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Schweigend wartete er. Er wußte, daß er es nicht nötig gehabt hätte, sie um ihren Beistand zu bitten, daß er ihn einfach hätte fordern können. In seinen Händen lag die Macht des Hauses Elessedil, und es gab wenige, die es gewagt hätten, an ihr zu rütteln. Er hätte Allanon bitten können, für ihn zu sprechen; die Stimme des Druiden allein hätte vielleicht jede Opposition zum Schweigen gebracht. Doch Andor wollte keinen Vermittler, und er wollte auch nichts für selbstverständlich nehmen. Die Mitglieder des Hohen Rates und die Landesfremden, die gekommen waren, ihnen zu helfen, sollten ihm ihren Beistand aufgrund dessen geben, was sie vielleicht in ihm erblickten; nicht durch Furcht wollte er sie zwingen und nicht dadurch, daß er irgendwelche Rechte geltend machte, die nicht eine feste Basis in der Charakterstärke hatten, die er in der Führung des Elfenheeres seit der Verwundung seines Vaters gezeigt hatte.

Emer Chios erhob sich. Sein Blick aus dunklen Augen flog flüchtig über die Gesichter der Versammelten. Dann wandte er sich an Andor. »Mein Prinz«, begann er mit tiefer, dröhnender Stimme. »Alle, die hier in diesem Saal versammelt sind, wissen, daß ich keinem Mann blindlings folge, sei er auch von königlichem Blut und das Kind von Königen. Ich habe häufig und in aller Öffentlichkeit gesagt, daß ich dem Urteil meines Volkes mehr vertraue als dem Urteil eines einzigen, sei er auch König der ganzen bekannten Welt.«

Er hielt einen Augenblick inne und blickte langsam in die Runde.

»Und doch bin ich Eventine Elessedils getreuer Minister und sein großer Bewunderer. Er ist ein König, Edle der Elfen, wie es ein König sein sollte. Ich wünschte, er könnte uns in diesen schlimmen Zeiten führen. Aber er vermag es nicht. Sein Sohn bietet sich an seiner Statt an. Ich kenne Andor Elessedil — ich glaube, ich kenne ihn besser als die meisten von Euch. Ich habe ihm zugehört; ich habe ihn nach seinen Worten und nach seinen Taten beurteilt, und ich sage jetzt, daß es in Abwesenheit unseres Königs nicht einen Mann gibt, dem ich mein Heimatland und mein Leben bereitwilliger anvertrauen würde als ihm.«

Er schwieg und legte mit bedächtiger Bewegung seine rechte Hand aufs Herz — zum Treueschwur der Elfen. Einen Moment lang war es ganz still. Dann standen andere auf, nur wenige zunächst, dann alle, und sie legten ihre Hände auf ihre Herzen, während sie dem Prinzen gegenüberstanden. Auch die Befehlshaber des Elfenheeres traten vor — Ehlron Tay, sauertöpfisch und barsch, der nach dem Tode Pindanons der Ranghöchste war; Korold, der große, tadellos gekleidete Hauptmann der Schwarzen Wache; und Kerrin, der die Leibgarde befehligte. Alle, die sich im Saal des Hohen Rates versammelt hatten, standen nun, die Hände zum Gruß erhoben, ihrem Prinzen gegenüber.

»Jetzt folgen sie Euch, Elfenprinz«, sagte Allanon leise.

Andor nickte. Fast hätte er es bedauern können.

Anschließend berieten sie über die Verteidigung Arborlons.

Die Vorbereitungen zu dieser Verteidigung hatten beinahe unmittelbar nach dem Aufbruch des Elfenheeres zum Sarandanon zwei Wochen zuvor begonnen. Emer Chios, in des Königs Abwesenheit Herrscher der Hauptstadt, hatte den Hohen Rat einberufen und dazu jene Führer des Elfenheeres, die den König nicht begleitet hatten, um darüber zu beschließen, was zum Schutz Arborlons im Falle eines Dämonenangriffs getan werden sollte. Man hatte sich auf eine Reihe sorgfältig durchdachter Abwehrmaßnahmen geeinigt. Der Erste Minister sprach sie jetzt mit Andor durch.

Nur zwei Zugänge hatte die Stadt — einen im Osten, für die Reisenden, die aus dem Rhenn-Tal und den jenseits liegenden Wäldern kamen, und einen im Westen, für jene, die aus dem Sarandanon kamen.

Im Norden und im Süden war Arborlon von Bergen begrenzt, über die kein Weg führte, hohe Gipfel, die die Wälder des Flachlandes einschlossen und den Carolan in einer gewaltigen Felsmauer umgaben. Allanon hatte vorausgesagt, daß der Durchbruch durch die Mauer der Verfemung sich auf der Rauhen Platte ereignen würde. Das bedeutete, daß die Dämonen ostwärts durch das Sarandanon marschieren mußten, daß also der Angriff auf die Hauptstadt der Elfen aus Westen erfolgen würde, es sei denn, die Dämonen-Horden wandten sich nach Süden oder Norden, um die Berge zu umgehen, die Arborlon schützten.

Doch gerade hier, am Westzugang, war die Stadt am besten geschützt. Zunächst würden sich die Dämonen zwei natürlichen Hindernissen gegenübersehen. Erst würden sie auf den Singenden Fluß stoßen, der hier, wo er sich unterhalb des Carolan nach Osten wandte, etwas schmaler war, aber tief und reißend, auch bei ruhigstem Wetter schwierig zu befahren. Das zweite Hindernis war die Höhe des Carolan selbst, eine nackte Felswand, die mehr als vierhundert Fuß in die Höhe ragte, durchzogen von einem Netz tiefer Risse und Spalten und überwuchert von Krüppelbüschen und dichtem Gestrüpp. Eine einzige Brücke überspannte den Singenden Fluß am Fuß des Carolan an einer Stelle, wo der Lauf schmäler wurde. Eine Furt gab es nirgends, meilenweit keine seichten Stellen. Der Elfitch war die Hauptzugangsroute zum Carolan, obwohl sich weiter südlich kleinere Treppen durch waldiges Land aufwärtswanden.

Somit galt es, für die Verteidigung Arborlons den Fluß und die Felswand auszunützen. Man hatte beschlossen, die Brücke über den Singenden Fluß augenblicklich nach der Rückkehr des Elfenheeres zu zerstören. Dies sei geschehen wie geplant, erklärte Chios, und somit hatte man die letzte Verbindung zwischen Arborlon und dem Sarandanon durchtrennt. Am Ostufer hatten die Elfen Hunderte von großen Behältern mit Pech aufgestellt, das entzündet werden sollte, falls die Dämonen versuchen sollten, den Singenden Fluß bei Nacht zu überqueren, und ganz dicht am Ufer des Singenden Flusses hatten sie eine Schanze aus Stein und Erde erbaut, die sich mehrere hundert Fuß am Flußufer entlangzog und zu beiden Seiten des Elfitchs bis zur Felswand schwang. Das Ostufer des Flusses bis zum Fuß der Felswand war etwa zweihundert Fuß breit, und das Gebiet war größtenteils von Wald und Gestrüpp überwuchert. Hier hatten die Elfen Dutzende von Fallen und Fallgruben errichtet, um die Dämonen abzufangen, die versuchen sollten, einen Bogen um die Schanze zu schlagen.

Das Hauptbollwerk zum Schütze Arborlons jedoch war der Elfitch selbst. Alle kleineren Treppen, die zum großen Tafelland des Carolan hinaufführten, waren zerstört worden. Es blieb nur der Elfitch — sieben aus Steinquadern erbaute Rampen und eisenbeschlagene Tore, die vom Fuß des Felsens in die Höhe führten. Jedes Tor war von einer Ringmauer umgeben, die den Zugang zu den Toren und Rampen darüber verwehrte. Jede Rampe und jedes Tor war etwas zurückgesetzt von der darunter, und der Elfitch schlängelte sich spiralförmig in einer Folge gleichmäßig abgezirkelter Biegungen aufwärts, so daß auf jeder Terrasse postierte Bogenschützen den darunterliegenden Toren und Rampen Deckung geben konnten. In Friedenszeiten standen die Tore zu den sieben Rampen offen, die Ringmauern wurden nur der Form halber von einem Posten bewacht. Jetzt aber, nach der Rückkehr des Elfenheeres aus dem Sarandanon, starrten die Wehrmauern von Piken und Lanzen, und die hohen Tore waren verschlossen und mit Eisenstangen gesichert.

Auf der Höhe des Carolan waren keine Abwehrstellungen errichtet worden. Das Plateau zog sich in einer breiten, sanft gewellten Ebene zum Wald hin, hier und dort durchsetzt von kleinen Wäldchen und alleinstehenden Häusern. Auch die einsame Anlage des Gartens des Lebens befand sich hier. Im Osten, fast unter dem Dach der Waldbäume, lag Arborlon. Wenn es den Dämonen gelang, den Carolan zu erklimmen, hatten die Elfen kaum noch eine Aussicht, ihre Stadt zu verteidigen. Sie konnten, wenn ihrer noch genug übrig waren, versuchen, den Eindringlingen auf der Ebene entgegenzutreten, um sie im Sturmangriff in den Abgrund zu jagen. Wenn das mißlang, würde ihnen nichts anderes übrigbleiben, als bis zum Rhenn-Tal zurückzuweichen und dort eine entscheidende Schlacht zu schlagen oder aber ganz aus dem Westland vertrieben zu werden.