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Die Verteidiger des Elfitch waren von den Dämonen-Horden bis zum Ende der letzten Rampe zurückgedrängt worden. Umgeben von seinen Freikämpfern hielt Stee Jans die Mitte, während Elfen und Trolle an den Flügeln kämpften. Allen war klar, daß sie nicht lange würden aushaken können. Der rothaarige Grenzländer erkannte auf einen Blick, wie gefährlich ihre Situation war. Unten rotteten sich die Dämonen zu einem neuerlichen Überfall zusammen. Die Verteidigungslinien am Rand des Plateaus waren zusammengebrochen, und die Soldaten strömten zur Rampe, um dort Hilfe zu leisten. Gleich würden sie alle in einer Zange gefangen sein, aus der es kein Entkommen gab. Sie mußten sofort zurückfallen und sich vor dem Garten des Lebens neu sammeln, um dort ihre Kräfte zu konsolidieren und mit Unterstützung der Schwarzen Wache die Dämonen zurückzuwerfen. Doch sie brauchten Zeit, um das zu bewerkstelligen, und jemand mußte ihnen diese Zeit verschaffen.

Mit wehendem roten Haar packte der Befehlshaber der Freitruppe die rot-graue Standarte seiner Einheit und rammte sie zwischen den Steinquadern der Rampe in den Boden. Hier würde die Freitruppe sich dem Feind entgegenstellen. Nachdem er seine Grenzländer um sich geschart hatte, bildete er eine schmale Schlachtreihe in der Mitte der Rampe. Dann befahl er Elfen und Trollen zurückzuweichen. Niemand stellte den Befehl in Frage; Stee Jans hatte den Befehl über das Heer. Eilig räumten sie den Elfitch und zogen sich zu den Linien der Schwarzen Wache zurück, die den Garten des Lebens umzingelten. Es dauerte nur Augenblicke, dann standen Stee Jans und seine Freikämpfer allein.

»Was tut er da!« schrie Andor Allanon voller Entsetzen zu. Aber der Druide antwortete nicht.

Die Dämonen griffen an. Heulend und kreischend vor Wut stürmten sie die Rampe herauf. So unglaublich es war, die Freitruppe hielt dem Angriff stand, ja, warf ihn zurück. Die Elfen und ihre Verbündeten entkamen indessen der Falle, die gedroht hatte, sie einzuschließen. Wieder wälzte sich das Meer von Dämonen den Elfitch herauf, wieder konnte es die Abwehrmauer der Freitruppe nicht sprengen. Nicht mehr als zwei Dutzend Grenzländer blieben am Leben. An ihrer Spitze stand die hochgewachsene Gestalt von Stee Jans. Nachdem die Verteidiger, die vom Elfitch geflohen waren, sich neu geordnet hatten, blickten sie zurück zu dem kleinen Trüppchen von Männern, das dem Ansturm der Dämonen immer noch standhielt. Tiefes Schweigen breitete sich aus. Sie wußten alle, wie dies enden mußte.

Jetzt lag der Carolan ungeschützt. Stee Jans riß die Kriegsflagge heraus und schwang sie hoch über seinem Haupt. Der Schlachtruf der Freitruppe schallte durch die Stille. Langsam und mit Bedacht wich die kleine Truppe über den Carolan zurück zu den Elfen und ihren Verbündeten, die den Garten des Lebens umringten.

Andor stockte der Atem. Es war ein hoffnungsloser Rückzug. An seiner Seite tauchte Broworks Gesicht auf.

»Es ist zu weit, Grenzländer«, brummte er beinahe wie zu sich selbst.

Eine Woge von Dämonen wälzte sich über den Rand der Rampe. Im Norden und im Süden begannen sie jetzt, sich in Scharen zu sammeln.

»Schnell«, flüsterte Andor. »Schnell, Stee Jans!«

Doch es blieb keine Zeit mehr. Triumphgeheul erfüllte die Morgenluft, und das gesamte Dämonen-Heer stürmte vorwärts.

Da erfaßte Leben die bisher reglose Gestalt Allanons. Ein rasches Wort zu Dayn, und Dancers Zügel lagen in seinen Händen. Gleich darauf hatte er sich auf den Rücken des mächtigen Rock geschwungen, und der Riesenvogel hob sich in die Lüfte. Andor Elessedil und jene, die bei ihm standen, blickten dem Druiden erstaunt nach. Die schlanken Arme hoch erhoben, flog Allanon über den Garten des Lebens hinweg, und seine schwarzen Gewänder bauschten sich im Zugwind. Die Dämonen, die sich in Scharen den Carolan heraufwälzten, hielten inne und starrten himmelwärts. Da rollte plötzlich ein krachender Donnerschlag über das Land, und blaue Flammen sprühten aus den Fingern des Druiden. In einem Bogen, der vom einen Ende der Dämonen-Linien bis zum anderen reichte, raste das Feuer flackernd über die vorderen Reihen der Angreifer und verbrannte die Ungeheuer zu Asche. Heulen und Schreien erschallte, als eine Flammenmauer sich vor den Dämonen auftürmte und sie zum Zurückweichen zwang, so daß sie die umzingelte Freitruppe freigeben mußten.

Ein wilder Schrei der Erregung stieg aus den Reihen der Elfen und ihrer Verbündeten empor. Ein schmaler Korridor, der zum Garten des Lebens führte, hatte sich im Flammenring geöffnet, und durch diesen Korridor kamen die Grenzländer — schnell jetzt, denn jeden Moment konnte sich die Falle wieder schließen. Rund um sie herum wüteten und tobten die Dämonen, doch das Feuer hielt sie in Schach.

Lauft! schrie Andor stumm. Es gibt noch eine Chance! Und die Grenzländer flogen wie der Wind über das Felsplateau. Eine Gruppe von Furien setzte ihnen nach, stürzte sich rasend vor Haß und Wut in die Flammen. Doch Allanon sah sie. Eine dunkle Hand hob sich, ballte sich zur Faust. Druidenfeuer stach in lanzenspitzen Strahlen auf die Katzenwesen herab, und sie vergingen in einem leuchtenden Blitz. Nichts blieb von ihnen als eine Feuersäule, die zum Himmel aufstrebte. Hoch oben schmetterte Dancer seinen Kriegsruf.

Da hatten Stee Jans und seine Freikämpfer das Feuer auch schon hinter sich gelassen und befanden sich wieder im Schutz der eigenen Reihen. Willkommensgeschrei empfing sie, und die Banner der Vier Länder flatterten im leichten Morgenwind.

Das Druidenfeuer auf dem Carolan brannte jetzt tiefer, doch noch immer machten die Dämonen keinen Versuch, es zu durchbrechen. Allzu leicht hatte der Druide die Furien vernichtet. Hinter der Flammenmauer warteten sie, rastlos und ungeduldig, während sie wutschnaubend immer wieder zu dem einsamen schwarzen Flieger hinaufblickten.

Mit forschenden Blicken schwebte der Druide über sie hinweg. Er wußte, was jetzt geschehen mußte. Er wußte, daß einer der Dämonen seine Herausforderung beantworten mußte. Nur der Dagda Mor war stark genug, das zu tun — und Allanon war sicher, daß er es auch tun würde. Er hatte gar keine andere Wahl. Der Dagda Mor konnte die Zauberkraft der Elfensteine so deutlich wahrnehmen wie der Druide. Auch er wußte inzwischen gewiß, daß Wil Ohmsford sich der Steine bedient hatte, daß die Suche nach dem Blutfeuer von Erfolg gekrönt worden war, daß das, was er am meisten fürchtete, vielleicht doch noch geschehen konnte — die Wiedergeburt des verhaßten Ellcrys und damit die Wiedererrichtung der Mauer der Verfemung. Es war ein Augenblick höchster Gefahr für den Herrn der Dämonen. Sein Wandler war tot. Sein Raffer hatte versagt. Sein Heer stand gebannt durch das Feuer. Wenn er jetzt aufgehalten wurde, dann hatte er — obwohl fast das ganze Westland in seiner Hand war — verloren. Der Ellcrys war der Schlüssel zum Überleben der Dämonen. Der Mutterbaum mußte zerstört, die Erde in der er wurzelte, so verwüstet werden, daß nie wieder Leben daraus sprießen würde. Erst dann konnte in Ruhe das Samenkorn gesucht, die letzte der Erwählten aufgespürt werden. Erst dann konnten die Dämonen sicher sein, daß sie nicht wieder vom Angesicht der Erde verbannt werden würden. Dies alles jedoch würde nicht geschehen, wenn Allanon am Leben blieb. Der Dagda Mor wußte das, und deshalb würde er jetzt handeln müssen …

Gräßliches Kreischen gellte aus der Masse der Dämonen in den Morgen. Aus der Felswand des Carolan schwang sich ein riesiger schwarzer Schatten in die klare Luft des frühen Tages. Allanon wandte sich um. Es war das geflügelte Ungeheuer, das Wil Ohmsford und Amberle Elessedil im Rhenn-Tal verfolgt hatte, als sie von Havenstead aus nach Norden geflohen waren. Der Druide sah das dunkle Wesen jetzt ganz deutlich, eine gewaltige Fledermaus mit wendigem Leib und ledrigen Schwingen. Das Maul unter der stumpfen Schnauze war weit aufgerissen und zeigte blitzende Fänge; die Beine waren krumm und sehnig, mit Krallen bewehrt. Er hatte gehört, daß solche Wesen im fernen Nordland lebten, doch selbst er hatte bis zu diesem Tag nie eines zu Gesicht bekommen. Beinahe unbewegt hing es über den Dämonen-Horden, die unter seinem hohen, ohrenbetäubenden Schrei in plötzlicher Erstarrung gefroren.