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Der Trug dauerte nur Sekunden, doch es währte lange genug, um Allanon zu ermöglichen, aus dem Todeskreis zu entfliehen, der ihn eingeschlossen hatte. Mit einem Sprung war er zwischen den Furien hindurch und hetzte zu einer Flügeltür aus massiver Eiche, die, verschlossen und verriegelt, am näheren Ende des Ganges die Flucht hinderte. Der Dagda Mor kreischte laut auf vor Wut und riß den Stab der Macht empor. Rote Feuersglut schoß den Korridor entlang, und die rasenden Furien stoben auseinander, als die Flammen züngelnd dem fliehenden Druiden nachjagten. Doch Allanon war zu schnell. Mit einer flinken Geste hob er seinen Umhang und wehrte den Angriff ab. Das Feuer aus dem Stab der Macht schoß an ihm vorbei und sprengte die schwere Eichentür, riß die beiden Flügel aus ihren Angeln, so daß sie krachend zu Boden stürzten und in Trümmer gingen. Der Druide hastete durch die Öffnung in den Raum auf der anderen Seite und verlor sich in der Dunkelheit.

Schon waren die Furien ihm auf den Fersen. Wie wilde Tiere jagten und verfolgten sie ihn mit gierigen Schreien. Die schnellsten unter ihnen drängten sich durch die offene Tür und holten den Druiden ein, als dieser sich noch abmühte, eine der hohen Fenstertüren zu öffnen, die zur Brustwehr führten.

Allanon fuhr herum und kauerte sich zusammen. Er packte die beiden, die ihm am nächsten waren, als sie ihm an die Kehle zu springen suchten, und schleuderte sie mitten unter die anderen Verfolger. Dann hob er beide Hände, blaues Feuer schoß aus seinen Fingern und errichtete zwischen ihm und den Furien eine lodernde Flammenwand. Aber noch immer gaben die Furien nicht auf. Verwegen stürzten sich jene, die ihm am nächsten waren, in die Flammen und verglühten. Als das Feuer einen Augenblick später erlosch, standen die Fenster weit offen, und der Druide war verschwunden.

Tausend Fuß über dem Dach der umliegenden Wälder schob Allanon sich, den Rücken an die steile Wand der Burg gepreßt, auf einem schmalen Steinsims vorwärts, unter ihm gähnende, schwarze Leere. Bei jedem Schritt drohte der Wind, der heulend Turm und Erker umtobte, ihn von der Mauer zu reißen. So schnell es ging, arbeitete er sich zu einer schmalen steinernen Galerie vor, die eine Brücke zu einem Turm bildete. Die Galerie war keine drei Fuß breit; und unter ihr wartete das Nichts. Der Druide zögerte nicht. Hier lag seine einzige Chance, den Mächten des Bösen zu entkommen. Er machte sich auf den Weg.

Hinter sich hörte er die gellenden Schreie der Wut und der Enttäuschung, mit denen die Furien ihm durch das offene Fenster folgten. Mit rasender Geschwindigkeit jagten sie ihm nach, viel sicherer als er auf dem glatten Stein, da ihre Klauen besser griffen.

Am Fenster hob der Dagda Mor wiederum den Stab der Macht, und das tödliche Feuer schoß züngelnd dem fliehenden Druiden nach. Doch Allanon hatte erkannt, daß es ihm nicht gelingen würde, auf die andere Seite zu gelangen, bevor die Furien ihn erreichten. Er ließ sich auf ein Knie fallen, hob beide Arme und beschrieb einen großen Kreis. Vor ihm erstand ein Schild aus blauem Feuer. Die Flammen aus dem Stab des Dämonen prallten dagegen und erloschen, ohne Schaden anzurichten. Doch von der Wucht des Ansturms wurde der Druide nach hinten geschleudert, und er stürzte hinunter auf die schmale Brücke. Im nächsten Augenblick schon hatten sich die ersten seiner Verfolger auf ihn geworfen.

Diesmal war Allanon nicht flink genug. Klauenscharfe Finger zerfetzten den Stoff seines Umhangs und gruben sich in sein Fleisch. Brennender Schmerz durchzuckte seine Schultern und seine Brust. Mit einem gewaltigen Aufbäumen schleuderte er die Furien, die ihn umklammert hielten, von sich, und sie stürzten kreischend von der schmalen gewölbten Brücke. Schwankend sprang er auf die Füße und rannte in Richtung auf das rettende Tor. Wieder jagten die Furien ihm nach, stolperten übereinander in ihrem blindwütigen Verlangen, ihr Opfer endlich zu stellen. Heulend vor Wut setzten sie ihm nach, und ihre entstellten Frauengesichter waren verzerrt von Haß. Wieder warf der Druide sie zurück, doch nicht, ohne daß sie ihm nicht noch weitere Wunden geschlagen hatten.

Dann endlich erreichte er das andere Ende der Brücke. Zu Tode erschöpft wankte er gegen die Mauer des Turms. Mit erhobenen Händen drehte er sich um. Blaue Flammen abwärts zur steinernen Galerie und sprengten die Brücke. Mit Getöse zerbarst das Gestein. Kreischend vor Angst und Entsetzen stürzten die Furien in das endlose Nichts der Nacht.

Rotglühendes Feuer aus dem Stab der Macht umzüngelte den Druiden von allen Seiten, doch es gelang ihm, der Glut zu entkommen, indem er hastig um die Mauer des Turmes lief, bis er aus dem Blickfeld des Dämonen war. Dort, auf der anderen Seite, fand er eine kleine verschlossene Eisentür. Mit einem kräftigen Stoß seiner Schulter sprengte er die Tür und entkam.

7

Es war später Vormittag. Das Gewitter, das über dem Dorf der Heiler, der kleinen Gnomengemeinde Storlock, getobt hatte, ließ endlich nach. Es hatte während seiner Dauer ein großartiges Schauspiel geboten — schwere schwarze Wolken, die sich drohend über das Land wälzten, während sie immer wieder von zuckenden Blitzen in grelles Licht getaucht wurden — prasselnder Regen, der sich in Sturzbächen aus dem Himmel ergoß und die Wälder mit der Gewalt von Hagelschauern peitschte — Sturmböen, die Bäume entwurzelten und die Dächer von den niedrigen Steinbauten des Dorfes hoben. Bei Morgen-grauen war das Gewitter aus der Rabb-Ebene herangezogen, und jetzt wanderte es langsam ostwärts, dem dunklen Bergrücken des Wolfsktaags zu, und ließ die Wälder und Auen des mittleren Anar durchweicht und schlammig zurück.

Wil Ohmsford stand allein auf der Veranda des Krankenhauses von Storlock und blickte geistesabwesend in den Regen hinaus, der allmählich zu einem dünnen Nieseln abflaute. Die Wolken verhüllten noch immer die Sonne, so daß der Tag sich in düsteren Grautönen zeigte, und nach der plötzlichen Abkühlung stieg von der warmen Erde ein feiner Dunst auf. Die Giebel und Wände des Krankenhauses glänzten feucht, und Wassertropfen hingen an den Blättern der in frischem Grün schimmernden Kletterpflanzen, die sich an ihnen emporrankten.Abgebrochene Ästchen bedeckten den Boden und bildeten kleine Dämme gegen die Rinnsale des Wassers.

Der junge Mann gähnte und reckte müde seine Glieder. Er hatte die ganze Nacht nicht geschlafen, sondern sich unaufhörlich um mehrere Kinder gekümmert, die an einem besonders hartnäckigen Fieber erkrankt waren. Er hätte selbstverständlich schon früher darum bitten können, abgelöst zu werden, doch er hätte sich nicht gut dabei gefühlt. Er weilte noch immer als Lernender unter den Stors und war sich der Tatsache sehr bewußt, daß er sich weiterhin gründlich bewähren mußte, wenn er eines Tages ein Heiler werden wollte. Deshalb war er den ganzen vergangenen Tag und die ganze Nacht bei den Kindern geblieben, bis schließlich das Fieber merklich gefallen war.

Jetzt war er zu erschöpft um zu schlafen, zu überreizt von der nächtlichen Arbeit und Aufregung. Außerdem mußte er sich wenigstens noch ein paar Minuten um Flick kümmern. Er lächelte trotz seiner Erschöpfung. Onkel Flick würde ihn höchstwahrscheinlich einfach aus dem Bett zerren, wenn er nicht wenigstens auf einen Sprung bei ihm vorbeischaute, ehe er sich schlafen legte.

Er sprang von der Veranda. Die durchweichte Erde schmatzte unter seinen Stiefeln, als er mit gesenktem Kopf den nassen Weg hinaufging. Er war nicht sehr groß, vielleicht zwei, drei Fingerbreit größer als Flick, und hatte einen zierlichen Körper. Er besaß die elfenhaften Züge seines Großvaters — die schmale Nase und den schmalen Kiefer, die ein wenig spitzen Ohren, die unter zerzaustem blonden Haar verborgen waren, die strichdünnen Augenbrauen, die in steilem Winkel von der Nasenwurzel sich aufwärts schwangen. Shea Ohmsford hatten diese besonderen Züge gekennzeichnet, und sein Enkel hatte sie auch.

Beim Klang eilender Schritte fuhr der junge Mann herum. Es war einer der Dienenden, Gnomenhelfer der Stors. Das zerknitterte gelbe Gesicht war regennaß, und der Mann hatte den waldgrünen Umhang fest um sich geschlungen.