Выбрать главу

»Ich verstehe dich gut«, kam die einigermaßen deutliche Antwort. Anscheinend brüllte sie in das Mikrophon hinein, so laut es ging.

»Bist du in Sicherheit?« fragte Hartmann besorgt. »Ist irgend jemand in der Nähe?«

»Keine Menschenseele«, antwortete Net erschöpft.

Kyle hatte recht gehabt, begriff Hartmann. Das Mädchen war am Ende seiner Kraft.

»Keine Ameisen in der Nähe?« vergewisserte er sich.

»Nein. Hier unten ist niemand.« Ihre Worte kamen jetzt weniger hastig, und sie war wieder etwas leiser geworden. Möglicherweise hatte sie zu Beginn nur in das Mikrophon hineingeflüstert.

»Alles in Ordnung?« fragte er Kyle.

Der Jared spähte zum Transmitter hinüber. »Sieht so aus. Ich vermute, sie haben auch die Überwachungsgeräte abgeschaltet und verwenden selbst nur ein paar Kanäle.«

Hartmann wandte sich wieder dem Funkgerät zu. »Wo bist du, Net?«

Das Mädchen berichtete aufgeregt von ihrem Sturz die Rolltreppe hinunter und beschrieb ihre Umgebung. Hartmann stellte sich vor, wie sie dort hockte, durchnäßt bis auf die Knochen, hungrig und allein in der Dunkelheit. Er konnte verstehen, warum sie in Panik geraten war. »Ist Kyle bei dir?« fragte sie schließlich.

»Ja«, antwortete Hartmann und verzichtete auf lange Erklärungen. Er fragte sich, wie die Wastelanderin auf Kyles seltsame, unvollständige Metamorphose reagieren würde. Net hatte ein paar schlechte Erfahrungen mit Veränderungen von Menschen gemacht, die durch Moroni-Methoden hervorgerufen worden waren, und er glaubte, daß sie dem Megakrieger nie ganz über den Weg getraut hatte.

»Was ist passiert?« fragte Net und unterbrach seinen Gedankengang. »Ich meine, wieso leben wir noch? Sind Sie von den Moroni im Gleiter überwältigt worden?«

»Das ist eine lange Geschichte«, sagte Hartmann, »Ich würde das gerne verschieben, Net.«

»Einverstanden«, sagte die Stimme nach kurzem Zögern. »Wo sind Sie überhaupt?«

»Wieder zurück auf Feld eins«, antwortete Hartmann mit bitterem Humor.

»In der Transmitterhalle«, stellte das Mädchen fest und seufzte hörbar. »Ich hatte es mir gedacht. Kyles Idee, nicht wahr?«

Hartmann verzichtete auf eine Antwort. Blaue Augen fixierten ihn, und er glaubte, ein Lächeln Kyles zu erkennen.

»Da ist etwas, was Sie wissen müssen«, sagte Net drängend. »Ich war oben ... ich meine, ich habe versucht, an die Oberfläche zu kommen.«

Hartmann dachte an sein gespenstisches Erlebnis in der Druckschleuse. »Warum, um Himmels willen?«

»Ich habe es hier unten nicht mehr ausgehalten«, antwortete sie. »Ich glaubte, ich könnte mir oben etwas Überblick darüber verschaffen, wo wir eigentlich sind.«

»Und?«

»Wir sind nicht an der Oberfläche«, sagte Net. »Ich weiß nicht, wie tief wir sind, aber wir müssen weit unter der Erde sein.«

»Unsinn«, sagte Hartmann. »Wir haben die Mondoberfläche gesehen, alle drei. Du hast nur kein Fenster finden können.«

»Ich habe noch viel mehr gefunden«, antwortete Net verärgert. Diesmal waren ihre Worte wieder klar verständlich. »Da oben war eine große Kuppel aus Glas, in der alle möglichen Geräte herumstanden. Ich hatte eine großartige Aussicht.« Sie atmete tief ein. »Das Problem ist nur, es gab nichts zu sehen.«

»Was soll das heißen?« Hartmann bemerkte, daß Kyle gespannt zu ihm herübersah.

»Alles, was ich gesehen habe, sind ein paar Quadratkilometer Staub und Felsen gewesen, ein paar Fördermaschinen und Hallen, beleuchtet von vielen Scheinwerfern.«

»Wir sind auf der sonnenabgewandten Seite«, erinnerte sie Hartmann.

»Ich bin nicht dumm«, kam die unfreundliche Antwort. »Erklären Sie mir mal, warum ich auch sonst nichts am Himmel gesehen habe. Sind wir vielleicht auch auf der sternenabgewandten Seite?«

»Was soll das heißen?« fragte Hartmann schwerfällig.

»Da war nicht ein einziger Stern am Himmel, hören Sie. Kein einziger verdammter Stern.«

Hartmann dachte an die Druckschleuse und an den Streifen Schwarz, den sie gesehen hatten. »Das glaube ich nicht«, sagte er entgeistert.

»Ich glaube nicht, daß das jemanden interessiert«, antwortete Net knapp. Ihre Stimme klang inzwischen wieder sehr viel selbstsicherer. Charity Laird war kein Umgang für sie, entschied Hartmann. Die Wastelanderin hatte einige schlechte Angewohnheiten von ihr übernommen. »Ich glaube, wir sind in einer riesigen Blase, irgendeinem Hohlraum weit unter der Oberfläche.«

»Der größte Teil dieser Anlage ist von Menschen gebaut worden«, widersprach Hartmann. »Falls wir eine Basis in irgendeinem großen Loch im Mond oder sonstwo errichtet hätten, wüßte ich davon. Eine Anlage von diesen Ausmaßen läßt sich nicht geheimhalten.«

»Das ist kein NATO-Bunker mit ein paar tausend Kühltruhen«, stimmte Kyle zu. Der Kommentar war entschieden sarkastisch.

»Dann haben die Moroni das ganze Gerümpel hier heruntergeschafft«, versetzte Net. »Ich habe es jedenfalls nicht geschafft, die Oberfläche zu erreichen.«

Hartmann wog nachdenklich das Funkgerät in der Hand. Allein diese Energiezelle mochte zehn Kilogramm wiegen. Andererseits konnte er es problemlos in einer Hand halten. Er blickte in die Halle hinaus und versuchte sich ins Gedächtnis zurückzurufen, wie sich während der Schußwechsel die Trümmerstücke bewegt hatten.

»Was ist los?« fragte Kyle, der ihn beobachtet hatte.

»Der Mond hat an der Oberfläche etwa ein Sechstel der Erdgravitation«, sagte Hartmann nachdenklich. »Falls wir wirklich auf dem Mond sind, dann ist die Schwerkraft viel zu gering. Verdammt.«

»Stimmt etwas nicht?«

Hartmann schüttelte verärgert den Kopf. »Das hätte mir schon viel eher auffallen müssen«, sagte er. »Genauso wie der verdammte Himmel ohne Sterne.«

»Wir waren in Eile«, erinnerte ihn Kyle ohne Humor.

Hartmann ignorierte die Bemerkung. »Diese Anlage hier ist MacDonalds oder zumindest ein großer Teil davon«, sagte er nachdrücklich. »Das ganze Zeug stammt vom Mond, soviel steht fest.«

»Nehmen wir an, wir sind auf dem Mond«, sagte Kyle nachdenklich. »Wie tief müßten wir sein, ich meine, was die Schwerkraft betrifft?«

»Ziemlich tief«, sagte Hartmann und dachte daran, wie er Kyle einen senkrechten Schacht hinaufgezogen hatte, nur mit der Kraft seiner Arme. »Ich würde sagen, irgendwo weit im Inneren des Mondes.«

»Dann frage ich, was zum Teufel die Moroni hier unten suchen«, mischte sich Net ein, die das Gespräch mit angehört hatte.

Hartmann warf Kyle einen fragenden Blick zu. Der Megamann zuckte nur stumm mit den Achseln.

»Vielleicht wollten sie sich hier verkriechen«, vermutete Hartmann. »Ohne Transmitter ist diese Anlage wohl nicht zu erreichen, wenn sie wirklich im Inneren des Mondes liegt.« Irgendwo in der Anlage sprang mit einem dumpfen Geräusch ein großer Motor an. Hartmann sah auf und bemerkte, wie sich am Rand des Lichtkreises mehrere Moroni an einer gewaltigen, senkrecht in die Wand eingelassenen Platte zu schaffen machten.

»Ich komme in die Halle«, sagte Net über Funk. »Wo genau sind Sie jetzt?«

»Bleiben Sie, wo Sie sind«, warf Kyle ein, bevor Hartmann Gelegenheit zu einer Antwort fand. Unten in der Halle setzte sich ein zwanzig Meter hohes Schiebetor ächzend in Bewegung. »Hier geht irgend etwas vor, Net.«

»Ich bleibe nicht hier unten.«

»Kind, sei nicht so verflucht eigensinnig«, sagte Kyle. »Da unten sind gut dreihundert sehr aktive Moroni-Ameisen, die gerade ein großes Tor öffnen. Bleib, wo du bist, wir kommen dich holen.«

Net antwortete nicht.

»Bitte«, sagte Hartmann. »Net, mach keinen Unsinn. Wenn du hier hineinstolperst, dann sind wir alle tot.«

»Wie ihr wollt«, kam die undeutliche Antwort. »Das eine sage ich euch, wenn ihr mich hier unten zurücklaßt, dann drehe ich euch die Hälse um.«