben.

Hector drehte sich um und musterte die Besucher in dem dunklen Regieraum. Dort drüben in der Ecke stand Geri, eingeklemmt zwischen einem alten Politiker und einer mondän gekleideten Promotion-Agentin. Geri schmollte noch immer. Hector wandte sich ab, bevor sie seinen Blick bemerkte.

»Es dürfte klar sein«, sagte gerade einer der Kommentatoren, »daß Kanus uns mit der Duellmaschine keine Angst mehr einjagen kann. Und damit ist Kanus längst nicht mehr so eine Bedrohung.«

»Ich bin nicht Ihrer Ansicht«, erwiderte Leoh. »Kerak hat ziemliche Fortschritte gemacht mit seinen Bemühungen, Acquatainia außenpolitisch zu isolieren.«

»Aber bei unserer Verteidigung haben wir uns nie auf unsere Nachbarn verlassen«, warf ein Journalist ein. »Unsere sogenannten Verbündeten kämpften vor allem um hohe Zuwendungen durch unser Schatzamt, weniger gegen den gemeinsamen Feind.«

»Aber Kerak verfügt jetzt über die Schwerindustrie auf Szarno und über Vorposten an den Flanken von Premierminister Martines neuer Verteidigungslinie.«

»Kerak würde nie einen Angriff wagen, und selbst wenn, würden wir sie schlagen wie beim letzten Mal.«

»Aber ein Freundschaftspakt mit dem Commonwealth?«

»Brauchen wir nicht. Kanus ist ein Papiertiger, glauben Sie mir. Alles Bluff, raffinierte Tricks mit der Duellmaschine, nichts dahinter, in ein oder zwei Jahren ist er wahrscheinlich schon von seinen eigenen Leuten davongejagt.«

Irgend etwas bewog Hector, seinen Blick von dem Halbkreis politischer Gurus zu den Kamera- und Lasertechnikern schweifen zu lassen, zu einer dunklen Ecke zwischen zwei Scheinwerfern an der Rückwand des Studios, wo ein großer schlanker Mann stand. Hector konnte weder sein Gesicht noch seine Kleidung, noch seine Haarfarbe erkennen. Nur die messerscharfe Silhouette einer Gestalt, die Gefahr signalisierte: Odal.

Ohne lange nachzudenken, drängte sich Hector durch die dichtgepackten Besucher zur Tür. In seiner Hast, den Regieraum zu verlassen, trat er auf zahlreiche Zehen, stieß sitzenden Technikern die Ellbogen gegen Köpfe und Hälse und hinterließ eine Kielwelle schimpfender und blaue Flecke reibender Personen. Er kam direkt an Geri vorbei, die ihm Platz machte, aber kein Wort sagte und ihn nicht einmal ansah.

Vom Regieraum gelangte er in einen kurzen Flur, von dem zwei weitere Türen abzweigten: eine in den Hauptkorridor und eine ins Studio. Vor der Studiotür stand ein Uniformierter.

»Tut mir leid, Sir, Sie können nicht hinein, solange die Sendung läuft.«

»Aber… ich habe jemand durch die hintere Tür reinkommen sehen… ins Studio…«

Achselzuckend meinte der Uniformierte: »Muß ein Kameramann gewesen sein. Sonst darf niemand ins Studio.«

Hector blinzelte irritiert und ging zu der anderen Tür. Der Hauptkorridor führte halbkreisförmig um das Studie herum. Nahm Hector jedenfalls an. Er folgte dem Korridor. Und tatsächlich kam er zu einer weiteren Tür mit der Aufschrift STUDIO C und einer blinkenden roten Lampe darüber. Hector stieß die Tür auf. In Scheinwerferlicht getaucht und von Kameras umrahmt standen ein Mann und eine Frau, die sich gerade heiß umarmten.

»He, wer hat die Tür aufgemacht?«

»SCHNITT! SCHNITT! Schmeißt dieses Rindvieh raus! Nicht mal eine Szene kriegt man mit Ruhe in den Kasten, ohne daß so ein Idiot von einem hergelaufenen Touristen ins Studio schneit! Da soll doch gleich…«

Hastig schlug Hector die Tür zu und entging dadurch einer Flut von Obszönitäten, die seinem alten Ausbilder in der Star-Watch-Akademie noch Hochachtung abgenötigt hätten.

In welchem Studio sind sie?

Wie als Antwort öffnete sich weiter unten im Korridor eine Tür, und Odal trat heraus. Er war nicht in Uniform, statt dessen trug er eine einfache schwarze Tunika und dunkle Hosen. Aber es war unverkennbar Odal. Er blickte direkt in Hectors Richtung, ein ironisches Lächeln um die Lippen, und marschierte dann in die entgegengesetzte Richtung. Hector rannte hinter ihm her, doch Odal verschwand um eine Biegung.

Eine Tür schlug zu. Hector trat ein.

Im schwachen Licht der Korridorbeleuchtung sah Hector Reihen um Reihen von mannshohen Tri-Di-Bildschirmen, jeder flankiert von einem Kontroll- und Monitorpult. Ein Vorführatelier, dachte er. Oder vielleicht ein Schneideraum.

Zögernd ging er tiefer in den Raum hinein. Er war weitläufig, vollgepackt mit großen Bildschirmen und Kontrollpulten. Viele Versteckmöglichkeiten. Die Tür hinter ihm klappte zu und tauchte den Raum in totale Finsternis.

Hector erstarrte. Odal war hier drinnen. Er konnte es fühlen. Allmählich gewöhnten sich seine Augen an die Dunkelheit. Er drehte sich um und schlich in Richtung Tür, kollidierte aber mit einem Stuhl und stieß ihn klappernd gegen das dazugehörige Pult.

»Du hast mich in der Duellmaschine geschlagen«, hallte Odals kalte Stimme durch den Raum. »Jetzt wollen wir mal sehen, ob du mich auch im wirklichen Leben besiegen kannst. Dieser Raum ist schallisoliert. Wir sind allein. Niemand wird uns stören.«

»Äh… ich bin unbewaffnet«, sagte Hector. Es war schwierig festzustellen, woher Odals Stimme kam. Die Echos machten jede Orientierung in der Dunkelheit unmöglich.

»Ich auch. Aber wir sind beide voll ausgebildete Soldaten. Du hast zweifellos den Star-Watch-Standardkurs für waffenlose Selbstverteidigung und Nahkampf absolviert.«