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»Was ist das nur, was sich da draußen bewegt?« fragte Wren Stresa schließlich. Sie konnte ihre Neugier nicht länger bezähmen. Sie hatten gerade ihre Mahlzeit beendet. Der Stachelkater schien fast alles verschlingen zu können – Käse, Brot und getrocknetes Fleisch, das sie mit sich trugen, genauso wie die Maden und Insekten, die er für sich selbst aufstöberte. Im Moment saß er dicht neben der Öffnung des Banyan und kaute auf einer Wurzel.

Er schaute alarmiert auf. »Da draußen?« wiederholte er. Die Worte kamen so heiser hervor, daß Wren sie kaum verstehen konnte. »Grrrssst. Nicht viel, wirklich. Einige häßliche, kleine Lebewesen, die unter anderen Umständen nicht wagen würden, ihr Gesicht zu zeigen. Jetzt schleichen sie herum – hhhrrgg –, weil alle wirklich gefährlichen Wesen – außer dem wwwssst Wisteron – vor Arborlon sind und darauf warten, daß der Keel weiter seine Macht verliert.«

»Erzähl mir vom Keel«, drängte sie. Ihre Finger übersetzten die Worte des Stachelkaters für Garth.

Stresa legte die Wurzel beiseite. Das Schnurren war wieder in seiner rauhen Stimme hörbar. »Der Keel ist die Mauer, die die Stadt umgibt. Sie wurde aus Magie gemacht, und die Magie hält die Dämonen fern. Hggghhhh. Aber die Magie wird schwächer, und die Dämonen werden stärker. Selbst die Elfen scheinen nicht in der Lage zu sein, etwas dagegen zu unternehmen.« Der Stachelkater machte eine Pause. »Wie hast du von den Dämonen erfahren? Hssttt. Wie ist dein Name doch gleich? Grrllwren? Wren? Wer hat euch von Morrowindl erzählt?«

Wren lehnte sich an den Stamm des Banyan zurück. »Das ist eine lange Geschichte, Stresa. Ein Flugreiter hat uns hergebracht. Er war derjenige, der uns vor den Dämonen gewarnt hat. Allerdings hat er sie Monster genannt. Weißt du etwas über Flugreiter?«

»Ssttpfft! Die Elfen mit den Riesenvögeln – ja, ich weiß. Sie pflegten hierher zu kommen. Jetzt nicht mehr. Wenn sie jetzt landen, warten die Dämonen. Sie ziehen sie herab und töten sie. Fffftt – das geht ganz schnell. Das wäre auch mit euch geschehen, wenn sie nicht alle vor Arborlon wären – oder zumindest die meisten. Der Wisteron kümmert sich allerdings nicht um solche Dinge.«

Arborlon war die Heimat der Elfen gewesen, dachte Wren, als sie noch im Westland gelebt hatten. Es verschwand, als sie damals verschwanden. Hatten sie es auf Morrowindl neu erbaut? Was hatten sie mit dem Ellcrys gemacht? Hatten sie ihn mitgenommen? Oder war er ein weiteres Mal abgestorben wie zu Zeiten Will Ohmsfords? Gab es darum die Dämonen auf Morrowindl?

»Wie weit sind wir von der Stadt entfernt?« fragte sie und drängte damit ihre Grübeleien beiseite.

»Es ist noch ein langer Weg«, erklärte Stresa. »Der In Ju geht in eine Bergwand über, die Blackledge genannt wird und sich quer durch das südliche Ende der Insel zieht. Dahinter liegt ein Tal, durch das der Rowen fließt. Rrwwwn. Jenseits des Tales liegt Arborlon hoch oben auf einer Klippe unterhalb des Kraters des Killeshan. Wollt ihr etwa dorthin gelangen?«

Wren nickte.

»Ppffahh. Warum, um alles in der Welt?«

»Um die Elfen zu finden«, antwortete Wren. »Ich habe einen Auftrag. Ich soll ihnen eine Botschaft überbringen.«

Stresa schüttelte den Kopf und richtete seine Stacheln einige Zentimeter auf. »Ich hoffe nur, daß die Botschaft wichtig ist. Ich kann nicht verstehen, wie du es jemals schaffen willst, sie zu überbringen, während die Dämonen rund um die Stadt lauern – wenn es die Stadt überhaupt noch gibt. Ssstt.«

»Wir werden einen Weg finden.« Wren wollte das Thema wechseln. »Du hast vorhin erzählt, daß die Elfen dich erschaffen haben, Stresa. Wie auch die Dämonen. Aber du hast nicht erklärt, wie.«

Der Stachelkater warf ihr einen ungeduldigen Blick zu.

»Durch Magie natürlich«, knirschte er. »Hrrrwwll! Mit Elfenmagie kannst du fast alles tun. Ich war einer der ersten, lange bevor sie sich für die Dämonen oder einen der anderen entschieden haben. Das war vor fast fünfzig Jahren. Stachelkater leben lange. Ssppptt. Sie haben mich geschaffen, um die Höfe zu bewachen und Aasfresser und Ähnliches fernzuhalten. Ich war sehr gut darin. Wir alle waren das. Pffft. Wir konnten fern vom Land leben, brauchten sehr wenig Pflege und konnten wochenlang draußen bleiben. Aber dann kamen die Dämonen und töteten die meisten von uns, und die Höfe wurden nutzlos und verschwanden, und das war’s. Wir waren uns selbst überlassen – grrrsssst –, was nicht so schlimm war, weil wir zu dem Zeitpunkt schon ziemlich daran gewöhnt waren. Wir konnten allein überleben. Tatsächlich war es besser so. Ich würde es hassen, in dieser Stadt eingeschlossen zu sein – hssstt –, eingeschlossen von Dämonen.«

Der Stachelkater knurrte leise. »Ich hasse es, überhaupt daran zu denken.«

Wren versuchte noch immer herauszufinden, was die Elfen taten, wenn sie die Magie jetzt wieder benutzten. Woher war die Magie gekommen? Sie hatten sie nicht zur Verfügung gehabt, als sie im Westland lebten. Sie hatten sie nicht mehr gehabt seit der Zeit der Feen und im Westland nur ihre Heilkräfte besessen. Die wahre Magie war jahrelang verloren gewesen. Jetzt hatten sie sie irgendwie zurückbekommen. Und so viel davon, wie es schien, daß sie Dämonen schaffen konnten. Oder hatten sie sie damit herbeigerufen? Eine unheilvolle Wahl, wenn es überhaupt eine gab. Was konnte die Elfen dazu bewogen haben, so etwas zu tun? Sie fragte sich plötzlich, was ihre Eltern mit alldem zu tun hatten. Waren sie beteiligt am Gebrauch der Magie? Wenn es so war, warum hatten sie dann die Elfensteine ihr gegeben – die mächtigste Magie überhaupt?

»Wenn die Elfen... diese Dämonen mit ihrer Magie erschaffen haben, warum können sie sie denn jetzt nicht vernichten?« fragte sie, denn sie war noch immer neugierig darauf, woher diese sogenannten Dämonen gekommen waren und ob es überhaupt richtige Dämonen waren. »Warum können sie ihre Magie nicht dazu benutzen, sich selbst zu befreien?«

Stresa schüttelte den Kopf und nahm die Wurzel wieder auf.

»Ich habe keine Ahnung. Niemand hat es mir bisher erklärt. Ich gehe niemals in die Stadt. Ich habe seit Jahren mit keinem Elf gesprochen. Du hast Elfenzüge, aber dein Freund ist etwas völlig anderes.«

»Er ist ein Mensch«, sagte sie.

»Ssspttt. Wenn du es sagst. Ich habe noch nie jemanden wie ihn gesehen. Woher kommt er?«

Wren erkannte auf einmal, daß Stresa wahrscheinlich nicht wußte, daß es dort draußen noch andere Lebewesen als Elfen und Flugreiter gab und andere Orte als die Inseln.

»Wir kommen beide aus dem Westland, das Teil der Vier Länder ist. Und von dort kamen all die Elfen vor Jahren hierher. Es gibt eine Menge verschiedener Leute dort. Garth und ich sind nur eine Art davon.«

Stresa betrachtete sie nachdenklich. Sein stacheliger Körper zog sich zusammen, als er seine Beine zusammenkniff. »Wenn du die Elfen gefunden – grrrrrr – und deine Botschaft überbracht hast, was wirst du dann tun? Wirst du dahin zurückgehen, woher du gekommen bist?«

Wren nickte.

»Das Westland, hast du es genannt. Ist das so etwas wie – grrrrrr – Morrowindl?«

»Nein, Stresa. Obwohl es auch dort gefährliche Dinge gibt. Dennoch ist das Westland überhaupt nicht wie Morrowindl.«

Aber im selben Moment, in dem sie diesen Satz beendete, dachte sie: Immerhin nicht ganz, aber wie lange noch, wenn die Schattenwesen an Macht gewinnen ?

Der Stachelkater kaute einen Moment auf der Wurzel und bemerkte dann: »Pffft. Ich glaube nicht, daß du allein nach Arborlon gelangen kannst.« Seine seltsamen, blauen Augen sahen Wren unverwandt an.

»Nein?« erwiderte sie.

»Pft, pft. Ich sehe nicht, wie. Du hast keine Vorstellung davon, wie du den Blackledge bewältigen kannst. Was auch immer geschieht, du mußt den – grrrrrr – Harrow und die Draculs meiden. Unten im Tal sind die Zurückgekehrten. Das sind die schlimmsten Dämonen. Es gibt auch Dutzende anderer. Ssspht. Wenn sie dich erst einmal entdecken...«