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Abschied von zu Hause. Papa glaubt nach wie vor nicht, daß du in die Star Watch gehörst. Abfahrt mit dem Captain, weg von dem Haus, das jetzt leersteht. Mühsame Ausbildungsjahre, irgendwie wurstelst du dich durch, bestehst die Prüfungen, aber immer mit knapper Not, mit Hängen und Würgen. Immer der Beste, immer der Erste: der beste Schüler, der beste Sportler, der beste Soldat. Immer an der Spitze. Die wahre Aufgabe der Star Watch begreifen: Schutz und Sicherung des Friedens. Lernen, wie man haßt, wie man tötet, und, am allerwichtigsten, wie du an Acquatainia Vergeltung üben kannst.

Gegenseitiges Berühren und Verschmelzen, Verflechtung zweier lebenslanger Erinnerungsbahnen, nahtloses Verzahnen, neue Anordnung von Synapsen, unmerkliche chemoelektrische Veränderungen. Zwei Leben, zwei Biografien, zwei Persönlichkeiten gingen vollkommen ineinander auf, als es je zwei Geistern gelungen war. Hector und Odal, Odal/Hector — in diesem blitzartigen Moment, als sie in der Duellmaschine aufeinandertrafen, wurden sie für kurze Zeit zu einem einzigen Wesen.

Und als ein kerakischer Meditechniker den plötzlichen hohen Stromverbrauch der Maschine bemerkte und sie abschaltete, wurden die beiden jungen Männer wieder zu getrennten Individuen. Aber sie hatten sich verändert. Keiner war mehr der, der er vorher gewesen war.

»Was war das?« bellte Kor. »Warum hat die Maschine auf einmal so viel Energie verbraucht?«

Der Meditechniker in seinem weißen Kittel zuckte die Achseln. »Der Watchman sitzt ganz allein in der Kabine. Ich verstehe das nicht…«

Wutschnaubend stürzte Kor zu Hectors Kabine. »Wenn er aufgewacht und entkommen ist, werde ich…«

Beide Türen flogen auf. Aus der einen Kabine trat Hector, sein Blick klar und fest, hochaufgerichtet, groß und schlank und blond. Seine Miene war seltsam verklärt. Er spähte zu der anderen Kabine hinüber.

Odal stand dort. Ebenso groß und schlank und blond, mit einem fast identischen Gesichtsausdruck: einem wissenden Ausdruck, eine innere Zufriedenheit, die ihm nichts und niemand mehr nehmen würde.

»Sie!« rief Kor. »Sie sind zurückgekommen!«

Eine halbe Sekunde lang standen alle wie angewurzelt: Hector und Odal zu beiden Seiten der Duellmaschine, Kor etwa in der Mitte zwischen ihnen, vier Meditechniker an den Kontrollkonsolen, zwei Bewaffnete ein paar Meter hinter Kor. Keraks fahle bläuliche Sonne sandte kaltes Morgenlicht durch das gerippte Steinfenster.

»Sie stehen unter Arrest«, sagte Kor zu Odal. »Und was Sie betrifft, Watchman, mit Ihnen sind wir auch noch nicht fertig!«

»Doch, das sind Sie«, entgegnete Hector gelassen, während er langsam und drohend auf den Geheimdienstchef zuging.

Kor runzelte die Stirn. Dann sah er Odal ebenfalls auf sich zukommen. Er wich einen Schritt zurück, drehte sich dann zu seinen Leibwächtern um. »Packt sie…«

Zu spät. Wie eine perfekt synchronisierte Kampfmaschine stürzten sich Odal und Hector auf die beiden Wachtposten und schlugen sie nieder, noch bevor Kor ein Wort sagen konnte. Odal nahm die Pistole des einen Soldaten an sich und richtete sie auf Kor. Hector griff sich die andere Waffe und hielt die verstörten Meditechniker in Schach.

»In die Gefängniszellen mit euch!« befahl Odal.

»Das wirst du mit dem Leben bezahlen!« tobte Kor.

Odal stieß ihm die Strahlpistole in die Rippen. »Jeder muß einmal sterben. Darf es hier und sofort sein?«

Kor wurde leichenblaß. Mit weichen Knien wankte er aus dem Saal und ging in Richtung Zellenblock.

Der Gefängnistrakt wurde von Soldaten bewacht. Unter ihnen erkannte Odal einen Gefolgsmann von Romis. Sie sperrten die anderen ein und liefen dann die Treppen hinauf zu Kors Büro.

»Sie nehmen die Pistole«, sagte Odal zu dem Wachtposten, während sie die Steinstufen hinaufhasteten. »Wenn wir jemand begegnen, sagen Sie, Sie würden uns zum Verhör zum Minister bringen.«

Der Wächter nickte. Hector ließ seine Pistole unter dem Overall verschwinden.

»Es bleiben uns nur ein paar Minuten, bevor man Kor im Zellentrakt entdeckt«, sagte Odal zu Hector. »Wir müssen Romis erreichen und dann von hier verschwinden.«

Zweimal wurden sie in den Gängen von Kontrollposten angehalten, aber jedesmal ließ man sie passieren. Kors Vorzimmer war leer; seine Mitarbeiter hatten ihren Dienst noch nicht begonnen.

Mit Kors Tisch-Communicator stellte der Wächter eine Verbindung zu Romis her; seine Hände bebten sichtlich, als er die geheiligte Apparatur des Ministers benutzte.

Romis’ verschlafenes Gesicht erschien auf dem kleinen Bildschirm. Als er Odal erkannte, weiteten sich seine Augen.

»Was…?«

Hector trat vor die Kamera. »Ich bin aus Ihrem Schiff geflohen«, sagte er rasch und ohne jedes Stottern, »wurde aber von Kors Leuten geschnappt, als ich versuchte, die Duellmaschine zu erreichen. Odal ist von Acquatainia teleportiert. Kor sitzt im Moment in seinem eigenen Knast. Wenn Sie gegen Kanus losschlagen wollen, dann ist jetzt genau der richtige Zeitpunkt. Sie haben nur ein paar Minuten.«

Romis verschlug es fast die Sprache. »Sie… Sie haben Kor eingesperrt? Sie sind im Informationsministerium?«

»Ja«, bestätigte Odal. »Wenn Sie über Truppen verfügen, die Ihnen treu ergeben sind, dann schaffen Sie die sofort hierher. Wir werden so viele von Kors Gefangenen wie möglich freilassen, aber wir brauchen mehr Männer und Waffen, um dieses Gebäude gegen Kors Privatarmee zu verteidigen. Wenn wir uns hier halten können und außerdem zu Kanus vordringen, wird sich der größte Teil der Armee wahrscheinlich auf Ihre Seite schlagen. Vielleicht geht es sogar ohne großes Blutvergießen ab. Aber Sie müssen rasch handeln!«

Romis saß auf dem Bettrand, starrte die beiden jungen blonden Männer auf seinem Bildschirm an und versuchte Ordnung in seine Gedanken zu bringen.

»Also gut. Ich schicke alle Einheiten, auf die ich mich verlassen kann, als Verstärkung zum Informationsministerium. Major Odal, Sie sprechen vielleicht ein paar Ihrer Freunde in der Armee an.«

»Okay«, stimmte Odal zu. »Viele Offiziere sind bereits hier — wenn auch als Gefangene.«

Romis nickte. »Ich rufe sofort Marschall Lugal an. Ich glaube, er schließt sich uns an.«

»Aber wir müssen Kanus kaltstellen, bevor er die Armee mobilisieren kann«, warf Hector ein.

»Ja, natürlich. Kanus ist auf seinem Landsitz im Gebirge. Dort ist noch Nacht. Wahrscheinlich schläft er noch.«

»Gibt es dort eine Duellmaschine?« fragte Odal.

»Ich weiß es nicht. Möglich. Ich habe Gerüchte gehört, daß er dort heimlich eine private Maschine installiert haben soll…«

»Schön«, sagte Hector. »Vielleicht können wir direkt teleportieren.«

»Aber erst, wenn wir alle Gefangenen befreit und die Verteidigung des Gebäudes organisiert haben«, warf Odal ein.

»Richtig«, pflichtete Hector bei.

»Eine Menge Arbeitet wartet auf uns«, sagte Odal zu dem Außenminister. »Wir dürfen keine Sekunde vertrödeln.«

»Ja«, bekräftigte Romis.

Das Tri-Di-Bild verblaßte, und Romis starrte auf den leeren grauweißen Bildschirm an seinem Nachttisch. Er schüttelte den Kopf, als wolle er die Erinnerung an einen Traum verscheuchen.

Es kann eine Falle sein, sagte er sich. Eines von Kors hinterhältigen Manövern. Aber der Star Watchman war dort; er würde nicht für Kor arbeiten. Doch war es tatsächlich der Watchman gewesen? Oder vielleicht ein Double?

»Falle oder nicht«, sagte Romis laut, »solch eine Gelegenheit kommt nie wieder… wenn es kein Traum ist.«

Er faßte seinen Entschluß. In drei Minuten führte er drei Tri-Di-Gespräche. Die Tat war vollbracht. Er würde entweder Kerak von seinem Monster befreien oder aber einige hundert gute Männer in den Tod schicken — er selbst eingeschlossen.