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Amantar sah die Überraschung des alten Königs.

»König Eventine, Ihr müßt wissen, daß Eure Bitte um Beistand gründlich bedacht wurde«, brummte er leise. »Immer zuvor haben Trolle und Elfen gegeneinander gekämpft; immer sind wir Feinde gewesen. Das läßt sich nicht mit einem Schlag vergessen. Doch für jeden gibt es eine Zeit zum Neuanfang. Diese Zeit ist nun für Elfen und Trolle gekommen.

Wir wissen von den Dämonen. Es ist schon zu vereinzelten Zusammenstößen mit ihnen gekommen. Es hat Verwundete und Tote gegeben. Die Bergtrolle wissen um die Gefahr, die die Dämonen darstellen. Die Dämonen sind ein ebenso großes Unheil wie der Dämonen-Lord und die Geschöpfe des Schädelreiches. Solches Unheil ist eine Bedrohung für uns alle. Deshalb müssen Elfen und Trolle ihre Differenzen vergessen und gemeinsam diesem Feind entgegentreten. Wir sind bloß gekommen, Euch zur Seite zu stehen.«

Nachdem Amantar geendet hatte, ließ er sich mit gemessener Bewegung auf die Knie nieder, um so, nach der Art der Trolle, seine Treue zu beschwören. Seine Männer taten es ihm nach, knieten schweigend vor Eventine nieder.

Andor entgingen die Tränen nicht, die dem alten Mann plötzlich in die Augen traten. In diesem Moment kehrte Eventine ganz zurück von dem Ort, an den er sich zurückgezogen hatte, und in seinem Gesicht leuchteten Hoffnung und Stolz auf. Langsam legte er seine rechte Hand aufs Herz, den Treueschwur der Trolle auf Elfenart erwidernd. Amantar erhob sich, und die beiden Männer reichten einander die Hand.

Andor hätte am liebsten aus vollem Herzen gejubelt.

Unter einem verhangenen Nachthimmel, hinter dessen jagenden Wolken sich Mond und Sterne nur flüchtig zeigten, schritt Allanon allein über die schmalen Pfade im Garten des Lebens. Einsam und still glitt seine hochgewachsene Gestalt durch die kühle, von Düften schwere Dunkelheit der Blumenterrassen und blühenden Hecken. Den Kopf gesenkt, die Arme in den tiefen Falten seines langen schwarzen Gewandes verborgen, wanderte er dahin. Sein hartes Gesicht war im Schatten der Kapuze verborgen, und seine schmalen Züge waren von Linien tiefer Sorge und bitterer Entschlossenheit gezeichnet. In dieser Nacht nämlich ging er zu einem Stelldichein mit dem Tod.

Er ging zum Fuß des Hügels, der von den Soldaten der Schwarzen Wache umringt war. Ungeduldig hob er eine Hand und glitt so rasch und leicht wie ein flüchtiger Gedanke zwischen ihnen hindurch. Sie sahen ihn nicht. Langsam erklomm er die Höhe des Hügels, die Augen zur Erde gesenkt, da er nicht sehen wollte, was zu sehen er gekommen war.

Als er die Höhe des Hügels erreicht hatte, hob er den Kopf. Vor ihm stand der Ellcrys, die einst schlanken und anmutigen Zweige dürr und verkümmert. Verflogen war der Duft und verblichen die Farbe, nur ein Schatten war übrig von dem, was einst so kraft- und lebensvoll gewesen war. Blutrote Blätter lagen auf dem Boden verstreut wie verknülltes Pergament. Nackt und kahl ragte der Baum in den Nachthimmel.

Eiskalt durchfuhr es Allanon. Selbst er war auf diesen Anblick nicht vorbereitet gewesen. Schmerz und Trauer stiegen in ihm auf über das Unvermeidliche. Er hatte nicht die Macht, es zu verhindern, denn selbst die Druiden besaßen nicht die Gabe des ewigen Lebens.

Er hob die Hand, um die welken Zweige zu berühren, und ließ sie wieder sinken. Er wollte den Schmerz des Baumes nicht spüren. Und doch war ihm bewußt, daß er wissen mußte, wie es um den Baum stand, und deshalb hob er nochmals die Hand, ganz langsam, und berührte sacht den Baum. Nur einen Moment lang ließ er seine Hand liegen und ließ Trost und Hoffnung aus seiner Seele in die des Ellcrys fließen, ehe er sie wieder zurückzog. Noch einen Tag oder zwei, vielleicht auch drei. Länger nicht.

Seine Gestalt richtete sich auf, und seine Arme fielen schlaff zu seinen Seiten herab, als er die dunklen Augen auf den sterbenden Baum richtete. So wenig Zeit blieb noch.

Als er sich abwandte, fragte er sich, ob die Zeit ausreichen würde, um Amberle zurückzubringen.

40

Den dunklen Furchen des Pfades folgend, der sich wie ein Tunnel durch Nebel und Finsternis wand, stürmte Wil Ohmsford durch den Wildewald zurück. Herabhängende Zweige und Ranken, die schwer waren von Feuchtigkeit, streiften ihn und schlugen ihm ins Gesicht, während er vorwärtshetzte, und Wasser spritzte aus den Pfützen auf dem vom Regen durchweichten Pfad auf seine Stiefel und Kleider. Doch Wil nahm das alles nicht wahr. Er befand sich in einem wilden Aufruhr von Gefühlen, in dem sich Verzweiflung über den Verlust der Elfensteine mit Zorn gegen Cephelo, Angst um Amberle und süße Verwunderung über die Worte, die sie zu ihm gesprochen hatte, mischten. Du liegst mir am Herzen, hatte sie gesagt. Du liegst mir am Herzen. Und es war ihr ernst gewesen damit. Seltsam, sie solche Worte zu ihm sagen zu hören. Es hatte eine Zeit gegeben, da hätte er das nie für möglich gehalten. Sie hatte ihm gegrollt und mißtraut; daran hatte sie gleich von Anfang an keinen Zweifel gelassen. Und er hatte dieses Elfenmädchen eigentlich auch nicht gemocht. Doch die lange Reise, die sie im Dorf Havenstead angetreten hatten, und die Gefahren und Mühsale, die sie gemeistert hatten, hatten sie einander nahe gebracht. In dieser kurzen Zeit waren ihrer beider Leben fest miteinander verknüpft worden. So überraschend war es gar nicht, daß aus dieser engen Verknüpfung Zuneigung erwachsen war. Die Worte hallten durch sein Hirn, wiederholten sich endlos. Du liegst mir am Herzen. Er wußte, daß dem so war, und fragte sich plötzlich, wie sehr sie auch ihm am Herzen lag.

Er stolperte unversehens und stürzte der Länge nach in Schlamm und Wasser. Zornig rappelte er sich wieder auf, wischte den Schmutz von den Kleidern, so gut es ging, und hetzte weiter. Viel zu schnell ging der Nachmittag zur Neige; er konnte sich glücklich preisen, wenn er vor Einbruch der Nacht auch nur die Hauptstraße erreichte. Und dann würde er sich in schwarzer Finsternis zurechtfinden müssen, allein in fremdem Gebiet, waffenlos, abgesehen von seinem Jagdmesser. Welch eine Dummheit! Das war noch die freundlichste Bezeichnung, die er für sich fand. Wie hatte er sich von Cephelo weismachen lassen können, daß der Bursche ihm helfen wurde, ohne mehr zu verlangen als ein vages Versprechen auf zukünftige Belohnung? Was bist du doch für ein kluger Bursche, Wil Ohmsford, schalt er sich selbst, während wilder Zorn in ihm brannte. Und Allanon hatte geglaubt, er könne ihm Amberle anvertrauen, ohne sich um sie sorgen zu müssen!

Schon schmerzten seine Muskeln von der Anstrengung des schnellen Laufs. Verzweiflung überflutete ihn, als er daran dachte, was Amberle und er alles erlitten hatten, um bis hierher zu gelangen und dann, nur weil er es an Vorsicht hatte fehlen lassen, Gefahr zu laufen, alles zu verlieren. Sieben Elfen-Jäger hatten ihr Leben gelassen, damit er und Amberle den Wildewald erreichen konnten. Unzählige waren inzwischen wahrscheinlich im Kampf gegen die Dämonen gefallen, denn zweifellos hatte die Mauer der Verfemung längst dem Druck der Bösen nachgegeben. Sollte alles vergebens gewesen sein?

Beschämung und dann Entschlossenheit flammten in ihm auf und bannten die Verzweiflung. Er würde niemals aufgeben — niemals! Er würde sich die gestohlenen Elfensteine wiederholen. Er würde zu Amberle zurückkehren. Er würde sie wohlbehalten zur Hochwarte und zum Blutfeuer geleiten und danach zurück nach Amberlon. Er würde dies alles tun, weil er wußte, daß er es tun mußte. Weniger zu tun, käme Versagen gleich. Aber er würde nicht versagen.

Gerade schoß ihm dieser Gedanke durch den Kopf, da tauchte auf dem Pfad ein Schatten auf, trat aus der Finsternis wie ein Geist und erwartete dunkel und stumm sein Nahen. Wil erschrak so heftig, daß er beinahe vom Pfad in den Wald geflohen wäre. Statt dessen blieb er dennoch stehen und starrte keuchend auf den Schatten, bis er plötzlich erkannte, daß das, was er da vor sich sah, ein Pferd und ein Reiter waren. Das Pferd scharrte schnaubend mit einem Vorderbein. Vorsichtig ging Wilnäher; Argwohn wurde zu Ungläubigkeit und zu Überraschung.

Es war Eretria.