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Es dauerte eine Weile, bis sie die Zugangstreppe zum Hangar erreicht hatte. Die Moroni-Ameisen waren fort, aber die vier Gleiter standen startbereit in der Halle. Net duckte sich hinter das Geländer des ersten Treppenabsatzes, aber falls die Suchsysteme der Gleiter sie wahrnehmen konnten, wurde sie von den Mannschaften ignoriert. Vorsichtig ließ sie sich die ersten Treppenstufen hinunterrutschen. Um sich zu entspannen, begann sie die Stufen zu zählen. Als sie eintausenddreihundertfünfzig Stufen später den Boden der Halle erreichte, war sie schweißgebadet.

Sie beeilte sich, hinter einem Torflügel in Deckung zu kommen, und suchte nach der halb zerstörten Treppe, über die sie geflohen war.

Die tiefergelegene Maschinenhalle stand noch immer unter Wasser. Die Beleuchtung war abgeschaltet worden, und das Wasser wirkte schwarz und hatte einen öligen Schimmer. Sie stellte sich vor, daß eine Moroni-Kreatur irgendwo unter der glatten Wasseroberfläche auf sie wartete, und eine Gänsehaut lief ihr über den verschwitzten Rücken. Hastig nahm sie das Gewehr von der Schulter und entsicherte es.

Sie watete in Richtung auf die Halle mit dem Sternentransmitter zu. Das Wasser war relativ warm, vermutlich, weil der größte Teil davon Löschwasser war. Ein Hauch von Ammoniak lag in der Luft. Sie konnte irgendwo Pumpen hören, die vermutlich die Halle trockenlegen sollten. Als ihr das Wasser bis zu den Knien reichte, blieb sie stehen und sah sich um. Eine Plattform stand ganz in der Nähe, zwischen mehreren der bizarren Moroni-Maschinen. Sie konnte ebensogut warten, bis das Wasser etwas zurückgegangen war, beschloß sie und änderte ihre Richtung. Vorsichtig zog sie sich auf die Plattform und legte ihr Gewehr ab, dann zog sie die nassen Stiefel aus. Als sie die Hose auszog, um die Hosenbeine auszuwringen, fiel das Funkgerät heraus. Sie legte die Hose neben sich auf die Plattform und wog das Funkgerät einen Moment lang nachdenklich in der Hand, dann schaltete sie es achselzuckend ein.

»Hartmann?« wisperte sie hinein. Statisches Rauschen antwortete ihr. In der riesigen, leeren Halle schien selbst ihr Flüstern kilometerweit zu tragen. »Können Sie mich hören?« Sie wartete. Zum ersten Mal empfand sie so etwas wie Panik, und sie sah sich verzweifelt um.

»Kann mich irgend jemand hören?« sagte sie in die unwirkliche Dunkelheit hinein.

*

Von ihrer Position in den Trümmern der Raffinerie aus hatten sie einen guten Überblick über die Halle, obwohl der größte Teil inzwischen in völliger Dunkelheit lag. Die Moroni hatten die großen Scheinwerfer und auch einen Teil der Maschinen am hinteren Ende der Halle abgeschaltet. Die Zahl der Ameisen, die auf dem Boden herumliefen und an den anscheinend wahllos aufgestellten Pulten hantierten, hatte sich in der vergangenen Stunde verdreifacht.

»Was treiben die da unten«, murmelte Hartmann und spähte in die Finsternis. Neben den Zielscheinwerfern hatten sie in dem Depot auch mehrere hundert Nachtsicht-Zielgeräte entdeckt. Im Infrarot-Bild war die Halle ein langweiliger Raum aus blauen und grünen Flecken, nur dort, wo die Maschinen noch in Betrieb waren, schimmerte ein blasses Gelb. Die Moroni dagegen waren rote Flecken mit mehreren gelben Ausläufern.

»Vielleicht haben sie Schwierigkeiten mit der Stromversorgung«, meinte Kyle. Seine Stimme hatte inzwischen überhaupt keine Schwierigkeiten mehr mit Zischlauten, aber die veränderten Betonungen verursachten Hartmann immer wieder ein unbehagliches Gefühl in der Magengegend.

»Sie haben fast alle Maschinen abgeschaltet, die zur Raffinerie gehörten, und das Zeug am anderen Ende sieht wie Luftaufbereitung aus. Nur die Blöcke rund um den Transmitter arbeiten noch.«

»Feldgeneratoren«, bemerkte Kyle nachdenklich. Hartmann sah zu ihm hinüber und begegnete dem Blick bläulich schimmernder Augen, die das schwache Restlicht in der Halle zurückwarfen wie blanke Spiegel.

»Sie brauchen wohl nichts dergleichen«, sagte er und deutete auf das Zielgerät. Kyle lachte leise.

»Habe ich noch nie gebraucht«, sagte er.

Hartmann nickte stumm und nahm seine Beobachtung wieder auf. Zahlreiche Moroni-Ameisen waren mit Lasergewehren bewaffnet, und inzwischen hatte sich ein Ring um das gewaltige Podest gebildet, über dem der Sternentransmitter schwebte. Ein leises, knackendes Geräusch lenkte seine Aufmerksamkeit ab. Er suchte hastig die Halle ab. Wieder knackte es. Er konnte nichts Ungewöhnliches entdecken. Das Geräusch wiederholte sich, und er spürte, wie seine Knochen gefroren.

»Das Funkgerät«, sagte Kyle. Der Tonfall war eindeutig belustigt.

Hartmann schalt sich einen Idioten. Er steckte das Zielfernrohr in seinen Gürtel und tastete nach dem Funkgerät. In der Dunkelheit konnte er nur anhand der kleinen Kontrollanzeigen erkennen, wo es sich befand. Er stellte den Lautstärkeregler nach und lauschte.

»Nur Rauschen«, sagte er.

Kyle beugte sich zu ihm herüber. »Lassen Sie es mich versuchen«, sagte er.

Hartmann ließ das Funkgerät widerstrebend los. Der Jared hantierte eine Weile stumm, und die Geräusche veränderten sich zu einer rauschenden, knisternden Kakophonie, die sich zu wiederholen schien.

»Da ist etwas«, sagte er. »Ein ziemlich schwaches Signal. Die automatische Justierung schafft es nicht.« Anscheinend versuchte er, den Empfänger von Hand einzustellen. Die Moroni hatten ihn an diesen und anderen Geräten ausgebildet. Hartmann wartete geduldig.

»... meldet ... mich jemand ...« hörte er plötzlich aus den Störungen heraus. Es war eine nur zu vertraute Stimme.

»Das ist ...«

»Net«, sagte Kyle und sah sich wachsam um. Anscheinend hatte keine der Wachen unten in der Halle etwas gehört.

»... um Himmels willen ...« wisperte die Stimme.

»Sie ist in Schwierigkeiten«, sagte Hartmann und wollte Kyle das Funkgerät aus der Hand nehmen.

»Vorsichtig mit den Reglern«, sagte der Jared.

Hartmann nahm das Funkgerät und tastete nach der Sprechtaste, dann zögerte er.

»Wird sie uns überhaupt empfangen können?«

Kyle kam in der Dunkelheit näher heran. »Dieser Sender hier ist stärker als unsere kleinen Geräte. Sie wird uns hören.« Die schimmernden Augen richteten sich auf die geschäftigen Moroni. »Die Frage ist, wer uns außerdem noch hört.«

»Das Risiko müssen wir eingehen«, sagte Hartmann.

Kyle verzichtete auf einen Einwand, aber Hartmann spürte, daß der Jared nicht seiner Meinung war.

»... bitte ...« sagte die Stimme.

»Sie steckt in Schwierigkeiten«, sagte Hartmann drängend.

Kyle schüttelte den Kopf, eine Bewegung, die Hartmann mehr spürte als sah. »Sie ist fast hysterisch, aber die Art, wie sie spricht, zeigt, daß sie nicht in unmittelbarer Lebensgefahr ist.«

»Sie ist anderer Meinung«, antwortete Hartmann.

Kyle zögerte einen Moment. »Einverstanden«, sagte er schließlich in einem Tonfall, der eher das Gegenteil besagte. »Ich achte auf unsere Freunde dort unten.«

Entschlossen schaltete Hartmann den Sender ein. »Net«, sagte er. »Hartmann hier. Kannst du mich hören?«

»... höre dich.« Er hatte noch nie so viel Freude und Erleichterung in einer menschlichen Stimme vernommen, und er selbst empfand eine seltsame Wärme bei der Gewißheit, daß das Mädchen am Leben war.

»Du mußt lauter sprechen«, sagte er, »wenn es irgendwie geht. Wir verstehen dich kaum, weil dein Sender zu schwach ist.«